Das europäische Schnellwarnsystem für Lebensund Futtermittel hat illegale Funde von gentechnisch veränderten Leinsaaten in Deutschland in Brot und Müsli gemeldet. Bei dem Gentechnikkonstrukt handelt es sich um eine sowohl herbizidtolerante als auch antibiotikaresistente Linie aus Kanada, die in der Europäischen Union keine Zulassung besitzt.
In Brötchen, Müsli, Backmischungen sowie in ganzen und geschroteten Leinsamen hat Greenpeace illegalen gentechnisch veränderten Leinsamen nachgewiesen. Die betroffenen Produkte sind am 9. September stichprobenartig in Märkten von Edeka, REWE, Rossmann und Schlecker in Hamburg gekauft und von einem Speziallabor untersucht worden. Hierbei handelte es sich um Produkte namhafter Hersteller zum Beispiel Harry-Brot und Seitenbacher Müsli. Der gefundene Gen-Lein ist in der Europäischen Union weder zum Anbau noch als Lebensmittel zugelassen.
Greenpeace hat die Hersteller und Supermärkte über die Verunreinigungen informiert. Die Supermärkte mussten die illegalen Gen-Produkte sofort aus den Regalen nehmen und durch Kontrollen sicherstellen, dass die Verbraucher vor Verunreinigungen geschützt werden. Das wirklich Teuflische an der Sache ist: Lediglich im Jahr 2000 war die gentechnisch veränderte Leinsaat in Kanada kommerziell angebaut worden. Im Jahr 2000, meine Damen und Herren! Das ist neun Jahre her und fast
Fast zeitgleich wurden in der Schweiz Anteile von nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen in Reisprodukten gefunden. Es handelt sich hierbei um den in der EU nicht zugelassenen Gentechnik-Reis Bt63, der 2001 zu Versuchszwecken großflächig in China ausgesät, jedoch niemals zum kommerziellen Anbau zugelassen worden war.
Vor drei Jahren hatten wir einen Gentechnik-ReisSkandal auch in diesem Hohen Haus behandelt. Damals war in mehreren Reissorten in europäischen Supermärkten der nicht zugelassene gentechnisch veränderte Reis LL 601 aus den USA gefunden worden, unter anderem auch in Säcken hier in unserer Landtagskantine.
- Herr Kollege, wie darf ich den Zwischenruf verstehen? Dass die CDU das prima findet? Sie sind der agrarpolitische Sprecher und machen solche Zwischenrufe! Das geht zu Protokoll.
Meine Damen und Herren, spätestens jetzt sollte doch wirklich jedem klar sein, dass die Gentechnikindustrie ihre künstlichen Geschöpfe nicht mehr im Griff hat. Wir als Politikerinnen und Politiker sind hier und heute in der Verantwortung und müssen sagen, wie wir die Bevölkerung von SchleswigHolstein vor Gentechnik schützen wollen. Ein Weg ist der, den wir Ihnen mit dem Antrag vorschlagen, denn mit ungeprüften, illegalen GenLeinsamen in Brötchen und Müsli werden Verbraucherinnen und Verbraucher zu Versuchskaninchen gemacht. Einmal in die Natur freigesetzt, gibt es keine wirksame Kontrolle mehr. Die Funde zeigen, dass unsere Lebensmittel nur dann frei von Gentechnik bleiben, wenn der Anbau gentechnisch veränderter Organismen weltweit verboten wird. Ein entscheidender Schritt ist, dass wir uns für eine saubere, gentechnikfreie Landwirtschaft in SchleswigHolstein einsetzen und wollen, dass in SchleswigHolstein keine gentechnisch veränderten Organismen ausgebracht werden dürfen.
Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine gentechnikfreie Landwirtschaft und gentechnikfreie Lebensmittel. Deshalb ist diese Initiative auch eine
ökonomische Chance für unser Land. Bereits heute beteiligen sich fast 30.000 mit ihrem Land an den gentechnikfreien Regionen. Über 1 Million ha stehen unter diesem Schutz, 189 Initiativen und Regionen machen europaweit mit.
Meine Damen und Herren, bringen Sie SchleswigHolstein wieder mit nach vorn! Unterstützen Sie unseren Antrag, denn er entspricht dem Wunsch des Großteils der Wählerinnen und Wähler.
Ich danke Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Claus Ehlers das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die politischen Parteien haben seit Beginn der gentechnologischen Entwicklung unterschiedliche Positionen hier im Haus eingenommen. Auch in der Großen Koalition haben wir keinen gemeinsamen Nenner gefunden und die Unterschiede verdeutlicht, ohne den Koalitionspartner in die Mitverantwortung zu nehmen.
Seit vielen Jahren sind weltweit zunehmend gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Feldern und bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf den Tellern zu finden. Wer schon einmal in den USA gewesen ist, hat mit absoluter Sicherheit Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen konsumiert. Dies soll uns nicht davon abhalten, eines in aller Deutlichkeit zu sagen: Solange Verbraucherinnen und Verbraucher Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen ablehnen, wird es dafür auch keinen Markt geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Am 7. September 2009 hat sich die Agrarkommissarin Fischer Boel beim Agrarrat für eine schnelle Zulassung der transgenen Maislinie von Monsanto zum Import als Futter- und Lebensmittel eingesetzt. Diese Maislinie hat von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ein positives Risikogutachten erhalten. Ihr Ziel ist es, die drohende Eiweißknappheit in der Futtermittelversorgung abzuwenden. 20 % der Futtermittel werden eingeführt.
