Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Die FDP hat es nicht gemacht. Die FDP hat sich anders entschieden. Sie hat gesagt: Wir haben eine Menge von Mehrausgaben, dann fordern wir noch ein paar Steuerminderausgaben und fertig ist. - Das ist die alte Linie der FDP.

Wir haben die Haushaltsvorschläge, die wir gemacht haben, gegenfinanziert. Die Schülerbeförderung war mit drin.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Völliger Unsinn! Quatsch! Polemik ersetzt keine Sachkunde!)

Wir haben uns bei der Frage, strukturell im Personalbereich 100 Millionen € einzusparen, hinter die Landesregierung gestellt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Toll!)

Ein Blick in die Zahlen - ich denke, das kann ich Ihnen nicht ersparen - begründet dies auch. Wir hatten im Jahr 2005 Steuereinnahmen, die noch unter denen des Jahres 1999 lagen.

(Günter Neugebauer [SPD]: Leider wahr!)

In der Zwischenzeit sind aber die Personalkosten, die Sachausgaben und anderes gestiegen. Erst seit dem letzten Jahr, erst seit 2006 haben wir überhaupt wieder real mehr Steuereinnahmen.

Schauen wir uns einmal die Steuerschätzung an. Es wird immer von sprudelnden Steuermehreinnahmen gesprochen. Stellen wir uns einmal vor, dieses Sprudeln wäre so groß, dass wir pro Jahr 500.000 € mehr hätten. Dann würden wir gerade die Verfassungskonformität des Haushalts erreichen. Das hat der Finanzminister gesagt.

In dieser Situation große Diskussionen im Land darüber zu beginnen, wem ich alles mehr Geld geben würde, ist aus unserer Sicht unverantwortlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen: Diese Debatte kriegen Sie nicht wieder zurückgedreht. Die Bürgerinnen und Bürger glauben das natürlich. Wenn der ehemalige Finanzminister ins Land geht und sagt: „Ich würde euch allen gern mehr Gehalt geben“, glauben die Bürgerinnen und Bürger dem ehemaligen Finanzminister, dass das finanzierbar ist. Es ist aber schlicht nicht

finanzierbar. Das muss man an der Stelle deutlich sagen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sei denn, man macht Luftbu- chungen wie die FDP!)

Wir haben Vorschläge gemacht, innerhalb des Haushalts umzustrukturieren. Wir sagen, wir brauchen dringend die Verwaltungsstrukturreform, um Aufgaben zu bündeln, um innerhalb des gesteckten Rahmens Mittel für Bildung freizuschaufeln.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer in Bildung investieren will - so wie wir das machen wollen -, wer in Krippenplätze, in Kindertagesstätten investieren will - so wie wir das machen wollen -, der muss den Mut haben, innerhalb der Verwaltungsstrukturreform zu beschließen. Wenn diese Strukturreform auch noch zu mehr Bürgernähe führen kann - so unser Konzept -,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Quatsch!)

dann sollten wir diese im Land auch gemeinsam vertreten und nicht den Bürgern Sand in die Augen streuen, was alles angeblich zu finanzieren geht.

Ich glaube, dass wir es in den nächsten Wochen sehr schwer miteinander haben werden, wenn eine Unternehmensteuerreform beschlossen werden sollte, die für das Land Millionen Mindereinnahmen bringt. Ich halte diese Unternehmensteuerreform komplett für falsch. Ich fürchte, die FDP sagt wieder: Das ist richtig, 10 Milliarden € Entlastung, kein Problem.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie haben kein ökonomisches Grundverständnis!)

Das wird uns hart treffen. Wir werden noch in dieser Landtagstagung über den SSW-Antrag diskutieren, dem wir selbstverständlich zustimmen.

Lassen Sie uns also zurückkehren zu einer ganz nüchternen Betrachtung der Haushaltszahlen. Diese sagen: Es gibt keinen Spielraum für Minderausgaben, es gibt keinen Spielraum für Steuerreformen, die nicht kostenneutral sind, und es gibt keinen Spielraum für Mehrausgaben in Millionenhöhe. Es geht schlicht und ergreifend um die alte Devise: alternativ statt additiv.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ist mittlerweile klar, warum der grüne Landesverband Neuwahlen gefordert hat.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Mir auch!)

Dann hätten wir wahrscheinlich, wenn überhaupt, das nächste Mal im Haus eine andere grüne Fraktion sitzen.

Frau Heinold, ich kann mich richtig daran erinnern - ich gehöre dem Haus auch schon einige Tage an -, dass Sie gemeinsam in der Koalition mit der SPD neun Jahre regiert haben. Ich kann mich richtig daran erinnern, dass es eine Reihe von Maßnahmen gab, über die hier sehr kontrovers diskutiert worden ist, die zu deutlichen Mehrausgaben des Landes geführt haben. Sie haben beispielsweise Ihre Hand dafür gehoben, Geld schlicht und ergreifend zu verschleudern, indem Sie eine Entbeamtungspolitik mitgetragen haben, deren Sinnlosigkeit zum Zeitpunkt -

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die haben wir wieder durchge- stoppt!)

- Das ist schön, dass Sie die wieder durchgestoppt haben. Herzlichen Glückwunsch! Ich bin ganz begeistert, Herr Kollege Matthiessen.

Ich wünschte mir, dass es bei den Grünen ein gewisses Maß an ökonomischem Grundverständnis gibt. Diese Hoffnung ist bedauerlicherweise bislang nicht erfüllt worden.

