Protokoll der Sitzung vom 29.05.2008

In den letzten Wochen hat insbesondere die Entscheidung für das Campus-Hallenbad in Flensburg für große Aufregung gesorgt, weil es nur wenige Kilometer entfernt in Glücksburg mit der Fördeland-Therme schon ein sogenanntes Spaßbad gibt. Auch auf Sylt haben die Planungen für die sogenannte Keitum-Therme Sylt-Ost zur Diskussionen geführt, weil es bereits mit der Sylter Welle in Westerland ebenfalls in unmittelbarer Nähe ein anderes Bad gibt.

Nun könnte man sagen: Was geht das den Landtag an? - Denn die Kommunen müssen ja selbst vor Ort entscheiden, was sie machen wollen. Aber hier geht es darum, dass die allermeisten dieser Spaßbäder mit öffentlichen Geldern auch des Landes unterstützt werden. Deshalb müssen wir als verantwortliche Landespolitiker schon die kritische Frage stellen, ob wir mit Landesmitteln vor Ort zwei Bäder in unmittelbarer Nähe zueinander fördern wollen, die dann gegeneinander konkurrieren. Das würde natürlich aus Landessicht wenig Sinn machen und wäre reine Geldverschwendung, denn damit diese Spaßbäder erfolgreich wirtschaften können, um überleben zu können, brauchen sie oftmals einen Kundenstamm von 180.000 bis 200.000 Gästen.

Das Einzugsgebiet dieser Bäder ist oftmals sehr weit, weil die Attraktivität besonders für Familien mit Kindern sehr groß ist. Wer will heute schon ein „normales“ und aus Sicht der Kinder „altmodisches“, traditionelles Schwimmbad besuchen? Die Kinder wollen nicht nur schwimmen, sie wollen etwas erleben, und sie wollen unterhalten werden. Das gilt natürlich auch für die Eltern. Das bieten viele Spaßbäder, und der Erfolg beispielsweise der Sylter Welle und des Erlebnisbades in Damp bestätigen diese Entwicklung.

Auch für viele Touristen sind diese Bäder natürlich sehr attraktiv und für Schleswig-Holstein als Tourismusstandort daher wertvoll. Deshalb sind die öffentlichen Zuschüsse für diese Projekte, die Landesregierung vergibt, grundsätzlich auch in Ordnung. Nur bin ich der Meinung, dass man bei der Bewilligung von Zuschüssen eine Konkurrenzsituation von zwei Spaßbädern vermeiden sollte. Das kann aus meiner Sicht zum Beispiel das Problem bei der Keitum-Therme in Sylt-Ost sein.

In Flensburg sieht die Situation allerdings etwas anders aus. Das Problem ist hier, dass entweder das alte Schwimmbad dringend renoviert werden müsste oder man müsste ein ganz neues bauen. Die Flensburger Politiker standen also vor der Wahl, ob sie viel Geld für eine Renovierung in die Hand nehmen wollten oder ein neues, modernes Schwimmbad auf dem Campus der Universität bekommen. Bei der Ausschreibung des Campus-Hallenbades hat nun ein Betreiber gewonnen, der in seinen Plänen auch einige Spaßbadelemente eingebaut hat, damit das Bad wirtschaftlich betrieben werden kann. Wir reden hier nicht über ein Spaßbad, sondern über ein Sportbad mit Elementen. Es handelt sich also nicht um ein herkömmliches Spaßbad, da auch der Schulsport sowie die Flensburger Hochschulen dieses Bad nutzen werden. Ich verstehe dennoch, dass die Kreistagspolitiker in SchleswigFlensburg in diesen Plänen eine Konkurrenz zur Fördeland-Therme in Glücksburg sehen. Denn auch für dieses Projekt hat 7,1 Millionen € Steuergelder verschlungen.

Das Campus-Bad ist ein ÖPP-Projekt, das nicht mit Landesgeldern finanziert wird. Die Bauinvestitionen bezahlen die Stadt und der Betreiber. Natürlich bezahlt die Stadt jährlich einen Zuschuss für den Betrieb des Bades - sowie man das jetzt auch schon für das alte tut -, aber das hätte man fast in gleicher Höhe auch für das alte Schwimmbad zahlen müssen. Dazu kommt, dass die Preise für die Benutzer des Schwimmbades akzeptabel sind - was auch nicht selbstverständlich ist -, sodass alle Familien sich das auch leisten können. Aus sozialpolitischer Sicht war dies ein gewichtiges Argument für die Entscheidung. Das möge man auch bedenken, wenn man sich die Preise in Glücksburg ansieht.

Bisher kommen jährlich circa 180.000 Besucher in das alte Flensburger Schwimmbad, das wirklich in einem sehr schlechten Zustand ist. So dürfte die angepeilte Besucherzahl von 200.000 bis 220.000 für das neue Schwimmbad zu erreichen sein, wenn man bedenkt, dass Flensburg über 80.000 Einwohner hat. Auch wenn man die Glücksburger Bedenken verstehen kann, so muss man festhalten, dass es in Flensburg für dieses Projekt keine Landesmittel gibt und das Land jedenfalls hier nicht zwei Spaßbäder fördert. Die öffentlichen kommunalen Gelder für den Betrieb des Bades hätte Flensburg auch in das alte Bad stecken müssen. Man wendet sich dort nicht an Kunden in einem größeren Umkreis - wie in Glücksburg -, sondern dient mit dem Flensburger Bad der Grundversorgung vor Ort. Das jedenfalls ist das Ziel dort.

(Lars Harms)

Dazu glaube ich, dass man nicht bezweifeln kann, dass man in einer Stadt wie Flensburg unbedingt ein öffentliches Bad braucht. Es ist den Familien und Kindern doch wohl nicht zuzumuten, nach Glücksburg zu fahren, wenn sie einmal ein öffentliches Schwimmbad benutzen wollen.

Wir müssen bedenken, dass die Sportbäder, wie wir sie kennen, auch attraktive Elemente haben müssen. Wenn man das nicht machen will, muss man ehrlich sagen, dass man kein Schwimmbad in Flensburg haben will. Das wäre die Konsequenz. Das muss man dann auch bedenken. Mein Fazit ist also, dass wir bei öffentlich finanzierten Schwimmbädern - insbesondere bei den Spaßbädern - zwar vorsichtig sein sollten, man aber jeden Einzelfall unter den lokalen Gegebenheiten betrachten muss. Deshalb wäre es das Klügste gewesen - vielleicht passiert das auch noch -, dass sich die Flensburger Kommunalpolitiker mit den Glücksburger Kommunalpolitikern zusammensetzen und versuchen, gemeinsam etwas hinzukriegen, sodass beide gut existieren können. Ich kann die Flensburger verstehen, dass sie ihr Bad modernisieren wollen. Anders geht es nicht. Sonst wäre eine Schließung des derzeitigen Bades nicht auszuschließen.

(Beifall beim SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.

Lieber Herr Kollege Harms, niemand bestreitet das Grundbedürfnis für weite Kreise der Bevölkerung, für Sportvereine, für Studenten, für wen auch immer, öffentliche Bäder aufsuchen zu können. Aber Folgendes ist in Ihrer Argumentation - das müssten Sie selbst gemerkt haben - nicht stimmig.

Erstens sagen Sie, bisher habe das alte Bad in Flensburg 180.000 Besucher pro Jahr gehabt. Das mag so sein. Das erklärt dann aber nicht, warum in Flensburg das Sportbad - bisher ist das Hallenbad in Flensburg kein Spaßbad - nicht als Sportbad fortgesetzt werden sollte.

(Holger Astrup [SPD]: 120.000 Spaßbader sollen kommen!)

Die zweite Argumentation ist, das Bad soll wirtschaftlich betrieben werden. Das Bad kann nur wirtschaftlich betrieben werden, wenn Sie angemessene Preise nehmen. Angemessene Preise kön

nen Sie nur nehmen, wenn Sie ein Angebot haben, dass sich von einem normalen Sportbad deutlich unterscheidet. Sie selbst haben gesagt, Familien mit Kindern wollen heute mehr als nur im Schwimmbad schwimmen, sie wollen Erlebnisgestaltung, was auch immer haben. Genau aus diesem Grund treten sie in unmittelbare Konkurrenz zu dem Bad in Glücksburg,

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

und zwar in einem Gebiet, in dem sie die Nachfrage für diese Form von Angebot nicht steigern können. Mir kann keiner erklären, dass aus dem bisherigen Beritt des Bades in Flensburg ursprünglich 200.000 Nachfragen zusätzlich generiert werden können. Mir kann auch keiner erklären, dass sie in der Sommer- oder Wintersaison woher auch immer - von mir aus auch aus Dänemark - eine entsprechende Anzahl von Personen generieren können. Man kann ja von Agglomeration sprechen, nämlich eines der beiden Spaßbäder aufzusuchen, wenn das andere wegen Nachfrage überfüllt sein sollte, um damit der Bedürfnissteigerung nachzugehen.

