Ich sehe die Vielzahl von ökonomisch Tätigen in diesem Landtag, die nicht alle erfolgreich unternehmerisch tätig gewesen sind, und die Erfahrungen,
Herr Kollege Nabel, jemand, der aus einer regierungstragenden Fraktion kommt und gerade Lohndumping im öffentlichen Dienst betreibt, indem der durchschnittliche Stundenlohn von öffentlich Beschäftigten heruntergeschraubt wird, sollte sich mit der Problematik des Lohndumpings anders beschäftigen, als Sie das getan haben, Kollege Weber.
Es geht nicht um Lohndumping. Wenn der Kollege Garg davon gesprochen hat, dass wir auch Arbeitsplätze für wenig Qualifizierte brauchen, hat er gerade das Baugewerbe angesprochen, nicht die Frage, ob Busfahrer qualifiziert oder nicht qualifiziert sind. Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie gehört, dass er vom Baugewerbe gesprochen hat.
Wenn ich sehe, was auch die rot-grüne Bundesregierung, die es einmal gegeben hat, gerade im Bereich des Niedriglohnsektors getan hat, ist die Erkenntnis gewachsen, dass uns Debatten dieser Art überhaupt nicht weiterhelfen, weil wir denjenigen, die nicht über eine bestimmte Qualifizierung verfügen, mit diesen Debatten über Mindestlohn und Tariftreue überhaupt nicht helfen. Wir müssen vielmehr Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, die auf der Kostenseite nicht zulasten der Arbeitgeber gehen, sondern die ein vernünftiges Einkommen für die Menschen - auch das hat der Kollege Garg gesagt - gewährleisten wollen, zulasten der öffentlichen Hand. Das sind Modelle, die es in RheinlandPfalz gibt, Modelle, die wir angedacht haben, Kombilöhne, sodass der Arbeitsgeber nicht weiter belastet wird, sondern der Mensch, der mit seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt verdienen will, in dem Betrag, wo er nicht wirtschaftlich arbeitet, vom Staat alimentiert wird.
Man kann, Herr Kollege Baasch, wie die Kolleginnen und Kollegen vom SSW der Auffassung sein, dass die Tariftreue durchgängig ein gutes Instrument ist. Man kann wie wir anderer Auffassung sein. Aber eines kann man nicht: Man kann sich nicht hier hinstellen und sagen, wir halten Tariftreue für ein gutes Instrument, allerdings dort, wo die öffentliche Hand das Ganze finanzieren muss, nicht. Das ist doch relativ verlogen.
Sie müssten sich doch hier hinstellen und sagen: Gerade dort, wo die öffentliche Hand das gewährleisten kann, müssen wir Tariftreue einfordern, damit wir, die wir Verantwortung tragen, mit leuchtendem Beispiel vorangehen. Aber hier passiert genau das Gegenteil. Herr Kollege Fenske wird Ihnen wahrscheinlich mitgeteilt haben, Herr Kollege Weber, dass die Kostenbelastung der Unternehmen im öffentlichen Personennahverkehr damit mit der Folge exorbitant steigen würde, dass sie Riesenprobleme bekommen würden. Deshalb zeigen Sie sich hier auf eine Art und Weise heuchlerisch, wie mir das noch nicht untergekommen ist. Entweder Sie stimmen dem SSW-Antrag zu, oder Sie lehnen ihn ab. Aber zu sagen, im Prinzip ja, aber nicht dort, wo wir es bezahlen müssen, das ist keine vernünftige Politik!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal drei Bemerkungen: Dass es nicht nur in Schleswig-Holstein ein Tariftreugesetz gibt, sondern auch in Bayern, ist gesagt worden. Wer sich noch einmal die alte Debatte angeguckt hat - das kann ich empfehlen -, wird wissen, dass es auch andere Länder mit Tariftreuegesetzen gibt. Dass es solche Gesetze auch in Amerika seit den 20er-Jahren gibt, ist auch gesagt worden.
Zu dem Thema Umsetzung dieses Gesetzes auf der kommunalen Ebene fiel mir die Abfallwirtschaft ein, weil das etwas ist, womit wir uns damals auch befasst haben, aber auch mit der Bauwirtschaft. Dieses Gesetz - der Kollege Harms sagte das auch schafft die rechtliche Grundlage dafür, dass Kommunen dieses Gesetz freiwillig umsetzen können. Wir können den Kommunen nichts vorschreiben. Wir schaffen aber eine rechtliche Grundlage dafür, dass sie das machen können. Einige Kommunen haben das ja auch übernommen. Also kein Zwang, aber die Kommunen können das in ihrer eigenen Zuständigkeit beschließen. Darum kann man hier auch nicht von Konnexität sprechen.
