Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grenze in den Köpfen der Menschen auf beiden Seiten der deutsch-dänischen Grenze war zeitweilig höher als die materielle Grenze, die durch das späte InKraft-Treten des Schengener Abkommens lange Zeit
sichtbar und fühlbar war. Heute fahren die Menschen ohne Aufenthalt in beiden Richtungen über die Grenze und auch die mentale Grenze ist deutlich kleiner geworden. Dies ist sicherlich in allererster Linie ein Ergebnis des Zusammenwachsens Europas, verbunden mit einer gelasseneren Haltung der jüngeren Generationen hüben und drüben. Die Notwendigkeit zur Kooperation zum Beispiel an der Flensburger Außenförde hat man schon in den 50er-Jahren erkannt. Bereits seit 1985 führen Sønderjyllands Amt und Fachdienststellen des Landes Schleswig-Holstein gemeinsam ein Überwachungsprogramm durch, auf dessen Grundlage Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserbeschaffenheit der Flensburger Förde entwickelt wurden.
Einen deutlichen Schub jedoch hat die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Beginn der INTERREG-Programme 1990 erhalten. Sie haben eine große Vielzahl von Aktivitäten auf den Gebieten wirtschaftliche Entwicklung, Natur, Umwelt und Energie, Humanressourcen und Arbeitsmarkt, institutionelle und soziokulturelle Netzwerke in Gang gesetzt. Ziel aller deutsch-dänischen Kooperationen in Schleswig-Holstein, also in der Region Sønderjylland/Schleswig, in Ostholstein-Lübeck mit Storstrøms Amt und in der Region K.E.R.N./Fyn sind die Stärkung der jeweiligen Region und die Ausschöpfung der vorhandenen Wachstumspotentiale. Durch alle diese Regionen und besonders durch den Landesteil Schleswig, der ja als einziger eine landseitige Grenzverbindung nach Dänemark aufweist, ist dank des INTERREG-Programms ein richtig frischer Wind hindurchgefegt.
Endlich gibt es in den Administrationen auf beiden Seiten Ansprechpartner, trifft man sich zu Gesprächen, hilft dänische Polizei bei Massenkontrollen auf der A 7, lernen deutsche Polizisten Dänisch. Auf den unterschiedlichsten Ebenen gibt es eine Vielzahl von Kontakten und Projekten und besondere Erfolgsstorys sind die gemeinsamen internationalen Studiengänge zwischen der Universitet Syddansk in Sonderburg und den Hochschulen in Flensburg sowie die Kooperation bei der Strahlenbehandlung von Krebspatienten am Franziskus-Krankenhaus in Flensburg.
Dennoch bleibt noch viel zu tun und besonders an der Überwindung der Sprachbarriere muss gearbeitet werden. Hierzu hat die Flensburger CDU vor kurzem ein viel beachtetes Positionspapier vorgelegt, in dem sie unter anderem fordert - Anke Spoorendonk bestätigt das, es gab ein Rauschen im Blätterwald bei „Flensborg Avis“; wer es nicht kennt, kann es bei mir anfordern -, Dänisch in jedem Kindergarten anzubieten, damit jedes Kind spielerisch die Möglichkeit erhält, wenigstens Grundbegriffe der dänischen Sprache zu erlernen.
Ich glaube, ich muss das Papier einmal zur Verfügung stellen; das Papier sollte nicht nur im Verborgenen blühen.
Nach Meinung der Flensburger CDU schöpft Flensburg sein Potenzial als Herz der Region Sønderjylland/Schleswig nicht genügend aus und muss mehr tun, um auch in Zukunft für Besucher aus dem skandinavischen Raum attraktiv zu sein.
- Fragen Sie bitte einmal, wer vorher Oberbürgermeister war und wie viele Jahre. Frau Franzen hat zu spät „Schweigen!“ gezischt. Ihre Frage war nicht so glücklich, Frau Kollegin Kähler.
Durch die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Länder in die EU muss die Förderpraxis der EU neu durchdacht und organisiert werden. Das ist verständlich. Genauso ist aber auch die Sorge berechtigt, dass die INTERREG-Mittel aus dem Grenzraum abgezogen werden, obwohl die Aufgabe der Zusammenführung der Menschen noch nicht abgeschlossen ist.