Was wir bei nur kurzem Nachdenken erleben werden, ist, dass beide Einrichtungen - die eine mit öffentlichen Geldern mitfinanziert

(Günter Neugebauer [SPD]: So ist das!)

und die andere verbürgt durch öffentliche Gelder wirtschaftlich nicht betrieben werden können und damit ein neuer Bedarf an weiteren Mitteln entsteht, den wir durch eine vernünftige Konzeptionierung der Planung hätten vermeiden können.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Mit „wir“ meine ich das Land oder die Kommune, die sich in diesem Fall engagiert.

Es tritt ein Weiteres hinzu. Die Stadt Flensburg wird vertragsbrüchig, und zwar unabhängig von der Frage, ob das im Rahmen der gemeinsamen Konzeption für die Fördeland-Therme schriftlich fixiert worden ist. Jedenfalls war es begleitende Erklärung, dass man, als man sich zwischen SchleswigFlensburg und Flensburg darauf geeinigt hat, in Glücksburg eine entsprechende Einrichtung zu bauen, keine Konkurrenz in einem Umkreis von 30 km schafft. Diese Form von Vertragsbrüchigkeit, diese Unzuverlässigkeit ist nach meiner Auffassung noch gravierender als das, was uns möglicherweise ökonomisch als Desaster bevorsteht.

(Lars Harms)

Ich kann nur an alle politisch Verantwortlichen in Flensburg appellieren. Wir haben jetzt eine neue Ratsversammlung. Vielleicht haben alle die Chance, erneut darüber nachzudenken, ob man nicht größeren Schaden vermeiden kann, indem man jetzt einen kleinen Schaden in Kauf nimmt. Dass, was uns und die Ratsversammlung weiterhin beschäftigen wird - das sage ich Ihnen voraus -, ist der Misserfolg dieser Konzeption.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen keine Schärfe in die Debatte bringen. Es ist einfach wichtig zu gucken, wie die Daten derzeit sind. Derzeit haben wir dort 180.000 Besucher. Es geht darum, um möglicherweise 20.000 bis 40.000 zusätzlich einzurechnen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bei einer anderen Preisgestaltung!)

- Herr Kubicki, nun hören Sie doch erst einmal zu. Es geht darum, dass in Flensburg gesagt wird: Wir müssen ein Bad für die breite Bevölkerung, für Sport, für Schulen, Unterricht und so weiter vorhalten, und wollen das Ganze mit niedrigen Preisen versehen - da gebe ich Ihnen recht - und wollen, damit dieses Bad über einen längeren Zeitraum am Markt interessant ist - wenn man so will -, auch Elemente einbauen, die Spaßbadcharakter haben.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das haben Sie schon mal erzählt!)

- Ja, gut, Herr Kayenburg. Aber er hat es ja nicht verstanden. Deswegen muss ich es wiederholen. Das ist ein pädagogisches Prinzip.

Es geht darum, dass man sich darüber unterhalten muss, welche Form von Element man einbaut, und dass man möglicherweise zwischen Flensburg und Glückburg auch noch darüber verhandeln kann. Das ist das, was ich am Schluss meiner Rede gesagt habe. Man sollte das tun. Man kann den Flensburgern aber nicht verwehren, ein modernes Bad zu bauen, das den Mindestansprüchen der heutigen Zeit entspricht. Wenn man das nicht machen will, wenn man meint, das sei nicht in Ordnung, muss man das sagen. Dann muss man das Bad aber ganz einstampfen; dann ist das auch in Ordnung.

(Beifall beim SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 16/2076 durch die Berichterstattung erledigt ist. Ich hoffe, dass Einvernehmen besteht, dass der mündliche Bericht nicht überwiesen wird, sondern der Ausschuss im Wege der Selbstbefassung jederzeit darauf zurückgreifen kann. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Lassen Sie mich geschäftsleitend sagen, dass damit für heute Schluss ist. Wir setzen die Tagung morgen mit den Tagesordnungspunkten 13, Verkehrsinfrastruktur im Landesteil Schleswig, und 37, Erneuerbare Energien, fort. Ich wünsche Ihnen einen schönen Feierabend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 17:50 Uhr

(Wolfgang Kubicki)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst