Es bringt niemandem etwas, wenn man sich die Realität jeweils so zurechtbiegt, wie es einem gefällt.
Ich finde es auch nicht gut, Herr Dr. Stegner, dass Sie hier versucht haben, die Wahl des Datenschutzbeauftragten zu einem parteipolitischen Manöver zu machen.
Ich habe mit dem Vorsitzenden der FDP und mit der Vorsitzenden des SSW besprochen, dass wir die Abstimmung über den Datenschutzbeauftragten im September im Landtag vornehmen. Der Antrag liegt ja sowieso vor. Wir werden darüber abstimmen. Das hat aber absolut nichts mit Parteipolitik oder mit Bündnissen zu tun, sondern es ist unsere Überzeugung, dass das richtig ist. Der Antrag liegt lange vor. Wir werden darüber abstimmen, und jede Fraktion dieses Hauses hat die Möglichkeit, ihm zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, wenn die Menschen in diesem Land etwas interessiert, dann nicht mehr, wer hat Schuld, sondern sie wollen wissen, welche Vorstellung haben die Parteien, wie die Probleme von Schleswig-Holstein gelöst werden können. Nachdem der Ministerpräsident klar zu erkennen gegeben hat, dass er vorhat, mit der FDP eine angeblich bürgerliche Regierung zu bilden, interessiert die Menschen natürlich auch, was diese Alternative anzubieten hat.
Meine Damen und Herren, das größte aktuelle Problem, vor dem wir im Herbst stehen werden, ist die HSH Nordbank. Meine Fraktion hat im April gegen die Bereitstellung von 13 Milliarden € Kapital und Garantien gestimmt. Wir haben das getan, weil das neue Geschäftsmodell dieser Bank niemals von einem unabhängigen Berater im Auftrag der Regierung oder gar des Landtags geprüft worden ist.
Ex-Minister Marnette hat die gleichen Fragen wie wir gestellt. Er wurde als Spinner diffamiert. Jetzt sagt Minister Döring einen Tag nach seiner Entlassung aus dem Amt, dass auch er davon ausgeht,
Was wissen Sie, Herr Wiegard, und Sie, Herr Carstensen? Ist das Parlament ein zweites Mal, wie bei der Vergabe von 1 Milliarde € neuen Kapitals vor einem Jahr, wissentlich getäuscht worden?
Ich erwarte, dass der Ministerpräsident und der Finanzminister diesem Parlament reinen Wein einschenken.
Ich begrüße es außerordentlich, dass der Finanzausschussvorsitzende Günter Neugebauer am Termin für den Finanzausschuss Anfang September festhält.
Selbst wenn der Ministerpräsident das Parlament auflöst und die Hälfte der Minister entlassen hat, stellt sich die Frage der Kontrolle durch das Parlament nicht weniger, sondern sogar mehr.
Ich erwarte deshalb, dass zu diesem Termin sowohl über die Vorstandsgehälter als auch über die Lage der Bank vollständig und wahrheitsgemäß informiert wird. Denn wir wollen die Antworten vor der Wahl und nicht erst hinterher.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Haushalt. Wir haben vor vier Jahren einen mutigen Start erlebt, mit Kürzungen um 200 Millionen € bei den Beamten und bei den Kommunen. Das war, bei aller Kritik im Detail, anzuerkennen. Aber kaum dass die Steuern wieder sprudelten, ist diese Regierung in den Dornröschenschlaf verfallen. Der zuständige Staatssekretär Schlie durfte sich erst lächerlich machen und ist dann monatelang nicht mehr aufgetaucht. Heute ist er endlich mal wieder da.
Aber die Verantwortung für die Koordination der Häuser liegt in der Staatskanzlei. Das Scheitern in der Finanzpolitik ist deshalb im Kern das Scheitern von Peter Harry Carstensen persönlich.
Wenn Sie, Herr Carstensen, hier heute erzählt haben, dass Sie in der Regierung von der SPD an strukturellen Veränderungen gehindert worden sind, dann bitte ich Sie, dass Sie mal darlegen, welche strukturellen Veränderungen Sie gemeint haben. Ich habe nur mitgekriegt, dass alle strukturellen Veränderungen auf kommunaler Ebene und auf Landesebene an Ihrer Partei gescheitert sind.
Aber da wir hier über die Zukunft des Landes reden, muss ich an dieser Stelle - so leid es mir tut, Herr ehemaliger Oppositionsführer - auch den designierten Koalitionspartner FDP ansprechen. Denn Sie, Herr Kubicki, sind es, der in den vergangenen Jahren gnadenlos allen Interessengruppen versprochen hat, was gut und teuer ist. In jeder Veranstaltung, die ich erlebt habe, war es das Gleiche: mehr Richter, mehr Polizisten, höhere Gehälter, mehr Urlaubs- und mehr Weihnachtsgeld, mehr Beförderungen und so weiter.
Sie sind es dann auch, der unablässig davon redet, dass Sie die Steuern senken wollen - und das angesichts der höchsten Staatsverschuldung aller Zeiten.
Herr Carstensen und Herr Kubicki, für eine Konsolidierung der Landesfinanzen ist Schwarz-Gelb eine wahrhaft tolle Combo. Da kann ich nur staunen.
Gerade wenn wir hier heute über das Vertrauen und das Misstrauen in die Regierung reden, dann sollte es uns nicht nur um das Vertrauen im Parlament gehen. Viel wichtiger ist es, um das Vertrauen der Menschen auf der Straße zu werben.
Ich sage Ihnen: Letztes Mal hat die CDU die Menschen im Wahlkampf gnadenlos belogen und musste hinterher alles wieder einkassieren.
Abbau von 5.000 Stellen, den Herrn Wiegard vorher angekündigt hat, Sanierung der Finanzen und was Sie sonst noch alles tun wollten - Sie haben sehr viel angekündigt. Eine große Verwaltungsreform haben Sie ebenfalls angekündigt. Nichts davon ist passiert, alles ist wieder einkassiert worden. Ich könnte die Litanei noch weiterführen.
Deswegen erwarte ich in Erinnerung an den vorangegangenen Wahlkampf von allen Parteien, dass sie diesmal den Bürgern vor der Wahl sagen, was sie vorhaben, und nichts, aber auch gar nichts versprechen, was sie sowieso nicht halten können.
Herr Carstensen, wir wollen vor der Wahl wissen, welche großen Strukturreformen Sie vorhaben. Sie haben sie ja vorhin angekündigt und gesagt, die SPD hätte Sie daran gehindert. Nennen Sie uns diese Strukturveränderungen vor der Wahl und nicht erst hinterher!
Ein Politikbereich, der größte Bedeutung für die Zukunft hat, ist die Bildungspolitik. Wir brauchen ein gerechteres Schul- und Bildungssystem, beginnend von der Wiege über die Schule, Hochschule, Berufsschule bis hin zur lebenslangen Weiterbildung. Ich bin froh, dass in diesem Sektor in den vergangenen Jahren mit den Gemeinschaftsschulen wirklich etwas in Bewegung gekommen ist. Zugleich wurden die Schulen aber, insbesondere auf Wunsch der CDU - das muss man durchaus sagen -, mit neuen Vorschriften, Regularien, Zeugnissen, Arbeiten, Prüfungen und so weiter überschüttet. Anstelle von mehr Autonomie regierte in den Schulen mehr Misstrauen, und eine adäquate Reform der Lehrerbildung wurde aus ideologischen Gründen mit allen Mitteln verhindert. Jetzt wollen die Kollegen von der CDU mit einem Koalitionspartner FDP zusammengehen, der sogar die Wiedereinführung der Realschulen fordert. Deswegen fordere ich Sie auch hier auf: Sagen Sie bitte ehrlich, was Sie nach der Wahl wollen. Die Bürger von Schleswig-Holstein haben einen Anspruch darauf, das vorher zu wissen und nicht erst hinterher.
Es macht doch überhaupt keinen Sinn, dass wenn die Koalition gescheitert ist, das gebaute Haus zusammenfällt, anschließend die Maurerkolonnen und Hardliner, die am meisten dazu beigetragen haben, zum Polier befördert werden.
Noch einen Punkt muss ich ansprechen, wenn es um das Vertrauen in diese Regierung geht: In keinem Bundesland sind die Chancen für die Energiewende so gut wie in Schleswig-Holstein. Die Ener
Schleswig-Holstein kann bereits in zehn Jahren doppelt so viel Strom produzieren, wie hier im Land verbraucht wird. Das sind keine Zahlen aus grünen Energieszenarien; das sind die offiziellen Zahlen von Ex-Minister Austermann. In SchleswigHolstein können in den kommenden Jahren Zigtausende neuer Arbeitsplätze entstehen. Allein die wärmetechnische Sanierung der Häuser und Wohnungen ist ein Beschäftigungsprogramm für das Handwerk für 50 Jahre. Durch erneuerbare Energien sind längst mehr Arbeitsplätze entstanden als im Schiffbau, in den Atomkraftwerken und bei der Kohleverbrennung zusammen. 80 % der Stromproduktion im Bereich der Windkraft sind im letzten Jahr in den Export gegangen. Aber auch der klassische Umwelt- und Naturschutz ist längst zum Jobmotor geworden. Die einst von der CDU massiv bekämpften Projekte wie der Nationalpark oder die Stiftung Naturschutz sind zu Attraktionen des Tourismus und Aushängeschildern des Landes geworden. Sie locken Menschen her und schaffen Arbeit.
Herr Carstensen, Sie haben heute die Vertrauensfrage gestellt. Deswegen muss ich heute zu diesem Punkt feststellen: Die jetzige Regierung hat auf all diesen Gebieten dem Land einen Bärendienst erwiesen.