Ich sage noch einmal: Weder das Kabinett noch der Aufsichtsrat, dem Lothar Hay angehört, und erst recht nicht die Spitzen der Landtagsfraktion waren an der Entscheidung beteiligt. Sie konnten somit auch nicht zustimmen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich sage Ihnen auch, meine sehr verehrten Damen und Herren: Mit dem Thema wird sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss ganz gewiss zu beschäftigen haben.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Stegner. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun deren Vorsitzender, der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nicht nur schockiert über die Tatsache als solche. Ich bin schockiert über den Beitrag des Finanzministers. Ich bin vor allem schockiert über den Beitrag des Fraktionsvorsitzenden der SPD. Herr Kollege Stegner, die Tricksereien, mit denen Sie arbeiten, das ist Politik zum Abgewöhnen.
Sie haben vorhin die Absprachen zur Abstimmung mit der CDU aufgekündigt, um den Eindruck zu erwecken, es könnte hier im Hause eine Ampelmehrheit hergestellt werden. Auf dieser Schleimspur werden wir nicht ausrutschen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit 4 Milliarden € Eigenkapital und 10 Milliarden € Garantien haben die Steuerzahler von Hamburg und Schleswig-Holstein die HSH Nordbank bislang unterstützt, nicht zuletzt, um den Jahresfehlbetrag des Jahres 2008 in Höhe von 2,7 Milliarden € auszugleichen. Die HSH Nordbank gehört mittlerweile zu über 85 % den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein und damit überwiegend den Bürgerinnen und Bürgern dieser beiden Länder. Und jetzt erfahren wir vom Finanzminister heute, aber vorher auch über die Presse, dass dem Vorstandsvorsitzenden dieses Instituts eine Gehaltsonderzahlung in Höhe von 2,9 Millionen € zufließt. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass ein Milliardenverlust auch noch mit 2,9 Millionen € Steuerzahlergeld belohnt wird.
Der Vertrag, der dieser Sonderzahlung zugrunde liegt, wurde offenbar im November 2008 abgeschlossen. Dieser Vertrag, so Hamburgs Finanzsenator Freytag in „Die Welt“ am 14. Juli, sei - ich zitiere - „in einer absoluten Notsituation“ abgeschlossen worden, „in der die Bank kurz vor dem Abgrund stand. Daher konnte Herr Nonnenmacher diese Klauseln durchsetzen“.
Ganz abgesehen davon, dass auch Herr Freytag zu diesem Zeitpunkt ebenso wie Finanzminister Wiegard noch behauptete, die Bank sei im Kern gesund, stelle ich mir natürlich an dieser Stelle die Frage, warum das Parlament eigentlich sieben Monate lang nicht über diesen Vertrag unterrichtet wurde. Ist das Kabinett eigentlich ein Geheimbund?
Und was ist das eigentlich für eine Drohkulisse? Hat Herr Nonnenmacher auch jetzt im Juni 2009 damit gedroht, die Bank zu verlassen und seine vertragliche Sonderabfindung einzuklagen? Ich frage doch einmal alle Arbeitgeber, wie sie mit einem Arbeitnehmer umgehen würden, der sich so positioniert. Die erste Erklärung, die ich abgeben würde ich bin auch Arbeitgeber - wäre: Bitte verlassen Sie mein Unternehmen, denn ich habe kein Vertrauen
mehr, dass Sie es mit der Bank ernst meinen, ich habe nur Vertrauen darin, dass Sie es mit sich selbst ernst meinen!
Ist das tatsächlich die Verantwortung, die man von einem Vorstandsvorsitzenden einer staatlichen Bank erwarten kann, dass nach Drohkulisse und nicht nach Leistung bezahlt wird? Ich bin mir sicher, dass die Mitarbeiter der HSH Nordbank, denen unter Hinweis auf die schwierige Lage der Bank die Boni gestrichen worden sind, diese Sonderzahlung an den Vorstandsvorsitzenden alles andere als gut finden. Und ich kann jeden Bürger in diesem Land verstehen, der wütend und verärgert über diese Maßlosigkeit ist, denn das sind alles Steuerzahlergelder. Was hätte man mit diesen 3 Millionen € alles finanzieren können. Das ausgerechnet die Sozialdemokratie in diesem Land ausweislich eines Briefes des Ministerpräsidenten und ausweislich eines Vermerkes aus dem Finanzministerium zu Sonderzahlungen Einvernehmen erklärt hat - der Kollege Hay hat zugestimmt -, das finde ich ein starkes Stück.
