- Jeder Jugendliche hat ein Recht auf Ausbildung. Das müssen wir haben. Einzig eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft wie der Pakt für Ausbildung reicht nicht aus. Das kann ein kleiner Schritt in die richtige Richtung sein, es reicht aber nicht aus, diesen Pakt mit der Wirtschaft als alleiniges Instrument zu nehmen.
- Herr von Boetticher, ich heiße nicht Margot, sondern Frau Jansen. - So wird es in Schleswig-Holstein nie dazu kommen, dass genügend Ausbildungsplätze angeboten werden. Wenn Sie je mal die Reden in der DDR gehört hätten, dann würden Sie wahrscheinlich anders denken.
DIE LINKE fordert die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe einzusetzen. Diese Forderung
ist in diesem Parlament schon seit längerer Zeit nicht diskutiert worden. Wir finden diese Forderung immer noch richtig. Wir finden es richtig, dass Betriebe, die nicht ausbilden, bezahlen müssen.
Statt wirkungsloser Versprechen bedarf es endlich bindender Gesetze. Alle Betriebe, die sich nicht an der Ausbildung junger Menschen beteiligen, müssen in einen Fonds einzahlen. Wer ausbildet, was meistens die kleinen Betriebe machen, erhält hieraus Unterstützung.
Auch die Ausbildungsplatzabgabe vermissen wir in dem Antrag der SPD. Wir stehen mit der Forderung nach einer Ausbildungsplatzabgabe nicht allein. Selbst die Gewerkschaften stehen auf unserer Seite. Sie haben da die SPD verlassen.
Die Fraktion DIE LINKE kämpft für das Recht aller Jugendlicher auf eine qualifizierte Berufsausbildung, und zwar für eine qualifizierte Berufsausbildung, die auch ihren Wünschen und Fähigkeiten entspricht. Die Berufswahl prägt den Lebensweg wie kaum eine andere Entscheidung. Die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass junge Menschen ihre Berufswünsche auch verwirklichen können, ist notwendig. Bei anderen Parteien hört man immer mehr die Ansicht: Soll ein junger Mensch doch froh sein, wenn er überhaupt irgendwo unterkommt. Als Schülerinnen und Schüler zuletzt das Parlament besuchten, hat ein Vertreter der FDP doch tatsächlich vor diesen Jugendlichen die Meinung vertreten, es gebe nun einmal Jugendliche mit besseren und mit schlechteren Abschlüssen, wenn jemand ein Jahr auf einen Ausbildungsplatz warten müsse, dann sei dies nicht so schlimm. Wir finden, das ist Zynismus pur.
Wir tun uns schwer, diesem Antrag zuzustimmen. Wir werden es aber tun. Nur das Bündnis für Arbeit reicht nicht aus. Es ist nur ein kleiner Schritt, den man unterstützen kann. Es ist in Schleswig-Holstein kein Erfolgsmodell gewesen. Die Jugendarbeitslosigkeit hat sich im letzten Jahr erhöht. Da kann ich nur meine Kollegin von den Grünen unterstützen. Nicht alle Jugendliche sind untergekommen. Viele Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher bekommen überhaupt keinen Ausbildungsplatz.
DIE LINKE sieht das Land in der Pflicht. Das Land muss mit einer gesetzlichen Regelung und einer Ausbildungsplatzabgabe dafür sorgen, dass alle Jugendlichen in Schleswig-Holstein einen Ausbildungsplatz ihrer Wahl erhalten.
Für die Fraktion des SSW erteile ich der Fraktionsvorsitzenden, der Frau Abgeordneten Spoorendonk, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Momentan ist die Situation auf dem schleswig-holsteinischen Ausbildungsstellenmarkt nicht schlecht. Trotz Finanz- und Wirtschaftkrise ist die Anzahl der Ausbildungsplätze nur um 3,3 % zurückgegangen. Im deutschlandweiten Vergleich sieht das mit einem Durchschnitt von 8,2 % ganz anders aus. Außerdem ist langfristig aufgrund des demografischen Wandels mit einer weiteren Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt zu rechnen, und es gibt verschiedene Kooperationen, um Jugendliche bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz zu unterstützen.
