Protokoll der Sitzung vom 23.07.2009

Was Ihre Andeutung zum Fall von Frau Kähning trifft, so weiß ich nicht, was die Gesamtintention Ihrer Aussage war, ob Sie hier vielleicht irgendwelche Andeutungen machen wollten. Überhaupt sollten wir uns als Landtag aus Detailstörungen, aus der Unternehmenspolitik soweit es irgend geht, heraushalten.

(Beifall bei der CDU)

Es geht nicht darum, dass wir hier den Aufsichtsrat oder die Unternehmensführung ersetzen. Insofern kann ich am Ende noch einmal versöhnlich darauf hinweisen: Wir sind durchaus bereit, die Intention Ihres Antrags mitzutragen, auch wenn wir den Antrag - wie gesagt - in der Sache durch die Erklärung des Ministers für erledigt halten.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Niclas Herbst und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnte man die Diskussion an dieser Stelle tatsächlich kurz machen, denn den Verdacht, noch in dieser Legislaturperiode eventuell vollendete Tatsachen für bestimmte Bereiche zu schaffen, hat der Minister dankenswerterweise ausgeräumt.

Ich finde es auch richtig, deutlich zu machen, dass an der Umsetzung des bestehenden Strukturkonzepts nicht gerüttelt werden soll. Auch das ist eine wichtige Botschaft. Daher könnten wir die Diskussion eigentlich in den Ausschüssen führen, und ich nehme Ihr Angebot auf, von Ihnen in den Ausschüssen informiert zu werden.

Ich will hier trotzdem zumindest zwei Punkte ansprechen. Ich glaube nach wie vor, dass es wichtig ist festzuhalten, dass die strategischen Ziele, die mit dem Sanierungskonzept verbunden sind und die auch der Kollege Herbst eben noch einmal beschrieben hat, die wir uns gemeinsam gestellt haben, wirklich im Vordergrund stehen. Es geht darum, die Investitionslücken zu schließen. Es geht darum, das Niveau der medizinischen Maximalversorgung nicht nur nicht anzutasten, sondern zu steigern. Es geht darum, die wissenschaftliche Exzellenz und die medizinische Forschung und Lehre zu sichern und auszubauen, und es geht darum, die Rechte und die Beteiligung der Beschäftigten zu stärken und die Umsetzung des Sanierungskonzepts nicht auf dem Rücken der Beschäftigten durchzuführen, zumal man immer wieder und gar nicht oft genug betonen kann, dass die Beschäftigten des UK S-H bisher erhebliche Vorleistungen erbracht haben, um die Wirtschaftlichkeit des UK S-H in der Zukunft darzustellen.

Wenn man diese Positionen berücksichtigt, kann es in der einen Frage gar keine Differenzen mehr geben. Wenn die entsprechenden Informationen regelmäßig fließen, ist das eine gute Voraussetzung für die Umsetzung.

Ich will einen zweiten Punkt aufgreifen. Ich habe das Gefühl, dass mit der Berufung des neuen Vorstandsvorsitzenden zumindest mehr Ruhe und mehr Sachlichkeit in die Arbeit im UK S-H eingeflossen sind. Ich glaube, dass dort mit den neuen Strukturen, mit der vorgesehenen Zentrumsstruktur und der geplanten Campusstruktur Ideen gekommen sind, die dazu führen, dass vielleicht mehr als bisher am UK S-H Menschen gemeinsam an einem Ziel in eine Richtung arbeiten. Genau dies ist notwendig.

Ich will deswegen gar nicht darüber spekulieren, warum sich Personalentscheidungen so ausgewirkt haben, wie sie sich auswirken. Das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber das Gefühl ist: Es wird konsequenter in eine Richtung gearbeitet. Das ist für das UK S-H wichtig, denn wir brauchen das UK S-H an beiden Standorten, in Lübeck und in Kiel, und wir brauchen auch die Universitäten an beiden Standorten, in Lübeck und in Kiel, als wich

(Niclas Herbst)

tigen Arbeitgeber, aber auch als wichtige Standorte für medizinische Forschung und maximale Krankenversorgung.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch und erteile für die FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Einrichtung von Campuszentren in Kiel und Lübeck ist aus Sicht meiner Fraktion eine sinnvolle Entwicklung im Bereich des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Die FDP-Fraktion begrüßt diese Entwicklung nicht nur deshalb, weil dadurch der Weg zu einer mittelfristig von uns angedachten Defusionierung des UK S-H erleichtert wird. Wie Sie alle wissen, befürworten wir die Umwandlung der Universität Lübeck in eine Stiftungsuniversität, die dann natürlich ihr eigenes Klinikum erhalten müsste.