Zweite Bemerkung: Anscheinend wird immer wieder vergessen, dass es sich um öffentliche Aufträge dreht. Wir haben weiterhin das Problem in der Privatwirtschaft, zum Beispiel der privaten Bauwirtschaft, wo unter Tarif bezahlt wird. Das ist ein echtes volkswirtschaftliches Problem. Wenn wir sagen,
wir kurbeln die Wirtschaft an, aber wir merken das nicht an den Arbeitslosenzahlen, dann hat das genau damit zu tun, dass wir vergessen, dass die Menschen von ihrem Lohn auch leben können müssen. Darum kann man nicht sagen: Alles, was Arbeit schafft, ist auch sozial.
Damit bin ich dann bei der dritten Bemerkung, die eher in Richtung des Kollegen Garg geht. Ich weiß, das hat nichts mit dem Thema Tariftreue zu tun, aber ich möchte es trotzdem sagen, weil mir das wirklich am Herzen liegt und wir mittlerweile immer wieder hören, wir müssten den Niedriglohnsektor ausbauen. Davon kann heute kein Mensch leben. Menschen, die nur auf den Niedriglohnsektor angewiesen sind, rutschen rein in die Arbeitslosigkeit und raus aus der Arbeitslosigkeit. Statt von allem möglichen zu reden, Kombilohn und was weiß ich, muss man über Qualifizierung reden. Es gibt Menschen, die bis jetzt im Stich gelassen worden sind, die passiv versorgt werden, aber aktiv qualifiziert werden müssen. Das ist aber eine andere Diskussion, liebe Kolleginnen und Kollegen, und die werden wir auch wieder führen.
Zum Thema Tariftreue ist jetzt die Richtung vorgegeben. Ich bitte auch darum, dass man im Ausschuss die Details weiterdiskutiert und dann auch Fehler nicht einfach im Raum stehen lässt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz, ehe die Landesregierung das Wort ergreift, eine Frage an den Herrn Minister stellen. Es ist vorhin in der Diskussion darauf hingewiesen worden, dass sich die Kommunen bei weitem nicht in der Breite am Tariftreugesetz orientieren. Ich kann mich gut an eine Veranstaltung in Kiel erinnern, den „Klönschnack des Kieler Handwerks“, an der ich als einziges Mitglied dieses Hauses teilnehmen durfte. Bei der Masse der Kieler Abgeordneten ist das vielleicht kein Wunder. Dort sagte die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt in ihrem Grußwort, unsere ehemalige Kollegin Angelika Volquartz, dass sich die Stadt Kiel konsequenterweise generell nicht an diesem Tariftreugesetz orientiert. Mich würde interessieren, ob die Landesregierung weiß, welche kommunale Gebietskörperschaft sich in Schleswig-Holstein überhaupt
Falls die Landesregierung dem Parlament dazu Auskünfte erteilen kann, wäre ich dankbar, wenn der Minister dazu etwas sagen könnte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um gleich auf Ihre Frage einzugehen, Herr Klug: Wir haben darüber keine Erkenntnisse. Ich gehe davon aus, dass die Kommunen in Schleswig-Holstein die Gesetze beachten, die der Landtag verabschiedet. Ich denke, dass das auch in Kiel der Fall ist. Zumindest habe ich keine Erkenntnisse, die etwas anderes sagen. Manchmal ist ja auch das, was gesagt wird, etwas anderes als das, was tagtäglich gemacht wird.
Ich glaube, dass das Parlament in einem Punkt einig ist: Das ist die Unzufriedenheit über die Situation, die sich bei der Vergabe des Busbetriebes im Kreis Stormarn dokumentiert. Wir haben in der Tat eine Reihe ähnlicher Sachverhalte, bei denen wir feststellen müssen, dass die Entwicklung des Wettbewerbs, der Druck aus dem Osten, und zwar sowohl aus den neuen Ländern als auch aus anderen europäischen Ländern, so stark ist, dass die Preise, die bisher vereinbart worden sind, nicht mehr gehalten werden können. Das ist ein ärgerlicher Sachverhalt. Ich habe das einmal ausgerechnet. Das bedeutet für einen Busfahrer, der bei einem bestimmten Unternehmen beschäftigt ist, dann aber den Arbeitsplatz zu verlieren droht, den Arbeitsplatz weiter besetzen kann, wenn ihm der Arbeitgeber sagt: Du musst dann aber zu den Konditionen einsteigen, die der andere aus Mecklenburg-Vorpommern angeboten hat. Das bedeutet im Durchschnitt für einen Busfahrer einen Verlust von monatlich 400 €. Dass das eine kaum zumutbare Entwicklung ist, sehen wir, glaube ich, alle gleichermaßen. Ich meine, dass das über die Parteigrenzen hinweg so betrachtet wird.
Trotzdem stellt sich die Frage, ob man eine Möglichkeit hat, dagegen mit gesetzgeberischen Maßnahmen vorzugehen.
