Protokoll der Sitzung vom 26.02.2010

Meine Politik zielt darauf ab, für diese Leistungen der Landwirtschaft die Hektar-Prämien der ersten Säule im Planungszeitraum 2014 bis 2020 möglichst hoch zu erhalten und vor allem plausibel zu begründen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Vor diesem Hintergrund ist mein konkreter Vorschlag für die künftige Ausgestaltung der ersten und der zweiten Säule zu verstehen, das heißt also für die zukünftigen Direktzahlungen und die Förderprogramme zur Entwicklung des ländlichen Raumes. Hier kann ich nur unterstützen, was der Abgeordnete von Abercron eben gesagt hat: Die Projekte Bungsberg und Immenhof, Herr Voß, dienen der Vitalisierung der ländlichen Räume und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Das brauchen wir in Schleswig-Holstein. Der Landwirtschaft wird dadurch kein Euro entzogen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich habe mich dafür entschieden, frühzeitig die Interessen, aber auch die Zwänge Schleswig-Holsteins klar zu benennen. Wir reden über sehr viel Geld, sehr viel Steuergeld - und das in Zeiten unausweichlicher Sparzwänge in allen öffentlichen Haushalten. Die deutschen Landwirte erhalten allein jährlich circa 5,8 Milliarden € Direktzahlungen. Um diese Direktzahlungen über die erste Säule auch nach 2013 im notwendigen Umfang sicherzustellen, müssen diese auch künftig gegenüber der Gesellschaft mit gesellschaftlichen Leistungen gut begründet werden - das auch deshalb, weil das Europäische Parlament einen viel größeren Einfluss haben wird. Nach dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags zum 1. Dezember 2009 wird das Parlament erstmals mit dem Ministerrat über die Agrarpolitik und den gesamten Haushalt verhandeln. Die Zeiten einer rein sektoralen Politik sind aus meiner Sicht damit vorbei.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Agrarpolitik und die Politik für die ländlichen Räume werden absehbar nur noch dann so umfangreiche Finanzmittel bekommen, wenn sie auch sichtbar zur Erreichung anderer EU-Ziele beitragen. Die EU-Kommission nennt dies EU-Mehrwert und fordert, die europäischen Strategien und Ziele stärker darauf auszurichten. Das ist kein Schreckgespenst für die Landwirtschaft. Im Gegenteil, aus meiner Sicht stecken in diesem Prozess sehr viele Chancen auch für Schleswig-Holstein, das künftig einen noch strikteren Sparkurs fahren muss. Wir müssen es zum Beispiel schaffen, unausweichliche EU-Vorgaben nur minimal mit Landesmitteln und maximal mit EU-Mitteln umzusetzen.

(Beifall bei CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es kann weder im Interesse der EU noch unseres Landes noch unserer Landwirtschaft sein, EU-Mittel nur deshalb nicht abrufen zu können, weil wir die Kofinanzierung nicht leisten können, gleichzeitig aber alle Auflagen und Vorgaben der EU auf dem Gebiet der Landwirtschaft und des Umweltschutzes erfüllen müssen.

Herr Voß, einen Teil dieser Grundgedanken finde ich in Ihrem Antrag wieder. Manches sehe ich allerdings auch sehr kritisch, zum Beispiel die Forderung, Lösungen zur Vermeidung der Überschusserzeugung auf den Märkten für landwirtschaftliche Erzeugnisse anzubieten. Gerade weil die Agrarpolitik mit der Steuerung von Produktionsmengen in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hat - die Milchquote ist dafür ein gutes Beispiel -, zieht sich die gemeinsame Agrarpolitik der EU seit der grundlegenden Reform Anfang der 90er-Jahre mehr und mehr davon zurück. Im Übrigen ist Schleswig-Holstein eine der am höchsten entwickelten und produktivsten Agrarregionen der Europäischen Union. Der überwiegende Teil unserer Produkte wird außerhalb des Landes abgesetzt. Das sollten wir nicht infrage stellen. Sonst würden wir unserem Land schaden.

Ebenso wenig halte ich von der alleinigen Fokussierung auf den ökologischen Landbau als Leitbild einer nachhaltigen Landwirtschaft oder von der Bemessung der Ausgleichszahlungen nach der Zahl der Arbeitskräfte in einem Betrieb. Diese Forderungen schießen weit über das Ziel hinaus und werden von mir nicht unterstützt.

Der Landwirtschaft fällt eine Schlüsselrolle bei der Vermeidung und der Lösung gravierender Umweltprobleme zu. Gleichzeitig ist sie einem enormen Anpassungsdruck durch internationale Märkte aus

gesetzt. Im ländlichen Raum stellt sie nach wie vor den wirtschaftlichen Kern dar. Wir können selbstbewusst sein und sagen: Die Landwirtschaft und die ländlichen Räume verfügen über ein wertvolles Potenzial, das über eine sinnvolle, zielgerichtete Weiterentwicklung der ersten und zweiten Säule der EU-Agrarpolitik genutzt werden sollte. Die Landwirtschaft kann und wird in Zukunft vermehrt Dienstleistungen für die Gesellschaft erbringen. Das muss fair entlohnt werden. Darin sind wir uns, wie ich glaube, alle einig.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Es ist - sicherlich auch durch meine Initiative - eine breite Diskussion über die künftige Agrarpolitik angestoßen worden. Es gab einen ausführlichen Meinungsaustausch zwischen Bundes- und Landesministern. Wir haben eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, um Lösungsvorschläge für die Agrarministerkonferenz Ende April 2010 in Plön vorzulegen. Im Interesse unseres Landes und unserer Landwirtschaft sollten wir nun gemeinsam an Lösungen arbeiten, die in Deutschland und in der EU mehrheitsfähig sind.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Aufgrund der Überschreitung der Redezeit der Frau Ministerin steht allen Fraktionen nunmehr das Recht auf weitere Redezeit von 2:17 Minuten zur Verfügung. - Ich erteile Herrn Abgeordneten Bernd Voß von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf ein paar Punkte muss ich doch noch kurz eingehen. Damit das klar ist: Ich habe überhaupt nichts gegen Immenhof als Ponyhof und gegen die Revitalisierung und den Aufbau des Bungsbergs. Es ist nur die Frage, wie viel öffentliche Mittel wir dafür zur Verfügung stellen. Ansonsten finde ich die entsprechenden PR-Aktionen ausgesprochen klug und sinnvoll.