Abgesehen von dieser Zukunftsperspektive halten wir es ohnehin für unabdingbar, dass so große Klinikkomplexe, wie sie beim UK S-H an beiden Standorten existieren, vor Ort über eigene Managementkompetenz verfügen. Die Bildung der Campuszentren ist ohnehin eine sinnvolle Sache. Es war ja schon seit Jahren beim UK S-H eines der wesentlichen Probleme, dass der Vorstand mit operativen Managementaufgaben schlicht und ergreifend überlastet gewesen ist. Das haben die Spatzen wirklich von allen Klinikdächern gepfiffen. So konnte man von Hochschulmedizinern hören, man müsse dem Vorstand morgens um acht Uhr bei Dienstbeginn quasi vor der Bürotür auflauern, wenn es darum gehe, eine rasche Vorstandsentscheidung herbeizuführen, die dringend nötig sei, um etwa eine sechsstellige Summe an Drittmitteln für Forschungsprojekte zu sichern, um zu verhindern, dass dieses Geld der Hochschulmedizin in Kiel oder Lübeck durch die Lappen gehen würde.

Allzu viele Einzelvorgänge häuften sich auf den Schreibtischen des UK S-H-Vorstands - so war immer wieder zu hören -, der wegen seiner Überlastung im operativen Geschäft kaum noch genügend Zeit für wesentliche strategische Führungsaufgaben hatte.

Staatssekretär de Jager hat diesen Sachverhalt in seinem Schreiben vom 13. Juli an den Bildungsausschuss in aller Offenheit dargelegt:

„Das Unternehmen UK S-H weist derzeit eine deutlich zu schwach ausgeprägte betriebswirtschaftlich orientierte Unternehmenskultur auf … Die Führungsarbeit des Vorstands ist zu einem erheblichen Teil durch Fragen des operativen Geschäftsbetriebs belegt.“

Zu den neuen Campuszentren heißt es dann weiter:

„Die vorgesehene Zentrumsstruktur weist die operative Steuerung der Abteilungen (Klini- ken und Institute) den Leitungen der Zentren zu. Dadurch werden beim Vorstand des UK S-H mehr Kapazitäten für die strategische und die übergreifende operative Steuerung, die Entwicklung und regelmäßige Überprüfung der Strategie, die Definition der Unternehmens- und Wirtschaftsziele, die Repräsentation des UK S-H nach außen und den Aufbau von Kooperationen und Netzwerken mit externen Partnern frei. Die neue Struktur unterstützt maßgeblich die nachhaltige Sicherung des Sanierungsprozesses.“

Da bleibt eigentlich nur die Frage: Warum nicht gleich so?

Im Übrigen ist noch zu sagen: Im Nachhinein erweist sich das große Theater aus dem vorigen Jahr um die prestigeträchtige Frage des UK S-H-Verwaltungssitzes als ein klassischer „AustermannBöller“. Jedenfalls ist es geradezu witzig, was man vor etwa vier Wochen in den „Lübecker Nachrichten“ lesen konnte: Da schwankte die Zahl der nach Lübeck umgesiedelten Mitarbeiter zwischen 26 - so die offizielle Angabe - beziehungsweise 16 - so die Rechnung der Personalräte, die außerdem erklärten, acht dieser 16 Neu-Lübecker hätten nur an zwei Wochentagen Präsenzpflicht in Lübeck. Von der ursprünglichen Zahl von 160 Umsiedlern ist schon lange nicht mehr die Rede gewesen.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Meine Damen und Herren, kurz noch ein bisschen Wasser in den Wein: Wenn Sie in den diesjährigen Bericht des Landesrechnungshofs blicken, werden Sie dort eine sehr kritische Äußerung zu den eigentlich noch 22 Millionen € versteckten Defizitbeträgen finden, die quasi noch in dem Problemkomplex Universitätsklinikum schlummern. 22 Millionen € - so der Landungsrechnungshof - werden aus

(Wolfgang Baasch)

dem Budget für Forschung und Lehre jährlich zweckentfremdet und ausgekoppelt zur Deckung von Defiziten in der Krankenversorgung. Das ist ein ernsthaftes Problem, weil dieses Geld für Forschungsaufgaben in einem erheblichen Umfang nicht mehr zur Verfügung steht.

Was den Antrag der Grünen betrifft - wir stimmen ihm ausdrücklich zu. Wir halten ihn für vernünftig. Man wird sich sehr genau ansehen müssen, ob es bei den geplanten Privatisierungsvorhaben darum geht, einen Einmalbetrag zu erwirtschaften, damit man im Jahr 2010 formal schwarze Zahlen verkünden kann, aber vielleicht in den fortlaufenden Jahren registrieren muss, dass man zu höheren Preisen Dienstleistungen wird einkaufen müssen, die den laufenden Geschäftsbetrieb belasten. Das ist ein Thema, das wir im Ausschuss zu erörtern haben werden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug und erteile für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist noch nicht so lange her, dass das UK S-H umstrukturiert wurde und die 15 neu gegründeten Zentren uns als die perfekte Lösung präsentiert wurden.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist wohl wahr!)

Die Unternehmensberatung Roland Berger hatte sich in ihrem Gutachten zur Fusion für die Gründung der Zentren ausgesprochen, und dieser Lösung ist man seinerzeit gefolgt.

Es ging um die gleichen Themen wie heute, die Argumente für die jetzige und die neue Struktur sind austauschbar. Es ging und geht um Kosteneffizienz, Managementkompetenz, eine betriebswirtschaftlich ausgeprägte Unternehmenskultur und um ein hohes Versorgungsniveau.

Wir als SSW fragen uns, ob überhaupt jemand genau nachgesehen hat, warum die gesteckten Ziele angeblich nicht erreicht wurden. Liegt es tatsächlich an der Struktur, oder sind es hauptsächlich ganz andere Gründe, die es so schwierig machen,

ein Unternehmen dieser Komplexität und Größenordnung erfolgreich zu führen und zu steuern? Liegt es vielleicht auch an den sehr unterschiedlichen Interessen, an sehr wirksamen informellen Strukturen und ungeklärten Machtverhältnissen? Sind die insgesamt 51 Kliniken und 26 Institute vielleicht vergleichbar mit kleinen Fürstentümern, und den Fürsten ist es teilweise egal, wer unter ihnen regiert?

Auf jeden Fall wird jetzt wieder von neuen Beratern eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Zumindest gehen wir davon aus, dass die neue heilsbringende Struktur nicht alleiniges Produkt des UK S-H ohne externe Beratung ist. Wir denken, Zweifel dürfen da erlaubt sein. Und es tun sich einige Fragen auf.

Zunächst hört es sich nach Verschlankung an, wenn man aus 15 drei Zentren macht. Aber mit 20 bis 30 Einzelkliniken pro Standort und diversen Instituten haben die jeweiligen Zentrumsleitungen eine sehr breite Führungsspanne. Welche Struktur und vor allem welche Verantwortlichkeiten und Kompetenzen wird es unterhalb der Direktoriumsebene geben? Müssen mit jeder einzelnen Klinik und jedem einzelnen Institut Zielvereinbarungen getroffen werden? Wird die Leistungsplanung und werden die Budgets auf diese Bereiche heruntergebrochen? Wer hat dort die Verantwortung für die Einhaltung der Vorgaben? Was bedeutet die mit der neuen Struktur einhergehende Stärkung der Standorte Kiel und Lübeck für das fusionierte Klinikum? Wird dadurch die ohnehin vorhandene Konkurrenzsituation angeheizt? Und wenn ja, dient das wirklich dem Gesamtunternehmen?

Was bedeutet es für die Beschäftigten in der Verwaltung, wenn sie disziplinarisch der Standortleitung und fachlich einer Dezernatsleitung unterstellt sind? Aus unserer Sicht sind da Konflikte vorprogrammiert, die auf dem Rücken dieser Mitarbeiter ausgetragen werden. Wie will man sicherstellen, dass die fachlichen standortübergreifenden Vorgaben unter Umständen auch gegen starke Standortleitungen durchgesetzt werden? Die gleichzeitige standortübergreifende Definition von Kompetenzzentren, die für sich genommen sicherlich sinnvoll sind, schafft weitere Schnittstellen.

Vergleicht man das UKSH mit einem großen, schweren Tanker in rauer See sollte man sich vorher überlegen, in welche Richtung man steuert und nicht in hektischer Betriebsamkeit das Ruder mal nach links und mal nach rechts herumreißen. Schlimmstenfalls fährt der Tanker dann weiter geradeaus auf den nächsten Eisberg zu. Und es bringt

(Dr. Ekkehard Klug)

auch nichts, dem Tanker einen neuen Anstrich zu geben, wenn er nicht mehr so fährt, wie er eigentlich fahren sollte.

Nicht zuletzt sollte man daran denken, dass die Beschäftigten des UK S-H diejenigen sind, die das Unternehmen am Laufen halten, trotz der vielen Querelen und Belastungen, denen sie in den letzten Jahren ausgesetzt waren. Man sollte ihnen nur große strukturelle Veränderungen zumuten, die langfristig für sie und auch für das Unternehmen eine Perspektive bieten. Das Vertrauen, das man mit einer leichtfertigen Neustrukturierung, die eventuell nicht zum Ziel führt, verspielt, lässt sich später nur schwer wieder aufbauen.

Deshalb ist weniger auch eventuell mehr, und deshalb darf dieses Strukturkonzept auch nicht zu einer Privatisierung des UK S H oder auch nur von Teilen des UK S-H führen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Antrag der Grünen ist deshalb okay. Dem können wir auch grundsätzlich folgen. Vielleicht ziehen die Grünen dann auch ihre beantragte Überweisung an den Ausschuss zurück. Es war ja zu sehen, dass wir alle einig sind über den Antrag und dass wir über den Antrag heute abstimmen können. Das schließt natürlich Beratungen im Ausschuss zu den anderen Themen nicht aus. Ich habe ja auch genügend Fragen gestellt, die dringend beantwortet werden müssten.

(Beifall beim SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht des Ministers an den zuständigen Ausschuss zu überweisen.

(Zurufe: Nein, zustimmen!)