Wir finden es deshalb richtig, dass der SSW das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat und der Landesregierung empfiehlt, rechtzeitig Lobbyarbeit in Brüssel zu betreiben. Man weiß ja nie, ob die Regierung Simonis von allein in die Puschen kommt. Das muss ich als Oppositionspolitikerin leider einmal sagen, Frau Simonis. Dabei geht es nicht nur um die Fortführung des INTERREG-Programms überhaupt, sondern es geht auch um den Erhalt der bisherigen Ausgestaltung: erstens die Erhaltung des Gewichts von INTERREG III A als Kernpunkt der Zusammenarbeit zwischen den Regionen in Schleswig-Holstein und Dänemark im Gegensatz zu den mehr abstrakten Programmteilen für die gesamte Ostsee und die gesamte Nordsee, zweitens die Beibehaltung der bilateralen Zusammenarbeit im Gegensatz zu der Idee, in Zukunft drei Länder Anträge stellen zu lassen, was erhöhte Bürokratie und eine erhebliche Verlangsa
mung der Mittelvergabe bedeuten würde, und drittens die Erhaltung der Übertragung von Programm- und Finanzverantwortung in die Region, nämlich Dezentralisierung, weil die Menschen vor Ort die Probleme und die Lösungen am besten kennen.
In dieser Ausgestaltung hat das INTERREG-Programm für Schleswig-Holstein gute Erfolge gezeitigt und es lohnt sich, darum zu kämpfen. Anke Spoorendonk, wir sind dabei.
Was ich nicht ganz verstehe, ist, dass wir das noch lange an die Ausschüsse überweisen, wenn wir uns einig sind. Eigentlich könnten wir heute abstimmen. Daher beantrage ich Abstimmung in der Sache.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Zu Beginn meiner Rede möchte ich Anke Spoorendonk für ihre Initiative und ihre Rede danken.
Die Aufhebung der Wirtschaftsgrenzen innerhalb der Europäischen Union und die Freizügigkeit haben den Grenzregionen neue Möglichkeiten zu einer transnationalen Zusammenarbeit eröffnet.
Zur Förderung dieser Zusammenarbeit zwischen diesseits und jenseits nationaler Grenzen gelegenen Regionen wurde eigens eine Gemeinschaftsinitiative, nämlich INTERREG, auf den Weg gebracht. Hierfür stellt die EU in der Strukturfondsperiode zwischen 2000 und 2006 im Rahmen des INTERREG-Programmes in ihrem Gesamthaushalt rund 4,875 Milliarden € zur Verfügung.
Die Erweiterung Europas stellt künftig sowohl in den Grenzregionen der derzeitigen Union als auch in den benachbarten Regionen der Bewerberländer eine neue Herausforderung dar. Denn das bisher erklärte Ziel des INTERREG-Programmes, die Regionen in äußerster Randlage sowie entlang der Grenzen zu den Beitrittländern im Bereich der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit besonders zu fördern, wird künftig nicht nur die derzeitigen 15 Mitgliedstaaten betreffen, sondern auch die zehn neuen Länder. Deshalb ist für eine künftige Strukturpolitik der zu erwartende Finanzrahmen von entscheidender Bedeutung. Je enger dieser aus
Die Befürchtungen der Kollegin Spoorendonk sind deshalb nicht von der Hand zu weisen. Denn für Projekte zur Förderung einer künftigen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ist es von elementarer Bedeutung, ob Schleswig-Holstein auch weiterhin entsprechende Gelder abrufen kann. Umso mehr muss sich unsere Landesregierung entsprechend auf Bundes- und EU-Ebene dafür einsetzen.
Wenn man dem ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Klaus Hänsch, glauben darf, werden die Fördermittel aus der Gemeinschaftsinitiative INTERREG des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung künftig nicht erhöht. Dies sagte er jedenfalls am Montag dieser Woche im Rahmen eines informellen Gesprächs mit den europapolitischen Sprechern der Fraktionen beim Landtagspräsidenten hier im Hause.
Diese Aussage hat für Schleswig-Holstein schwerwiegende Konsequenzen. Mit der Erweiterung der Europäischen Union wird das entsprechende Fördervolumen nicht entsprechend den Anforderungen erhöht werden. Vielmehr werden die neuen Mitgliedstaaten - zu Recht - einen entsprechenden Anteil für die Zusammenarbeit über ihre Grenzen hinweg einfordern. Liebe Kollegin Spoorendonk, diese Erkenntnis ist leider nicht neu. So wurde bereits im Oktober 2001 im Rahmen der Debatte zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Dänemark das Problem angesprochen, dass wir mit Veränderungen der Förderprogramme ab 2006 rechnen müssen. Der reflexartige Ruf nach neuen Töpfen und mehr Geld greift für mich aber zu kurz.
Vielmehr ist es jetzt notwendig, sich dafür zu entscheiden, welche Schwerpunkte wir künftig in unserer Grenzregion setzen wollen.
