Protokoll der Sitzung vom 28.06.2006

(Beifall im ganzen Haus)

Ich danke dem Herrn Landtagspräsidenten für seinen umfassenden Bericht und eröffne die Aussprache. Ich erteile Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Landtagspräsident hat umfassend zu dem Parlamentsforum Südliche Ostsee gesprochen, auch mit einigen analytischen Anmerkungen besonders zur Jugendarbeit. Ich möchte das ein bisschen ergänzen und nicht konkret auf die Resolution eingehen,

denn die kennen Sie ja alle, sie liegt Ihnen vor, Sie hatten die Chance, sie zu lesen.

Ich beginne mit einer Information, die für Sie vielleicht von Interesse ist, auch das wissen Sie sicherlich. Finnland übernimmt am Samstag, dem 1. Juli 2006, die EU-Ratspräsidentschaft. Damit haben wir wieder einen Ostseeanrainerstaat, der für das nächste halbe Jahr die Geschicke der Europäischen Union in die Hand nimmt. Dann folgt Deutschland. Vielleicht inspiriert uns das im Parlamentsforum Südliche Ostsee, auch wenn Finnland nicht unbedingt dazugehört.

Herr Kayenburg, Sie sprachen davon, dass das Parlamentsforum Südliche Ostsee drei Jahre besteht. Ich habe mir als Datum aufgeschrieben, dass am 27. April 2004 in Danzig das Parlamentsforum Südliche Ostsee als interregionales Netzwerk der Landtage von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie der Sejmiks von Pommern und Westpommern gegründet wurde. Absicht war und ist, die bestehenden bilateralen Parlamentspartnerschaften in ein multilaterales Netzwerk zu überführen.

Zwischenzeitlich sind auch die schwedische Region Schonen und die russische Enklave Kaliningrad als Partner des Parlamentsforums dazugekommen.

Die wesentlichen Zielsetzungen des Parlamentsforums Südliche Ostsee seien kurz erwähnt: Erstens Stärkung der parlamentarischen Zusammenarbeit im südlichen Ostseeraum durch gemeinsame Initiativen in den Schwerpunktbereichen Jugendpolitik, europäische Strukturpolitik und Tourismusentwicklung, Bildungspolitik und maritime Wirtschaft. Zweitens die Entwicklung politischer Strategien im Hinblick auf eine gemeinsame Interessenvertretung bei den Institutionen der Europäischen Union und drittens Festigung des politischen, gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts in der Region.

Das Parlamentsforum Südliche Ostsee versteht sich mit der begrenzten Zahl von Partnern als regionaler Unterbau der Ostseeparlamentarierkonferenz. In der Ostseeparlamentarierkonferenz arbeiten alle nationalen, Landes- und Regionalparlamente des Ostseeraums gleichberechtigt zusammen.

Unser Thema im diesjährigen Parlamentsforum war „Integrierte Meerespolitik“, wie wir es in Binz im letzten Jahr festgelegt haben, um die regionalen Interessen der Mitglieder des Forums zu bündeln.

Lassen Sie mich versuchen, einmal kurz Anspruch und Wirklichkeit der gestellten Aufgaben mit den Zielen zu vergleichen. Es musste in Kiel erreicht

(Landtagspräsident Martin Kayenburg)

werden, dass bei einer integrierten maritimen Politik der Europäischen Union eine gemeinsame Position des Parlamentsforums Südliche Ostsee mit konkreten Anregungen, Forderungen, Ergänzungen erstellt, formuliert und in die EU-Politik eingebracht wird. Dabei sollte insbesondere auch ein konkreter Bezug zu Schwerpunktthemen der im Grünbuch der Europäischen Union ausgewiesenen Felder der Meerespolitik gewonnen werden.

Das ist - Sie alle konnten das in der Resolution lesen - nach meiner Meinung sehr gut gelöst worden. Wir haben auf dem Forum im Mai ein sehr gutes Ergebnis erzielt.

