Protokoll der Sitzung vom 12.07.2007

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Angelika Birk. Ich erteile für die CDU-Fraktion der Frau Abgeordneten Susanne Herold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie wollen mit Ihren drei vorliegenden Anträgen zum Schulgesetz die Möglichkeit der Neugründung von Gemeinschaftsschulen gesichert wissen, die Pflichtstundenzahl der Lehrerinnen und Lehrer angleichen und fordern die Genehmigung gebundener Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein. Das sind die Konsequenzen, die sich für Sie aus dem neuen Schulgesetz ergeben. Ich sage: Das

(Angelika Birk)

ist alles kalter Kaffee. Das ist nichts Neues, hier fehlt jegliche Initiativkraft.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Erstens. Mit der Drucksache 16/1500 fordern Sie eine Änderung des Schulgesetzes dahin gehend, dass § 43 abgeändert werden soll, um Neugründungen von Gemeinschaftsschulen zu ermöglichen. Das Problem ist, § 43 ist hier nicht der richtige Paragraf, da dieser lediglich die Schulart Gemeinschaftsschule beschreibt. Die Errichtung von Schulen wird in § 57 f geregelt.

Dabei dürfte es Ihnen nicht entgangen sein, dass es in den nächsten Jahren aufgrund stark rückläufiger Schülerzahlen Neugründungen von Schulen so gut wie nicht geben wird. Es wird vielmehr darum gehen, bestehende Schulen umzuwandeln und mancherorts ihre Existenz zu retten, indem sie zu Regionalschulen und auf Antrag des Schulträgers zu Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden.

(Beifall bei der CDU)

Das, Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sind die Tatsachen und Perspektiven, denen wir uns derzeit in Schleswig-Holstein stellen müssen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hentschel?

Nein, zurzeit nicht.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Phantastereien über neu entstehende Schulen sind hier also derzeit fehl am Platze.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Frau Birk hat das doch so schön er- klärt!)

In Ihrer Antragsbegründung sprechen Sie dann über die Besetzung von Schulleiterstellen. Ich darf Sie daran erinnern, verehrte Kollegin Birk, dass wir diese Thematik ausgiebig in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses diskutiert haben.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deswegen wollen wir eine Ge- setzesänderung!)

Die Vorgehensweise bei der Besetzung von Schulleiterstellen wurde eindeutig geklärt. Dabei ist klar

gestellt worden, dass es bei den gängigen Einstellungsverfahren für neu zu besetzende Schulleiterstellen bleibt. Wie mit den Schulleitungen bei Umwandlungen von Schulen zu Regional- und Gemeinschaftsschulen verfahren wird, ist ebenfalls durch die Bildungsministerin dargestellt worden. Hier bleibt positiv festzuhalten, dass die Stellung der Schulleitung deutlich gestärkt wird und mehr Funktionsstellen zur Verfügung stehen werden. Somit hat sich Ihr Antrag eigentlich erledigt. Da es sich aber um einen Änderungsantrag zu einem Gesetz handelt, liebe Frau Birk, werden wir gern im Bildungsausschuss noch einmal darüber mit Ihnen reden.

Zweitens. Mit Drucksache 16/1486 fordern Sie die Angleichung der Pflichtstundenzahl für Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I und II.

Ich gehe davon aus, dass Ihr Antrag nicht so zu verstehen ist, dass in den Sekundarstufen I und II fortan die gleiche Unterrichtsverpflichtung bestehen soll. Das wird in Ihrem Antrag nämlich nicht deutlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie Ihnen spätestens seit der letzten Landtagstagung bekannt sein dürfte, haben CDU und SPD ausgiebig über die gleiche Ausstattung entstehender Regional- und Gemeinschaftsschulen beraten. Am Montag wurde entschieden, dass alle Lehrkräfte, die an Regional- und Gemeinschaftsschulen unterrichten, ab dem Schuljahr 2010/2011 eine Pflichtstundenzahl von 26 Stunden erhalten.

(Beifall bei der CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sollen die drei Jahre? Können Sie das erläu- tern?)

Damit verbunden haben wir in Schleswig-Holstein einen Pakt für Bildung. Das Paket kostet 540 Millionen € und umfasst 1.300 Lehrerstellen, die zukünftig für eine Extraportion Unterricht und für eine bessere individuelle Förderung unserer Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Damit haben wir einen bedeutenden und zukunftsweisenden Schritt zu mehr Bildungsqualität für Schleswig-Holsteins Schülerinnen und Schüler getan. In der Sache hat sich damit auch dieser Antrag erledigt.

Drittens. In dem von Ihnen formulierten Antrag zum Tagesordnungspunkt 35 fordern Sie eine Wiederaufnahme der Genehmigung von gebundenen

(Susanne Herold)

Ganztagsschulen. Hier frage ich mich ernsthaft: Wohin wollen Sie eigentlich? Die CDU kämpft bereits seit Jahren für die Einführung gebundener Ganztagsschulen.

(Beifall bei der CDU)

Verlässlicher Unterricht soll auch am Nachmittag stattfinden. Dies gilt nach unserer Ansicht besonders für Ballungsgebiete und für soziale Brennpunkte.

