Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

So können letztlich durch eine verfrühte Fragestellung nur Eckpunkte aufgestellt werden, denn sämtliche anderen Aussagen könnten lediglich prophetischer Natur sein.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die Steuerschätzung hat doch gar nichts zu tun mit der Kultur!)

Es ist bemerkenswert, dass Sie unserem liberalen Kulturminister diese Fähigkeiten zusprechen. Wir arbeiten zwar daran, doch leider sind wir alle noch nicht so weit, in die Zukunft schauen zu können.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist das Problem! - Dr. Robert Ha- beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Des- wegen ist der Antrag zu spät gestellt und nicht zu früh!)

Es gilt - und hier spreche ich wohl für jeden im Hause -: Niemand möchte, dass das Land im kulturellen Bereich spart. Es gilt doch aber auch zugleich: Niemand möchte, dass das Land SchleswigHolstein in absehbarer Zeit einen finanziellen Kollaps erlebt. Lieber Herr Dr. Habeck, hier sollten wir auch eine ehrliche Debatte führen. Ich bitte Sie, dass Ihre Fraktion in diesen Fragen eine einheitliche Linie vertritt. Herr Habeck, ich bitte Sie, reden Sie mit Ihrer finanzpolitischen Sprecherin, Frau Heinold. Das Gleiche gilt für Herrn Müller von der SPD. Reden Sie mit Frau Herdejürgen.

Führen Sie alle innerhalb Ihrer Fraktionen eine ehrliche klare Debatte darüber, ob Sie dafür einstehen, dass unsere Kinder und Kindeskinder die finanzpolitischen Fehler der Vergangenheit tragen müssen,

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Durch Steuersen- kungen!)

oder ob wir jetzt nicht versuchen sollten, einen fairen und tragfähigen Ausgleich zwischen zwei unterschiedlichen Interessenlagen zu finden.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Dr. Axel Bernstein [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen aus den Oppositionsfraktionen, Sie fordern einerseits die Rückführung des strukturellen Defizits, andererseits zeigen Sie offenbar in keinem Bereich die Bereitschaft zu etwaigen Einschnitten. Dies passt nicht zusammen.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liebe Grüne - dies möchte ich noch abschließend sagen -, wir haben nicht vergessen, dass Sie im Verbund mit der SPD im Jahre 1999 an einer Kürzung der FAG-Mittel für die schleswig-holsteinischen Theater beteiligt waren. Deshalb möchte ich Sie dazu aufrufen, hier eine Debatte zu führen, die frei von unmoralischen beziehungsweise moralisch anklagenden Untertönen ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Bevor ich dem Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels das Wort erteile, möchte ich darauf hinweisen, dass wir uns darauf verständigt haben, dass Zwischenrufe von der Regierungsbank nicht statthaft sind.

Herr Kollege Schippels, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und meine Herren! Ich finde, es zeigt schon viel über die politische Kultur vielleicht auch der Regierungsfraktionen, wenn Sie zum einen bei der Ankündigung von der einen Regierungsfraktion klatschen, dass es einen Kahlschlag in der Kulturforderung geben wird, und Sie dann wieder klatschen, wenn die andere Regierungspartei sagt, es steht überhaupt noch nicht fest, ob etwas gekürzt wird. Ich finde, das zeigt Ihre politische Kultur.

Alles soll auf den Prüfstand. Überall soll die Axt angelegt werden. Es gibt keine Tabus, so hören wir es jeden Tag, zumindest von der CDU, von der einen regierungstragenden Fraktion, von der Landesregierung. Herr Klug hat es heute Prioritätensetzung genannt. Das ist zwar ein bisschen euphemistisch und hört sich schön an, führt aber letztlich zu dem, was auch der Fraktionsvorsitzende der FDP in seinem berühmt berüchtigten Interview angekündigt hat. Er sagt, ein verschärfter Kurs wird nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen stattfinden, und auch die Kultur wird - so sage zumindest ich - da wohl bluten müssen.

