Protokoll der Sitzung vom 27.10.2009

(Zurufe)

- Das war schon bei den Änderungsanträgen zur Geschäftsordnung so. Sie wurden uns heute erstmals schriftlich als Tischvorlage präsentiert.

Es tut nicht weh - das kann ich Ihnen sagen -, uns auch in die parlamentarischen Prozesse zu integrieren. Versuchen Sie es doch einfach einmal!

Aus der Tageszeitung - ich möchte keine Werbung machen, deshalb sage ich nicht, aus welcher - haben wir heute erfahren, dass der PUA, der Parlamentarische Untersuchungsausschuss, sich das erste Mal am 2. November 2009 zusammensetzen wird. Wir wissen davon nichts. Und ich finde - um einmal mit den Worten von Robert Habeck zu sprechen - es ein bisschen ungehörig, dass noch bevor ein Untersuchungsausschuss eingesetzt ist, gegenüber der Tageszeitung lanciert wird, wann man sich

(Thorsten Fürter)

treffen wird, ohne das vorher mit uns zu besprechen.

Wir möchten Sie bitten, endlich zur Kenntnis zu nehmen, dass es ab jetzt die Fraktion DIE LINKE auch im Schleswig-Holsteinischen Landtag gibt.

(Beifall bei der LINKEN - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Aber erst ab heute!)

Ich denke, wir müssen auch nicht besonders erklären, warum gerade DIE LINKE einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss für wichtig hält. Zwei Aspekte möchte ich dennoch erwähnen.

Zum Ersten: Die rot-grüne Landesregierung hat mit der betriebenen Fusion der Hamburger und der Schleswig-Holsteinischen Landesbank zur HSH Nordbank dem Land - wie ich finde - letztlich einen Bärendienst erwiesen. Die Geschichte der HSH Nordbank war ein denkbar schlechter Startschuss für die auch notwendige punktuelle Zusammenarbeit der beiden Bundesländer.

Zum Zweiten - Herr Kubicki, hören Sie bitte zu -:

(Zurufe: Oh, oh!)

Zum anderen: Das gescheiterte Projekt HSH Nordbank ist in meinen Augen auch ein Scheitern der neoliberalen Politik. Ole von Beust hat sich noch 2008 damit gerühmt, dass eine Einflussnahme der Politik auf die Entscheidungen der HSH Nordbank quasi nicht vorhanden sei. Dies sei ein Garant für den Erfolg der Bank. Inzwischen wissen wir, dass dem nicht ganz so ist, dass die Bank eben gerade deshalb gescheitert ist, weil es keine ausreichende Kontrolle, auch und vor allem durch die politisch Verantwortlichen, gegeben hat.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Lars Harms [SSW])

Herr Kubicki, genau dies wollen wir im Untersuchungsausschuss erörtern. Wir wollen die Verantwortlichkeiten klären, die Verantwortlichen zur Rechenschaft und für die Zukunft auch Konsequenzen ziehen. Deshalb werden wir dem gemeinsamen Antrag der anderen Fraktionen auch zustimmen.

Wir werden uns beim Antrag der SPD-Fraktion enthalten, nicht nur deshalb, weil wir auch hier wieder nicht gefragt worden sind,

(Zuruf von der SPD: Oh!)

wir erkennen auch das Bemühen der SPD an, Schlussfolgerungen aus der HSH-Nordbank-Affäre ziehen zu wollen, aber wir denken, so geht das nicht. Mit dem Ergänzungsantrag würde - so unsere Befürchtung - der Untersuchungsauftrag ins Bo

denlose aufgebläht werden. Wir wissen zum Beispiel nicht: Was ist eine maßgebliche Beteiligung? Das müsste doch erst einmal substanziiert werden, bevor wir dem zustimmen können.

Wie anfangs erwähnt: Wir erkennen das Bemühen der SPD an und werden uns deshalb enthalten.

Ansonsten hoffe ich, dass wir zukünftig gut zusammenarbeiten werden.

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

Für die SSW-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der SSW hat versprochen, dass es auch in der neuen Wahlperiode einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank geben wird. Daran halten wir uns auch, genau wie alle anderen.

Es ist ein gelungener Start für die Arbeit im PUA, dass auch die beiden Regierungsfraktionen den Antrag so mittragen. Allerdings möchte ich trotz des gemeinsamen Antrags deutlich machen, dass wir den Einzelantrag der SPD so nicht teilen. Aus Sicht des SSW kann es nicht Aufgabe des Untersuchungsausschusses sein, Kontrollmöglichkeiten zu erarbeiten, um zukünftige Fehlentwicklungen bei der HSH Nordbank zu vermeiden.

Erstens bin ich der Meinung, dass das Aktiengesetz eine Kontrolle der HSH Nordbank durch den Landtag gar nicht zulässt. Und zweitens haben wir kein Interesse daran, die Landesregierung aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Dies sage ich nicht aus einer Oppositionshaltung heraus, sondern weil die Trennung von Parlament und Regierung dies voraussetzt.

Der Untersuchungsauftrag sollte sich daher nach Meinung des SSW der Aufklärung und der politischen Bewertung der Erkenntnisse widmen. Die Schlussfolgerungen für die Zukunft der Bank sollten im Diskurs zwischen Parlament und Regierung später beraten werden. Außerdem haben wir sowohl im Beteiligungsausschuss als auch im Finanzausschuss schon jetzt die Möglichkeit, uns mit den aktuellen Erkenntnissen viel schneller auseinanderzusetzen.

Direkte Kontrolle und Einflussnahme geschehen in einer AG aber durch den Aufsichtsrat. Wer also

(Ulrich Schippels)

Einfluss nehmen will, der muss dies durch einen Vertreter im Aufsichtsrat tun.

Die Auseinandersetzung über diese Fragen ist dringend notwendig. Permanent reiht sich eine Katastrophe an die nächste, und die einzige Reaktion der Landesregierung darauf ist, dass Herr Wiegard wegen seiner schlechten Arbeit erst den Aufsichtsrat verlässt und ihm dann der Verantwortungsbereich für die HSH Nordbank entzogen wird.

Für den SSW steht fest, dass wir unseren Finanzminister nicht aus der Verantwortung lassen, auch wenn er formell jetzt nicht mehr zuständig ist.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD sowie Beifall des Abgeordneten Heinz- Werner Jezewski [DIE LINKE])

Nach wie vor ist Herr Wiegard für die Fehlentwicklungen bei der HSH Nordbank in der Vergangenheit mitverantwortlich, da er die politischen Fehlentscheidungen der Landesregierung in den letzten viereinhalb Jahren mit gefällt und mit getragen hat.

Besonders deutlich wird das Versagen der Verantwortlichen in der bisherigen Landesregierung an den letzten Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden Hilmar Kopper. Herr Kopper braucht ja auch nichts zu befürchten, denn unsere Landesregierung hat sich aus dem Aufsichtsrat zurückgezogen. So haben wir auch kein Mitspracherecht mehr, wenn Herr Kopper beschließt, die politisch Verantwortlichen und auch alle schleswig-holsteinischen Bürgerinnen und Bürger an der Nase herumzuführen. Der Vorschlag, dass die Manager trotz Gehaltsdeckelung Boni-Zahlungen kassieren können, ist so unverschämt, dass es einem fast die Sprache verschlägt. Der Hochmut der „Geldgewaltigen“ wird kaschiert, indem Herr Kopper ein Vergütungsmodell, das sich am langfristigen Erfolg der Bank ausrichtet, bewirbt und gleichzeitig die Beschlüsse dieses Landtages völlig ignoriert.

Der SSW setzt sich dafür ein, dass die Manager auch dann keine Boni bekommen, wenn die Bank wieder dividendenfähig ist. Erst wenn das Geld der schleswig-holsteinischen Steuerzahler wieder zurückgezahlt wurde und wir als Land kein Risiko für die Bank mehr tragen, können auch die Manager für ihre Arbeit wieder mehr Geld bekommen. Alles andere sorgt für Unverständnis in der Bevölkerung und ist ein respektloser Umgang mit unserem Parlament.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Zu diesem Umgang hat nicht zuletzt unser Finanzminister Wiegard beigetragen, indem er der Selbstbedienungsmentalität der Großmanager dadurch Vorschub geleistet hat, dass er sich aus dem Kontrollgremium Aufsichtsrat verabschiedet hat. Weitere Baustellen sind aber auch die von Herrn Nonnenmacher genehmigten Transaktionen Omega 52 und 55. Obwohl Risikomanagement und Wirtschaftsprüfer die Übernahme der Risiken - unter anderem von Lehman Brothers und Hypo Real Estate - kritisierten, hinderte dies die Bank nicht daran, einer Verlängerung dieser Geschäfte zuzustimmen. Insgesamt mehr als 500 Millionen € musste die Bank nun abschreiben.

Erneut macht dieser Vorgang deutlich, wie unzureichend Risikomanagement und Kontrollsysteme der Bank seit 2005 waren und wie wenig Einfluss der Finanzminister und auch der Ministerpräsident auf unsere Landesbank hatten.

Schon heute kann dank des PUA der politische Weg in die Krise der HSH Nordbank nachgezeichnet werden. Der Drang nach Privatisierung und die Börsenorientierung haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Probleme der HSH Nordbank so groß wurden. Gesellschaftliche Ziele wie die Unterstützung der regionalen Wirtschaft sind weiterhin höchstens Nebensache. Die Banken wollen so weitermachen wie bisher, und Rendite und Gewinnmaximierung stehen weiterhin an oberster Stelle. Das kann eigentlich nicht wahr sein.

Wenn dies aber so ist, sollen die Manager - aus unserer Sicht - auch das Haftungsrisiko dafür tragen. Dies darf nicht dem Steuerzahler zugemutet werden. Diese Feststellung kann man heute schon treffen. Alles andere wird der Untersuchungsausschuss hoffentlich sehr schnell erarbeiten. Wir werden natürlich für unseren gemeinsamen Antrag stimmen und den Antrag der SPD entsprechend ablehnen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich weise zunächst darauf hin, dass nach Artikel 18 Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung der Landtag verpflichtet ist, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wenn der Antrag von einem Fünftel der Mitglieder des Parlaments unterstützt wird. Ich stelle fest, dass der Antrag der Fraktion der SPD von

(Lars Harms)

einer ausreichenden Zahl von Abgeordneten unterstützt wird.

Ich weise weiter darauf hin, dass sich beide vorliegenden Anträge auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit weitgehend identischem Gegenstand beziehen. Lediglich in einem Punkt Erarbeitung von Vorschlägen betreffend die Kontroll- und Informationsmöglichkeiten des Parlaments - unterscheiden sich die Anträge.

Wir kommen jetzt zu der Beschlussfassung nach § 2 Abs. 2 des Untersuchungsausschussgesetzes. Ich schlage vor, zunächst über den Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW, Drucksache 17/13 (neu), abzustimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dieser Antrag hat die Zustimmung des gesamten Hauses gefunden.

Ich lasse über den Minderheitsantrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion, Drucksache 17/11 (neu), abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/11 (neu) mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt worden.

Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Es meldet sich der Fraktionsvorsitzende der FDP, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte für die CDU- und FDP-Fraktion erklären, dass nach unserer Rechtsauffassung für den Untersuchungsauftrag im zusätzlichen Antrag der SPD trotzdem das notwendige Quorum erreicht ist und dass trotz der ablehnenden Haltung der Mehrheit des Hauses das von der SPD vorgeschlagene Thema Untersuchungsgegenstand geworden ist.