Protokoll der Sitzung vom 29.01.2010

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sogar Frau Jansen kann es lesen. Ich verstehe nicht, dass Sie das nicht lesen können.

(Heiterkeit und Beifall)

Zu den im Konzept angenommenen Fluggastzahlen: 1,2 Millionen Passagiere in 2010 sind eine völlig unrealistische Annahme. Trotz der Steigerung auf jetzt zehn Linien wurde das bisherige Rekordergebnis aus dem Jahr 2005 nie wieder erreicht.

Wie soll es nun weitergehen? - Ein neuer Investor wird nur dann antreten, wenn die öffentliche Hand massiv mitfinanziert. - So viel zum Thema Wirtschaftsstärke. Das kann weder Lübeck noch das Land.

Wir freuen uns auf die Auseinandersetzung über die Zukunft des Flughafens und die Prioritätensetzung bei knappen öffentlichen Mitteln. Unser Antrag ,,Keine Landesmittel für den Ausbau des Lübecker Flughafens“ hat im Ausschuss eine komplett andere Fassung erhalten. Er ist - man kann es so sagen verhunzt worden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

In dieser Form können und werden wir ihm natürlich nicht mehr zustimmen. Auch den SPD-Berichtsantrag müssen wir in dieser Form ablehnen ich habe gehört, es gibt Diskussionen, ihn vielleicht noch einmal anders zu fassen -, weil auch er sein Heil immer noch im Weiterbetrieb dieses Flughafens sieht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Antje Jansen von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Fürter hat schon viel vorweggenommen.

(Zuruf von der FDP: Sie brauchen nicht alles zu wiederholen!)

- Nein, das mache ich auch nicht.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für uns als Linke gibt es eigentlich nichts anderes zu sagen als das, was wir schon in der letzten Landtagstagung gesagt haben. Der Flughafen LübeckBlankensee, Herr Arp, wird keine Zukunft haben, er ist ein Millionengrab. Investoren stehen nicht zur Verfügung. Investoren stehen nicht Schlange. Die Investoren wollen, dass die Lübecker Kommune den Flughafen ausbaut und aufhübscht, dass letztlich Millionen hineingesteckt werden und Ryanair oder der nächste Investor kommt und sagen kann: Klasse, Lübecker, das habt ihr gut gemacht, jetzt steigen wir ein, ohne einen Pfennig zu investieren!

Das sind die Gespräche, die momentan mit den Investoren in Lübeck laufen. Das sind die Gespräche, die auch unser Bürgermeister mit den Investoren führt.

Wenn Ryanair selbst - was Herr Fürter gerade sagte - am 19. Dezember 2009 sagt - übersetzt hat der Chef von Ryanair das selbst gesagt -, dass die Ära der Billigfliegerei - ich sage das jetzt ganz kurz zu

(Thorsten Fürter)

sammengefasst - vorbei ist, dann frage ich mich, was die ganzen Prognosen sollen, wenn selbst die zwei größten Fluggesellschaften, die hier Billigflüge anbieten, sagen, es gibt kein Wachstum mehr. Was sagen Sie denn hier? Aufschwung für den Lübecker Flughafen Blankensee?

Zur Base - dazu gab es auch Gespräche mit Ryanair, und das ist auch gesagt worden -: Was hat der Bürgermeister in dem Gespräch mit Ryanair erreicht? - Nichts. Ryanair hat gesagt, Lübeck soll die Base finanzieren. Das Take-off-Konzept des Lübecker Bürgermeisters basiert doch nur darauf. Man kann sagen, das hat er gut gemacht. Ich bin der Meinung, er hat uns das nicht richtig erklärt. Das Take-off-Konzept basiert nur auf der Grundlage, dass eine Base in Lübeck überhaupt gebaut wird. Nur mit einer Base können da Flugzeuge auch parken. Dann gibt es mehr Flüge, und dann gibt es mehr Passagiere. Diese Base ist aber nicht da, und die Lübecker werden diese Base auch nicht finanzieren.

(Beifall der Abgeordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Rot-Rot-Grün - Lübeck macht es vor, im Lande sind wir noch nicht so weit, da kommen wir sicherlich nochmal hin

(Zurufe)

hat immer, auch mit dem Beschluss im Dezember, gesagt, Arbeitsplätze bleiben erhalten. Wir übernehmen natürlich die Lohn- und Betriebskosten. Wir haben mit dem gestrigen Beschluss natürlich auch das Bürgerbegehren akzeptiert. Wir akzeptieren, dass die Wirtschaft mit der vollen Unterstützung aller 56.000 Unterschriften gesammelt hat. Gut, Hochachtung! Aber wir, Rot-Rot-Grün in Lübeck, werden letztlich während des Bürgerbegehrens die Lübecker auch darüber aufklären, was der Lübecker Flughafen überhaupt bedeutet: ein Millionengrab, in das wir zig Millionen hineinschaufeln, nicht nur das Planfeststellungsverfahren von 4 Millionen. Es geht weiter: 20 Millionen, 60 Millionen müssten da hineingesteckt werden. Und im April werden die Lübecker entscheiden, ob sie einen maroden Flughafen haben wollen oder ob sie das Theater und die Kindergärten schließen und Schulen nicht sanieren wollen. Das wird dann in Lübeck die Frage sein.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Rother [SPD])

