Protokoll der Sitzung vom 27.10.2009

(Heiterkeit)

- Ich habe das einmal versucht; mal sehen, ob das hinhaut.

Die Kabinen befinden sich hinter meinem Rücken.

(Heiterkeit)

Ich bitte Sie, den Stimmzettel in der Wahlkabine mit dem dort liegenden Bleistift - bitte nur mit diesem Bleistift! - bei Ja oder bei Nein oder bei Enthaltung anzukreuzen. Anschließend werfen Sie bitte den gefalteten Stimmzettel in die Wahlurne, die am Aufgang zu meiner Rechten stehen wird.

Ich darf den Wahlgang eröffnen und bitte die Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Namensaufruf und Stimmzettelabgabe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nachdem wir eben den Abgeordneten Klinckhamer vergessen hatten, frage ich lieber noch einmal: Haben wir einen Abgeordneten vergessen, zur Stimmabgabe aufzurufen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist der Wahlakt beendet, und ich unterbreche die Sitzung zur Auszählung der Stimmen für zehn Minuten.

(Alterspräsident Lothar Hay)

(Unterbrechung: 11:46 bis 12:01 Uhr)

Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich gebe das Ergebnis der Wahl bekannt. Die Abstimmung über den Wahlvorschlag, den Abgeordneten Torsten Geerdts zum Landtagspräsidenten zu wählen, hat folgendes Ergebnis gebracht: Es wurden 95 Stimmen abgegeben. Davon waren 95 Stimmen gültig. Mit Ja haben 88 Abgeordnete gestimmt, mit Nein vier Abgeordnete. Es gab drei Enthaltungen.

(Anhaltender Beifall)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit ist Herr Abgeordneter Torsten Geerdts zum Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags gewählt worden.

Ich frage Sie, Herr Geerdts, ob Sie die Wahl annehmen.

(Torsten Geerdts [CDU]: Ja, ich nehme die Wahl an! - Beifall)

Ich spreche Ihnen die Glückwünsche des Hohen Hauses aus und bitte Sie, zur Ableistung des Eides nach vorn zu treten. Die Anwesenden bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Ich spreche Ihnen die Eidesformel vor und bitte Sie, sie mir nachzusprechen.

(Die Anwesenden erheben sich - Präsident Torsten Geerdts wird nach folgender Eides- formel vereidigt: Ich schwöre, meine Pflich- ten als Abgeordneter gewissenhaft zu erfül- len, Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich und ohne Eigen- nutz zu dienen, so wahr mir Gott helfe.)

Ich wünsche Ihnen viel Freude in diesem hohen Amt und eine gute Hand bei der Wahrnehmung Ihrer Aufgaben zum Wohl des Landes SchleswigHolstein und seiner Menschen.

(Anhaltender Beifall)

Ich bitte Sie, den Vorsitz zu übernehmen und mich abzulösen.

Sehr geehrter Herr Alterspräsident Lothar Hay! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein erster Gruß gilt dem Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft, Herrn Röder. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke Ihnen allen sehr herzlich für das Vertrauen, das Sie mir bei der Wahl zum Landtagspräsidenten ausgesprochen haben.

Ich gestehe offen ein: Eine solche Wahl durch die Kolleginnen und Kollegen ist etwas ganz Besonderes. Ich freue mich daher sehr über das gute Ergebnis. Ich freue mich auch auf die Aufgaben, die mit dem neuen Amt auf mich zukommen.

Doch bevor ich darüber einige Worte spreche, möchte ich mich zuvor an den Herrn Alterspräsidenten Lothar Hay wenden und ihm für seine umsichtige Amtsführung ganz herzlich danken. Lieber Herr Kollege Hay, ich habe feststellen dürfen, dass die Bezeichnung „Alterspräsident“ eine überaus relative ist. Sie haben das Amt in der Ihnen eigenen Weise humorvoll-trocken und sehr sympathisch wahrgenommen. Zugleich haben Sie uns, lieber Herr Hay, mit Ihren Anmerkungen die Schwere der gemeinsamen Verantwortung für die Bewältigung der bevorstehenden Aufgaben sehr deutlich gemacht - zu Recht. Dafür möchte ich Ihnen im Namen des ganzen Hauses danken.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als frisch gewählter Landtagspräsident gratuliere ich Ihnen allen sehr herzlich zur Wahl und zur Annahme Ihres Mandats. Ich darf Sie zu Beginn der 17. Wahlperiode des Schleswig-Holsteinischen Landtags sehr herzlich begrüßen. Insbesondere begrüße ich unsere neuen Kolleginnen und Kollegen.

