Protokoll der Sitzung vom 15.06.2005

An der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit in Dresden entsteht im Zusammenhang mit den Plänen der Sozialministerin Helma Orosz (CDU) sogar ein Institut für Frühpädagogik. Da ist man also auch schon ein Stück weiter. Ich möchte einmal sagen, das alte „Schläfrig-Holstein-Syndrom“ lässt grüßen. Wenn man vor dem Hintergrund der andernorts eingeleiteten Entwicklung jetzt nördlich der Elbe nur halbe Sachen machen wollte und nur einen berufsbegleitenden Studiengang einführen würde, so wie Sie es in Ihrem Antrag vorschlagen, dann wäre das einfach ärgerlich. Es sähe so aus, als wollte sich die hiesige Landtagsmehrheit darum bewerben, die tranfunzeligste Große Koalition der ganzen Republik zu werden.

(Beifall bei FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, daher also unsere Änderungsvorschläge. Mit der Überweisung an den Aus

(Dr. Ekkehard Klug)

schuss sind wir selbstredend einverstanden. Auch die Tatsache, dass natürlich die Ausschussberatung vor dem im Ursprungsantrag von CDU und SPD gesetzten Termin 1. August nicht mehr abgeschlossen werden kann - wir haben, wie ich glaube, keine Bildungsausschusssitzung vor der Sommerpause mehr -, hält uns nicht davon ab. Wir gehen davon aus, dass selbstredend die hochmögende Landesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit an einem überarbeiteten Entwurf für das Kita-Gesetz arbeiten wird, auch im Sinne dessen, was hier im Landtag von mehreren Seiten, ich sage einmal: zu 90 % einvernehmlich, angedacht ist.

Ich danke Ihnen sehr herzlich für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass wir in der Sache weiterkommen.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Dr. Klug. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält die Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe mich gefragt: Was bringt uns der Antrag Neues? Zu Punkt 1 hatte die Ministerin bereits angekündigt, dass sie einen Gesetzentwurf vorlegt, genau zu dem Zeitpunkt, der hier drinsteht. Wenn nun heute der Antrag kommt, diesen Punkt nicht einmal zu beschließen, sondern zu vertagen, dann macht das deutlich, dass das doch eher eine Scheindebatte ist, was wir hier tun.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin nichtsdestotrotz fest davon überzeugt, vielleicht im Gegensatz zur großen Koalition, dass die Bildungsministerin das tun wird, was sie in der letzten Landtagssitzung gesagt hat, nämlich einen Entwurf für ein Kindertagesstättengesetz vorlegen mit einer Präzisierung des Bildungsauftrages.

Der zweite Punkt betrifft die Mitwirkungsrechte der Eltern. Das ist nun fast eine Frechheit. Wir haben einen Gesetzentwurf der FDP im Sozialausschuss. Wir haben dort auch auf eine einzelne Anhörung verzichtet, weil wir gesagt haben, wir wollen das im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf insgesamt machen. Nun kommen Sie und sagen, Sie haben auch noch eine Idee, nämlich Festschreibung der Mitwirkungsrechte der Eltern. Ich finde, das ist ziemlich unparlamentarisch.

(Beifall bei der FDP)

Zum Dritten: Qualifizierung der Erzieherinnen. Da kann man sagen, es war der alte Landtag, der vor wenigen Monaten beschlossen hat, dass der neue Landtag dieses noch einmal beschließen soll. Auch dies ist ein FDP-Antrag. Aber hier hat die FDP jetzt noch einmal nachgelegt und ich finde, dass die FDP sowohl in Punkt 1 als auch in Punkt 2 inhaltlich sehr viel präziser formuliert hat. Wir unterstützen den FDP-Antrag in der Aussage eines grundständigen Bachelor-Studiengangs.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Nun komme ich zum SSW-Antrag. Der SSW-Antrag beinhaltet einen Punkt, für den ich und meine Fraktion lange gekämpft haben und bei dem wir uns mit unserem ehemaligen Koalitionspartner immer wieder gestritten haben, der die Standards in den Kindertagesstätten betrifft. Ja, meine Fraktion steht dazu, die Standards in den Kindertagesstätten nicht zu verringern,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

allerdings haben wir das Wort „pädagogisch“ eingefügt. Die baulichen Standards sind zwar zum größten Teil erfüllt, aber wir wollen noch einmal deutlich machen, dass es um die Qualität und nicht um die Höhe der Toilette oder des Waschbeckens geht.

Bei dem anderen Punkt, den der SSW beantragt, haben wir eine eigene Formulierung gewählt. Denn der SSW sagt, ein Landeszuschuss von mindestens 60 Millionen € muss festgeschrieben werden; da sind wir uns einig. Zum anderen sagt der SSW, dass die Mittel nicht wieder ins FAG eingestellt werden sollen.

Hier sage ich, es wäre nicht gut, wenn wir dem Landesjugendhilfeausschuss vorgreifen würden. Der Landesjugendhilfeausschuss hat auf seiner letzten Sitzung gesagt, dass er die Mittel noch ein Jahr im kommunalen Finanzausgleich lassen möchte, weil er gemeinsam mit den Trägern, mit den kommunalen Landesverbänden, mit der Politik, mit der Regierung eine Lösung erarbeiten möchte. Insofern sollten wir nicht eigenmächtig beschließen, das Geld aus dem FAG zu nehmen. Denn die Konsequenz wäre, dass wir blitzartig bis Ende des Jahres einen Verteilungsmodus finden müssten.

(Zuruf: So ist es!)

- Ja, so ist es. Anders geht es ja nicht. Denn das Geld müsste verteilt werden. Ich glaube, dass die Arbeitsgruppe des Landesjugendhilfeausschusses gut arbei

(Monika Heinold)

tet, und wir sollten erst einmal abwarten, was sie uns vorlegt.

Wir können nun alles in den Ausschuss packen; das kann nicht schaden, wird aber auch nicht viel verbessern.

Im Antrag der großen Koalition hat mir gefehlt - das ist auch eine Aussage -, dass Sie nichts dazu sagen, wie Sie die Qualität in der Kindertagesstätte verbessern wollen, nachdem Sie den Bildungsauftrag im Gesetz präzisieret haben. Wir haben im alten rotgrünen Koalitionsvertrag ein Programm namens „Erfolgreich starten“ gehabt, das ein Volumen von 30 Millionen € bis zum Ende der Legislaturperiode aufwies. Wir haben hart darum gerungen und dies hineingeschrieben.

Ich glaube, dass so ein Programm wichtig ist, um die Qualität in der Kindertagesstätte über Anreizsysteme zu verbessern, und dass dies besser ist, als die Mittel pauschal für Kindertagesstätten hochzusetzen. Hier muss ein qualitatives Anreizsystem hinzukommen. Die große Koalition sagt nichts dazu. Ich hatte es so verstanden, dass auch die große Koalition diesbezüglich etwas plant. Vielleicht ist es doch nicht so. Insofern werden wir auf den Haushaltsentwurf warten müssen. Spätestens dort wird es deutlich werden.

In diesem Sinn wünsche ich uns eine konstruktiv und nach vorn gerichtete produktive Debatte im Sozialausschuss, der nun leider erst tagt, wenn die Regierung schon gearbeitet hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Danke, Frau Heinold. - Für den SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Prinzip befürwortet auch der SSW eine Neufassung des Kindertagesstättengesetzes. Denn seit der PISAStudie haben sich auch für den Kindertagesstättenbereich neue Anforderungen und Rahmenbedingungen ergeben, die sich im Kindertagesstättengesetz natürlich wiederfinden müssen. Von daher ist der Antrag von CDU und SPD zwar nicht verkehrt, aber wir vermissen einige klare inhaltliche Aussagen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wir auch!)

Die Kindertagesstätten haben einen eigenständigen Bildungsauftrag. Das ist keine neue Erkenntnis, aber

seit der PISA-Studie ist dies eine Kernforderung, um die Schulleistungen unserer Kinder zu verbessern. Denn bereits im frühen Alter ist es entscheidend, die Förderung von Sprache und Motorik, die Hinführung zur Schrift und andere Grundkenntnisse unseren Kindern zu vermitteln.

Das setzt allerdings ein pädagogisch qualifiziertes Angebot, das den Kindern zum einen eine sinnvolle Freizeitgestaltung gestattet und zum anderen die Entwicklung der Kinder jenseits der schulischen Wissensvermittlung fördert, voraus. Hierzu zählt im Übrigen auch das frühzeitige Erlernen von Minderheitensprachen und Fremdsprachen; dies ist im Antrag ebenfalls nicht erwähnt.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Deshalb reicht es aus Sicht des SSW nicht aus, diesen Bildungsauftrag im Gesetz festzuschreiben, sondern man muss auch die richtigen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Diese Rahmenbedingungen werden im Antrag von CDU und SPD überhaupt nicht erwähnt. Deshalb hat der SSW - obwohl dies im Koalitionsantrag steht - auch einen Änderungsantrag zu den Finanzen und zu den Standards eingebracht.