Ich bin der Meinung: Keine kommunalen Gelder und auch keine Landesgelder! Ich glaube, die Lübecker SPD sieht das ein bisschen anders. Wir haben in unserem Antrag etwas aus taktischen Gründen drin, um Ihre Landesregierung ein bisschen zu treiben, die immer sagt: Wunder-, wunderbar, der Flughafen muss erhalten bleiben, wir wollen ihn fördern, fördern, fördern! Aber Sie tun nichts, sage ich einmal so, weil Sie wahrscheinlich auch erkannt haben, dass dieses Geld, wenn es da hineinfließt, verloren ist. Dieses Geld, das Sie dort hereingeben, brauchen wir zum Beispiel, um kostenfreies Essen in den Schulen, Beitragsfreiheit bei den Kitas oder überhaupt soziale Gerechtigkeit in Schleswig-Holstein voranzubringen.

(Zuruf des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

- Informieren Sie sich einmal, und kommen Sie mal zu uns zum Hauptausschuss, wenn der erste Investor dort sitzt und mit uns verhandelt! Ich lade Sie ein.

(Beifall bei der LINKEN - Christopher Vogt [FDP]: Ich komme zur Fraktionssitzung!)

Für die SSW-Fraktion erteile ich dem Kollegen Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute die Zukunft des Flughafens Lübeck diskutieren, dann haben wir es mit vielem Wenn und Aber zu tun. Das konnte man bei den Vorrednern eben schon hören.

Bei der Einschätzung, wie es mit dem Flughafen in Lübeck weitergeht, gibt es viele Unbekannte, und deshalb ist natürlich eine Vorhersage spekulativ. Trotzdem sei mir ein Vergleich mit der damaligen Diskussion um den Flughafen Kiel-Holtenau erlaubt. Als wir die Zukunft des Kieler Flughafens diskutierten, hatten wir es mit einem Flughafen zu tun, der über längere Zeit mit zurückgehenden Passagierzahlen zu kämpfen hatte. In Lübeck stiegen die Zahlen in einer Wellenbewegung von nicht ganz 200.000 Passagieren im Jahr 2000 auf rund 700.000 im vergangenen Jahr an. In Kiel kehrten immer wieder Fluglinien dem Standort den Rücken und konnten nur durch Bleibeprämien für kurze Zeiträume gehalten werden. In Lübeck sieht dies ebenfalls völlig anders aus.

(Antje Jansen)

Wir hatten uns in der Diskussion in Kiel selbst beschränkt, indem wir festlegten, dass nur Linienflüge ab Kiel stattfinden sollten. In Lübeck ist quasi eine unbegrenzte Entwicklung möglich. In Kiel ist baulich kaum eine Entwicklung möglich gewesen, und in Lübeck sind die entsprechenden Flächen vorhanden. Bei allen Diskussionen, die um die Weiterentwicklung des Flughafens in Lübeck geführt werden, kann man daher sagen, dass hier die Ausgangssituation eine weitaus bessere ist. Deshalb haben wir als SSW immer wieder gesagt, dass nur Lübeck überhaupt die Chance hat, sich in schwarze Zahlen zu bewegen.

Wir haben die Weiterentwicklung in Lübeck an mehrere Bedingungen geknüpft, die für uns immer noch gelten. Wir lehnen dauerhafte Subventionen für den Flughafen ab. Das heißt, dass Betriebskostenzuschüsse oder die Übernahme von Kosten für Feuerwehr, Sicherheitspersonal oder Ähnliches nicht vom Land übernommen werden dürfen. Dies haben wir auch in den Ausschussberatungen um die Jahreswende noch einmal deutlich gemacht, und ich glaube, inzwischen wird dies auch nicht mehr ernsthaft diskutiert.

Selbstverständlich hat aber der Flughafen in Lübeck einen Anspruch darauf, nach den gleichen Kriterien wie andere Flughäfen auch seine Infrastrukturmaßnahmen bezuschusst zu bekommen. Dies hat auch die Landesregierung immer wieder bestätigt. Allerdings kann eine solche Förderung nur dann gewährt werden, wenn eine Sicherheit dafür besteht, dass es weitergeht. Und hier gibt es eben einige Unbekannte.