Ich kann es nicht mehr hören. Es ist keine nachhaltige Politik, die Kultur im Land kaputtzusparen. Es ist keine nachhaltige Politik, die Landestheater vor die Wand zu fahren,

(Günther Hildebrand [FDP]: Quatsch!)

von der meist ehrenamtlich betriebenen Soziokultur ganz zu schweigen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landestheater haben auf Gehalt verzichtet. Sie haben alles getan, was in ihrer Macht steht. Sie haben bisher Engagement gezeigt, welches weitaus größer ist, als zu erwarten war. Landauf, landab gibt es unzählige kulturelle Projekte, die ehrenamtlich betrieben werden, meist mit viel Engagement und Einsatz. Die Landesregierung wirft ihnen einen Knüppel nach dem anderen zwischen die Beine.

Herr Minister Klug, Sie haben gesagt, über staatliche Kulturförderung ließe sich trefflich streiten, und Sie haben gesagt, es gibt nur 10 % Pflichtaufgaben und 90 % freiwillige Aufgaben. Ich sage Ihnen, über staatliche Kulturförderung lässt sich meiner Meinung nach nicht streiten. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Landesregierung es als ihre Pflicht ansieht, die freiwilligen Leistungen in

diesem Bereich zu erhalten. Das ist Ihr Job, Herr Klug.

(Beifall bei der LINKEN)

Kultur muss sich nicht rechnen. Ich sage sogar, Kultur darf sich nicht rechnen, sonst wird sie zur Ware und verändert ihren Charakter, und dies nicht zum Guten.

Unser Land ist reich an kulturellem Erbe, hat der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung gesagt. Weiter sagte er dort - ich zitiere mit Erlaubnis:

„Wir wollen es“

- das kulturelle Erbe

„in seiner Vielfalt pflegen.“

An anderer Stelle:

„Theater, Museen, Literatur, Musik, bildende Kunst und andere Kulturbereiche zu fördern, bleibt eine herausragende Aufgabe des Landes und der Kommunen.“

Der nächste Ministerpräsident oder die nächste Ministerpräsidentin in Schleswig-Holstein wird, wenn Sie auf der Regierungsbank so weitermachen, in seiner oder ihrer Regierungserklärung anders über Kultur sprechen müssen. Dort wird es dann heißen müssen: Wir werden uns bemühen, die kargen Reste von Kultur, die es im Land noch gibt, aufzusammeln, aufzupeppeln, damit sie nicht auch noch verschwinden.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Landesregierung wird es sich eines Tages gefallen lassen müssen, als der Totengräber der jetzt noch lebendigen Kulturlandschaft Schleswig-Holsteins zu gelten. Noch haben Sie eine Chance, dies zu verhindern, wenn Sie schnell Ihren Kurs ändern. Eine weitere Chance werden Sie nicht erhalten.

(Wortmeldung der Abgeordneten Kirstin Funke [FDP])

- Frau Funke, wollten Sie noch etwas sagen?

(Heiterkeit)

Gestatten Sie mir, dass ich Sie frage, ob Sie eine Zwischenfrage gestatten?

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Gern doch.

Ich wollte Sie gern etwas fragen. Können Sie mir in Euro und Cent sagen, wie viel dieses Jahr bei den Landestheatern gekürzt worden ist?

- Wir haben hier doch die Debatte gehabt. Es soll bei den Landestheatern gekürzt werden. Das ist von der Regierungsfraktion angekündigt worden.

(Kirstin Funke [FDP]: Wie viel Euro und Cent?)

Das Wort hat Kollege Schippels.

Das wird so passieren. Wenn es in einem Jahr tatsächlich nicht so ist, dann können wir gern noch einmal darüber reden. Ich habe es doch gerade gesagt. Wir hatten die Debatte vor drei, vier Wochen. Sagen Sie mir doch bitte, warum es diese Demonstration der Landestheater vor dem Landeshaus bei der letzten Landtagstagung gegeben hat.

(Johannes Callsen [CDU]: Wie viel ist ge- kürzt worden?)

Ich bin mit meiner Rede eigentlich so weit fertig.

(Beifall bei der LINKEN)

Für den SSW erteile ich der Kollegin Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gab einmal eine Zeit, in der unser heutiger Bildungs- und Kulturminister, der ehemalige Kollege Dr. Klug, zu Recht als versierter und engagierter kulturpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion wahrgenommen und geschätzt wurde.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)