Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Heute stellen Sie sich hin und sagen: Wir Sozialdemokraten - die Sozialdemokraten, die an Glaubwürdigkeit wirklich viel nachgelassen haben - müssten garantieren, dass im Jahr 2011 und im Jahr 2013 die weiteren Kindergartenjahre beitragsfrei gestellt werden. Die Menschen in diesem Land wissen, worauf sie sich bei den Sozialdemokraten verlassen können. Das sehen sie gerade in Hessen.

(Beifall bei der FDP - Jutta Schümann [SPD]: Er hat richtig schöne Klischees be- dient!)

Das Wort hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erstens. Ich bleibe bei der Kritik, dass es keine vernünftige parlamentarische Beratung zu einem der aus Ihrer Sicht größten Vorhaben im Bereich der Bildungs- und Sozialpolitik der Wahlperiode gibt. Wir haben keine Chance, dieses Thema in den nächsten vier Wochen beispielsweise in einer parlamentarischen Anhörung eingehend mit den Wohlfahrtsverbänden und mit den kommunalen Landesverbänden zu erörtern. Das finde ich schlicht und ergreifend kritikwürdig.

Zweitens. Wir haben zu Beginn der Wahlperiode im Zusammenhang mit dem Thema Kindertagesstättengesetz in einem Entschließungsantrag gefordert, dass es so etwas wie ein Kindergarten-Monitoring geben sollte, das heißt eine Berichterstattung zumindest über zentrale Kennziffern, über zentrale Daten im Bereich der Kindertagesstätten. Das hat die Große Koalition damals weggebürstet.

Ich habe in den folgenden Jahren - ich erinnere mich, dass Frau Kollegin Heinold dies auch getan hat - in Kleinen Anfragen immer wieder auch auf diese Dinge Bezug genommen, beispielsweise auf die Frage, wie sich in Schleswig-Holstein die durchschnittlichen Elternbeiträge in den Kindertagesstätten entwickeln. Regelmäßig kam dazu aus dem Bildungsministerium die Antwort: Dazu haben wir keine Daten. Aber diese Daten wollten Sie ja auch gar nicht erheben.

Wenn Sie jetzt sagen, Ihnen lägen die Daten nicht vor, Sie müssten sich auf Plausibilitätsrechnungen stützen, so ist dies zumindest ein unsicheres Fundament. Ich denke, das zumindest werden auch Sie einräumen können. Deshalb sage ich Ihnen: Es ist wirklich höchste Zeit, dass sich der Landtag, wenn man jetzt in die Finanzierung eines beitragsfreien Kindergartenjahres einsteigt, mehrheitlich darüber einig wird, dass wir so etwas wie ein Berichtswesen, jedenfalls über zentralen Punkte im Bereich der Kindertagesstätten, brauchen, dass wir also eine Datenbasis brauchen, die regelmäßig erhoben wird, die dann als Entscheidungsgrundlage, als Faktenbasis für politische Entscheidungen vorhanden ist.

Nach der vorausgegangenen Diskussion sollte bei Ihnen zumindest diese Einsicht Platz greifen.

(Beifall bei der FDP)

(Wolfgang Kubicki)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das Ypsilon aus Schleswig-Holstein!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens. Frau Kollegin Heinold, die Bildungsministerin hat Ihnen dargestellt, was zu dem Stufenplan in dem Bericht der Regierung steht. Daraufhin fragen Sie: Warum macht ihr das nicht gleich? Wenn wir über zwei weitere Stufen in den Jahren 2011 und 2013 reden - darum geht es ja -, dann muss man das solide mit den Kommunen besprechen, denn diese sind natürlich notwendig, um die Schritte gemeinschaftlich umzusetzen.

Ich habe keinen Zweifel daran, dass der Koalitionspartner Union, den wir für die Mehrheit natürlich brauchen, dem folgt, was wir gemeinsam verabredet haben, und im Mai mit uns gemeinsam dieses Gesetz beschließt. Davon gehe ich fest aus. Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln. An der Sozialdemokratie wird es nicht liegen.

Zweitens. Der Herr Oppositionsführer hat von der Bildungssituation in Schleswig-Holstein in den letzten Regierungsjahren gesprochen. Die FDP hat, glaube ich, Anfang der 60er-Jahre das letzte Mal regiert. Sie, Herr Kubicki, haben dokumentiert, warum das auch gut ist. Wir haben darüber gesprochen, dass wir in den Jahren die Situation der schlechtesten Kindergartenversorgung in der ganzen Republik hatten, dass wir mit wirklich ganz enormen Investitionen mit an die Spitze gekommen und heute bei 60 Millionen € Betriebskosten angekommen sind. Zuvor waren wir bei rund 300.000 DM. Das ist eine enorme Kraftanstrengung. Von Ihnen habe ich übrigens, bezogen auf Haushaltsfragen, regelmäßig gehört, dass Sie falsche Kraftanstrengungen kritisiert haben. Draußen alles versprechen, innen alles kritisieren - das ist nicht besonders redlich.

(Beifall bei der SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: So ein Unsinn! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie glauben, Sie kommen mit Lügen durch!)

- Zur Regierungsfähigkeit, verehrter Herr Abgeordneter Kubicki, gehört auch ein Mindestmaß an Seriosität.