Das Landesparlament steht mit Beginn der neuen Wahlperiode sowohl in personeller Hinsicht als auch mit Blick auf die Aufgaben vor einer tiefgreifenden Zäsur. Insgesamt 48 neue Abgeordnete verstärken von heute an das nun 95 Frauen und Männer zählende Landesparlament. Viele von Ihnen kennen das politische Tagesgeschäft aus Ihrer kommunalpolitischen Arbeit oder aus Ihrer Tätigkeit in Verbänden oder anderen politischen Gremien. Ich bin mir sicher: Sie werden sich sehr schnell in die Materie der Landtagsarbeit hineinfinden. Sie alle bringen Ihrer persönlichen Vita entsprechend berufliche, politische und persönliche Qualifikationen und Erfahrungen mit, die Sie zum Wohl des Landes einbringen können. Ich freue mich auf ein konstruktives und gewinnbringendes Miteinander bei der gemeinsamen Arbeit hier im Haus.

Es ist für mich zugleich eine selbstverständliche Pflicht und auch eine persönliche Verpflichtung, das Amt des Landtagspräsidenten mit der gebotenen Überparteilichkeit und Neutralität wahrzuneh

(Alterspräsident Lothar Hay)

men. Ich will versuchen, die gemeinsamen Belange dieses Hauses nach außen würdig zu vertreten und dabei den Belangen aller Faktionen gerecht zu werden.

Ich möchte daher zusammen mit den künftigen Vizepräsidentinnen des Landtags in alle Fraktionen hinein Brücken der politischen und menschlichen Verständigung bauen. Hier werde ich mich in der Ausübung meines Amtes an der vorbildlichen Haltung meines Amtsvorgängers Martin Kayenburg orientieren, an den ich an dieser Stelle ein Wort des Dankes richte.

(Beifall im ganzen Haus)

Lieber Herr Kayenburg, Sie sind ein unbeirrbarer Streiter für die verfassungsmäßigen Rechte dieses Parlaments gewesen. Auch dafür gebührt Ihnen unser aller Dank.

(Beifall)

Ich beziehe mich auch sehr bewusst auf die nachdenklich stimmenden Worte des Herrn Alterpräsidenten Lothar Hay. Unsere Arbeit im Parlament und der mitunter durchaus hitzige politische Streit um die Sache - all das darf nicht zu Feindschaften führen. Freundschaften darf es auch in diesem Haus über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg geben, und wir sollten sie pflegen.

Das Ansehen unseres Landtags bei den Menschen im Land wird in hohem Maße auch dadurch bestimmt, wie wir Politiker uns im Umgang miteinander präsentieren. Dieser Brückenschlag zu einer guten Verständigung zwischen den Fraktionen wird mir und meinen Kolleginnen - dessen bin ich mir sicher - auch umso leichter gelingen, weil keine rechtsextremistische Partei den Einzug in unseren Landtag geschafft hat.

(Beifall im ganzen Haus)

Die Wählerinnen und Wähler in Schleswig-Holstein haben verantwortungsbewusst gehandelt und sich nicht von rechtsextremistischen Rattenfängern vereinnahmen lassen. Das ist sehr gut für unser Land.

Lassen Sie uns daher gemeinsam eine politische Kultur - auch eine Streitkultur - pflegen, die unseres Landes würdig ist. Denn eine kritisch-konstruktive Arbeitsatmosphäre ist eine Grundvoraussetzung für die gute Arbeitsfähigkeit und das Leistungsvermögen eines Parlaments und damit mit ausschlaggebend für dessen Ansehen.

Die Landesregierung und der Schleswig-Holsteinische Landtag stehen in dieser Legislaturperiode vor

gewaltigen Herausforderungen, die es anzupacken gilt. Die fatale Finanzlage unseres Landes und die Probleme im Zuge der Wirtschaftskrise seien hier zuallererst genannt. Es ist absehbar, dass bei knappen politischen Mehrheitsverhältnissen um die besten Lösungen hart gerungen werden muss. Natürlich stellt sich angesichts der globalen Finanzmärkte und deren unkontrollierter und zügelloser Eskapaden die Frage, ob und inwieweit ein Landesparlament noch etwas bewirken kann. Ich meine, es kann etwas und es muss etwas ausrichten können. Die Wirtschaft darf die Politik nicht auf die handlungspolitischen Zuschauerplätze verdrängen. Das Primat der Politik ist bestimmend für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Politik ohne Gestaltungskraft verlöre ihre Zweckhaftigkeit und ihren Sinn. Der Souverän - die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins - haben uns als ihre Repräsentanten gewählt, damit wir im Landtag verantwortbare Lösungen für unser Land entwickeln können. Es ist unsere Pflicht, Orientierung zu geben.

Die strukturellen Entwicklungen auf der Ebene der Europäischen Union und auf Bundesebene machen aber auch deutlich, dass viele Probleme nicht in unseren Gremien behandelt werden, sondern an anderer Stelle. Die Föderalismusreformen haben zwar manche politische Aufgabe zugunsten der Länder neu justiert. Dennoch meine ich, dass gerade mit Blick auf den Lissabon-Prozess der Europäischen Union auch der Landtag aufholen muss, will er seinen Aufgaben kompetent nachkommen. Darum plädiere ich sehr für eine starke Positionierung des Europaausschusses im Landtag und eine Verflechtung mit Fachpolitikern anderer Ausschüsse. Wir sollten auch darüber nachdenken, inwieweit wir den Landtag bei der informativen Lobbyarbeit und der politischen Arbeit in Brüssel noch viel stärker mit Gruppen, beispielsweise unseres kommunalpolitischen Raums, vernetzen können.

(Beifall)

Als Landtagspräsident bin ich zu überparteilicher Neutralität verpflichtet. Gleichwohl werde und will ich auch mit Blick auf die von mir skizzierte Entwicklung gewiss kein unpolitischer Landtagspräsident sein. Deshalb werde und will ich auch auf fraktionsübergreifender Basis politische Themen ansprechen und inhaltliche Arbeit dazu anstoßen, die aus meiner Sicht dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger dienen und dem Wohl des Landes zugutekommen.

Herr Kollege Hay sprach es an: Wir gedenken in wenigen Tagen des Falls der Mauer und in dessen Folge der wiedererlangten Einheit Deutschlands.

(Präsident Torsten Geerdts)

Das ist weitaus mehr als ein Grund zur Freude, darin sind wir uns alle einig. Es ist aber das erste Mal, dass in den Fraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag Mitglieder einer Generation vertreten sind, die den Mauerfall jedenfalls bewusst nicht miterlebt haben. Sie waren damals drei, fünf oder acht Jahre alt. Ihr Erleben der Einheit ist ein Blick auf die Geschichte. Sie sehen dadurch viele Dinge im Verhältnis zwischen Ost und West unbefangener als wir.

Die jüngeren Generationen werden in absehbarer Zeit wesentlich stärker als bisher die Geschicke unseres Landes verantwortlich mitgestalten müssen, und Sie, die Jüngeren, werden gerade mit Blick auf die Themen Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit von Politik Fragen stellen und Interessen formulieren. Das ist ein Arbeitsfeld, dem sich der Landtag nach meiner festen Überzeugung nicht verschließen wird. So ist die erfolgreiche Gratwanderung zwischen einer Konsolidierung des Landeshaushalts und sinnvollen Investitionen in Bildung, Ausbildung, Forschung und Infrastruktur für mich ein Muss, wollen wir den Haushalt langfristig sanieren und Wachstum generieren.

Weit über diese spezifischen Themen hinaus betrachte ich die Zugehörigkeit junger Kolleginnen und Kollegen als einen unbedingten Gewinn für unser Parlament. Ihre Sichtweisen auf sachpolitische Zusammenhänge, Ihre Denk-, Arbeits-, Handlungsund Kommunikationsmuster unterscheiden sich wesentlich von denen manch älterer Kollegen. Ich habe zwischenzeitlich mit großem Interesse einige Blogs auf den Webseiten der jungen Kolleginnen und Kollegen studiert und bin fest davon überzeugt, dass wir viele gute Anregungen erhalten und eine vertrauensvolle und konstruktive Arbeitsebene miteinander finden werden.

Ich möchte Sie als Jüngere daher auffordern: Bringen Sie Ihre Ideen und Gedanken in die Arbeit des Landtags und in die Arbeit der Ausschüsse ein. Seien Sie mutig, und beherzigen Sie eines: Sogar im Schleswig-Holsteinischen Landtag wird nur mit Wasser gekocht.