Protokoll der Sitzung vom 16.07.2009

Der Landesrechnungshof hat in seinen Bemerkungen 2009 die vielen Plätze in Schleswig-Holstein für das Freiwillige Ökologische Jahr kritisiert. Hier wird sowohl eine Reduzierung der Plätze als auch eine Reduktion der Ausstattung und der Betreuung gefordert. In den letzten Jahren hat sich die Einrichtung der Freiwilligenjahre jedoch nachhaltig bewährt. Zwischen den Bundesländern herrscht ein reger Austausch, ein Geben und Nehmen. Dass Schleswig-Holstein in der Bereitstellung von Plätzen eine Spitzenposition innehat, ist aus Sicht des SSW positiv hervorzuheben, und diese Vorreiterrolle unseres Landes muss auch in Zukunft erhalten bleiben.

Ich fasse noch einmal zusammen: Ein Freiwilliges Soziales Jahr Politik bietet die Möglichkeit, jungen Menschen ein Bildungs- und Orientierungsjahr anzubieten, das ihr Verständnis und ihr Interesse für Politik nachhaltig stärkt und fördert. Bei der Ausgestaltung darf das Jahr aber nicht als eine Karriereschmiede für Nachwuchspolitiker missbraucht werden, und die Einrichtung darf auch nicht zulasten der bisher vorhandenen Plätze gehen. Das En

gagement junger Menschen geht uns alle an und sollte auch dementsprechend gefördert werden. Darum glaube ich, ist es richtig, dass wir uns im Sozialausschuss noch einmal mit dem Konzept befassen. Das ist wohl das richtige Gremium. Das Thema kann man ja nach der Landtagswahl wieder aufrufen; es läuft nicht weg.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Das Wort für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Dr. Gitta Trauernicht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Soziale Jahr - darüber sind sich offenbar alle einig - ist ein Erfolgsmodell. Nicht nur wegen der quantitativen Dimension, sondern auch qualitativ gesehen lässt sich dieses Soziale Jahr an vielen anderen gut messen. Was ich an diesem Sozialen Jahr bemerkenswert finde, ist die Tatsache, dass es in Schleswig-Holstein gelungen ist, neben dem engeren Kern im sozialen Bereich den kulturellen Bereich, sportliche Bereiche und auch andere Bereiche für die Jugendlichen zu entdecken und bereitzustellen.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben hier in Schleswig-Holstein eine besondere Flexibilität. Das sieht man auch an der Tatsache, dass wir dem Verein Schüler helfen Leben drei Stellen aus dem Sozialen Jahr finanzieren. Das zeigt, dass wir damit schon sehr nahe daran sind, jungen Menschen politische Kompetenzen zu ermöglichen. Denn was könnte es Besseres für junge Menschen geben, als sich für Schüler helfen Leben zu engagieren und da Politik zu lernen?

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Insofern also ein gutes Angebot.

Nun gibt es die Anregung, noch weiter in die Differenzierung reinzugehen. Eigentlich ist im Kern alles gesagt. Man muss nämlich erstens gut darüber nachdenken, weil es auch Risiken gibt, wenn man zu nah an Parteien und Fraktionen gerät. Das Stichwort Politikerrekrutierungsveranstaltung ist hier zu Recht gefallen. Das darf es auf gar keinen Fall sein.

(Anke Spoorendonk)

Deshalb muss das konzeptionell sehr kritisch betrachtet werden.

Der zweite Aspekt ist der, dass von keiner Seite außer hier in dieser Diskussion - bislang der Bedarf signalisiert worden ist. Ich finde, man muss mit den jungen Menschen, dem Landesjugendring und dem Landesjugendhilfeausschuss diskutieren, wie der Bedarf und die konzeptionellen Vorstellungen gesehen werden.

Das Dritte ist eine ganz spannende Frage, nämlich die Frage der Finanzierung. Hier sind verschiedene Stichworte gefallen. Eine Ausweitung liegt wohl kaum im Bereich des Realen. Umschichtung ist ein interessantes Wort. Deutlich geworden ist hier schon, dass man dann an anderer Stelle kürzen müsste. Das würde schmerzen, weil große Bedarfe vorhanden sind. Es gibt sogar die Position, dass das durch Umschichtung gar nicht möglich ist. Wenn ich mir die finanzpolitischen Erwartungen des Finanzministers, des Kabinetts und des Landtags insgesamt angucke, weiß ich gar nicht, wie das gehen soll.

Insofern wird es eine spannende Herausforderung sein, hier die Quadratur des Kreises zu finden.