Sie erinnern sich sicher alle noch an die Diskussion um den Anbau der gentechnisch veränderten Kartoffel ,,Amflora“. In Russland ist in diesem Jahr eine gentechnisch veränderte Kartoffel zugelassen worden. In Ländern wie Kanada, Rumänien und anderen bestehen bereits Zulassungen für gentechnisch veränderte Kartoffeln. Ich bin gespannt, was wir künftig in Pommes frites und anderen Kartoffelprodukten finden werden.
Die Diskussionen und insbesondere die Entscheidungen auf europäischer Ebene zeigen deutlich auf, wohin der Weg geht. Die Forderung, SchleswigHolstein als gentechnikfreie Region zu deklarieren, ist Ausdruck der Hilflosigkeit. Sie wissen sehr genau, dass Sie nichts abwenden oder verhindern können, und sind deshalb bemüht, wenigstens den Anschein zu wahren. ,,Gentechnikfreie Regionen“ haben nur deklaratorischen Charakter und sind für die Landwirtschaft völlig rechtsunverbindlich. Sooft Sie auch Schleswig-Holstein zur gentechnikfreien Zone erklären - kein Landwirt muss sich daran halten. Es sind derzeit eher wirtschaftliche Gründe, die unser Bundesland praktisch zur gentechnikfreien Zone machen.
Leistungsfähige Pflanzenzuchtunternehmen haben bereits Teile ihrer Entwicklung ins Ausland verlagert, um nicht von der Konkurrenz abgehängt zu werden und heutige und auch zukünftige Märkte zu verlieren. Ich denke auch an viele Unternehmen, die hier im Lande zum Teil weltführend in dem Bereich in der Gen- und Biotechnologie sind, die norddeutsche Pflanzenzucht zum Beispiel. Die wagen es gar nicht mehr, in Schleswig-Holstein Versuchsfelder anzulegen, weil diese in der Regel von Chaoten zerstört werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Versuch Oberösterreichs, 2003 mit einem Gentechnikverbotsgesetz die Region zur gentechnikfreien Zone zu erklären, ist am Veto der Europäischen Union gescheitert. Deshalb kann es auch in Schleswig-Holstein nur rechtsunverbindliche Erklärungen geben. Für eine reine Symbolpolitik werden Sie uns jedoch nicht gewinnen. Billige Symbolpolitik gehört nicht zu unseren Stärken. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Claus Ehlers und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Ehlers hat es eben bereits erwähnt: Es gab unter den beiden ehemaligen Koalitionspartnern im Rahmen des Koalitionsvertrages von 2005 keine gemeinsame Linie zur sogenannten grünen Gentechnik. Aus diesen Gründen gab es auch keine Anträge, denen die SPD hätte zustimmen können.
Die SPD-Fraktion hat stets zu ihren Aussagen aus den vorherigen Wahlperioden zur freiwilligen Ausweisung von gentechnisch freien Regionen gestanden und den Beitritt Schleswig-Holsteins zum Bündnis gentechnikfreier Regionen begrüßt.
Meine Damen und Herren, ich freue mich daher schon jetzt auf die Abstimmung, die gleich kommen wird. Meine Fraktion wird diesem Antrag zustimmen.
Anders als im Umwelt- und Agrarausschuss, der dieses Thema nicht aufgreifen wollte, sehe ich hier im Plenum eine politische Chance, klare Zeichen für die Zukunft Schleswig-Holsteins als gentechnikfreie Landwirtschaftsregion zu setzen. Das wollen und werden wir gern tun.
Herr Minister von Boetticher hat im Mai dieses Jahres darzulegen versucht, ob der Beitritt Schleswig-Holsteins zu diesem Bündnis im Jahre 2005 Bestand hatte oder nicht. Wir wollen jetzt Klarheit darüber schaffen. Wir Sozialdemokraten wollen dieses Bündnis wiederaufleben lassen. Es geht uns hier im Kern um die Frage, wie die Politik den Wil
len der Bevölkerung rechtzeitig aufgreift und in konkrete Maßnahmen umsetzt, denn man muss nicht vorherig Positionen wie etwa beim Thema CO2-Einlagerung erst nach Bürgerprotesten und Demonstrationen zurechtrücken.
Die aktuellen Überlegungen der EU-Kommission, Entscheidungen über den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen den EU-Ländern jeweils selbst zu überlassen, sind aus unserer Sicht zu begrüßen. Wir als SPD fordern dies seit Langem. Aus Sicht der SPD ist dies ein wichtiger Mosaikstein, um dem Vorsorgegedanken konsequent Geltung zu verschaffen, denn nur die Mitgliedstaaten selbst können anhand der lokalen Gegebenheiten beurteilen und entscheiden, ob der Anbau Risiken birgt.
Wenn in naher Zukunft die Mitgliedstaaten auf gesicherter rechtlicher Basis selbst über den Anbau von genveränderten Pflanzen entscheiden können, ist das ein enormer Fortschritt für die Landwirtschaft, die Lebensmittelproduktion und für die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Bundesregierung diese Möglichkeit zur Verhinderung des Gentechnik-Anbaus auch nutzt. Was Herrn Seehofer für Bayern recht ist, das muss auch für Schleswig-Holstein gelten.
Wir brauchen die freie Wahlmöglichkeit für alle Regionen Deutschlands, sich als gentechnikfreie Region rechtssicher festzulegen.