Protokoll der Sitzung vom 12.10.2006

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren und alle am Thema interessierten Besucher! Einige sind gerade noch rechtzeitig gekommen, um den Dithmarscher Kollegen Arp zu hören.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Steinburger!)

- Oh ja! Ich bin der Zeit etwas voraus. Ich bitte um Entschuldigung, Herr Kollege Arp.

(Claus Ehlers [CDU]: 25 Jahre im Landtag!)

Lassen Sie mich zunächst deutlich machen, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass Sie ein Bedrohungspotenzial im Hinblick auf bewährte Fernsehsendungen aufbauen, an die sich ja nicht nur die Empfänger der Wohltaten, sondern auch viele Fernsehzuschauer gewöhnt haben, weil sie unterhaltenden Charakter besitzen. Ich finde, das sind ganz schlechte Argumente. Sie müssen schon bessere Argumente aufbieten, wenn Sie ein Aufbrechen des staatlichen Monopols im Lotteriewesen erreichen wollen.

Ich will Ihnen auch in Erinnerung rufen, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem berühmten Urteil vom 28. März dieses Jahres das staatliche Lotteriemonopol für zulässig erklärt hat.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unter bestimmten Bedingungen!)

- Wenn Sie mich hätten ausreden lassen, dann hätte ich gesagt: Unter bestimmten Bedingungen,

(Heiterkeit)

was die Bekämpfung der Spielsucht angeht, was den Verzicht auf Werbung und aggressive Werbung angeht. Ich finde, das war ein sehr kluges Urteil.

In Erinnerung rufen will ich auch, dass es auf europäischer Ebene ebenfalls keinen Widerstand gibt. Alle anderslautenden Behauptungen, auch die soeben von Ihnen, Herr Kollege Arp, geäußerten, sind falsch.

(Hans-Jörn Arp)

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Warten wir einmal ab!)

- Wir müssen doch zunächst feststellen, was ist, und nicht abwarten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Was ist Fakt? Die Europäische Kommission hat mit Zustimmung aller Regierungschefs das Lotteriewesen aus dem Dienstleistungs- und Niederlassungsrecht herausgenommen und es wurde festgestellt: Die Normierung des Lotteriewesens ist Sache der Nationalstaaten, in Deutschland also der Bundesländer. Auch der Europäische Gerichtshof hat mit keinem Hinweis erkennen lassen, dass mit einer Entscheidung gegen das staatliche Monopol in Deutschland zu rechnen ist. Es hat wie die Aussage des Bundesverfassungsgerichtes vorbehaltlich gesagt: Es ist zulässig, wenn es dem Verbraucherschutz und dem Schutz der Menschen vor Suchtgefahren dient.

Wir befinden uns also auf einem soliden juristischen Fundament und ich finde, wenn man sich in Deutschland umschaut, so befinden wir uns auch in einer seriösen Gesellschaft. Dabei denke ich an die Sportminister, an alle Sportminister in Deutschland, ich denke an die meisten Ministerpräsidenten in Deutschland, die - zurzeit noch - der CDU angehören,

(Zurufe von der CDU)

und ich denke auch an die Finanzminister, an alle Finanzminister. Viele gehören der CDU an. Ihr Versuch, Herr Kollege Arp, uns zu überzeugen, sollte sich vielleicht eher an Ihre eigene Partei richten. Unter Umständen wären Sie dann etwas erfolgreicher.

Ihre Argumente haben mich nicht überzeugt und sie haben auch den Landessportverband nicht überzeugt. Auch der Landessportverband hofft auf die Vernunft - nicht bei Ihnen, sondern auf die Vernunft dieses Hauses, insbesondere der Regierung, des Sportministers, des Finanzministers und auch des Ministerpräsidenten -, weil er natürlich weiß, dass nur das Festhalten am staatlichen Monopol eine verlässliche Grundlage für die Fortsetzung der Sportförderung in Schleswig-Holstein ist.

Wir befinden uns auch - das fällt mir besonders leicht zu erkennen - in guter Gesellschaft, wenn ich mir den amerikanischen Kongress anschaue. Dieser hat sich - vielleicht wurde es aus dem Entwurf des Staatsvertrages abgeschrieben - das Verbot des Glücksspiels im Internet zu eigen gemacht. Das ist eine weise Entscheidung, von beiden großen Parteien in Amerika gefällt. Da Sie sich sonst im

mer auf die Republikaner im amerikanischen Kongress berufen, Herr Kollege Arp: Nehmen Sie sich einmal ein Beispiel an diesen - nicht immer, aber in diesem Fall - vernünftigen Entscheidungen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Buder [SPD])

Für die Sozialdemokraten stelle ich also fest: Wir halten, solange es möglich ist und solange es die europäischen rechtlichen Vorgaben zulassen, am staatlichen Glücksspielmonopol fest. Dafür gibt es gute Gründe.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Aber wir haben das in einem begrenzten Rahmen konzessioniert. In Schleswig-Holstein haben wir nur fünf konzessionierte Kasinos.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Erst haben Sie sie verstaatlicht und dann haben Sie sie wieder konzessioniert!)

- Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, hätten wir vielleicht 25 und alle wären betriebswirtschaftlich am Ende. Aber auch das ist ein Beitrag zur Bekämpfung der Spielsucht.