Frau Heinold, ich kann mich daran erinnern, dass die Grünen einmal angetreten sind, dass Wachstum etwas Schädliches ist, dass Sie für Nullwachstum eingetreten sind, dass Sie erklärt haben, Wachstum schädige nicht nur die Volkswirtschaft, sondern schädige die Erde, die Welt, die Menschheit insgesamt und überhaupt. Ich kann Ihnen nur sagen: Hätten wir gegenwärtig kein Wachstum, unterhielten wir uns über ganz andere Probleme als über die Frage, was mit möglichen Steuermehreinnahmen passieren soll.

(Beifall bei der FDP)

Wir müssten uns dann nämlich mit der Frage beschäftigen, ob wir überhaupt noch in der Lage wären, die laufenden Ausgaben und Zahlungen finanzieren zu können. Das muss man wissen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist von gestern!)

- Herr Kollege Hentschel, Sie sind von gestern. Die Probleme selbst sind nicht von gestern. Die Proble

(Monika Heinold)

me haben Sie uns hinterlassen, damit wir sie jetzt bewältigen.

Herr Finanzminister, wir beide sind in der Frage, ob gespart werden muss und wie gespart werden muss, überhaupt nicht voneinander entfernt. Auch bei der Frage der Sonderzahlungen kennen Sie meine Position. Ich habe gesagt: Wir haben das vor der Wahl versprochen. Wir hätten das einhalten müssen und dann mit den Betroffenen in eine Diskussion darüber eintreten müssen, wie sie ihren Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts leisten können. Das ist auch eine Frage des Umgangs miteinander, des Stils, der Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei der FDP)

Es wäre ein besserer Weg gewesen als der, den wir jetzt beschreiten und den wir beschreiten müssen.

Wir kommen mit dem bisher eingeschlagenen Kurs nicht weiter. Die Unionsfraktion hat selbst unter Ihrer Führung vor der Wahl erklärt, was notwendig ist. Herr Seitz hat uns das auch wieder gesagt. Wir müssen Personal abbauen. Es nützt nichts, dass wir 10 oder 12 oder 7,5 oder 20 % an der Gehaltsschraube drehen. Wir müssen Personal einsparen.

Ich muss jetzt leider meinen Kollegen Wadephul noch einmal zitieren, der sich schon für die häufige Zitatensammlung bedankt hat. In der Dezember-Tagung des Landtages hat die CDU-Fraktion uns hier in diesem Hohen Haus in einer Replik auf einen Angriff versprochen, dass bis Mitte 2007 ein Personaleinsparkonzept vorgelegt werden wird, das bis 2010 2.000 Stellen umfasst. Herr Finanzminister, ich habe Sie in der letzten Finanzausschusssitzung gefragt, wann wir damit rechnen können. Der Schlie-Bericht gibt uns auch keine Auskunft darüber, wo strukturell etwas passieren soll.

Ich sage noch einmal, was die FDP-Fraktion schon gesagt hat: Wir haben gesagt, dass wir das UK S-H teilprivatisieren wollen, um damit einen Teil unserer Belastung los zu sein, ohne dass die Beschäftigten Nachteile haben müssen. Wir würden damit die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Wir haben gesagt, dass wir 500 Mitarbeiter in der Katasterverwaltung übrig haben, die wir einsparen oder umsetzen können. Wir haben vorgeschlagen, beispielsweise Schulräte abzuschaffen oder zurückzuverlagern.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Wir haben konkrete Vorschläge gemacht und sind auch bereit, uns mit den Betroffenen darüber auseinanderzusetzen, wie man Personal einsparen kann, ohne dass die Leistungsfähigkeit der Verwaltung minimiert werden muss. Ich sage Ihnen vor

aus, dass wir durch die Einführung von E-Government noch mehr Chancen haben werden. Momentan ist es aber so, dass Sie sich untereinander wechselseitig nach der Devise blockieren: Wir haben Erbhöfe.

Sie haben mit Stand von 2005 eine Ausgabensenkung von 7,5 % vereinbart. Wie die einzelnen Ressorts das machen, ist ihnen überlassen. Das ist aber das Gegenteil von Politik. Das ist die Fortsetzung dessen, was Rot-Grün gemacht hat: Zementieren, ohne dass man politische Entscheidungen trifft, wo eigentlich die Schwerpunkte sind, worauf man jetzt verzichten kann und verzichten müsste. Das müsste man von einer Großen Koalition erwarten, die einen großen Wurf vorbereitet und die erklärt, sie betreibe große Politik. Das fehlt bisher und wir werden Sie jetzt regelmäßig monatlich daran erinnern, dass Sie diese Zusage einlösen müssen. Auf diese Diskussion freue ich mich.

Unsere Auffassung ist, dass wir nicht zu gut bezahlte öffentliche Bedienstete haben, sondern schlicht und ergreifend zu viele. Frau Kollegin Heinold, wer sich dieser Erkenntnis verschließt und glaubt, man könne mit ein paar kosmetischen Geschichten und großer staatsmännischer Pose - wir tragen den Kurs der Großen Koalition mit, was die Sparbemühungen angeht - Punkte sammeln, der wird sehr schnell feststellen, dass er weder etwas in der Sache bewegt noch die Menschen mitnimmt, auf die es ankommt.

(Beifall bei der FDP)