Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Im November 2009 haben wir gesagt: Beim LEP ist Tempo angesagt. Wir haben über dieses Thema lange diskutiert.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schneckentempo!)

- Herr Kollege, erst einen Berichtsantrag für heute stellen und vor drei Minuten einen Antrag nachschieben, aber dann von „Schneckentempo“ reden ein bisschen mehr intellektuelles Format sollten Sie schon an den Tag legen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, hinter uns liegt eine zwei- bis dreijährige Diskussion. Im Frühjahr 2009 fand dazu eine öffentliche Anhörung statt. Es sind 2.000 - zumeist kritische - Stellungnahmen eingegangen. Wir hatten bereits Ende 2008 Grundzüge einer Runderneuerung des LEP angekündigt. Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit. Deswegen erwarten wir, dass der Landesentwicklungsplan noch im Jahr 2010 von der Landesregierung verabschiedet wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Viele Kommunen, viele Bürger warten darauf. Sie wollen die Sicherheit, dass der Stegner-Entwurf von 2007 endgültig Vergangenheit ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Landesentwicklungsplan soll schlanker werden. Er soll Rahmenbedingungen setzen, aber den Menschen vor Ort die Entscheidungen nicht abnehmen. Er soll sie vor allen Dingen nicht bevormunden. Das ist der wichtigste Punkt unserer Grundsätze.

Wir haben in unseren Eckpunkten nicht einseitig auf Wirtschaftsentwicklung gesetzt. Wir betonen die Bedeutung des Erhalts von Landschaft und Natur, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land, den Orientierungsrahmen für soziale Entwicklungen und die Infrastruktur. Wir wollen ein attraktives, schönes und wirtschaftlich starkes Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn das, was wir vorhaben, zu einem wirklichen Wachstumsimpuls für die Wirtschaft führt - etwas Besseres könnte unserem Land doch gar nicht passieren. Das hätte noch nicht einmal was gekostet. Das ist Politik!

(Beifall bei CDU und FDP)

Arbeit - und damit auch Arbeitsplätze - richtet sich immer weniger nach traditionellen Formen. Wo Arbeitschancen sind, müssen sie genutzt werden. Wir wollen ländliche Räume, die auf Dauer mehr als Umweltreservate sind, nämlich auch Lebensgrundlagen für Arbeit.

Herr Kollege Habeck, wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben: „Bei der Entwicklung der Bevölkerungszahl soll berücksichtigt werden, dass es nicht zu einem Ausbluten der ländlichen Räume und einem Preisverfall bei Immobilien kommt“, dann kann ich Ihnen nur sagen: Willkommen bei der CDU! Das ist genau unsere Politik.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir wollen die Möglichkeit zur Ansiedlung, Entwicklung und Erweiterung mittelständischer Betriebe. Wer heute meint, nur der örtliche Bedarf sei insoweit Maßstab, der irrt. Von dem „örtlichen Bedarf“ kann heute kein Betrieb mehr leben. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Die Zeit ist vorangeschritten.

Wirtschaftliche Entwicklung darf nicht nur an Entwicklungsachsen stattfinden. Sie hat auch Querverbindungen. Wir brauchen interkommunale Gewerbegebiete. Wir brauchen einen guten ÖPNV, aber auch einen guten Individualverkehr. Beides zusammen muss es ausmachen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Bei der Ansiedlung von Einzelhandelseinrichtungen sollen kommunale Interessen berücksichtigt werden, da sie von zentraler Bedeutung sind. Wir möchten, dass wohnortnahe Einzelhandelseinrichtungen zur Deckung des täglichen Bedarfs möglich bleiben. Zu der großen Diskussion über Einzelhandel und Städte sage ich deutlich: Was wir vorschlagen, bedeutet einerseits Kontinuität; in begründeten Ausnahmefällen werden allerdings andere Regelungen zugelassen. Das ist die Politik, die wir hier wollen.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Werner Kalinka)

Wer daraus ableitet, damit würden die Städte gefährdet, der hat eine Wahrnehmung, die - um es freundlich zu sagen - nicht der Realität entspricht.

Lassen Sie mich zwei kurze Bemerkungen hinzusetzen: Zur Entwicklung im ländlichen Raum gehört eine flächendeckende Breitbandversorgung; insoweit stimmen Sie uns sicherlich zu. Dieser Punkt darf nicht vergessen werden. Viel an Wirtschaft und Arbeit hängt heute davon ab, ob die entsprechende IT-Infrastruktur vorhanden ist. Was diese Landesregierung bis 2015 oder 2016 auf diesem Gebiet schaffen will, ist eine große Herausforderung. Wir werden sie dabei unterstützen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Tourismus ist eine Wirtschaftssäule unseres Landes. Wir brauchen touristische Investitionen und Entwicklungen nicht nur in Schwerpunktbereichen. Wir haben nicht zufällig den Passus aufgenommen, dass wir Impulse im Campingbereich sowie im Ferienhaus- und Wochenendhausbereich befürworten.