Es hat auch wieder Reflexe zum Stichwort „Ökolandbau“ gegeben. Ich bitte den Antrag ganz genau zu lesen. Wir haben den Ökolandbau dort bewusst als Leitbild ländlicher Wirtschaftsentwicklung bezeichnet. Er wird immer und überall dafür abgefeiert, dass er ländliche Entwicklungsziele,

(Ministerin Dr. Juliane Rumpf)

Einkommensziele und so weiter erfüllt. Ich finde ihn aber - ich habe viele der Papiere gelesen, die jetzt mit Blick auf 2013 geschrieben werden - in der Masse der Papiere nicht wieder. Von daher sollten wir unser Augenmerk stark darauf richten, dass er entsprechend berücksichtigt wird.

Das nächste Thema ist die Frage der Arbeitskräfte. - Herr Rickers scheint sich bei der CSU informiert zu haben. Ich begrüße es, dass die Frage der Arbeitskräfte das erste Mal auch von der CDU erwähnt wird. Wir haben pro Arbeitskraft Differenzen mit einer Reichweite von 8.000 € im Durchschnitt bis 120.000 € zu registrieren, die Jahr für Jahr an Direktzahlungen gezahlt werden. Wir sind schlicht und einfach dazu verpflichtet, eine Diskussion darüber zu führen, wie wir zu einer gerechteren Verteilung der Zahlungen kommen können, um Wettbewerbsverzerrungen zu begegnen. Wir können uns dem nicht verschließen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schleswig-Holstein ist an dieser Diskussion beteiligt. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeitet ebenfalls intensiv an diesem Thema und unterbreitet Vorschläge.

Nun zum Stichwort „Märkte“. Wenn wir ländliche Wertschöpfung wollen, dürfen wir - das haben gerade wir vonseiten der Grünen immer wieder betont - nicht immer neue Fördertöpfe aufmachen. Wir sagen vielmehr: Wir wollen, dass die Einkommen letztlich auf den Märkten erzeugt werden können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Herr Brodersen, es passt zur FDP, wenn Sie hier sagen: Die Quote hat gar nichts gebracht. - Natürlich will keiner mehr die alte Quote. Es gibt aber kluge Marktinstrumente, die man entsprechend einsetzen kann beziehungsweise mit denen man die Erzeuger - ob nun im Bereich der Landwirtschaft oder im Bereich der Fischerei - in die Lage versetzen kann, den Problemen der Überproduktion zu begegnen, die kleine Erzeuger haben. Auch das Kartellamt will eine entsprechende Ausgestaltung der rechtlichen Regelungen.

Die Quote hat vom ersten Tag an, als sie eingeführt wurde, für den europäischen Steuerzahler eine Einsparung von zig Milliarden €, eine Einsparung eines hohen zweistelligen Milliardenbetrags jedes Jahr, gebracht. Sie sagen hier aber, sie habe überhaupt nichts gebracht. Das passt ein Stück weit zur FDP: Es ist scheißegal, was mit den Haushalten los ist.

(Zurufe von FDP und CDU)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss und unterlassen Sie eine bestimmte Wortwahl.

Okay, Entschuldigung.

Ich komme zum Schluss. Ich denke, wir sind schlicht und einfach dazu verpflichtet, kluge Regeln für die Märkte zu entwickeln. Wir stellen fest - ich habe dafür ein Beispiel genannt -, dass in schwarzgelben Kreisen politisch ständig anders gehandelt wird. Es werden Exportsubventionen und Interventionen beschlossen, um nur einige Maßnahmen zu nennen, die mittelfristig letztlich massiv gegen Erzeuger wirken. Davon müssen wir, wie ich denke, endlich wegkommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Es ist Überweisung an den Umwelt- und Agrarausschuss und mitberatend an den Europaausschuss beantragt. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit sind die beiden Anträge Drucksachen 17/267 und 17/331 einstimmig dem Umwelt- und Agrarausschuss und dem Europaausschuss überwiesen worden.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung nunmehr die Tagesordnungspunkte 46, 22, 33 und 36 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Unverzügliche Neuordnung der Trägerschaft im SGB II

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/22

b) Betreuung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen aus einer Hand erhalten

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/37

(Bernd Voß)

Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses Drucksache 17/203

c) Optionskommunen erhalten

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/230

d) Optionskommunen schaffen und erhalten

Antrag der Fraktionen von SSW, CDU und FDP Drucksache 17/264 (neu)

e) Grundgesetzänderung notwendig - Zukunft der ARGEn sichern

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/267

Zunächst erteile ich dem Berichterstatter des Sozialausschusses, Herrn Abgeordneten Christopher Vogt, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat dem Sozialausschuss die Anträge Drucksachen 17/22 und 17/37 mit Beschluss vom 20. November 2009 zur Beratung überwiesen. Diese hat der Ausschuss in seiner Sitzung am 21. Januar 2010 beraten. Die Fraktionen von CDU und FDP haben einen eigenen Antrag in die Beratung eingebracht. Der Ausschuss gibt folgende Beschlussempfehlung ab: