Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

Außerdem macht es nach unserer Auffassung Sinn, darüber nachzudenken, ob es wirklich sinnvoll ist, Finanzzuweisungen an planerische Einstufungen zu koppeln. Vielleicht sollte man planerische Einstufungen in Zukunft nur noch an planerischen Erfordernissen orientieren und die Finanzbeziehungen mit den Gemeinden dann anderweitig regeln.

Maßgeblich für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ist die Verkehrsinfrastruktur. Die von CDU und FDP eingebrachten Ergänzungen zu den Entwicklungsachsen sind auch Teil der geplanten Änderungen des Innenministeriums vom letzten Jahr. Insofern beinhaltet der Antrag nichts Neues. Die Notwendigkeit wurde seinerzeit bereits erkannt und vom damaligen Innenminister aufgenommen. Auch dies war ein Erfolg des umfangreichen Anhörungsprozesses.

Nun zusätzlich im Bereich des Luftverkehrs die zivile Nutzung des Flugplatzes Jagel zu ermöglichen, wie es in dem Entwurf beziehungsweise im Antrag steht, halte ich für überflüssig. Dies ist heute bereits möglich. Letztendlich entscheidet die Bundeswehr, was dort geschieht. Was den Flugplatz Kaltenkirchen angeht, stelle ich für den SSW fest: Hier fordern CDU und FDP die Überprüfung einer alten Schnapsidee, die niemandem nützt.

(Vereinzelter Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Die Aufhebung der Begrenzung für Windenergieanlagen halten wir durchaus für sinnvoll. Jedoch

(Lars Harms)

bedarf es weiterhin einer landesweiten Steuerung durch festgesetzte Kriterien.

(Vereinzelter Beifall bei SSW und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur so kann jeder Kreis für sich festlegen, wo und wie viele Windkraftanlagen gebaut werden dürfen. Dabei kann es dann durchaus sein, dass die Verteilung auf die Kreise unterschiedlich ausfällt. Das soll heißen, die Kreise, die die Potenziale für mehr Windkraft haben, sollen dann die Möglichkeit für sich nutzen können. Die Kreise, die das nicht haben, sollen es auch lassen können.

Ein Problem, auf das wir als SSW bereits frühzeitig hingewiesen haben, ist die rasante Entwicklung im Biomassebereich. Zu Recht wird im Antrag auch darauf hingewiesen, dass es vergleichbare Probleme im Zusammenhang mit Freiflächen für Photovoltaik gibt. Für diese beiden Bereiche brauchen wir klare Richtlinien, wo und wie viele Anlagen errichtet werden dürfen. Hier brauchen wir eine klare Steuerung durch die Landesplanung. Die Forderung nach Augenmaß ist daher mehr als unzureichend das reicht lange nicht, sie sagt nämlich nichts aus. Wir brauchen wenige konkrete Kriterien, wie sich diese Wirtschaftszweige entwickeln sollen.

Was für Windkraftanlagen machbar ist, um Wildwuchs zu verhindern, muss auch für Biomasseanlagen und für Photovoltaik-Freiflächen gelten. Die unkontrollierte Entwicklung hat nicht nur negative Auswirkungen auf Pachtpreise und Eigentumswerte, sondern hat durch den massiven Anbau von Mais auch negative Auswirkungen auf die Natur von der negativen Ökobilanz ganz zu schweigen, wenn der Mais von weit her herangekarrt wird. Daher müssen klare Regelungen her. Biomasse-Anlagen, die nicht aus der unmittelbaren Umgebung gespeist werden und bei denen die Abwärme nicht effizient genutzt wird, dürfen nach unserer Auffassung keine Genehmigung bekommen.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn im Antrag von gleicher Augenhöhe und gleichen Entwicklungschancen die Rede ist, dann gilt dies jedoch nicht für den Bereich Bildung. Es werden auch hier schöne Worte über den flächendeckenden Zugang zu Schulen oder Kooperationen verwendet, aber wer den letzten Absatz unter Punkt 7 des Antrages näher betrachtet, stellt fest, dass Gemeinschaftsschulen schlechter gestellt werden. Danach wird die Einrichtung von Oberstufen an nicht gymnasialen Standorten erschwert, indem

dafür Kriterien festgelegt werden, die eine gymnasiale Entwicklung solcher Standorte verhindern. Damit würde der Plan von einem Landesentwicklungsplan zu einem Landesentwicklungsverhinderungsplan.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mit dem vorliegenden Antrag wird die Fertigstellung des LEP weiter aufgehalten. Derartig gravierende Vorschläge, die sich vom ursprünglichen Entwurf maßgeblich unterscheiden, können nicht einmal eben mit einem Handstreich per Antrag in den LEP aufgenommen werden. Hierzu bedarf es einer entsprechenden Behandlung im Ausschuss. Alles andere würde das bisherige Verfahren zum LEP auf den Kopf stellen, und es wäre eine Missachtung des bisherigen Verfahrens. Das wäre vor allen Dingen auch eine Missachtung derjenigen, die sich an diesem Anhörungsprozess entsprechend beteiligt haben.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Wenn die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen die Landesentwicklung ernsthaft vorantreiben wollen, dann müssen sie den LEP-Entwurf aus der letzten Legislaturperiode in die Hand nehmen und ihre konkreten Änderungsvorschläge hierzu vorlegen. Dann muss es eine genauso breite Anhörung zu diesen Vorschlägen geben wie zum Ursprungsentwurf. Wenn dies nicht geschieht, zeigt die neue Regierung nur, wie wenig Wert sie auf eine ausreichende Beteiligung legt. Ein ,,WünschDir-Was“-Antrag der regierungstragenden Fraktionen reicht jedenfalls hinten und vorne nicht, und der vorliegende Antrag von CDU und FDP lässt in vielen Dingen auch noch zu wünschen übrig.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Kollegin Petra Nicolaisen. - Das ist die erste Rede der Frau Kollegin Nicolaisen hier im Haus.

(Beifall)

(Lars Harms)

Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche hier heute nicht nur als Abgeordnete, sondern auch als ehrenamtliche Bürgermeisterin. Ich habe als solche die Erfahrung gemacht, dass der von der SPD ins Leben gerufene Landesentwicklungsplan für die Kommunen eine Gängelung und keine Entwicklung bedeutet hat.

(Beifall bei CDU und FDP)

Er hatte für unser Land keine zielführende Wirkung. Die Änderung im Jahr 2009 schaffte eine Lockerung, Freudensprünge im ländlichen Bereich blieben jedoch aus.

Mit dem neuen Eckpunktepapier muss eine Kommunalisierung der Regionalplanung einhergehen, damit die Kommunen tatsächlich eigene Gestaltungsmöglichkeiten erhalten. Innerhalb der kommunalisierten Regionalplanung, deren Strukturen dann jetzt zu erarbeiten sind, haben sich dann Städte und Kommunen miteinander zu verständigen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Eine Anpassung an das Landesplanungsgesetz und das Landesentwicklungsgrundsätzegesetz ist ebenfalls vonnöten. Wir befinden uns also keineswegs in einem konzeptlosen Zustand, Frau Kollegin Poersch.

Ich spreche mich gegen restriktive Festlegungen in den ländlichen Räumen aus. Hier müssen eigene und individuelle Entwicklungsimpulse gesetzt werden können. Die Erhaltung und die Weiterentwicklung eines attraktiven Lebens-, Wirtschafts-, Natur- und Erholungsraumes ist mir wichtig. Die Bedürfnisse der Menschen müssen im Vordergrund stehen, das heißt, Infrastruktureinrichtungen auch innerhalb von Schwerpunkträumen müssen erhalten bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Städte und Kommunen werden in Zeiten von defizitären Haushalten keine Baugebiete erschließen, wenn sie diese nicht finanzieren können. Kriterien für eine Ausweisung von wohnbaulicher Entwicklung sollten dann zum Beispiel den demografischen Wandel berücksichtigende und energieeffiziente Bauvorhaben sein.