Damit bin ich bei den Punkten, die für das staatliche Glücksspielmonopol sprechen. Das ist unter anderem die Spielsuchtprävention. Das ist die Kanalisierung des Spielbetriebs. Das ist natürlich auch - das muss man in diesem Haus offen ansprechen die Abwehr von begleitender Kriminalität in diesem Bereich. Es dient auch der Fortsetzung der Förderung - ich sehe jetzt den Kollegen Baasch an der Wohlfahrt, der sozialen Aufgaben und des Sports in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage auch als Finanzpolitiker, dass das staatliche Monopol entgegen Ihren Aussagen auch der Sicherstellung von verlässlichen Einnahmen im Bereich der Konzessionsabgaben und der Lotteriesteuern dient. Es war der Finanzminister von BadenWürttemberg, der - ich darf das Geheimnis verraten, dass er der CDU angehört - davor gewarnt hat, auch im Hinblick auf die staatlichen Einnahmen auf das staatliche Monopol zu verzichten, indem er zu Recht darauf verwiesen hat, dass sich die Glücksspielindustrie sehr schnell auf die Steueroase Malta begeben würde, wo - wie er sagt - ein Steuersatz von 2 % besteht.

Die Liberalisierung des Glücksspiels wäre ein falsches Signal. Sie würde der - ich sage absichtsvoll leider - schon stark verbreiteten Glücksspiel

(Günter Neugebauer)

normalität Vorschub leisten und sie würde die Spielsucht weiter steigen lassen.

Eine Öffnung des Marktes würde zu einer erheblich gesteigerten Glücksspielaktivität führen. Das ist auch der Sinn, dass sich noch mehr Unternehmen in diesem Bereich tummeln. Ich nehme niemandem übel, dass die Gewinne der Glücksspielindustrie das ist legitim - privatisiert werden. Aber, Herr Kollege Arp und liebe Kolleginnen und Kollegen, die sozialen Sicherungssysteme würden belastet werden und werden auch heute schon mit den individuellen Folgen der Spielsucht für Einzelne und für ihre Familie belastet. Das kann nicht in unserem Sinn sein.

Sie haben selbst - oder war es ein Kollege? - das Rennen um den Millionen-Jackpot angesprochen, das wir in der letzten Woche erleben konnten. Es bedarf doch keines weiteren Beweises mehr, dass bei manchem der Verstand aussetzt, wenn es um so viel Geld geht. Dem gilt es durch das staatliche Monopol vorzubeugen. Deswegen erwarten wir gemeinsam mit dem Bundesverfassungsgericht, dass die Anbieter im Lotteriewesen auf aggressive Werbung verzichten, dass sie auf die Gefahren der Spielsucht hinweisen und dass sie sich ausschließlich auf sachliche Informationen konzentrieren.

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Wir sind nicht gegen das Spielen und wir bekennen uns als Sozialdemokraten auch zum Glücksspiel,

(Zurufe von der CDU)

aber zu einem Glücksspiel in geordnetem Rahmen und in überschaubaren finanziellen Ausmaßen. Ich sage das auch als jemand, der sich seit etwa 40 Jahren - wenn auch mit bescheidenem Erfolg - wöchentlich am Lottospiel beteiligt. Das ist, Herr Kollege Arp, für einen ehrlichen Politiker die einzige Möglichkeit, zu einem kleinen Vermögen zu kommen. Bisher war der Einsatz allerdings vergebens.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Man könnte auch arbeiten! - Heiterkeit)

Wir wissen natürlich, dass mit dem Zurückgehen der Werbung - da teilen wir die Auffassung der Liberalisierer - die Einnahmen des Staates zurückgehen werden. Darauf werden wir als Haushaltspolitiker uns alle einzustellen haben. Wir wissen aber auch, dass wir viel tiefere Einschnitte würden hinnehmen müssen, wenn es zu der von Ihnen gewollten Liberalisierung kommen würde.

Lassen Sie mich zum Schluss feststellen: Wir sind ich wiederhole mich -, solange es die europäischen Vorgaben zulassen, für die Erhaltung eines staatlichen Glücksspielmonopols. Wir sind auch nicht

einzelnen Unternehmen verpflichtet, selbst dann, wenn sie ihren Sitz im Land oder im benachbarten Land haben. Wir sind dem Wohl der Menschen verpflichtet, meine Damen und Herren. Daran sollten wir uns immer erinnern.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Monopole sind generell schlecht, das sehen wir beispielsweise aktuell beim Strom- und Gasmarkt. Monopole können aber auch sinnvoll sein. Wir finden, auf dem Gebiet des Glückspiels sind sie sinnvoll. Deshalb freuen wir uns auf die Beratung im Ausschuss.

Frau Kollegin Heinold, dann wird auch Gelegenheit bestehen, uns mit dem zweiten Teil Ihres Antrages zu befassen, nämlich dem Vorschlag der Liberalisierung des Vertriebes. Ich weiß nicht, ob Sie alle Folgen, beispielsweise für die Vielzahl der Annahmestellen in Schleswig-Holstein, bedacht haben.

(Glocke der Präsidentin)

Es könnte nämlich deren Tod bedeuten, wenn künftig an Tankstellen - ich komme zum Schluss - oder im Supermarkt, ohne dass dort zusätzliche Arbeitsplätze entstehen, an Lotterien teilgenommen werden kann.

Wir sind also für die Überweisung in den Ausschuss und hoffen dort auf die Vernunft und darauf, dass wir Sie überzeugen können, Herr Kollege Arp.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort für den SSW erteile ich Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu dem Bundesverfassungsgerichtsurteil ist schon alles gesagt worden. Deshalb ist es berechtigt, dass sich der Landtag heute gleich in zwei Anträgen mit dieser sehr schwierigen Problematik befasst. Im Grunde hat das Bundesverfassungsgericht mit einer gewissen Doppeldeutigkeit, vielleicht könnte man sogar von Heuchelei sprechen, Schluss gemacht. Denn das Monopol des Staates für Glücksspiele jeder Art ist von jeher mit der Schutzwürdigkeit seiner Bürgerinnen und Bürger vor der Spielsucht begründet worden.