Die Redezeit, die ich habe, lässt es nur zu, dass ich einen wesentlichen Punkt nenne: Wer glaubt, dass wir mit den jetzigen Regelungen auf Dauer konkurrenzfähig zu Mecklenburg-Vorpommern oder anderen Regionen bleiben, der irrt. Wir müssen mehr tun, damit wir von der Attraktivität her anderen Bundesländern entsprechen können. Das ist der entscheidende Punkt in dem Wettbewerb, um den es hier geht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Alles in der Nähe: Wohnen, Arbeit, Freizeit - das ist unser Ziel, für das wir werben. Wir halten es für erstrebenswert, dass Vater oder Mutter nicht 100 km am Tag fahren muss, sondern möglichst dort arbeiten kann, wo er oder sie wohnt. Das ist ein Ziel, für das es sich lohnt sich einzusetzen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn wir in Gemeinden noch kleine Betriebe mit fünf, sechs Mitarbeitern haben, die ihre Gemeinde entwickeln wollen und deren Familien in der Gemeinde wohnen bleiben möchten, dann sollten wir sie einladen, dort zu bleiben, und nicht etwas dafür tun, dass sie weggehen müssen. Das ist Ziel unserer Politik.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das alles geht nur, wenn auch - ich betone: auch die ländlichen Räume stark sind.

Was die Diskussion zwischen Städten und ländlichen Räumen angeht, so kann ich unsere Ziele zu

sammenfassen: Wir wollen starke Städte. Wir wollen Städte, die zentrale Potenziale nutzen und auch nach außen hin wirken. Aber wir wollen auch ein Miteinander, bei dem Städte und ländliche Räume Partner und keine Gegner sind.

Soeben ist übrigens auch ein Antrag der SPD-Fraktion eingegangen. Auch zu Ihnen kann ich nur sagen: Willkommen bei der CDU! In Ihrem Antrag heißt es:

„Die Landesplanung muss dabei über wirksame Instrumente zum fairen Ausgleich von Interessenkonflikten zwischen Städten, Zentralen Orten und deren Umland verfügen.“

Dagegen kann man nichts sagen. Dafür sind wir auch, meine Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie haben gut aufgenommen, was wir dazu formuliert haben.

Wir wollen aber ein Miteinander, verbunden mit Chancengerechtigkeit. Städte und ländliche Räume stehen auf gleicher Augenhöhe. Es darf insoweit kein Über- und Unterordnungsverhältnis geben, sondern es bedarf einer Abstimmung auf freiwilliger Basis.

Man könnte einiges dazu sagen, was hier in der Vergangenheit gelaufen ist. Ich erinnere daran, dass manche noch im Jahr 2005 Großkreise im Land wollten. Sie müssen verstehen, dass wir das Unsrige für eine andere Weichenstellung tun.

Wir haben Vertrauen in kommunale Verantwortung und kommunale Entscheidungen. Entscheidungen, die vor Ort getroffen werden, sind meist nicht die schlechtesten. Auch hinsichtlich der Finanzen brauchen sich die Kommunen vor Land und Bund nicht zu verstecken. Meist geht es den Kommunen immer noch besser als anderen. Deswegen wollen wir die kommunale Siedlungs- und Wohnungsentwicklung ermöglichen. Dies wird im Zuge der regionalen Planungsbereiche, die in diesem Jahr eingeführt werden, vertieft. Wir geben den Gemeinden zurück, was ihnen gehört.

Wer heute den Eindruck erweckt, als ob diese Diskussion neu sei, den möchte ich an den Antrag der FDP-Landtagsfraktion, Drucksache 16/2057, aus dem Dezember 2008 erinnern. Bereits damals sind die Freigabe und das Absenken der Grenzen angesprochen worden. Die entsprechende Diskussion in diesem Haus ist inzwischen anderthalb Jahre alt, aber Sie von der Opposition tun so, als ob Sie das

(Werner Kalinka)

gestern zum ersten Mal gehört hätten. Das ist nicht richtig.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Wir verbinden mit dem Landesentwicklungsplan die Vorstellung von einem attraktiven, schönen Land hat, in dem die Menschen sich wohlfühlen. Herr Kollege Habeck, Heimat ist für uns dort, wo Menschen sich wohlfühlen, wo sie gern leben und arbeiten. Wir laden Sie ein, diese Diskussion mit uns zu führen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Menschen brauchen die Freiheit, sich zu entscheiden, ob sie in der Stadt oder auf dem Land wohnen wollen. Das müssen wir ihnen schon selbst überlassen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wer will das denn ändern?)

Ich verweise auf einen Nebenaspekt unserer Diskussion: Wie häufig haben Sie sich hier hingestellt und gesagt: Wann kommen denn eure Vorschläge zum Aufgabenabbau, zur Entbürokratisierung? Nun legen wir sie hammerhart auf den Tisch, und nun sagen Sie: So natürlich nicht!