In den letzten Jahren sind mehrfach Versuche unternommen worden, die Standards in den Kindertagesstätten zu verringern, weil dadurch Kosten gespart werden können. Ich wurde gerade wieder auf eine Kommune - ich kann sie jetzt leider nicht nennen - aufmerksam gemacht, die gerade genau dieses wieder macht. Aber das ist ein ständiges Problem, das wir im Kindertagesstättenbereich haben.

Überschaubare Gruppengrößen, gut ausgebildetes Personal und vernünftige Gebäude sind aber notwendig, wenn Kindertagesstätten mehr sein sollen als nur Kinderparkplätze für berufstätige Eltern. Das Land hat hier eine Verantwortung, die es nicht einfach abgeben darf. Der Landtag muss deshalb den Plänen der Regierung eine klare Absage erteilen, die Kinderbetreuung mit einem gedeckelten Betrag über den kommunalen Finanzausgleich zu finanzieren.

Das Land darf sich nicht mit einem Scheck an die Kommunen aus der Verantwortung stehlen und so zukünftige Probleme beiseite schieben. Es muss weiterhin Aufgabe des Landes bleiben, für die richtige Entwicklung in den Kindertagesstätten zu sorgen. Dazu gehört die direkte finanzielle Verantwortung und dazu gehört auch, dass die Standards für die Kindertagesstätten nicht schon wieder infrage gestellt werden.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

(Lars Harms)

Der SSW warnt insgesamt davor, dass die Landesebene in einer Reihe von sozial- und familienpolitischen Fragen - wie zum Beispiel auch bei der Eingliederungshilfe - eine Kommunalisierung anstrebt, die zulasten der Kommunen und der betroffenen Bürger gehen kann.

Es ist zwar grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass Zuständigkeiten für soziale Aufgaben auf eine niedrigere Ebene verlagert werden. Bei der aktuellen Haushaltssituation auf kommunaler Ebene wird es aber keine Gewähr dafür geben, dass die Mittel, die in den Finanzausgleich eingezahlt werden, auch wirklich voll und ganz bei den betroffenen Bürgern und Einrichtungen ankommen. Dafür ist das System viel zu intransparent. Im Zweifel droht immer eine Senkung der Standards, um kommunale Finanzierungsprobleme auszugleichen.

Das ist gerade bei direkten Zuweisungen der Fall, wenn die Steuererhebung - ich nenne es einmal so - zur Erfüllung der Aufgaben nicht in einer Hand liegt. Diese Tendenz haben wir schon mehrfach gehabt und vor dieser Tendenz wollen wir warnen. Deswegen sagen wir: Das Geld soll nicht in den Finanzausgleich. Das ist bei uns eine konkrete Haltung und in diesem Punkt halten wir den Jugendhilfeausschuss nicht ab. Wir wollen hier das Signal setzen, wie wir politisch darüber denken.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Gerade in den nördlichen Kreisen SchleswigFlensburg und Nordfriesland haben wir schlechte Erfahrungen mit Kürzungen im Kita-Bereich gemacht. Deshalb muss das Land weiterhin seine Verantwortung für die Kindertagesstätten wahrnehmen. Der SSW bleibt also dabei: Wenn das Land jährlich 60 Millionen € an die Kommunen für die Kindertagesstättenbetreuung zahlt, dann müssen wir auch die Kontrolle über die Verwendung dieser Gelder beibehalten. Und das geht eben am besten, wenn dieses Geld direkt vom Land für die Kindertagesstätten bereitgestellt und nicht über den kommunalen Finanzausgleich ausgezahlt wird.

Leider haben wir den Antrag der FDP spät erhalten. Dennoch haben wir ihn kurz durchgeschaut und wir können ihm voll und ganz zustimmen, weil er eine wichtige Konkretisierung des Antrages von CDU und SPD darstellt.

(Beifall bei der FDP)

Ich würde mich freuen, wenn wir im Ausschuss zu einer gemeinsamen Lösung kommen könnten. Einige haben den Bildungsausschuss vorgeschlagen. Ich habe gerade gehört, dass die Grünen den Sozialaus