Wir wissen, dass wir in einer Gesellschaft der Marktwirtschaft leben, die vom Wettbewerb lebt, und dass dieser Wettbewerb gewährleistet, dass die Lohnhöhen durch Angebot und Nachfrage gebildet werden, dass die Lohnhöhen nicht durch Wunschdenken gebildet werden, es sei denn, man gibt als Staat einen Auftrag. Dann kann man bestimmte Dinge bei seinen eigenen Mitarbeitern festlegen. Darüber hinaus wird es etwas schwieriger. Das Tariftreugesetz, das im Land Schleswig-Holstein wie in einigen wenigen anderen Bundesländern gilt, ist ein Versuch, darauf Einfluss zu nehmen. Ich habe das neulich gesagt, als Sie bei der Bereederung von Forschungsschiffen einen ähnlichen Antrag gestellt haben wie jetzt der SSW. Ich habe meine Zweifel, ob das mit Artikel 12 der Verfassung und mit unserer marktwirtschaftlichen Ordnung vereinbar ist. Das Bundesverfassungsgericht muss das letzten Endes entscheiden.
Aber ich weise ebenso wie die Abgeordneten Schröder und Callsen darauf hin, dass bei der Vorbereitung des Tariftreuegesetzes auch darüber diskutiert wurde, ob man den öffentlichen Personennahverkehr mit einbezieht. Man hatte Gründe dafür, ihn herauszunehmen. Die Busunternehmer in Schleswig-Holstein sind in dieser Frage gute Zeugen, die gesagt haben, weshalb das nicht gemacht werden sollte. Es ist, glaube ich, ziemlich klar. Wenn wir festschreiben, dass bestimmte Mindestregelungen von den Kreisen eingehalten werden müssen, dann müssen wir auch sicherstellen - auf das Konnexitätsprinzip ist hier hingewiesen worden -, dass das Konnexitätsprinzip gilt, und dann müssen wir für die Mehrkosten, die bei den Kreisen entstehen, auch aufkommen. Das ist die Konsequenz, die sich aus diesem Vorschlag ergibt.
Ich meine, dass man über die Dinge, die hier als gemeinsame Überzeugung da sind, besonnen nachdenken und reden sollte, ohne jedes Mal gleich nach dem Gesetzgeber zu rufen.
Wir haben das Problem, dass Arbeit in Deutschland schwarz gemacht wird, das heißt, sie wird unter dem Tarifpreis gemacht. Wir haben das Problem, dass Arbeit aus Deutschland abwandert. Wir haben das Problem, dass an vielen Stellen viele Mitarbeiter in der Privatwirtschaft zu Löhnen arbeiten, die mit Tarifen überhaupt nichts zu tun haben und über die sich überhaupt kein Mensch aufregt. Sollen wir jetzt auch die Vergabe von Computer-Serviceleistungen, die Einstellung von Rettungsdienstleistern, von Reinigungskräften und sonstigen Servicepersonal nach und nach in ein Tariftreugesetz einbeziehen? Ich meine, der Weg muss ein anderer sein. Er muss in die Richtung gehen, dass wir versuchen,
wie das von dem einen oder anderen angedeutet worden ist, durch eine Stärkung der Beschäftigungswirkung alles das zu unternehmen, was Beschäftigung schafft.
Das trifft auch die öffentliche Hand, und zwar vor allem in dem Bereich, in dem wir die Bedingungen für mehr Arbeit verbessern können. Dort müssen wir handeln und verschiedene andere Maßnahmen ergreifen, die darauf gerichtet sind, die Lohnnebenkosten zu senken. Man könnte ganz vereinfacht sagen: Unsere Tariflöhne sind für den Wettbewerb zu hoch, aber für den Arbeitnehmer zu niedrig. Deswegen müssen wir an das Thema Lohnnebenkosten beziehungsweise Lohnzusatzkosten, wie auch immer Sie das nennen wollen, herangehen.
Auf Bundesebene laufen ja die Vorbereitungen, den Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Mehrwertsteuererhöhung einen Teil - leider nur einen Teil - zurückzugeben.
Aber über gesetzliche Fragen sollten wir im Ausschuss sorgfältig miteinander reden. Ich denke, dass die gute Absicht, die hinter dem Antrag steckt und die auch in den unterschiedlichsten Debattenbeiträgen der Opposition, quer durch den Garten, zum Ausdruck gekommen ist, keine Gewähr dafür bietet, dass man damit auch das richtige Ziel erreicht. Grundsätzlich schaffen und sichern Mindestlöhne und Tariftreueregelungen langfristig keine Arbeitsplätze, sondern sie gefährden sie.
Wir haben miteinander das Ziel, für mehr Beschäftigung zu sorgen. Lassen Sie uns im Ausschuss besonnen über das Thema diskutieren.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Auch Herr Kubicki hat sich nicht noch einmal zu Wort gemeldet. Ich schließe die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/604 federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!