(Beifall bei der CDU)

Das war und ist unsere Position. Sie hingegen haben sich noch im Landtagswahlkampf 2005 für eine Schule ausgesprochen, die den ganzen Tag geöffnet ist. Ich zitiere:

„Ganztagsschule bedeutet nicht, den Vormittagsunterricht auf den Nachmittag auszudehnen. Es bedeutet, den starren 45-MinutenTakt des Vormittags zu überwinden, Lernprozesse zu rhythmisieren, außerschulische Angebote einzubeziehen, alternative Lernformen zu ermöglichen und Förder- und Fordermaßnahmen anzubieten.“

Das ist nachzulesen im Landtagswahlprogramm 2005 der Grünen auf Seite 40.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gebundene Ganztagsschulen!)

- Wenn Sie das unter einer gebundenen Ganztagsschule verstehen, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass es diese in der sogenannten offenen Form der Ganztagsbeschulung bereits an vielen Schulen in Schleswig-Holstein gibt.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Herr Hentschel, Sie haben nicht das Wort.

Ganz besonders hätte es mich gefreut, wenn Sie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Ihrem vorliegenden Antrag zumindest einen konkreten und realistischen Vorschlag zur Bereitstellung entsprechender Mittel zur Einführung gebundener Ganztagsschulen gemacht hätten und nicht in einer globalen Forderung nach „mehr“ und „besser“ stecken geblieben wären. Die CDU-Fraktion wertet es als einen ganz besonderen Erfolg, dass zum Haushalt 2009 zur Errichtung gebundener Ganztagsschulen 50 zusätzliche Stellen bereitgestellt werden

(Beifall bei der CDU)

und dass somit rund 15 Regional- und Gemeinschaftsschulen in sozialen Brennpunkten und mit hohem Migrationsanteil zu gebundenen Ganztagsschulen umgewandelt werden können. Das ist unser Ziel, dahin wollen wir.

Der zurzeit beschrittene Weg, möglichst viele Schulen im Lande zumindest mit einer offenen Ganztagsschule auszustatten, führt ebenfalls in die richtige Richtung. Durch Angebote von Kursen und AGs können - gemessen an unserer angespannten Haushaltslage - wesentlich mehr Schulen im Lande zumindest ein Nachmittagsangebot vorhalten. Das ist keine dauerhafte Lösung des Problems, aber hier beschreibt für uns der Weg das Ziel. Ich bitte für die CDU-Fraktion um die Überweisung der alten Anträge und der kurzfristig vorgelegten Anträge an den Bildungsausschuss.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Frau Abgeordneter Herold. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Henning Höppner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der tiefere Sinn des Verfahrens, für jede einzelne Landtagssitzung zwei oder drei Änderungsanträge zum Schulgesetz einzubringen, erschließt sich mir nur mit Einschränkungen. Sie werden es erinnern, wir haben am 24. Januar dieses Jahres nach mehreren Anhörungsverfahren ein Schulgesetz verabschiedet. Alle Fraktionen - auch Sie - haben im Verlauf der Beratung Änderungsanträge eingebracht, die zum Teil angenommen, zum Teil abgelehnt wurden. Ein neues Schulgesetz wie dieses stellt diejenigen, die es umzusetzen haben, also die Landesregierung ebenso wie die Schulen selbst, vor hohe Herausforderungen. Diese Herausforderungen müssen wir nicht noch vergrößern, indem wir stetig Rechtsunsicherheit schaffen. Was soll nun geschaffen werden?

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man Fehler feststellt, dann muss man sie korrigieren!)

Genau das geschieht aber, wenn man ständig versucht, ein beschlossenes Gesetz zu verändern oder an diesem Gesetz herumzubasteln. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen, den § 43 über die Gemeinschaftsschulen so zu ändern, als ob bei der Gründung einer Gemeinschaftsschule die Fiktion einer Gründung auf der grünen Wiese geschaffen

(Susanne Herold)

werde. Für die Besetzung der Schulleiterfunktion soll dann das übliche Verfahren über den Schulleiterwahlausschuss eingehalten werden. Soweit im Moment irgendwie absehbar ist, wird es diesen Weg der gänzlichen Neugründung nicht geben. Unsere kleinteilige Schulträgerstruktur wird sich ändern müssen. Die gänzliche Aufgabe von Schulstandorten wird - landesweit betrachtet - nur das letzte Mittel sein. Der Königsweg wird sein, mehrere kleinere Schulen organisatorisch zusammenzufassen oder kleinere Schulen mit größeren zu verbinden. Dadurch bleibt der Schulstandort erhalten. Der Overhead im Leitungsbereich reduziert sich und setzt damit Ressourcen frei, die für eine bessere Unterrichtsversorgung eingesetzt werden können.

Gemeinschaftsschulen werden laut § 43 dort entstehen, wo die Schulträger dies wollen und wo ein pädagogisches Konzept für ein gemeinsames längeres Lernen vorliegt. Dies geschieht auch durch die obligatorische Umwandlung von Gesamtschulen in Gemeinschaftsschulen oder durch die Zusammenlegung oder Umwandlung vorhandener Schulen. Es ist eine grundsätzlich andere Situation, wenn eine Schule neu gegründet wird oder wenn der bisherige Schulleiter oder die bisherige Schulleiterin einer Schule aus der Funktion ausscheidet. Im Falle einer einfachen Umwandlung einer Gesamtschule ist eine Schulleiterin oder ein Schulleiter vorhanden, es sei denn, dass er oder sie zum Zeitpunkt der Umwandlung gerade in den Ruhestand eintritt. Dann greifen natürlich die üblichen Modalitäten.