Herr Stegner, das ist der Trick, den Sie hier versuchen. Sie haben im Europawahlkampf mit folgendem Spruch geworben: „Finanzhaie wählen FDP“. Ich kann nur sagen: Hay sitzt in der SPD!
Wollen Sie mir sagen, dass, wenn die SPD in diesem Lande am 23. Juni 2009 erklärt hätte, wir machen das nicht mit, wir wollen das nicht, ein entsprechender Vertrag am 26. Juni 2009 abgeschlossen worden wäre? Glauben Sie, dass ihre Kampfstärke in dieser Koalition so klein ist? Wenn Sie uns das erklären, dann müssten Sie von heute auf morgen weg aus dieser Koalition, denn dann werden Sie nicht gebraucht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum hat die SPD diese Sonderzahlung nicht verhindert? Warum beschließt der Landtag eigentlich eine blumige Resolution, wenn alle diese Beschlüsse keine Auswirkungen haben? Denn wenn ich SPD und CDU damals in langen Debatten zum Restrukturierungskonzept der HSH richtig verstanden habe, dann war doch gerade die Festlegung der Vorstandsgehälter auf 500.000 € die Voraussetzung dafür, dass CDU und SPD überhaupt der Landeshilfe von 6,5 Milliarden € zugestimmt haben.
Aber jetzt verstehe ich, warum die Sozialdemokratie so massiv für einen Mindestlohn eintritt. Hier hat sie gerade einen ordentlichen durchgesetzt.
Geht man von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden aus, dann bedeuten diese 2,9 Millionen € einen Stundenlohn von 1.450 €. - Herr Stegner, ich versuche doch regelmäßig, mich Ihrem Niveau anzupassen, damit Sie das verstehen, was ich sage.
Und obendrauf hat die Sozialdemokratie mit dieser Sonderzahlung eine weitere ihrer Forderungen durchgesetzt, nämlich die Reduzierung des Renteneintrittsalters. Schließlich wird der Obolus für den Bankchef ab dem 60. Lebensjahr gezahlt. Bezüglich der Polizei - so höre ich - gab es Überlegungen, das Eintrittsalter von 60 auf 62 Jahre anzuheben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer im Kabinett und in den regierungstragenden Fraktionen wann welche Informationen hatte und wer wen informiert oder eben nicht informiert hat, das spielt im Grunde genommen überhaupt keine Rolle.
Das Entscheidende ist: Entgegen ihrer vollmundigen Erklärungen hat die SPD die Sonderzahlungen nicht verhindert, sie hat sie sogar gebilligt. Genau das ist der Skandal. Das werden wir immer wieder sagen. Herr Hay hat zugestimmt. Er ist Mitglied der SPD. Sie hat sie gebilligt. Da können Sie sich nicht vom Acker machen.
Dass der SPD-Vorsitzende Stegner am 11. Juli 2009 für die Kabinettsmitglieder Erklärungen abgibt und diese dann zwei Tage später von den jeweiligen Ministern überrascht zurückgewiesen werden - ausweislich beispielsweise der „Lübecker Nachrichten“ -, spricht auch für sich. Wenn man Vattenfall beim Kernkraftwerk Krümmel zu Recht die Vertrauenswürdigkeit abspricht, dann muss man auch der Landesregierung, insbesondere der SPD,
Die Menschen in diesem Land haben dieses Desaster der Landesregierung nicht verdient. Es wird wirklich Zeit, dass diese Koalition beendet wird und die Menschen neu wählen können.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Kubicki. - Das Wort für den SSW im Landtag hat der Herr Abgeordnete Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Ende der vergangenen Woche bekannt wurde, dass der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank, Herr Nonnenmacher, 2,9 Millionen € an - wie soll man es nennen? - Honorierung, Ausgleichszahlung oder einfach Taschengeld bekommt, kann man zusehen, wie sich die CDU und die SPD zu diesem Thema gegenseitig Elfmeter vorlegen und gleichzeitig Eigentore schießen. Die Suche danach, wer wann über diese Sonderzahlung wie und von wem wusste, ist für uns als SSW allerdings erst einmal zweitrangig. Aus unserer Sicht ist es vielmehr von Interesse, wie es überhaupt zu einer Sonderzahlung in dieser Höhe kommen konnte und warum der Vorstandsvorsitzende dieser Landesbank die Bodenlosigkeit besitzt, dieses Geld auch noch anzunehmen.
Völlig unverständlich ist für mich, wie es im November 2008 in einer Situation, in der die Schieflage der Bank bereits ausreichend bekannt war und sie aus dem letzten Loch pfiff, zum Abschluss eines solchen Arbeitsvertrages kommen konnte, der eine solche Abfindung vorsieht. Unser Finanzminister, Herr Wiegard, war im Präsidialausschuss vertreten und hatte demnach nicht nur Kenntnis über diesen Vertrag, sondern hat ihm im schlimmsten Fall auch noch zugestimmt.
An dieser Stelle frage ich für den SSW, wie es angehen kann, dass Herr Wiegard erstens überhaupt einen solchen Vertrag zulässt und zweitens dieses Hohe Haus nicht über die vertraglich fixierte Sonderzahlung informiert hat. Damit hat Herr Wiegard das Parlament bei dem Abschluss der Resolution zur Deckelung der Managergehälter auf 500.000 € bei vollem Wissen gegen die Wand laufen lassen.
Die Informationspolitik dieser Landesregierung ist seit Beginn der HSH Nordbankkatastrophe ein einziges Desaster. Statt endlich einmal die Konsequenzen daraus zu ziehen, dass mittlerweile sogar ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss versucht, die Informationen zu bündeln und transparent aufzuarbeiten, führt uns die Landesregierung nach Strich und Faden weiter an der Nase herum, anscheinend ohne dass sich in den großen Fraktionen Widerstand regt.
Für den SSW hat die Resolution der Großen Koalition vom April 2009 den Charakter eines Wunschzettels, mit dem man über ein Sollte, Könnte, Müsste versuchte, zum Ziel zu kommen. Obwohl wir mit der politischen Zielsetzung völlig einig sind, war sie uns nicht verpflichtend genug. Mir ist durchaus klar, dass eine Resolution des Landtages keine Vertragsrechte aufheben kann. Trotzdem ist die Willenserklärung des Parlaments sehr deutlich gewesen, und der Beschluss steht: Bei der HSH Nordbank darf sich kein Manager mehr die Taschen vollstopfen. Jetzt stopft sich ein Manager die Taschen voll, und das Ganze wird noch durch unsere Landesregierung unterstützt und verteidigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz unabhängig davon, ob man die Leistungen von Herrn Nonnenmacher bejubelt, weil die HSH Nordbank noch immer existiert, oder ob man sie kritisiert, weil die Bank nur mit 30 Milliarden € Garantien des SoFFin, 10 Milliarden € Garantien der Länder und 3 Milliarden € Kapitalaufstockung durch die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg noch lebt, gilt für mich, dass keine Tätigkeit eines Menschen in dieser Bank 2,9 Millionen € wert ist. Eine Sache ist, dass Herr Nonnenmacher keinen Respekt vor den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes hat, deren Steuergelder er immerhin zur Rettung der Bank verbraten kann. Der Vorstandsvorsitzende hat in den letzten Monaten weder in seiner Informationspolitik noch in seinem Handeln Fingerspitzengefühl für seine besondere Rolle bewiesen. Dabei ist es höchste Zeit, dass Herr Nonnenmacher endlich einmal realisiert, wer ihn eigentlich bezahlt, und er sich bei den Steuerzahlern des Landes zumindest dafür bedankt.
Aus Sicht des SSW geht es hier nicht um die juristische Frage, ob Herr Nonnenmacher die Vertragsbedingungen bei Nichtzahlung einklagen könnte. Aus unserer Sicht geht es hier um die Frage des politischen Anstandes, dass Banker nach der weltweiten Finanzkrise endlich begriffen haben müssten, dass es nicht primär um ihr Wohl geht,