Gut ist, dass im SGB II eine umfassende Evaluation vorgesehen ist, an deren Umsetzung alle Akteure beteiligt werden müssen, wobei das Thema Evaluation bei den Optionskommunen auch im vorgelegten Bericht vage bleibt. Wir müssen die Landesregierung noch einmal genauer befragen, ob das mit erfasst ist.
Der Bericht macht deutlich, dass die Kommunikation und Kooperation zwischen Arbeitsagenturen und den Arbeitsgemeinschaften einerseits und den Optionskommunen andererseits noch nicht ganz rund läuft. Der Minister hat ja eben deutlich gemacht, dass auch hier nachgebessert werden muss. Zukünftig muss Bürgerfreundlichkeit vor Bürokratie stehen. Es ist nicht hinnehmbar, dass eine adäquate Beratung
und Vermittlung von Arbeitssuchenden an den unterschiedlichen Pausenregelungen oder an hierarchisch geprägten Sichtweisen von Behörden - so zeigen Beispiele aus der Praxis - scheitert.
Was auch immer sich konkret hinter der Absicht der Landesregierung verbirgt, aus Schleswig-Holstein eine Modellregion zu machen: Wenn dies denn zu einer verbesserten Hilfestellung für die Bezieher und Bezieherinnen von ALG II führt, ist es ein richtiger Schritt. Dass die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen zum 1. Januar 2005 gestiegen ist, ist der Tatsache geschuldet, dass nun auch ehemalige Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen mitzählen. Dass die Zahl inzwischen moderat sinkt, ist hoffentlich ein erster Erfolg der Arbeitsmarktpolitik.
Die Arbeitsgemeinschaften in Schleswig-Holstein haben bisher 1.800 Jugendliche in Arbeitsgelegenheiten und 4.300 in Maßnahmeangebote vermittelt. Nehmen wir die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt und in Zusatzjobs im Kreis Nordfriesland und in Schleswig-Flensburg dazu, kommen wir auf über 6.600 Vermittlungen. Das ist zwar ein erster Erfolg. Aber dem Anspruch von Hartz IV, allen Jugendlichen unter 25 Jahren eine Perspektive zu bieten, werden wir damit noch nicht gerecht. Deswegen sind wir alle miteinander aufgefordert, die Aktivitäten der Arbeitsagentur, der Arbeitsgemeinschaften, der Kommunen und der Landesregierung auch weiterhin kritisch zu begleiten. Das Bestreben meiner Fraktion ist es, das selbst gesteckte Ziel in Hartz IV zu erreichen, alle jungen Menschen von der Straße zu holen und ihnen endlich eine berufliche Perspektive zu geben.
Ich bin sehr froh, Herr Minister, dass Sie auch in Ihrem mündlichen Beitrag noch einmal über den Tellerrand geblickt und gesagt haben, wir dürften nicht da stehen bleiben, dass wir gucken, was die 17Jährigen brauchen, sondern wir müssten deutlich früher anfangen. Ich unterstütze das voll und ganz. Ich könnte jetzt wieder mit dem Thema frühkindliche Bildung kommen. Aber ich glaube, alle Maßnahmen, die wir unseren Kindern sehr früh zugute kommen lassen, tragen dazu bei, später enorme Kosten zu sparen. Insofern gilt es auch, volkswirtschaftlich betrachtet, umzusteuern und die Mittel, die der ESF zur Verfügung stellt, möglichst früh einzusetzen, damit wir später nicht so viel reparieren müssen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Heinold. - Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Torsten Geerdts das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die CDU-Landtagsfraktion ist es weiterhin von großer Bedeutung, dass alle Verantwortlichen auf allen Ebenen ihre Bemühungen verstärken, noch intensiver auf die gesetzlichen Eingliederungsvorgaben für junge Menschen hinzuarbeiten. In den Vordergrund muss jetzt die verbesserte Förderung und Vermittlung von Arbeitslosen rücken.
Daher lautet unsere zentrale Forderung, möglichst schnell in allen Kreisen und kreisfreien Städten Eingliederungsvereinbarungen mit dem Personenkreis der unter 25-Jährigen zu schließen. Diese Forderung richten wir als Landtag gleichermaßen an die Arbeitsgemeinschaften und an die Optionskommunen. Nur wenn es gelingt, Eingliederungsvereinbarungen abzuschließen, werden wir zu einer nachweislich besseren Vermittlungsquote von jungen Menschen kommen.
In den Arbeitsgemeinschaften ist es bereits in den ersten Monaten des Jahres 2005 gelungen, Trainingsmaßnahmen mit spezieller Ausrichtung auf den Personenkreis der unter 25-Jährigen anzubieten. Auf diesem Weg gelang es, 1.800 Menschen eine Arbeitsgelegenheit zuzuweisen. Das bedeutet, dass 1.800 Menschen ein Stück weit Perspektive erhalten haben.
Ich bin mir ganz sicher, dass wir als Landtag, so wie wir es in den vergangenen Monaten getan haben, auch weiterhin den Finger in die Wunde legen werden, wenn es nicht im ausreichenden Maße gelingt, Hartz-IV-Empfänger an die Stellenangebote der Berufsberatung heranzuführen oder bei der Ausbildungsstellenvermittlung zu berücksichtigen. Hier sind wir auf einem deutlich besseren Weg.
An dieser Stelle danke ich insbesondere auch dem Arbeitsministerium dafür, dass Druck gemacht worden ist, und zwar auch auf die Bundesagentur für Arbeit, sodass wir zu einer schnellen Lösung kommen konnten.
Die CDU-Landtagsfraktion teilt die Forderung der Landesregierung, dass es zu einer verstärkten Zusammenarbeit der Arbeitsgemeinschaften mit der Jugendhilfe und der Berufsschule kommen muss. Das hat Monika Heinold soeben angesprochen. Hier gab
es in der Vergangenheit Defizite, die es abzubauen gilt, um einen gleitenden Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung zu fördern. Wer erst mit 16 oder 17 Jahren damit beginnt, der hat den Anschluss wahrscheinlich schon verpasst.
Bei der Verabschiedung der Hartz-Reformen waren sich alle Beteiligten einig, dass man insbesondere bei der Vermittlung von Jugendlichen einen deutlich verbesserten Betreuungsschlüssel benötigt. Vielleicht ist es der bisher größte Erfolg dieser Reform, dass auf 76 Betreute ein Fallmanager kommt. Nur durch diese individuelle Förderung ist es möglich, Defizite bei jungen Menschen aufzuspüren und gemeinsam mit den Betroffenen und anderen Akteuren abzustellen. Auch die Optionskommunen, die Kreise Nordfriesland und Schleswig-Flensburg erfüllen diesen Betreuungsschlüssel. Das will ich herausstellen. Ich denke, das ist ganz wichtig.
Zurzeit - das haben wir soeben gehört - sind in Schleswig-Holstein circa 20.000 Personen unter 25 Jahren arbeitslos. Die Zahl ist zwar rückläufig, sie bleibt aber hoch problematisch, weil hinter dieser Zahl 20.000 junge Menschen stehen, die in dieser Gesellschaft nicht die Chance erhalten, mit ihrer Arbeit und Leistung ihren eigenen Lebensunterhalt abzusichern, und damit Teilhabe schlichtweg nicht stattfindet.
Daher möchte ich auf das eingehen, was die von CDU und SPD getragene Landesregierung unternimmt, um einen Beitrag dafür zu leisten, junge Menschen, die Defizite haben, in das Arbeitsleben zu integrieren. Wir bestehen gemeinsam auf schnelle Vermittlungserfolge. Dieses Ziel unterstützt die Landesregierung insbesondere mit den folgenden Initiativen, die mir besonders wichtig erscheinen.
Erstens. Schleswig-Holstein soll zu einer Hartz-IVModellregion werden. Das ist ein ganz wichtiger Schritt und bedeutet: Mehr Verantwortung in die Regionen. Dadurch wird es passgenauere Angebote auch für die Vermittlung junger Menschen geben.