(Vereinzelter Beifall)

Im Vergleich zu den vorigen Foren ist aus meiner Sicht festzustellen, dass sich die Qualität der Teilnehmer bezüglich Kompetenz und Beiträge zu konkreten Sachverhalten und Fragen enorm gesteigert hat. Das liegt sicherlich auch daran, dass bereits vorbereitende Fachtreffen zu dem Thema „Integrierte Meerespolitik“ stattgefunden haben, dass aber auch die Zusammensetzung der nationalen und internationalen Teilnehmer außerhalb der Parlamente ein Beweis dafür ist, dass die Inhalte des Parlamentsforums Südliche Ostsee immer mehr Fachinteresse finden.

Zu jeder Konferenz gehört auch die Jugendpolitik. Sie soll und wird ein ständiger Inhalt bei den folgenden Parlamentsforen sein mit neuen, weiterführenden regionalen und auch überregionalen Themen. Die dargestellten Hospitationen waren ein guter Beweis für das Engagement der Jugendlichen, das hoffentlich eine Multiplikatorwirkung für andere Jugendliche haben wird.

Das fünfte Parlamentsforum Südliche Ostsee wird in der Wojewodschaft Pommern zum Thema „Tradition und Innovation im Ostseeraum“ stattfinden. Deshalb dürfen wir aber jetzt das Meeresthema ebenso wenig zu den Akten legen wie auch die anderen in den vorhergehenden Foren behandelten Themen. Wir dürfen den Prozess zur Mitgestaltung unserer Arbeitsbereiche in der südlichen Ostseeregion nicht abbrechen lassen. Dazu gehört übrigens auch die Überprüfung und eventuell Korrektur unserer Maßnahmen, also eine Evaluierung.

Lassen Sie uns diesen erfolgreichen Weg weitergehen!

(Beifall im ganzen Haus)

Ich danke Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek und erteile für die SPD-Fraktion der Frau Abgeordneten Astrid Höfs das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Parlamentsforum Südliche Ostsee hat sich in den letzten Jahren zu einer festen Einheit in der Parlamentsarbeit des Schleswig-Holsteinischen Landtages entwickelt. Zu den Partnerparlamenten gehören neben Schleswig-Holstein der Landtag Mecklenburg-Vorpommern, die Wojewodschaft Westpommern und Pommern und unsere Partnerregion Kaliningrad und die Region Skåne. Wir befassen uns jährlich in wiederkehrenden Tagungen mit wechselnden Themen, die alle Regionen für ihre Arbeit von Bedeutung empfinden.

In diesem Jahr vereinte die integrierte Meerespolitik die Regionen, um eine gemeinsame Stellungnahme zum Grünbuch Meerespolitik der EU zu erarbeiten und um deutlich zu machen, dass gerade hier im Bereich der südlichen Ostsee bereits aktive integrierte Meerespolitik betrieben wird.

Der Europaausschuss ist bereits im Mai 2005 - der Präsident hat darauf hingewiesen - in das Thema eingestiegen und hat eine Anhörung zur Meerespolitik durchgeführt. Die Arbeitsgruppe des Parlamentsforums hat durch die Anhörung internationaler Fachleute verschiedener Bereiche in Stettin und Warnemünde ihr Fachwissen erweitert.

Unsere Partnerregionen haben sich sehr engagiert eingebracht und es wurde meiner Meinung nach sehr deutlich, dass die Partnerregionen die Bedeutung des Themas integriere Meerespolitik für sich und ihre Regionen erkannt haben. Das finde ich bemerkenswert und es ist sehr wichtig, was in all den Themen zur Meerespolitik behandelt wird, sei es die Hafen- oder Schiffssicherheit, die Meeresumwelt oder die Meereswirtschaft. Auch in Bezug auf die Ausbildung der maritimen Berufe haben wir noch einiges zu diskutieren und auf den Weg zu bringen. Das muss weiter ins Bewusstsein gerückt werden.

Unsere gemeinsamen Ergebnisse sind dann bereits sehr frühzeitig an den zuständigen EU-Kommissar Dr. Borg überbracht worden. Als der Europaausschuss im April dieses Jahres in Brüssel war und dort Gespräche geführt hat, war den Gesprächen sehr deutlich zu entnehmen, dass unsere Aktivitäten dort bekannt sind und nicht unbemerkt blieben.

(Manfred Ritzek)

Inzwischen wurde das Grünbuch Meerespolitik vorgelegt und eine Delegation des Arbeitskreises Europa der SPD-Landtagsfraktion hatte Gelegenheit, an der ersten Konferenz im Juni in Brüssel teilzunehmen.

Herr Haitze Siemers von der Maritimen Task Force in Brüssel, der auch an unserem Parlamentsforum in Kiel teilgenommen hat, lobte unsere Zusammenarbeit im Parlamentsforum Südliche Ostsee ganz besonders. Diese Zusammenarbeit sei einmalig und als wegweisend zu bezeichnen - sagte er -, und zwar auch deshalb, weil bei uns die Jugendpolitik einfließt und wir Jugendliche beteiligen.

Ein wesentlicher Bestandteil dieser Begegnungen ist die Jugendpolitik - das wurde bereits angesprochen -, wie es im Landtag laut Vorlage aus Misdroy beschlossen wurde. Seit dem Parlamentsforum 2005 in Mecklenburg-Vorpommern bis zur diesjährigen Tagung wurde ein Projekt durchgeführt, an dem sich mehrere Abgeordnete beteiligt haben. Ich habe mich selbst eingebracht und mit den Hospitanten mehrere Termine im Wahlkreis wahrgenommen. Ich habe Themen gewählt, die sie meiner Meinung nach interessieren könnten. Ich nenne beispielhaft die Themen Ganztagsschule, Kreisberufsschule, Jugendhaus oder Kindertagesstätte.

Die Beteiligung der jungen Menschen ist in den Regionen unterschiedlich geregelt worden; auch das ist bereits angesprochen worden. Bei uns in Schleswig-Holstein hat der Landesjugendring die Teilnehmer delegiert. In Mecklenburg-Vorpommern hat der Landtag darüber beschlossen, wer teilnehmen durfte. Und in einer polnischen Region musste man sich die Teilnahme in einem Aufsatzwettbewerb erwerben; ich finde, das ist eine ganz interessante Variante.

Für die jungen Menschen entstehen über das Lernen voneinander und über einander wichtige menschliche Kontakte für zukünftige Begegnungen, für zukünftige Arbeitsprojekte und natürlich für gemeinsame politische Aktivitäten. Aus dem Hospitationsprojekt heraus wird sich zum Beispiel eine Schulpartnerschaft mit einer Schule aus Kaliningrad entwickeln. Und eine Teilnehmerin aus Danzig wurde dazu genutzt, für eine Einrichtung aus Bad Segeberg einen Kontakt zu einer Organisation in Danzig herzustellen, um ein europäisches Projekt auf den Weg zu bringen. Daran wird sich übrigens auch eine Einrichtung aus Dänemark beteiligen. Ich denke, das ist es, was wir eigentlich möchten.

(Beifall bei der SPD)

Für unsere Haushälter ist es sicherlich wichtig, dass hierfür keine extra Haushaltsmittel eingestellt wer

den mussten. Ich meine, dieses Hospitationsprojekt ist sehr erfolgreich verlaufen und sollte deshalb auch in Folgeprojekte münden. Die Partnerregionen haben sich deutlich erklärt und Herr Kayenburg hat schon angekündigt, dass er unterschrieben hat. Das finde ich schön und ich bedanke mich bei ihm dafür. Über die verschiedenen Modalitäten werden wir im Ausschuss und vielleicht auch hier im Landtag diskutieren müssen.

Ich meine, wir müssen den jungen Menschen rechtzeitig Einblicke in die Arbeit der Parlamente, der Ausschüsse, der Fraktionen und auch der Abgeordneten geben. Denn das ist es, was wir eigentlich brauchen: Sie sollen rechtzeitig an Politik herangeführt werden, damit sie sich letztendlich für Politik interessieren und die Arbeit irgendwann weiterführen, die wir gerade machen.

Ich bitte um Überweisung an den Ausschuss und hoffe auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Astrid Höfs und erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Parlamentsforum Südliche Ostsee, das wir hier im Parlament durchgeführt haben, war - so denke ich ein ordentlicher Erfolg und man hörte von Teilnehmern, dass sie mit der Substanz der Ergebnisse im Gegensatz zu denen aus vorausgehenden Veranstaltungen beeindruckt waren.

Wir haben es gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen über die Entwicklung einer neuen integrierten EU-Meerespolitik möglich gemacht, von unten heraus aus den parlamentarischen Institutionen auf der regionalen beziehungsweise Landesebene im Bereich der südlichen Ostsee Einfluss zu nehmen und uns Gehör zu verschaffen. Das mag für die Zukunft hilfreich sein.

An einem Punkt muss man allerdings eine kleine Träne vergießen: Wir wissen, dass wir mit dieser Diskussion über die neue integrierte EU-Meerespolitik ein bisschen zu spät kommen, um mit allfälligen Konsequenzen auf die Gestaltung der großen EU-Programme Einfluss zu nehmen. Diese werden im Moment für den Zeitraum 2007 bis 2013 hinsichtlich der inhaltlichen Ausfüllung neu strukturiert und auch die Europaabgeordneten, die bei unserer Veranstaltung anwesend waren, haben ge

(Astrid Höfs)

sagt, dass es jetzt im Grunde genommen ein bisschen spät ist, um noch Einfluss auszuüben. Wenn die EU ihre Meerespolitik definiert hat, müssen wir versuchen, uns irgendwie in die bestehenden Programme einzuklinken. Es wäre schöner gewesen, wenn wir von vornherein bestimmte Teilsegmente für Zwecke der Meerespolitik hätten belegen können; ich nenne beispielhaft die Meeresforschung oder Ziele aus dem Umweltbereich. Das ist nicht gelungen.

Ansonsten haben wir auf dem Forum viele interessante Beiträge und Dinge gehört, die wir für die weitere politische Diskussion verwenden können. Ich kann mir die Anmerkung nicht verkneifen, dass etwa der Vortrag des Wissenschaftlers vom Institut für Weltwirtschaft sehr eindrucksvoll war. Denn er hat deutlich gemacht, dass die Nutzung des Verkehrswege in der Ostsee entscheidend - mir war es schon immer klar, aber vielleicht dem einen oder anderen Kollegen hier im Hause nicht; ich schaue den Kollegen Hentschel an - von der jeweiligen Hinterlandanbindung - unter anderem von der Autobahnanbindung, die noch geschaffen werden müsste - abhängt. An der Stelle des Parlamentsforums, Kollege Hentschel, habe ich gehofft, dass Sie sehr gut zugehört haben.

Wir haben noch einen Punkt anzusprechen. Es hat in der Endphase im Zusammenhang mit der Einigung und dem Votum über die Abschlussresolution in der schleswig-holsteinischen Delegation ein bisschen Gewusel und Unruhe gegeben. Ich sage es einmal ganz neutral: Wir müssten uns darüber unterhalten, wie das Prozedere und das Abstimmungsverfahren hier im Landtag in Bezug auf solche Resolutionsentwürfe aussieht. Schließlich muss ein Votum für das Parlament insgesamt abgegeben werden. Es kann weder so sein, dass einmal per Zufall die Vorsitzende des Europaausschusses im Alleingang sagt, wie die Position des Landtages ist, noch kann dies der hoch verehrungswürdige Herr Landtagspräsident im Alleingang machen. Wir müssen also in irgendeiner Weise -

(Zuruf von der SPD: Wir haben einen Aus- schuss!)

- Ja, natürlich haben wir einen Ausschuss. Aber es muss ein Prozedere geben, mit dem wir uns im Zweifelsfall per Mehrheitsvotum als Parlament eine Meinung bilden können, so schwierig das auch sein mag.

(Beifall bei der FDP)

Dies sage ich ohne Kritik an den einen oder anderen. Hieran müssen wir noch etwas arbeiten. Denn

ich habe gesehen, dass es auf einmal erhebliche Unruhe auch auf unserer Seite gegeben hat.