Ich fordere die Landesregierung deshalb auf, gemeinsam mit dem Grenznachbarn Dänemark Schwerpunkte auszuarbeiten und dafür zu sorgen, dass auch künftig eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit möglich ist und finanziell möglichst mit EU-Mitteln ausgestattet bleibt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Dänemark und Deutschland kann auf eine beachtliche Liste erfolgreicher Projekte verweisen. Dies wird im Bericht der Landesregierung zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vom 3. Juni dieses Jahres dargestellt. Ich verweise da auf Drucksache 15/2731. Ich verweise auf die Debatte über den Bericht im Plenum, sodass ich heute nur auf den Antrag des SSW eingehen möchte.
Wir sind uns offenbar alle einig - das haben wir auch im Vorfeld schon so diskutiert, Frau Spoorendonk -, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit fortgesetzt werden soll und damit auch die finanzielle Grundlage dieser Arbeit sichergestellt werden muss. Ich begrüße daher sehr den Antrag der Kollegin des SSW.
Wir wollen die Zusammenarbeit der Region Schleswig mit Sønderjylland, Ostholstein/Lübeck mit dem Storstrøm-Gebiet und der K.E.R.N.-Region mit Fünen weiter ermöglichen. Die Projekte sollen weiterhin finanziell gesichert bleiben, auch nach 2006, wenn die dritte Phase des INTERREG-Programms ausläuft.
Schleswig-Holsteins Norden ist immer noch eine strukturschwache Region. Auch auf dänischer Seite ergeben sich aus der Randlage Nachteile. Durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit werden wirtschaftliche Impulse erzeugt, die beide Regionen aus sich allein heraus nicht leisten können. Fachleute reden in diesem Zusammenhang von der „Entwicklung endogener Ressourcen“. Es geht darum, die Probleme vor Ort anzugehen. Ich hoffe, dass eines dieser Projekte auch die Realisierung des deutschdänischen Grenzlandwindparkes bei Ellhöft sein wird.
Bei der Neuausrichtung der europäischen Förderpolitik sollte das Mare Balticum als Verbindung zwischen den bisherigen Mitgliedstaaten und den zukünftigen Beitrittsländern eine Sonderstellung bekommen. Schleswig-Holstein war stets Vorreiter, was das Zusammenwachsen der Ostseeregion angeht. Eine Neuorientierung soll finanziell genauso unterfüttert werden wie die Fortsetzung der bewährten interregionalen Zusammenarbeit. Wie dieses auszubalancieren ist, sollte im Ausschuss noch einmal beraten werden.
Mit dem dritten Punkt des SSW-Antrages wird die Landesregierung aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Abrechnung und Verwaltung in der Region bleiben. Das unterstützen wir uneingeschränkt. Eine anders geartete Verwaltungsstruktur, die auf Zentrali
Berechtigt und nützlich für die Entwicklung der EUFörderpolitik sind allerdings Evaluationsmaßnahmen. Diese müssen von Externen durchgeführt werden. Ich denke, darüber sind wir uns im Hause einig.
Ich verweise auf das EURES-Programm, bei dem es um die Vermittlung von Arbeitnehmern von Dänemark nach Deutschland - in Klammern: relativ wenig - beziehungsweise von Deutschland nach Dänemark - sehr viel mehr - geht und das erfolgreich läuft. Das ist also ein Erfolgsprojekt. Nach den Gesprächen, die ich geführt habe, sind die deutschen Arbeitnehmer in Dänemark äußerst zufrieden.
Da wir auch Debatten über die finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten hier bei uns im Lande und in Deutschland geführt haben, will ich an dieser Stelle darauf verweisen, dass das Problem nicht die Staatsquote ist, Herr Dr. Garg, die Sie immer so sehr angreifen. Dänemark hat eine Staatsquote von 53 %, wir nur eine Staatsquote von 48 %. Gleichwohl hat Dänemark einen sehr viel höheren, nämlich um 16 Prozentpunkte höheren Beschäftigungsgrad. Wir haben also kein Steuerproblem.
- Was ist denn das für ein dämlicher Spruch? Ich plädiere gerade dafür, so zu verfahren, wie wir das hier im Landtag mehrheitlich beschlossen haben und wie die Landesregierung initiativ geworden ist. Wir sollten in der Lage sein, von Dänemark zu lernen. Wir haben kein Steuerproblem, sondern wir haben ein Lohnnebenkostenproblem. Dänemark hat es geschafft, die Strafsteuer auf Arbeit, die bei uns zurzeit über 42 Prozentpunkte beträgt, auf unter 4 Prozentpunkte zu senken. Das wurde dort 1992 gemacht und hat sich bewährt. Das ist ein Weg, den wir einschlagen sollten. Da können wir von Dänemark lernen. Leider schafft diesen Lernprozess weder die FDP noch die CDU.