Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

- Ich gehe davon aus, dass der Finanzminister das zumindest einschätzen kann, Herr Neugebauer. Außerdem müssen Sie sich nicht immer gleich für die Regierung in die Bresche schlagen. Sie wird antworten.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Was uns mehr als skeptisch stimmt, Herr Finanzminister, ist die zeitliche Abfolge. Im Frühjahr haben Sie im Parlament, im Finanzausschuss für eine Kapitalerhöhung geworben. Sie haben Abschreibungszahlen verkündet, die sich schon kurze Zeit später deutlich erhöht haben. Durch die Kapitalerhöhung des Landes, dadurch, dass sich der Anteil des Landes durch die Umwandlung der stillen Einlagen erhöht hat, sind wir auch mehr an den Risiken beteiligt. Ich frage Sie - ich bitte Sie, darauf zu antworten -: Haben Sie schon, bevor Sie bei uns für die Kapitalerhöhung geworben haben, gewusst, dass die Abschreibungsverluste deutlich höher sein werden, als Sie es damals dargestellt haben?

Ich komme zu den Arbeitsplätzen. Wir haben immer gesagt, wir unterstützen die HSH Nordbank in Schleswig-Holstein, weil wir eine starke Regionalbank wollen, eine Bank, die die mittelständische Wirtschaft unterstützt. Der Unternehmensverband Nord hat gerade deutlich gemacht, wie wichtig ihm dieser große Kapitalgeber ist. Wir brauchen eine Bank, die Kapitalgeberin für die Sparkassen ist. Und diese Bank ermöglicht tatsächlich einen relevanten Bankenstandort Kiel und hat über 1.700 Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein geschaffen.

Jetzt müssen wir feststellen, dass die Abschreibungsverluste durch Global Playing, durch Immo

biliengeschäfte in den Vereinigten Staaten, durch Fonds, die keiner mehr durchschauen konnte, so hoch sind, dass dies zulasten der Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein geht. Da sage ich, Herr Minister: Das kann nicht die Geschäftspolitik einer öffentlich-rechtlichen Bank sein. So etwas darf nicht vorkommen. Das entspricht auch nicht dem, was wir immer als originäre Aufgaben für die Bank formuliert haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was mich sehr verunsichert, ist, dass Sie jetzt sagen, dass Niederlassungen im Ostseeraum geschlossen werden müssen. Wir waren immer skeptisch und haben dies auch bezüglich der Immobiliengeschäfte in den Staaten gesagt. Aber den Ostseeraum haben wir immer als wichtigen Standort gesehen, um die Bank im Ostseeraum zu positionieren. Das ist sozusagen das Kerngeschäft, das wir abgedeckt haben wollen. Wenn wir uns aus dem Ostseeraum zurückziehen müssen, weil man sich woanders verspekuliert hat, dann ist das bitter. Da wäre mir wichtig, dass Sie sagen, was das für Auswirkungen auf das Kerngeschäft, auf die Energieinvestitionen, auf den Schiffbau hat.

Sie wissen, dass die grüne Fraktion sozusagen durch Freud und Leid immer zur HSH Nordbank gestanden hat. Wir haben immer gesagt, wir wollen eine öffentlich-rechtliche Bank.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Da haben Sie sie jetzt!)

Was wir nicht wollen - besser sage ich das in dieser Deutlichkeit -, ist: Wir wollen nicht einen Global Player, der international die Steuergelder der schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger verzockt. Das wollen wir nicht. Es muss ein vernünftiges Controlling geben. Es muss ein Rückbesinnen auf das Kerngeschäft geben, und es muss vor allem eine zeitnahe und transparente Informationspolitik und eine Politik der Landesbank geben, die nicht Verluste schafft und bei uns im Land Arbeitsplätze abbaut.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten Frank Sauter das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank, Herr

(Monika Heinold)

Minister, für den Bericht, den Sie uns hier erteilt haben, und für die umfassende und zeitnahe Unterrichtung der finanzpolitischen Sprecher am vergangenen Freitag. Natürlich erschrecken und beunruhigen auch uns die vorgelegten Zahlen, zuallererst die Zahl der Arbeitsplätze, die abgebaut werden, auch hier in Kiel. Uns ist bewusst, dass hinter jedem abgebauten Arbeitsplatz Menschen stehen, für die dieser technische Begriff der internationalen Bankenkrise plötzlich zu einem schicksalhaften Einschnitt in der persönlichen Biografie wird. Wir bedauern das sehr, verkennen allerdings nicht, dass der Bankvorstand in der derzeit schwierigen Branchensituation keine andere Möglichkeit hatte, als den angekündigten Maßnahmenkatalog umzusetzen, und zwar so schnell wie möglich.