(Beifall bei der FDP - Günther Hildebrand [FDP]: Allerdings!)

Das will ich Ihnen hier einmal ganz deutlich sagen.

Deswegen steht Ihnen - Sie sind ja Strafverteidiger - die Anklägerpose denkbar schlecht. Sie haben immer alles gewusst, Sie haben immer alles richtig gemacht, Sie haben immer alles richtig prognostiziert, Sie haben immer gewusst, wie man das Land regiert. Gott sei Dank hat der Wähler nie die Idee gehabt, Sie tatsächlich in diese Verantwortung zu nehmen, verehrter Herr Kubicki.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Darum geht es dem Land ja auch so schlecht!)

Da Herr Klug von Einsicht gesprochen hat, will ich Ihnen mit Goethe sagen, was auf Sie ganz besonders zutrifft: Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an Kraft und Einsicht fehlt. - Das ist die Beschreibung des Oppositionsführers Wolfgang Kubicki.

(Beifall bei SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2277, dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne eine weitere Klasse der Regionalschule Altenholz. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen des Landes Schleswig-Holstein (Landesbehindertengleichstellungsgesetz - LBGG)

Gesetzentwurf der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1985 (neu)

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/2026

Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses Drucksache 16/2305 (neu)

Bevor ich zur Worterteilung komme, begrüße ich zu diesem Tagesordnungspunkt erneut - wir haben ihn auch gestern wahrgenommen - unseren Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Herrn Dr. Hase, herzlich.

(Beifall)

Ich erteile nun der Berichterstatterin des Sozialausschusses, der Frau Abgeordneten Siegrid Tenor-Alschausky, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag hat dem Sozialausschuss den Entwurf zur Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes der Fraktionen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW sowie den dazu vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und SPD durch Plenarbeschluss vom 23. April 2008 federführend und dem Innen- und Rechtsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

Der Sozialausschuss hat dazu schriftliche Stellungnahmen eingeholt und die Entwürfe in vier Sitzungen, zuletzt am 30. Oktober 2008, beraten.

Einvernehmen bestand im Rahmen der Beratungen darüber, dass der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen in seiner Unabhängigkeit gestärkt und deshalb an den Landtag angebunden werden soll. Unterschiedliche Auffassungen dagegen bestanden hinsichtlich des Vorschlagsrechts für die Wahl des Beauftragten. Intensiv wurde die rechtliche Ausgestaltung der Anbindung erörtert.

Außerdem bestand Einvernehmen, den Terminus „behinderte Menschen“ in „Menschen mit Behinderung“ umzuwandeln. Von dieser Änderung sind bis auf einen Paragrafen alle betroffen. Das ist der Grund dafür, dass Ihnen in der Beschlussempfehlung unter Artikel 1 der gesamte neue Gesetzestext vorliegt.

Im Einvernehmen mit dem beteiligten Innen- und Rechtsausschuss empfehle ich Ihnen heute, Folgendes zu beschließen:

Erstens. Das Gesetz erhält die Überschrift: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen des Landes Schleswig-Holstein (Landesbehindertengleichstellungsgesetz - LBGG) und zur Änderung anderer Vorschriften“.

Zweitens. Die Langfassung der Gesetzesüberschrift des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes lautet: „Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein“.

Drittens. Das aus der Drucksache 16/2305 (neu) ersichtliche Artikelgesetz wird angenommen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion Frau Abgeordneter Heike Franzen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut. Ich freue mich, dass wir heute - wie ich hoffe, einstimmig - ein Gesetz verabschieden werden, das ein deutliches Signal für die Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft gibt. Wir waren uns alle einig, dass der oder die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung unabhängig von der Regierung arbeiten können muss. Daher ist es auch richtig und notwendig, dass dieses wichtige Amt ein Wahlamt des Parlaments wird.

Menschen mit Behinderung können sich manchmal nicht so zu Wort melden wie andere, und darum brauchen sie eine kraftvolle Vertretung, die auf ihre Belange und Bedürfnisse aufmerksam macht und uns in der Politik immer wieder Wege aufzeigt, wie wir diesen Belangen und Bedürfnissen gerecht werden können. Diese Aufgabe hat der bisherige Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung wie ich finde, in herausragender Weise - wahrgenommen, und dafür bedanken ich und meine Fraktion uns sehr herzlich bei Herrn Dr. Hase.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei SPD, FDP und SSW)

In den letzten 50 Jahren hat ein rasanter Wandel in der Behindertenpolitik stattgefunden. Insgesamt sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung vorangetrieben worden und sind inzwischen auf einem guten Stand. Was aber an manchen Stellen noch immer fehlt, ist die praktische Umsetzung und die Präsenz insbesondere von Barrierefreiheit in den Köpfen der handelnden Menschen. Die kann man

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

leider nicht per Gesetz verordnen. Hier sind wir alle gefragt, indem wir uns und andere immer wieder fragen: Haben wir bei unseren Entscheidungen auch alle bedacht? Das tun wir noch immer nicht häufig genug, und daher ist es notwendig, dass Menschen mit Behinderung auch im Landtag über den Landesbeauftragten Gehör finden.