Bei der Frage, wie man das Ganze machen kann und was Vor- und Nachteile sind, könnte möglicherweise auch eine Evaluation helfen, die meines Wissens zurzeit vom Bundesjugendministerium zu diesem Thema durchgeführt wird. Das kann man in die Diskussion noch einbinden. In diesem Sinne wünsche ich interessante Beratungen im Jugendausschuss.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Torsten Geerdts [CDU] und Lars Harms [SSW])

Ich danke der Frau Ministerin. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Wer den Antrag Drucksache 16/2763 dem Sozialausschuss überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Verbesserung der Situation der Schiffbauindustrie

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/2764

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir erleben im Schiffbau zurzeit eine Krise, wie wir sie alle noch nicht erlebt haben, wie sie noch nie da war, wie sie weltweit noch nicht vorgekommen ist. Wir haben - das erleben wir jeden Tag, wenn wir Wirtschaftsmeldungen sehen - als Bundesrepublik Deutschland insbesondere als Exportweltmeister natürlich die größte Last zu tragen. Wenn Sie nur in die Förde gucken, sehen Sie, dass hier fünf Schiffe einer Reederei liegen. Weltweit sind es über 500 Schiffe, die in den Häfen oder wo auch immer vertäut liegen und nicht im Einsatz sind. Das alles ist für den Bereich eine mittlere Katastrophe. Es gibt im Moment einfach nicht genügend Transportaufträge, und manch einer befürchtet sogar, dass sich die Situation kurzfristig nicht verbessern wird.

Naturgemäß sind die Auswirkungen der rückläufigen Nachfrage nach Transporttonnagen auf den Schiffbaumarkt gewaltig. Noch Anfang bis Mitte letzten Jahres konnten die Schiffe gar nicht schnell genug beauftragt und gebaut werden. Heute dagegen zittert jede Werft vor möglichen Auftragsstornierungen oder der Nichtabnahme bereits fertiggestellter Schiffe. Kein Marktsegment in der Schifffahrt ist mittlerweile von dieser globalen Entwicklung nicht betroffen.

Umso wichtiger ist es jetzt, dass die Politik alle Hebel in Bewegung setzt, um die Zukunft unserer schleswig-holsteinischen Werften zu sichern. Dabei hilft zunächst eine kurze Analyse der Situation.

Die Beschäftigten auf den Werften sind heutzutage hochqualifizierte Spezialisten. Sie sind das Pfund, mit dem eine Werft wuchern kann. Ihr Know-how ist durchaus auch bei Mitbewerbern begehrt. Daher kann ein gemeinsamer Personalpool aller schleswig-holsteinischen Werften aus meiner Sicht nicht einmal der Ansatz zur Lösung der Probleme sein. Was soll denn mit diesem Personalpool bei der zurzeit bei Weitem nicht ausreichenden Auftragslage unserer Werften geschehen? Wer soll denn heute der Abnehmer aus dem Personalpool sein? Werften mit hoher, langfristiger Kapazitätsauslastung und damit verbundener zusätzlichen Personalbedarfs? Werften mit diesem Bedarf haben wir zurzeit nicht.

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Wichtig ist zunächst, dass wir Entlassungen auf breiter Front verhindern. Die Bundesregierung hat dafür das Konjunkturkurzarbeitergeld eingeführt. In unserem Antrag fordern wir, dass die dafür zur Verfügung stehende Zeit genutzt wird, um die Arbeitskräfte und somit auch die Betriebe weiter zu qualifizieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dadurch - so meinen wir - bleibt auch die Bindung der Arbeitnehmer zu ihren Unternehmen erhalten, um nach Bewältigung der aktuellen Krise auch weiterhin als Schiffbauer am Markt zur Verfügung zu stehen.

Ein weiteres Problem ist die Liquiditätslage der Werften. Es darf nicht hingenommen werden, dass Werften aufgrund mangelnder Kreditversorgung in Bedrängnis geraten. Auch hier steuert der Antrag entgegen. Zinshilfen müssen gerade in dieser schwierigen Zeit unbürokratisch und schnell gewährt werden. Weiterhin muss das gesamte Förderinstrumentarium für den Schiffbau auf den Prüfstand und gegebenenfalls weiter optimiert werden. Dies gilt insbesondere bei der Unterstützung für Entwicklung von Innovationen und modernster Technologie und selbstverständlich auch für die Instrumente der Bauzeitfinanzierung.

Darüber hinaus kann ich mir aber auch eine ganz andere Unterstützungsmaßnahmen vorstellen. Hier ist aber zuerst der Bund gefordert. Beispielsweise wäre es möglich, einen staatlichen Überbrückungsfonds, ähnlich dem SoFFin, einzuführen, der fällige Kapitaldienstzahlungen garantiert. Ich könnte mir auch vorstellen, dass für jedes Schiff, das im Moment keinen Abnehmer findet, eine Auffanggesellschaft gegründet wird. An dieser Gesellschaft sind dann Reeder, Werften und Banken beteiligt. Die KfW könnte über ihr Sonderprogramm die Fremdfinanzierung sicherstellen. Wenn der Markt sich erholt hat, werden die Schiffe aus dieser Auffanggesellschaft heraus verkauft. Das könnte erheblich zur Entlastung der Werften und ihrer Kunden beitragen.

Eines, was nicht passieren darf, möchte ich hier ausdrücklich betonen. Es ging ursprünglich einmal ein Antrag vom SPD-Parteivorsitzenden ein, der sagte, wir als Land sollten Eigner solcher Schiffe sein. Ich werde dafür sorgen, solange ich Mitglied dieses Hohen Hauses bin, dass es keinen „VEB Nord-Ostsee-Werften“ gibt.

(Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

Claus Ehlers wird auch nicht Reeder der schleswigholsteinischen Schiffe werden. Das alles gilt es zu verhindern.

Der Markt muss das am Ende regeln. Wir können nur flankierend helfen, aber nicht mehr. Ansonsten gehört es zu der Aufgabe, der wir uns stellen: Kreditversorgung - ja, Arbeitsplätze erhalten - ja, aber der Rest muss allein vom Markt geregelt werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Arp. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Thomas Rother.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer und immer wieder wird betont, wie wichtig für unser Land die maritime Wirtschaft und die mit ihr verbundene Schiffbauindustrie ist. Die immer noch bedeutende Zahl der Arbeitsplätze auf den Werften, bei den Zulieferern und auch bei wissenschaftlichen Einrichtungen sowie der hohe technologische Standard der Branche machen den Schiffbau zu einer Schlüsselindustrie für den Norden. Industrie haben wir in SchleswigHolstein leider nicht allzu viel - umso bedeutender ist jeder industrielle Arbeitsplatz.

Diesen oft gehörten Bekenntnissen müssen natürlich auch Taten folgen. Überkapazitäten in der Handelsschifffahrt führen zu ausbleibenden Aufträgen für die Werften. Personalabbau und Insolvenzen sind die Folgen. Hinzu kommt, dass die Finanzierungsmöglichkeiten für bestehende und künftige Aufträge immer unzureichender werden. Milliardenschwere Subventionsprogramme in Fernost verzerren die Wettbewerbsbedingungen in diesem schrumpfenden Markt immer mehr.

Diese Situation erfordert Handeln. Sicher ist in besonderem Maße die europäische Ebene gefragt, denn alle staatlichen Hilfsmaßnahmen für den Schiffbau müssen natürlich mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein. Die Konkurrenz sitzt allerdings außerhalb und nicht innerhalb der EU, was manchem Wettbewerbshüter in Brüssel nicht immer ganz klar zu sein scheint.

Die Bundesregierung hat bereits reagiert und vor einigen Monaten die Bedingungen des mittelstandsorientierten KfW-Sonderprogramms 2009 flexibilisiert und damit passgenau für den deutschen Schiffbau ausgestaltet. Dabei geht es um die Erwei

(Hans-Jörn Arp)

terung der Haftungsfreistellung bei Betriebsmittelfinanzierungen und um die Verbesserung bei der Kreditgewährung. Damit erleichtern sich die Finanzierungsbedingungen für Werften gegenüber ihren Geschäftsbanken erheblich. Der Bund ist mittlerweile auch bereit, sogenannte Massekredite zu gewähren, jetzt hoffentlich an die Wadan-Werften in Mecklenburg-Vorpommern, damit begonnene Schiffbauaufträge - damit sind wir wieder beim Thema, Kollege Arp - zu Ende geführt und auch neue gesichert werden können. Durch das Vorziehen von Ersatzinvestitionen bei der Bundesmarine, aber auch im Bereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen wird den Werftbetrieben ein Stück Stabilität ermöglicht. Ebenso stehen natürlich die erweiterten Möglichkeiten zur Kurzarbeit zur Verfügung. Doch diese Maßnahmen reichen letztlich nicht aus, um ein Überleben der Branche zu sichern. Ein Leitfaden für weitere Initiativen soll daher unser Antrag sein.

Die Zukunftschance für den deutschen Handelsschiffbau liegt in den Produktionsverfahren und in den Produkten selbst, die technologische Spitzenleistungen und hoch innovativ sein müssen. Hier international die Nase vorn zu haben - insbesondere bei der Schiffsantriebstechnik und beim Energieverbrauch von Schiffen überhaupt - bleibt existenziell für die gesamte Branche. Doch nutzt die tollste Innovation nichts, wenn die Finanzierung der Schiffbauten unsicher bleibt und wenn die Auftraggeber ausfallen oder die Gunst der Stunde nutzen wie jetzt zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern und einen Preispoker betreiben. Schließlich hatten wir mit der Schlichting-Werft in Lübeck-Travemünde sogar mal einen der modernsten Betriebe Europas, und die Lindenau-Werft wird in allen Fachzeitschriften immer noch beispielgebend für den Bau von Doppelhüllentankern genannt. Das alles ist kein Selbstgänger. Mitentscheidend für die Zukunft der Branche sind die Möglichkeiten der Finanzierung.

Vor diesem Hintergrund möchte ich auch dem Wirtschaftsminister und seinen Mitarbeitern für die gute, effektive und erfolgreiche Arbeit für Betriebe in Rendsburg und hier in Kiel danken.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ohne die oftmals gesehenen ordnungspolitischen Scheuklappen der letzten Monate wurde hier zum einem der Betriebsübergang in Rendsburg mitgestaltet und zum anderen nicht nur mit dem neuen Finanzierer HSH hier in Kiel, sondern auch durch einen Massekredit des Landes das Überleben der