Aber es sind nicht nur die Zahlen, die Verunsicherung und Spekulationen auslösen und unsere Bank in eine politische Diskussion bringen, es ist ganz entscheidend auch der Umstand, dass mit den vorgelegten Daten eine ohnehin schon gedämpfte Prognose nochmals deutlich nach unten korrigiert wurde. Eines ist klar geworden, nämlich dass der Kelch nicht an uns vorübergegangen ist, wie wir es im Juli noch hofften oder - so sage ich einmal - hoffen wollten.

Trotzdem: Wir befinden uns mit dem festgestellten Ergebnis 2007, mit dem Halbjahresergebnis 2008 und den Prognosen bis einschließlich 2010, die für das letzte Jahr das beachtliche Vorsteuerergebnis von einer runden Milliarde € ausweist, gemessen an anderen Landesbanken und im Hinblick auf unsere Haushaltssituation in einer vergleichsweisen komfortablen Situation. Die Bank macht Gewinne. Sie schreibt schwarze Zahlen. Und - ich füge hinzu für uns gilt das Wort des Vorstandsvorsitzenden, der gesagt hat: Die Bank bleibt dividendenfähig.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das hat er nicht gesagt!)

Ich füge hinzu: Wir verstehen darunter dividendenfähig im Rahmen der Ansätze des Haushalts 2008 und des Haushaltsentwurfs 2009/2010.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das hat er nicht gesagt!)

- Deswegen füge ich das hinzu, Frau Heinold.

(Beifall bei der CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie vorsichtig!)

- Ich kann Herrn Berger nicht so zitieren, wie ich das gern möchte, sondern nur so, wie er das gesagt hat. Deshalb diese kleine Ergänzung von mir.

Auch wenn heute niemand sagen kann, wann genau die Bankenkrise bewältigt sein wird, sollten wir nicht verkennen, dass dieser eingeleitete Prozess, über den wir heute sprechen, der Restrukturierung, der Neuausrichtung auf Kerngeschäft und auf regionales Engagement große Chancen eröffnet. Wir sollten diesen Prozess so, wie es sich für einen wesentlich Beteiligten gehört, weil ein wesentlich Beteiligter auch Verantwortung trägt, mit Zuversicht und Vertrauen in die Geschäftsleitung begleiten. Wir müssen dabei vier Faktoren akzeptieren. Erstens. Der Wagen rollt. Zweitens. Wir kennen nicht die genaue Entfernung bis zum Ziel. Drittens. Nicht die Politik sitzt am Steuer. Viertens. Wer während der Fahrt abspringt, wird sich bösen Schaden zufügen.

Wir können zurzeit nichts tun. Zwei grundsätzliche Fragen rücken aber auf die Tagesordnung der politischen Debatten. Erstens. Kann ein Land die unternehmerischen Risiken aus einer wesentlichen Beteiligung an einer Bank wirklich tragen?

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Hört, hört!)

Zweitens. Kann ein Wirtschaftsunternehmen auf Dauer öffentlich-rechtliche Miteigentümer ertragen, die notorisch pleite und ausschließlich dividendenorientiert sind?

Ein Beteiligter an einem Unternehmen muss jederzeit bereit und in der Lage sein, das zu tun, was wir nicht können und was der Bürger auch nicht akzeptieren würde, nämlich Geld in sein Unternehmen hineinzugeben. Hier sind die Grenzen unternehmerischer Aktivitäten der öffentlichen Hand erreicht. Die Diskussion ist durch die internationale Bankenkrise auf der Tagesordnung, und wir werden sie dann, wenn die Zeit dafür gekommen ist, darüber zu sprechen, sicherlich auch hier im Hause führen.

(Beifall bei CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Günter Neugebauer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätzte Kollegin Heinold, Sie wissen, dass ich mich immer dafür eingesetzt habe, dass der Landtag das Forum für politische Auseinandersetzungen ist, weil diese in aller Öffentlichkeit geschehen müssen. Trotzdem empfehle ich der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, darüber nachzuden

(Frank Sauter)

ken, ob es wirklich im landespolitischen Interesse ist, die Belange einer Bank - auch wenn das Land daran beteiligt ist -, die im Wettbewerb mit anderen Banken in Schleswig-Holstein, in Deutschland und weltweit steht, hier in aller Öffentlichkeit zu diskutieren, oder ob der dafür nicht ohne Grund geschaffene Unterausschuss des Finanzausschusses, der Unterausschuss für Unternehmensbeteiligungen des Landes, dafür der richtige Ort wäre. Bei allem Verständnis für die Rechte einer Oppositionspartei ist zu sagen, dass sich nicht jedes Thema für eine öffentliche landespolitische Auseinandersetzung eignet.

Auch wir Sozialdemokraten wurden von den aktuellen Informationen über die Finanzsituation der HSH Nordbank und die vom Vorstand zu treffenden und jetzt zwischenzeitlich getroffenen Maßnahmen überrascht.

Deswegen haben wir natürlich auch Verständnis für Aufgeregtheiten, wie sie in den Medien, aber auch bei den Arbeitnehmern und ihren Vertretungen festzustellen waren. Wir teilen natürlich insbesondere die Besorgnisse der Betriebsräte und der Gewerkschaft ver.di im Hinblick auf den angekündigten Abbau von Arbeitsplätzen in Kiel und anderswo. Wer, wenn nicht gerade wir Sozialdemokraten müssten in höchstem Maße sensibilisiert sein, wenn Arbeitsplätze oder Arbeitsplatzchancen abgebaut werden sollen? Das gilt für die Arbeitsplatzverluste, die aus Fusionen von großen Unternehmen entstehen, zuletzt aus der Fusion von Dresdner Bank und Commerzbank. Das muss natürlich auch für Unternehmen gelten, an denen das Land in einem wesentlichen Maße, in diesem Fall mit 29 %, beteiligt ist. Frau Kollegin, Sie müssen aber natürlich auch wissen, dass sich auch öffentliche Unternehmen, die sich im Markt und damit im Wettbewerb bewegen, den Bedingungen des Marktes anpassen müssen, gegebenenfalls auch im Hinblick auf die Zahl von Arbeitsplätzen. Wir handeln übrigens auch im Falle von Unternehmen des Landes Schleswig-Holstein entsprechend. In den kommenden Haushaltsberatungen haben wir darüber nachzudenken, in welcher Weise wir die Personalkosten bei bestimmten Unternehmen reduzieren.

Niemand kann die derzeitige Situation beschönigen. Auch wir wollen das nicht tun. Derzeit ist eine Situation gegeben, mit der es inzwischen alle Finanzinstitute weltweit zu tun haben und von der wegen ihres internationalen Engagements natürlich auch die HSH Nordbank betroffen ist. Erstens ist zu sagen, dass die finanziellen Auswirkungen der internationalen Finanzkrise größer sind als noch

vor Monaten erwartet. Zweitens ergeben sich daraus - das ist nicht auszuschließen - Auswirkungen auf den Landeshaushalt. Drittens ist zu sagen, dass auch der Finanzplatz Kiel leider betroffen ist. Viertens müssen wir befürchten - der Präsident der EZB hat das gerade heute noch einmal bekräftigt -, dass die internationale Finanzkrise noch nicht zu Ende ist, auch wenn wir uns das wünschen würden. Dennoch warne ich im landespolitischen Interesse davor, aus Gründen eines vordergründigen Populismus oder aus einer falsch verstandenen Oppositionsrolle heraus, Frau Kollegin Heinold, die Lage schlechter zu beurteilen, als sie wirklich ist. Ich denke, wir haben aus übergeordnetem landespolitischen Interesse gemeinsam das Anliegen, den Marktwert und die Wettbewerbsfähigkeit der HSH Nordbank zu stärken und nicht zu beschädigen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann müssen wir Kapital zuführen!)

- Das haben wir doch gerade getan, Herr Kollege Kubicki!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das reicht doch nicht!)

- Das müssen wir erst einmal abwarten. - Ich will nur feststellen - Herr Kollege Kubicki, das können Sie nicht bestreiten -, dass der Vorstand der HSH Nordbank die internationale Finanzkrise und ihre Folgen bisher besser als andere große Bankinstitute bewältigt hat. Ich will hier nicht auf die Deutsche Bank verweisen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Sie hat, wenn die Informationen richtig sind, Wertberechtigungen von mehr als 10 Milliarden € zu verzeichnen. Lesen Sie doch einmal die entsprechenden Wirtschaftsseiten in den Zeitungen! Schauen Sie sich auch einmal die Bayern LB oder die Baden-Württembergische Landesbank an! Sie haben im ersten Halbjahr dieses Jahres negative Vorsteuerergebnisse zu verzeichnen.

(Weitere Zurufe von der FDP)

Ich schlage vor, die Diskussion im Ausschuss zu führen. Das Wort hat Herr Abgeordneter Neugebauer.

(Günter Neugebauer)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Es ist nicht auszuschließen, dass die Institute, die ich eben nannte, im Gegensatz zur HSH Nordbank eben noch nicht die Notbremse gezogen haben. Der Kommentator im „Hamburger Abendblatt“, auf den mich der geschätzte Kollege Astrup aufmerksam machte, hat doch völlig recht, wenn er zu der Erkenntnis kommt, dass die HSH Nordbank vermutlich nur in der unbequemen Situation des Vorreiters ist, indem sie die Notbremse gezogen hat.

Herr Abgeordneter Neugebauer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Herr Präsident, ich habe nur fünf Minuten Zeit.

Nach unserer Geschäftsordnung wird das auf die Redezeit nicht mehr angerechnet.