Nach unserer Auffassung muss man ganz eng mit Hamburg zusammenarbeiten. Dies wird ja auch im vorliegenden Antrag ausgeführt. Aber vor allem ist die Frage, ob Ryanair hier eine Base einrichtet, entscheidend. Nach übereinstimmenden Aussagen der Lübecker Vertreter in den Ausschussberatungen ist der Lübecker Flughafen nur mit schwarzen Zahlen zu betreiben, wenn eben diese Base eingerichtet wird. Kurz gesprochen: Ohne Base kein zukunftsfähiger Flughafen.

Aber um die Gesellschaft - sprich Ryanair - dazu zu bewegen, benötigt man auch in diesem Haus ein eindeutiges Bekenntnis zum Flughafen, das wir bereit sind zu geben. Dies haben die Landesregierung und die meisten politischen Parteien im Landtag auch abgegeben, aber die Lübecker Lokalpolitik war in der jüngsten Vergangenheit eher zurückhaltend. Das will ich nicht verurteilen, weil die kommunalpolitische Entscheidung vor Ort erstens eine souveräne Entscheidung ist und weil zweitens diese

Entscheidung mit vielen Unbekannten behaftet ist. So eine Entscheidung ist schwer zu treffen, und insofern war es ja auch klug, dass man die Tür nicht ganz zugeschlagen hat, sondern eine Frist für die Entscheidung gesetzt und jetzt das Ganze sogar verlängert hat.

Die Entwicklung ist aber weitergegangen. Das initiierte Bürgerbegehren war erst einmal ein Erfolg für die bürgernahe Demokratie. Ob es auch ein klares Votum in die eine oder die andere Richtung mit sich bringt, werden wir später vielleicht sehen können.

Auf jeden Fall zeigt dieses Votum, dass das Thema Flughafen Lübeck-Blankensee ein wichtiges Thema ist, nicht nur dort vor Ort, sondern auch für uns als Land.

Ich habe bisher bewusst darauf verzichtet, die Vorund Nachteile des Flughafenausbaus aufzuzählen. Die Argumente sind schon lange auf dem Tisch und auch ausgetauscht. Unsere Aufgabe als Landtag ist es nicht, die Investitionsentscheidung der Stadt Lübeck zu hinterfragen. Das ist Aufgabe der Lokalpolitik und nun auch der Bürgerinnen und Bürger in Lübeck. Unsere Aufgabe ist es, in verantwortlicher Weise darüber zu befinden, ob und wie die Flughafenentwicklung finanziell unterstützt werden kann. Die Bedingungen hierfür habe ich deutlich gemacht. Werden diese Kriterien erfüllt, haben wir als Zuschussgeber die Sicherheit, dass es wie geplant weitergeht, steht einer Förderung analog zur Förderung anderer gleichartiger Projekte nach unserer Auffassung nichts im Wege.

Deswegen bitten wir ebenfalls, der Ausschussempfehlung zuzustimmen, damit wir ein entsprechendes Signal nach Lübeck aussenden können.

(Beifall bei SSW, CDU und FDP)

Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch von der SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn immer alles so einfach wäre und man immer die Schubladen so füllen könnte, wie es gerade passt, dann wäre es auch einfach, Politik zu machen. Aber das ist nicht so.

Ich will nur, und zwar nicht zur Unterhaltung und zur Erheiterung, ein Zitat aus Lübeck bringen, dass

(Lars Harms)

der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft bringen. Klaus Puschadel ist nicht nur jemand, der da erst seit Kurzem arbeitet, sondern viele Jahre für die CDU an herausragender Stelle Verantwortung getragen hat. Wenn der sagt:

„Wir sind zuversichtlich, dass die Beeinflussung des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministers durch grüne und linke Abgeordnete nicht dauerhaft erfolgreich sein wird.“,

dann sagt er das im Zusammenhang mit der Flughafendiskussion, weil er genau sieht, dass die Hansestadt Lübeck allein diesen Flughafen, dieses Infrastrukturprojekt nicht wuppen kann; sie braucht die Hilfe des Landes, sie braucht die Hilfe des Wirtschaftsministers, und zwar nicht irgendwann, wenn das Konzept fertig ist, Kollege Arp, sondern aktuell. Denn was hilft es uns, wenn wir hier vollmundig bekennen, wir wollen einen Flughafen in Lübeck-Blankensee haben, wir erklären allen Menschen, dass er regional-ökonomische Bedeutung hat, und dann lassen wir ihn in die Insolvenz gehen, weil die Hansestadt Lübeck ihn schlicht und ergreifend nicht finanzieren kann? Es sind weit mehr als die 4 Millionen €, die Frau Jansen angeführt hat, die notwendig sind, um den Flughafen auf Dauer wirtschaftlich rentabel betreiben zu können.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Vogt?