Zweitens. Maßnahmen für Jungendliche ohne Schul- oder Berufsschulabschluss sollen verstärkt bereitgestellt werden. Diese Angebote sollen die Aufnahme einer weiterführenden Qualifizierung, wie zum Beispiel einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, einer Ausbildung oder einer Erwerbstätigkeit im Sinne präventiver Arbeitsmarktpolitik, unterstützen.
Drittens. Ein weiteres modellhaftes Projekt dient der Abrundung der Förderangebote für arbeitslose junge Menschen im Kieler Raum. Wir haben es eben ge
hört. Ziel sind 1.000 Plätze für 1.000 Jugendliche für 1.000 €. 300 Jugendliche sind in diesem Programm bisher untergekommen. Dies ist ein riesiger Erfolg in dieser ganz kurzen Zeit. Auch an dieser Stelle wurde für 300 junge Menschen in Schleswig-Holstein ein Stück Perspektive für den persönlichen Lebensweg geschaffen. Insgesamt sollen, wie gesagt, 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze für benachteiligte Jugendliche ohne guten Schulabschluss bei Kieler Unternehmen geschaffen werden.
Im Grunde genommen muss man die Frage stellen: Wieso eigentlich nur im Kieler Raum? Warum ist eine solche Zusammenarbeit nicht auch zwischen dem Arbeitsministerium und anderen Landräten und Oberbürgermeistern möglich? Mir fällt in diesem Zusammenhang gerade unser gemeinsamer Oberbürgermeister in Neumünster ein. Darüber könnte man ja auch einmal nachdenken.
Viertens geht es um die Förderung eines flächendeckenden Netzes der Ausbildungsplatzakquise bei Kammern und anderen Trägern.
Fünftens ist die Förderung zusätzlicher betrieblicher Ausbildungsplätze für benachteiligte Jugendliche zu nennen, die vorher mindestens eine einjährige außerbetriebliche Ausbildung hatten.
Sechstens geht es um die Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Integration von Jugendlichen, die aufgrund fehlender Schul- oder Berufsabschlüsse schwer zu vermitteln sind.
Siebtens. Ich denke, dies ist ein ganz wichtiger Punkt gerade in den Ballungszentren: die Förderung von Sprachunterricht für die in Schleswig-Holstein lebenden Ausländerinnen und Ausländer, welche zur Aufnahme einer Berufsausbildung Deutschkenntnisse erwerben beziehungsweise erweitern müssen.
Meine Damen und Herren, wir sind bei der Umsetzung von Hartz IV zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit auf einem guten Weg. Dieser Weg ist aber noch sehr lang und steinig. Wir werden als CDULandtagsfraktion Arbeitsminister Döring unterstützen, auch wenn er wieder einmal ganz neue heiße Eisen anpackt. Ich kann Ihnen sagen, Herr Döring: Sie sind damit nicht allein. Wir freuen uns über diese Initiativen, weil sie in den letzten Wochen und Monaten schon dazu beigetragen haben, jungen Menschen
eine Perspektive zu geben und sie von der Straße zu holen. Herzlichen Dank für diese Arbeit. Wir freuen uns ebenfalls auf weitere Initiativen, vielleicht auch einmal quer an dem einen oder anderen eingefahrenen Weg vorbei.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Geerdts. - Für die SPD-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Baasch das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der uns vorliegende Bericht schließt mit dem Vorsatz: „Vorfahrt für Vermittlung“, und es heißt dort, die hilfebedürftigen Betroffenen unter 25 Jahren erwarteten zu Recht konkrete und schnelle Unterstützung ohne Behördenchaos und lebensfremde Verwaltungsbestimmungen. Diesen Aussagen stimmen wir uneingeschränkt zu. Herr Minister Döring, Ihr Bericht ist interessant und zielgerichtet. Er ist informativ und wir danken Ihnen ausdrücklich dafür.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird deutlich, dass die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Vermittlung von jungen Menschen in Schleswig-Holstein noch sehr unterschiedlich bearbeitet wird. Bis Mitte Mai nahmen 4.300 Jugendliche und junge Erwachsene an Maßnahmen der Arbeitsgemeinschaften und Optionsgemeinden teil. Als besonders erfolgreiche Vorgehensweisen sind dabei die Zusammenarbeit der Arbeitsgemeinschaften mit den Berufsberatungen der Arbeitsagenturen, die rechtzeitige Einleitung von Präventionsmaßnahmen, um junge Menschen für die Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung zu qualifizieren, und die netzwerkartige Zusammenarbeit der Arbeitsgemeinschaften mit der Jugendhilfe, die sicherlich auch noch verbessert werden kann, hervorzuheben.
Hierbei ist es auch sehr wichtig, dass die Umsetzung des Betreuungsschlüssels von 1:75 in SchleswigHolstein fast durchgängig erfüllt ist. Der Bericht sagt aus, dass wir gegenwärtig bei den Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen einen Betreuungsschlüssel von 1:76 haben. Das bedeutet einen Berater auf 76 junge Menschen. Dass dieser Betreuungsschlüssel zum Teil noch günstiger ist, habe ich kürzlich bei einem Besuch der Arbeitsgemeinschaft in Flensburg erlebt. Dort werden 72 Jugendliche von einem Berater betreut. Ich denke, auch dies macht die
Anstrengungen deutlich, die überall unternommen werden, um jungen Menschen zu helfen, in Arbeit oder in Maßnahmen zu kommen.
Die Landesregierung unterstützt die Maßnahmen zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit mit dem Schwerpunkt ,,Jugendliche im Arbeitsmarktprogramm ASH 2000" und hier insbesondere im Bereich der berufsorientierenden und qualifizierenden Maßnahmen. Aber die Landesregierung fördert auch innovative Projekte mit ESF-Mitteln. Besonders hervorzuheben ist hier das Projekt ,,1.000 Plätze für 1.000 Jugendliche mit 1.000 €“, das in der Landeshauptstadt Kiel umgesetzt und nun auch in der Hansestadt Lübeck angeschoben wird.
Sehr interessant in dem Bericht ist auch die Auflistung von Eingliederungsleistungen, die in anderen Bundesländern mit Landesprogrammen unterstützt werden. Sie macht deutlich, dass man sehr wohl von guten und erfolgreichen Aktivitäten anderer lernen kann. Sie zeigt aber auch deutlich, dass wir in Schleswig-Holstein mit vielfältigen Aktivitäten der Arbeitslosigkeit von Jugendlichen und jungen Menschen entgegenwirken. Hier sei das flächendeckende Netz der Ausbildungsakquirierung bei Kammern und anderen Trägern genannt, ebenso die zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsplätze, die über ASH für benachteiligte Jugendliche angeboten werden. Der Sprachunterricht für Migrantinnen und Migranten und auch die Ausbildungsbetreuung sind ebenfalls Aktivitäten, die mit ASH gefördert werden. Die präventive Förderung benachteiligter Jugendlicher, die schon in der Schule durch Fördernetzwerke gewährleistet ist, wie auch das Bündnis für Ausbildung sind weitere Aktivitäten, die im Bericht beschrieben werden und die es gilt, auch für die Zukunft so zu gestalten, dass sie effektiv für die jungen Menschen zum Einsatz kommen.
Natürlich gilt es, über Erfahrungen hinaus, die wir in dem Bericht aufgezeigt bekommen, die wir natürlich aber auch durch die politischen Diskussionen, die wir führen, gewinnen, noch zusätzlich einiges aufzugreifen. Ich möchte hier nur daran erinnern, dass die begrenzte Förderdauer von sechs Monaten für viele Jugendliche eigentlich zu kurz ist. Je nach Problemlage sollte es möglich sein, individuell die Förderung von Jugendlichen auch über diesen Zeitraum von sechs Monaten hinaus zu gestalten, denn das Nachholen eines Hauptschulabschlusses kann durchaus auch etwas länger dauern.