Ein größeres Problem ist sicher die Umsatzsteuerpflicht. Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen, aber die obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern sagen, es handle sich um eine wirtschaftliche Leistung nach Art einer Personalgestellung. Nun gut, dann wäre natürlich ein sinnvoller Gedanke - das ist auch schon angeklungen -, dass man dann eben das Umsatzsteuergesetz ändert. Das ist sowohl vom Bundesrat als auch von der Bundesregierung abgelehnt worden. Ich muss das nicht alles wiederholen.
nicht so sehr ein politischer Wille steht, sondern hier einfach zwei Welten aufeinanderprallen: zum einen die Finanzbürokratie - die sicherlich auch ihre Berechtigung hat, das will ich gar nicht abstreiten -, zum anderen die jungen Menschen, die sich sozial engagieren wollen und soziales Engagement zeigen wollen. Sie kennen sich logischerweise nicht so sehr mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie - kurz MWSt-SystRL - aus. Das sind dann zwei Welten, die aufeinanderprallen. Da müssen wir jetzt ein bisschen Abhilfe schaffen. Dieses neue Gesetz soll das ja auch tun. Zumindest verspricht es uns, dass umsatzsteuerliche Belastungen weitestgehend vermieden werden. Wir werden nach Ablauf einer gewissen Zeit überprüfen müssen, inwieweit dieses Ziel wirklich erreicht wird. Ob Bürokratieabbau nun darunterfällt, wenn ein dreiseitiger Vertrag unterschrieben werden muss, werden wir sehen. Da werden wir die Praktikabilität überprüfen.
Inhaltlich bietet uns das Gesetz - auch das ist schon angeklungen - das Thema der Festigung von Lernzielen. Auch das will ich gar nicht alles wiederholen. Es ist richtig, dass Bildungs- und Beschäftigungsfähigkeit gestärkt werden sollen. Aber wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, wenn man sagt, die Bildungs- und Beschäftigungsfähigkeit soll erhöht werden, dass wir hier jeweils über Problemkinder reden. Im Gegenteil: Wer sich den Umdruck 16/2245 anschaut, der im letzten Jahr an den Umwelt- und Agrarausschuss ging, stellt nicht nur fest - das konnte man erahnen -, dass ein Großteil der Freiwilligen aufgrund der Wehrpflicht weiblich ist, sondern auch, dass im vergangenen Jahr fast 80 % aller Teilnehmer am Freiwilligen Ökologischen Jahr Fachabitur oder Abitur hatten.
- Beim FSJ ist das ein bisschen anders. Aber wir müssen uns schon überlegen, wie wir es insgesamt schaffen - das ist ein interessanter Gedanke -, dass auch Menschen mit formal geringerer Bildung - ich glaube, das ist der politisch korrekte Ausdruck mehr in die Freiwilligendienste reinkommen.
Wir reden hier im Wesentlichen über besonders leistungsfähige Menschen. Es handelt sich also nicht um eine Maßnahme, um Problemkinder beschäftigungsfähig zu machen, sondern es geht darum, was diese jungen Menschen selber wollen. Sie wollen fürs Leben lernen, sie wollen für das lebenslange Lernen lernen. Sie wollen etwas mitnehmen. Das
Auch das Thema Mehrarbeit wird von den Beteiligten - so ist mein Eindruck - als in Ordnung angesehen. Insgesamt müssen wir natürlich bedenken, bei allem was wir hier diskutieren, dass wir über einen Freiwilligendienst reden. Das heißt, all das, was wir diskutieren und beschließen, muss auf die Zustimmung der Betroffenen stoßen. All das muss abgesprochen werden. Deshalb ist mein Vorschlag, dass wir uns bei den Ausschussberatungen darüber verständigen, dass wir nach einem gewissen Zeitrahmen eine Evaluation vornehmen.
Wir haben von der Bundesebene in diesem Gesetz einige Vorschläge zur Flexibilisierung. Ironischerweise wird von einigen Betroffenen durch diese Flexibilisierung ein höherer Verwaltungsaufwand erwartet, insbesondere wenn man in mehreren Bundesländern Dienst leisten will, wenn man eine zeitliche Unterbrechung einbauen will. All das ist eigentlich genau das Gegenteil von Flexibilisierung. Auch hier müssen wir gucken, wie sich das in der Praxis bewährt.
„Jugend im Landtag“ ist hier ebenfalls angesprochen worden. Da können wir sicher bei der nächsten Veranstaltung dieses Thema ansprechen. Erfahrungsgemäß sind immer einige Vertreter dabei.
Am Ende - meine Redezeit ist jetzt abgelaufen möchte ich nur betonen: Es ist wirklich aller Lob wert, dass diese jungen Menschen diesen Freiwilligendienst leisten. Wir sollten alles tun, um ihnen das zu erleichtern, zu ermöglichen und ihnen keine Steine in den Weg zu legen. Deshalb werden wir dieses Gesetz kritisch begleiten.
Auf der Tribüne begrüßen wir ganz herzlich die Damen des Landfrauenvereins Bargteheide mit einigen männlichen Begleitern und einige jugendliche Besucher. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesgesetzgeber hat die bisherigen Gesetze über das Freiwillige Soziale beziehungsweise das Freiwillige Ökologische Jahr in einem einheitlichen Gesetz zur Förderung der Jugendfreiwilligendienste zusammengefasst, das in wenigen Tagen in Kraft tritt. Es liest sich harmlos und entbürokratisierend. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass gerade aus der Sicht der Bundesländer Enttäuschung zurückbleibt, insbesondere weil die materielle Absicherung durch eine Steuerbefreiung für die Leistung der Jugendfreiwilligendienste vom Bund abgelehnt wurde.
Es geht mir bei dieser Thematik aber nicht so sehr um das Wohl und Wehe der Steuerkassen, sondern um das der Jugendlichen.
Die Verbände und Arbeitsgemeinschaften der FSJund FÖJ-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer haben sich zu einigen Punkten des neuen Gesetzes kritisch eingelassen. Positiv ist, dass die bisherige Befristung der Förderung auf ein Jahr aufgehoben wurde und dass eine Kombination von sozialer und ökologischer Tätigkeit, die auch im Ausland abgeleistet werden kann, auf bis zu zwei Jahre förderungsfähig ist. Ich sage das ganz deutlich mit der Einschränkung, die Frau Heinold hier schon genannt hat.
Ich persönlich teile dabei ausdrücklich nicht den von den Bundesländern vorgebrachten Einwand, diese zeitliche Flexibilisierung mache den Trägern die Planung unmöglich. Denn wir können über das freiwillige Engagement junger Menschen nicht losgelöst von der Zukunft der Pflichtdienste sprechen. Jeder von uns weiß, warum am Grundsatz der Wehrpflicht für junge Männer festgehalten wird. Wenn der Wehrdienst fällt - was in fast allen anderen europäischen Staaten schon längst der Fall gewesen ist -, wird es außerordentlichen schwierig, an einer Zivildienstpflicht festzuhalten. Das wiederum wird die Sozialsysteme eines Großteils ihrer billigsten Arbeitskräfte berauben.
Unsere Gesellschaft wird diese Frage aber nicht lange vor sich herschieben können. Je fragwürdiger das Konzept eines Zwangsdienstes wird, umso mehr sind wir darauf angewiesen, dass sich junge Menschen freiwillig im sozialen und im ökologischen Bereich engagieren und dieses Engagement
als Teil ihrer Biografie und ihrer Qualifizierung verstehen, ohne dabei Ansprüche auf eine leistungsgerechte Entlohnung zu stellen.
Das Land fördert gut 700 Plätze im FSJ mit 950.000 € und 150 im FÖJ mit 1.256.000 €. Da es bundesweit nur 2.200 FÖJ-Stellen gibt, sind wir in Schleswig-Holstein damit relativ stark. Dies soll nach dem Willen der SPD-Landtagsfraktion auch so bleiben. Ohne die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Freiwilligen Ökologischen Jahres könnten sehr viele wichtige Umweltprojekte und -einrichtungen gar nicht bestehen. Ich erinnere daran, dass die SPD-Fraktion im letzten Jahr an einer Wette mit FÖJlerinnen teilgenommen hat. Ich glaube, ihr von den Grünen hattet auch teilgenommen.
- Gut, SSW auch. - Wir durften einen Tag lang die Arbeit der FÖJlerinnen und FÖJler erleben. Ich glaube, das war eine sehr lehrreiche Erfahrung. Wer sich eine besonders lehrreiche Erfahrung darlegen lassen will, der sollte nachher mit Frau Poersch darüber sprechen. Sie hat einige sehr interessante Erfahrungen gemacht, die man abfragen könnte.
Im FSJ engagieren sich an über 150 Einsatzorten Jugendliche in der Alten- und Krankenpflege, in der Behindertenhilfe, in Kindertagesstätten, in der Jugendhilfe und in kulturellen Einrichtungen. Dieses Engagement muss sich aber in die Lebensabläufe der jungen Menschen einfügen. Wir verkürzen mit dem neuen Schulgesetz die Schulzeit zum Abitur. Wir straffen das Studium durch die konsekutiven Abschlüsse, die weniger Spielraum für studienbegleitendes Engagement lassen. Denn wir wollen, dass die jungen Menschen frühzeitiger als bisher in die Erwerbstätigkeit einsteigen und zur Finanzierung des Sozialsystems einschließlich der Renten beitragen können. Daher sind die im Gesetz vorgesehenen Flexibilisierungen sinnvoll und richtig.
Es ist aber auch erforderlich, die Dienstleistungen und die dabei erworbene Qualifikation stärker mit den Perspektiven der Berufswahl zu verbinden. Der Wegfall der Berufsfindungstage im Freiwilligen Ökologischen Jahr ist bedauerlich, sollte aber nicht dazu führen, dass diese Verbindung überhaupt nicht mehr stattfindet.
Ich möchte mich abschließend bei all den jungen Frauen und Männern bedanken, die einen erheblichen Teil ihrer Lebenszeit, ihrer Arbeitskraft und
ihres Engagements darin investieren, die Umwelt und unser Sozialsystem zu stärken. Ich bitte um Überweisung an den Sozialausschuss federführend und an den Umweltausschuss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten werden jetzt das Freiwillige Ökologische Jahr, FÖJ, und das Freiwillige Soziale Jahr, FSJ, rechtlich unter einem Dach vereint. Vordergründiger Auslöser der Gesetzesänderung war die Rechtsauffassung des Bundesfinanzministers, dass Träger des FÖJ beziehungsweise des FSJ umsatzsteuerpflichtig seien, da sie nach seiner Lesart Arbeitnehmerüberlassung gegenüber den Einsatzstellen betreiben würden. Mit der Novellierung des Gesetzes soll dieses Problem gelöst werden, allerdings nur im Rahmen einer komplizierten Vertragsgestaltung zwischen Träger und Einsatzstelle.
Die Folge ist - das ist das Üble -, dass mit der Verlagerung der Vertragsabwicklung vom Träger auf die Einsatzstelle Letztere einen wesentlich höheren Verwaltungsaufwand zu bewältigen haben wird, einen Aufwand, den kleinere Einsatzstellen womöglich kaum werden leisten können. Damit wird den Einsatzstellen weiter Zeit und Geld für Seminare oder für die pädagogische Begleitung der jungen Leute entzogen.
Bei der Neuregelung zur Umsatzsteuerpflicht allein ist es aber nicht geblieben. Darüber hinaus hat sich der Charakter des FÖJ und des FSJ durch das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten deutlich verändert. Genau das wird aber im Bericht der Landesregierung nicht ganz klar herausgearbeitet. Jugendfreiwilligendienste haben den Auftrag, soziale, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken. Diese Zielrichtung verändert sich jetzt mit der Novellierung. Stattdessen wird die Bedeutung des FÖJ und des FSJ als Bildungsjahr, Kollege von Boetticher, deutlich herausgehoben.
Eine Verengung des Bildungsbegriffs auf feste Lernziele im FÖJ und FSJ birgt die Gefahr in sich, dass Freiwilligendienste künftig einen eher berufsvorbereitenden Charakter bekommen. Das ist nicht ihre eigentliche Aufgabe.
Freiwilligendienste sind keine Warteschleifen für Jugendliche, die auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz warten beziehungsweise dafür eine Vorbildung erwerben sollen. Das eigentliche Ziel der Freiwilligendienste ist das freiwillige bürgerschaftliche Engagement für die Gesellschaft. Dieses Ziel tritt mit den genannten Veränderungen tendenziell in den Hintergrund. Das finde ich schade.
Hier hätten wir uns eine differenziertere Darstellung vonseiten der Landesregierung gewünscht. Auch werden konkrete Fragen zur Wertung als Bildungsarbeit der persönlichen und fachlichen Betreuung und Anleitung in den Einsatzstellen sowie zur „Wertung der Bildungsarbeit der daraus resultierenden Tätigkeiten der Jugendlichen innerhalb und außerhalb der Einsatzstellen“ von der Landesregierung gar nicht beantwortet.
Gerade eine eindeutige Antwort auf diese beiden Fragen wäre aber im Hinblick auf die konkrete Umsetzung der jetzt im Gesetz festgeschriebenen Bildungsziele besonders wichtig, gerade für die Träger und Einsatzstellen.
Die Träger von Freiwilligendiensten in SchleswigHolstein stehen jetzt vor der Aufgabe, die im Gesetz verankerten Ziele bei gleichzeitig weniger Geld umsetzen zu müssen. Die Zuwendungen des Landes zum FÖJ beispielsweise wurden in der Vergangenheit bereits rapide gekürzt. Angesichts der Tatsache, dass die Verpflichtungsermächtigung für den kommenden Doppelhaushalt eine weitere Absenkung vorsieht, bleibt abzuwarten, ob das derzeitige Angebot an FSJ- und FÖJ-Plätzen überhaupt aufrechterhalten werden kann. Ich befürchte, dass die Träger aufgrund der Mittelkürzungen ihr Angebot immer weiter werden reduzieren müssen.