Schleswig-Holstein muss überall im Land die Voraussetzungen für mehr Wachstum verbessern. Unser Ministerpräsident hat vor einiger Zeit gesagt, dass Schleswig-Holstein das ansiedlungsfreundlichste Land werden möchte. Das heißt, dass wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen geschaffen

werden müssen. Abschließend bleibt festzustellen, dass wir als Land der kommunalen Selbstverwaltung mehr Vertrauen entgegenbringen müssen und die Entscheidungsträger vor Ort nicht bevormunden dürfen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Stadt und Land sollen nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich freue mich auf eine konstruktive Überarbeitung des Landesentwicklungsplans und schließe mit dem Zitat von John Irving, einem amerikanischen Schriftsteller:

„Die Zukunft der Menschheit hängt nicht mehr davon ab, was sie tut, sondern mehr denn je davon, was sie unterlässt.“

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Kollegin Regina Poersch von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zu einem Dreiminutenbeitrag gemeldet, um dem Kollegen Vogt eine Zwischenfrage zu ersparen. Es hat mich wirklich sehr geärgert, dass Sie nach wie vor diese 8 % und 13 % bei der Wohnbaulandentwicklung genannt haben, obwohl Sie wissen müssten, dass der Entwurf des Landesentwicklungsplans längst in der Überarbeitung war, dass es längst Gespräche zu einer veränderten Darstellung der Wohnbaulandentwicklung gegeben hatte.

Das gilt im Übrigen auch für die Größe von Wochenendhäusern. Das gilt für Schwerpunkträume des Tourismus. Dazu gab es doch Gespräche. Dazu haben wir die zweitausend oder etwas mehr Seiten Stellungnahmen aus dem Anhörungsverfahren bekommen. Ich habe mich wirklich gefragt, aufgrund welcher Daten und welcher Materialsammlung Sie Ihre Rede geschrieben haben. Dann auch noch bei einem Ministerwechsel Veränderungen im Entwurf dem neuen Minister quasi zum Vorwurf zu machen - es klang ein bisschen so -, das hat mich sehr geärgert. Das wollte ich an dieser Stelle noch einmal richtigstellen. Ich glaube, für den LEP gilt das Gleiche wie für alle Gesetze: Nichts kommt so wieder heraus, wie es eingebracht wird.

Es gibt Änderungen, und genau dafür gab es das umfangreiche Anhörungsverfahren, das wir sehr ernst genommen haben. Was Sie heute mit Ihrem Eckpunktepapier machen wollen, ist nichts anderes, als den LEP komplett zu „zerledern“, und zwar ohne erneutes Anhörungsverfahren. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der SPD)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Frau Kollegin Poersch, habe ich Sie dahin gehend richtig verstanden, dass Sie die Initiative der Koalitionsfraktionen unterstützen, bei der Wohnbebauung flexibler zu sein und nur die Urheberschaft dafür beanspruchen? Ich würde zusagen, dass wir sagen, das sei aufgrund Ihrer Tätigkeit geschehen.

Ich habe mich dafür ausgesprochen - und tue das gern noch einmal -, dass wir landesplanerisch regeln und bündeln, wo Gewerbe und Wohnen stattfindet und wo eben nicht, um - ich habe das in meiner Rede vorhin gesagt - zum Beispiel Infrastruktur bezahlbar und machbar zu halten.

Ein Letztes noch zum Verfahren, weil die Fraktion DIE LINKE ein wenig überrascht war oder sich überrumpelt fühlte. Es hat ein ganz umfangreiches Anhörungsverfahren zum LEP-Entwurf gegeben. Wir hätten den LEP zum 31. Dezember 2009 haben können. Dann hätten wir, Frau Kollegin Nicolaisen, auch die Kommunalisierung des Regionalplanung schon längst haben können. Also all das, was nachher Voraussetzung ist, um Windparks kommunal regeln und abstimmen zu können, hätten wir schon haben können, wenn Ihre Partei die Große Koalition nicht aufgegeben hätte.

Frau Kollegin, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. von Abercron?

Ja, ich habe ja noch Zeit.

Frau Kollegin Poersch, habe ich Sie richtig ver