Protokoll der Sitzung vom 30.05.2008

Die Ereignisse um den 1. Mai hatten eine neue Qualität. Sie machen deutlich, dass wir es nicht mit alten Gruppierungen zu tun haben, sondern - wie der Kollege Hentschel vorhin sagte - mit neuen Gruppierungen, mit diesen Kameradschaften, und dass wir uns diesen neuen Gegebenheiten stellen müssen. Das Konzept der NPD ging auf, denn man erregte öffentliche Aufmerksamkeit und kam damit in die Presse.

Fünf Tage nach der Kommunal- und Kreistagswahl in Schleswig-Holstein müssen wir feststellen, dass die NPD in zwei Kommunalparlamente eingezogen ist. Angetreten waren sie mit 102 Kandidaten in drei Landkreisen und in der Landeshauptstadt Kiel. Es reichte für ein Mandat im Lauenburger Kreistag und für einen Sitz in der Kieler Ratsversammlung. Dieses Ergebnis ist schlimm genug und darf uns nicht in Ruhe lassen. Trotzdem ist es richtig, auch hier nicht die Proportionen aus dem Auge zu verlieren.

Angesichts der Tatsache, dass die Wahlbeteiligung einen neuen Tiefststand erreicht hat, ist es zwar beruhigend, dass der Wähler in den anderen beiden Kreisen nicht auf die - so nenne ich es einmal - Rattenfänger von der NPD hereingefallen ist, es bedeutet aber auch, dass wir weiterhin die demokratische und politische Auseinandersetzung mit den Nazis aufnehmen müssen. Insbesondere dort, wo sie in die Kommunalparlamente einziehen konnten, ist es Aufgabe aller demokratischen Parteien, die NPD mit demokratischen Mitteln zu bekämpfen und sie dadurch auch zu entlarven. Wir müssen es auf unsere Agenda setzen, dem extremistischen Gedankengut die Stirn zu bieten, um ihm somit keine Hoheitsrechte über den Stammtischen zu geben.

(Karl-Martin Hentschel)

Wie man damit umgehen kann, hat dieses Haus schon einmal bewiesen, als die Rechtsextremisten von 1992 bis 1996 im Landtag vertreten waren. Damals - Sie wissen das alle - haben sich die Demokraten geschlossen gegen die rechtspopulistische Propaganda gewehrt, indem jeweils nur ein Sprecher der anderen Parteien inhaltlich auf die abstrusen Initiativen der DVU, der DLVH und der übrigen Einzeltäter reagiert hat. Ich nenne dieses Beispiel noch einmal, weil das auch für die Kommunalparlamente ein Beispiel sein könnte und weil ich denke, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag damit eine Vorbildfunktion übernommen hat.

Ein NPD-Verbot ist aus Sicht des SSW nicht das geeignete Mittel, um Rechtsextremismus nachhaltig zu bekämpfen. Man verbietet die Partei, aber man verbietet nicht, was in den Köpfen der Nazis und ihrer Mitläufer vor sich geht. Aus unserer Sicht wird damit das Problem verlagert, aber nicht gelöst. Die demokratischen Kräfte müssen sich viel stärker mit den Themen befassen und sich inhaltlich damit auseinandersetzen, womit die Rechtsradikalen auf Stimmenfang gehen. Nur so können wir sie als das entlarven, was sie sind, nämlich finstere Gestalten, die die Sorgen der Menschen für ihre Zwecke instrumentalisieren. Die Herausforderung aller demokratischen Parteien ist daher, ihnen diesen Nährboden zu entziehen.

Es bleibt weiterhin Aufgabe aller demokratischen Parteien, sich mit jeglichem extremistischen Gedankengut auseinanderzusetzen. Hierzu gehören natürlich auch der im Bericht genannte Linksextremismus und die extremistischen Bestrebungen von Ausländern. Ich werde jetzt nicht weiter auf Heiligendamm eingehen. Ich begrüße ausdrücklich das, was der Kollege Hentschel dazu gesagt hat. Ich finde, dass das ein richtiger Ansatz ist.

Zu den extremistischen Bestrebungen von Ausländern gibt der Bericht zwei Kategorien vor, den islamistischen und den nicht islamistisch motivierten Ausländerextremismus. Festzustellen bleibt, dass in Schleswig-Holstein keine islamistisch-terroristischen Strukturen erkennbar sind. Angesichts der Erfahrungen die wir bisher mit islamistischen Terroristen gemacht haben, wissen wir, dass diese sich extrem unauffällig verhalten. Er macht aber auch deutlich, dass die verschärften Polizeigesetze bisher keinen Erfolg verzeichnet haben und es eigentlich weiterhin auf echte, gute Polizeiarbeit ankommt. Insgesamt denke ich, ist es richtig, auch noch einmal die Aufforderung zu wiederholen, die vorhin vom Kollegen Hentschel kam, dass die Zivilgesellschaft gefragt ist.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir leben in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie. Im Grunde genommen ist nicht viel Zivilcourage gefragt, um dagegen anzugehen. Das ist in anderen Teilen der Welt ganz anders. Ich denke, dass darf man nie vergessen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, Drucksache 16/1997 dem Innen- und Rechtsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte ohne Aussprache auf. Dazu ist eine Gesamtabstimmung vorgesehen.

Sammeldrucksache über Vorlagen gemäß § 63 Abs. 1 a der Geschäftsordnung des SchleswigHolsteinischen Landtags

Drucksache 16/2084

Ich lasse über die Tagesordnungspunkte, bei denen eine Aussprache nicht vorgesehen ist, jetzt insgesamt abstimmen, es sei denn, es ergäbe sich Widerspruch. - Das sehe ich nicht.

Dann stelle ich hiermit die Sammeldrucksache 16/2084 zur Abstimmung. Wer der Übernahme der Empfehlungen entsprechend der Sammeldrucksache zustimmen will und damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit hat der Landtag diese Empfehlung einstimmig angenommen.

Wir haben damit das Ende der heutigen Tagung erreicht. Die nächste Tagung wird am 18. Juni dieses Jahres um 10 Uhr beginnen. Ich wünsche ein angenehmes Wochenende.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 12:41 Uhr

(Anke Spoorendonk)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst