Wir halten das Gesetz auch für inhaltlich nicht vorausschauend. Das derzeitige aufwendige und für die Hochschulen kaum steuerbare Einschreibungsverfahren bei lokalen NC-Studiengängen und die Unklarheit darüber, wer künftig das Recht hat, zum Masterstudium zugelassen zu werden, werden durch dieses Gesetz nicht beseitigt. Diesbezüglich erforderliche Veränderungen sollen erst durch eine Verordnung vorgenommen werden, für deren Erlass der Gesetzentwurf eine großzügige Ermächtigung erteilt; Herr Dr. Klug hat bereits darauf hingewiesen.
Den vertraulichen Verordnungsentwurf haben zwar wir als Abgeordnete freundlicherweise erhalten, aber nicht die Hochschulen. Das soll erst noch geschehen. Die Verordnung enthält eine Reihe von Zumutungen für Studierende, Lehrende und die Hochschulverwaltung. Sie eröffnet keine Möglichkeiten, um die Überlastungssituation an den Hochschulen zu verbessern, auch wenn die Einführung von Bandbreiten bei den Curricularnormwerten dies suggeriert. Faktisch sind diese Bandbreiten bereits jetzt bis zum Anschlag ausgenutzt. Das wird sich auch durch die Verordnung nicht ändern. Die formale Einführung von Bandbreiten wird sich nicht in der Praxis niederschlagen.
Das Gesetz ermächtigt das Ministerium, durch Verordnung allein zu entscheiden, wie die Hochschulzugangsberechtigung und der Zugang zum Master tatsächlich ausgestaltet werden. Die Hochschulen müssen vor Erlass der Verordnung zwar angehört werden, sie haben aber keine konkreten Mitbestimmungsrechte.
Der Maßstab für das Ministerium ist offenbar, dass der Curricularnormwert für den konsekutiven Master die Hälfte des vorangegangenen Bachelorstudiengangs nicht überschreiten darf. Was heißt das aber im Klartext? - Das Gesetz regelt mit dieser allgemeinen Formel die Kriterien, mit denen die Hochschulen das Nadelöhr - das aus gesellschaftlichen Gründen vielleicht besser ein Scheunentor sein sollte - für den Zugang zum Masterstudium gestalten sollen. Auch wenn die Masterstudienzeit in der Regel kürzer ist als die Bachelorsudienzeit, bedeutet das, dass entweder die überfüllten Strukturen aus dem Bachelorstudium auch im Masterstudium beibehalten werden müssen oder weniger Stu
dierende zum Masterstudium zugelassen werden können. Das ist ein Politikum, für dessen Beratung man sich etwas mehr Zeit hätte nehmen sollen.
Unklar bleibt nach der Lektüre des Gesetzentwurfes und des Verordnungsentwurfs auch, ob bei der Zulassung zum Masterstudium Wartezeiten berücksichtigt werden. Herr Professor Klemm hat uns gerade vorgerechnet, dass in Zukunft Tausende Lehrkräfte fehlen werden. Deshalb dürfen wir die Tür zum Masterstudium insbesondere den zukünftigen Lehrkräften auf keinen Fall verschließen. Das wäre wirklich ein Schwabenstreich, wenn diese Verordnung dazu führt, dass wir Leuten, die Lehrer werden wollen, diese Möglichkeit verstellen.
Gemeinsam haben alle Fraktionen die Altersbegrenzung des Erststudiums nach oben geschoben. Wir haben uns auch explizit für die Gleichwertigkeit der begrenzten Hochschulreife mit der Gesamthochschulreife bei der Fachhochschulaufnahme ausgesprochen. Auch diese Änderungen machen für uns das Gesetz und insbesondere die Verordnung, über die wir nicht zu entscheiden haben, die wir praktisch wie eine Katze im Sack mitkaufen, nicht zustimmungsfähiger. Wir glauben, dass diese Katze im Sack die Hochschulen und insbesondere die Studierenden ihre Krallen noch spüren lassen wird. Das werden sie uns wahrscheinlich spätestens im Herbst laut und deutlich vor dem Landeshaus erzählen.
Ich danke Ihnen. - Das Wort für den SSW erhält deren Vorsitzende, die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Entwurf eines neuen Hochschulzulassungsgesetzes ist unserer Meinung nach eine Zumutung. Auf § 11 komme ich gleich noch zu sprechen. Der ist hier schon genannt worden.
Die beiden Zielsetzungen, zum einen die Neuregelung des Kapazitätsermittlungsrechts durch die Einführung eines Bandbreitenmodells und zum anderen die Stärkung der Hochschulautonomie durch ein neues Auswahl- und Vergabeverfahren, richten aus Sicht des SSW mehr Schaden als Nutzen an.
Auch die Stellungnahmen der betroffenen Hochschulen machen deutlich, dass die Erneuerungen schwer nachvollziehbar sind, um es diplomatisch zu formulieren.
Die Einführung des Curricularnormwerts als Bandbreitenmodell soll den Hochschulen ermöglichen, das Betreuungsausmaß für die Studierenden innerhalb eines Spektrums festzulegen. Somit wurde zwar auf die Forderung der Hochschulen nach einem flexibleren System eingegangen; gleichzeitig sind die vorgegebenen Bandbreiten bisher aber noch unbekannt und nur ein Fortschritt für die Qualität der Lehre, wenn damit auch die Betreuungsrelationen an den Hochschulen verbessert werden. Es spricht jedoch einiges dafür, dass die Bandbreiten eine Betreuung über dem absoluten Minimum nicht zulassen und somit auch keine qualitative Verbesserung der Betreuung an den Hochschulen unterstützt wird.
Darüber hinaus wird mit der Neuordnung des Auswahl- und Vergabeverfahrens das gesamte Immatrikulationsverfahren der Hochschulen auf den Kopf gestellt. Aus unserer Sicht sind damit Gerichtsverfahren vorprogrammiert, da niemand mehr nachvollziehen kann, warum jemand an einer Hochschule angenommen oder abgelehnt wird.
Vielen Dank. - Die ZVS wird nur noch die Zuständigkeit für ein paar wenige Studiengänge haben. Alle weiteren können - müssen aber nicht - von den Hochschulen reguliert werden. Als Alternativlösung können die Hochschulen mit Erlaubnis des Wissenschaftsministeriums das Auswahl- und Vergabeverfahren an Dritte delegieren. Das Verfahren richtet sich dann in Zukunft nicht mehr nur nach den Bestnoten und der Wartezeit, sondern außerdem zu 60 % nach einem Auswahlverfahren der Hochschulen. Das Verfahren kann zum Beispiel auf Einzelnoten, Studierfähigkeitstest, Art der Berufsausbildung oder Auswahlgesprächen beruhen.
Zwei Dinge bleiben bei dieser Neuordnung aus Sicht des SSW völlig unklar. Erstens, wie der zusätzliche Arbeitsaufwand an den Hochschulen gestemmt werden soll, und zweitens, wie transparente Kriterien für die Annahme oder Ablehnung ei
ner Bewerberin oder eines Bewerbers aussehen. Die Landesregierung überlässt die Lösung des ersten Problems den Hochschulen. Sie stellt fest, dass die Hochschulen es ja nicht anders wollten. Jetzt müssen sie eben den Brei auslöffeln, den sie sich selbst eingebrockt haben.
Das weit größere Problem ist unserer Meinung nach aber die Durchführung der Auswahlverfahren. Wie sollen die Hochschullehrenden objektiv beurteilen können, ob sich eine Person für ein Studium eignet, wenn nach Motivation, Identifikation und angestrebtem Beruf gefragt wird? Befragungen von Studienabsolventen belegen deutlich, dass die wenigsten Hochschulbewerberinnen und -bewerber vor Antritt des Studiums eine Identifikation mit dem Studienfach oder einem möglichen späteren Beruf entwickelt haben. Das Studium dient ja gerade dazu, dies zu entwickeln.
Auch die CAU macht in ihrer Stellungnahme deutlich, dass die vorgeschlagenen Auswahlkriterien keine bessere Passung als die Abiturnote versprechen.
Der vorliegende Gesetzentwurf verkompliziert nicht nur das Auswahlverfahren, sondern schränkt da bin ich bei § 11 - auch die Autonomie und Eigenverantwortung der Hochschulen extrem ein. Hier ermächtigt sich das Ministerium, den Hochschulen alle relevanten Entscheidungen vorzuschreiben. Mit § 11 macht die Landesregierung mit anderen Worten alle angekündigten Innovationen durch die Hintertür wieder zunichte.
Für den SSW geht es vor allem darum, die Chancengleichheit der Bewerberinnen und Bewerber an den Hochschulen Deutschlands zu sichern. Wir zweifeln daran, dass diese gesellschaftliche Verantwortung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfüllt wird. Der SSW plädiert daher für ein bundeseinheitliches Zugangsverfahren an den Hochschulen, damit sich diese auch in Zukunft auf ihr Kerngeschäft Forschung und Lehre konzentrieren können und die gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Chancengleichheit gesichert wird.
Jetzt noch ein Satz zu dem Änderungsantrag der FDP. Auch wenn wir nicht mit jedem einzelnen Punkt, mit jeder Einzelaussage einverstanden sind, so trägt dieser Änderungsantrag zu einer qualitativen Verbesserung des vorliegenden Gesetzentwurfs
bei. Wir werden also diesem Änderungsantrag der FDP zustimmen. Wir werden den Gesetzentwurf insgesamt ablehnen. Ich hoffe, das war klar genug.
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde gern über den Gesetzentwurf abstimmen lassen, wenn es sich einrichten lässt.
Ich lasse über den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/2524, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW in der Fassung der Drucksache 16/2681 angenommen.
Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Stiftung „Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften“ im Zusammenhang mit einer Namensänderung der Stiftung
Einstimmig empfahl der Ausschuss am 18. Juni dem Landtag, den Gesetzentwurf Drucksache 16/ 2610 unverändert anzunehmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs Drucksache 16/2610. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so angenommen.
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich lasse über den Antrag in der Sache abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.