Zum Handlungskonzept „Schule & Arbeitswelt“ werden wir in der nächsten Tagung des Landtags einen Bericht bekommen. Schon heute können wir aber konstatieren, dass auch das Bündnis für Ausbildung eine wichtige Arbeit leistet. Für 2010 haben sich Landesregierung, Sozialpartner, Kammern, Regionaldirektion Nord, Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen wieder viele Ziele gesetzt, um mehr Jugendliche in eine Ausbildung zu bekommen.
Wir begrüßen diese Maßnahmen. Um junge Menschen in die Ausbildung zu bekommen, müssen verschiedene Akteure auf unterschiedlichen Ebenen einen Einsatz geben, um gemeinsam zum Ziel zu kommen. Das Ziel muss ganz klar heißen: Alle jungen Menschen haben ein Recht auf einen Ausbildungsplatz. Dabei hat die duale Ausbildung aus Sicht des SSW ganz klar Vorrang vor anderen Ausbildungsformen. Allerdings ist auch klar, dass die betriebliche Ausbildung durch zusätzliche Angebote ergänzt werden muss.
Für den SSW möchte ich zwei konkrete Themen nennen, bei denen aus unserer Sicht dringend Verbesserungsbedarf besteht. Der erste Bereich betrifft den Umgang mit den Statistiken zur Ausbildungs
platzsituation. Wenn zum Beispiel gesagt wird, dass die Zahl der Altbewerber zurückgegangen ist, wäre ein Hinweis sinnvoll, dass die Zahl von 10.000 auf 7.800 gesunken ist. Hier ist also nach wie vor ein Einsatz notwendig.
Auch im Bereich der unterschiedlichen Fördermaßnahmen muss ein transparenterer Umgang mit Zahlen her. Es darf nicht sein, dass wir glauben, alles sei entspannt, wenn Tausende Jugendliche in der Statistik nicht auftauchen, weil die Bundesagentur sie als „nicht ausbildungsreif“ in Fördermaßnahmen vermittelt hat und so aus der Statistik heraushält.
Auch die Kollegin Strehlau sprach diese Problematik an, die wir im Ausschuss unbedingt aufgreifen sollten.
Der zweite Bereich betrifft die Investitionen in die berufliche Bildung und den anhaltenden Lehrermangel an den Berufsschulen. Momentan liegt die Unterrichtsversorgung - wenn alle Lehrkräfte gesund und anwesend sind - bei 87 %, und das, obwohl die Berufsschulen 90 neue Planstellen zugewiesen bekommen haben. Schon in der letzten Legislaturperiode wurden im Landtag verschiedene Konzepte diskutiert, um auch Quereinsteigern den Weg zum Berufsschullehrer zu ermöglichen.
Aus Sicht des SSW darf aber nicht jeder, der gerade einmal Lust dazu hat, gleich an einer Berufsschule unterrichten. Es muss gesichert werden, dass Quereinsteiger eine fachdidaktische und pädagogische Zusatzausbildung bekommen, bevor sie auf die Schülerinnen und Schüler losgelassen werden. Das Berufsbildungsinstitut Arbeit und Technik - kurz BIAT - an der Universität Flensburg zeigt mit der Einrichtung des Master of Vocational Education so heißt das Ding -, wie das funktionieren kann. Mit diesem Master können Fachhochschulabsolventen durch eine Zusatzausbildung das Lehramt an Beruflichen Schulen erwerben. Obwohl bisher 95 % dieser Studierenden anschließend das Referendariat in Schleswig-Holstein aufgenommen haben, reichen die Absolventen eben nicht aus, um den Lehrermangel an den Beruflichen Schulen zu beenden. Aus unserer Sicht muss also eine Zusatzausbildung her, die die Qualität in der beruflichen Bildung sichert, aber ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Neben diesen Problemfeldern gibt es in der beruflichen Bildung weitere Themen, die dringend angepackt werden müssen. Der Ansturm auf die Beruflichen Gymnasien oder die Durchlässigkeit des Bildungssystems sind hier nur einige Stichpunkte.
Auch wenn es den Anschein hat, dass die Situation auf dem Ausbildungsmarkt erst einmal entspannt ist, gibt es also sowohl für die Landesregierung als auch für die anderen Partner im System ausreichend Arbeit, mit der sofort begonnen werden kann.
Bevor ich der Landesregierung das Wort erteile, begrüßen Sie mit mir Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte der Regionalschule Plön. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Das Bündnis für Ausbildung“ - so ein Zitat aus dem Antrag - „ist seit vielen Jahren ein Erfolgsmodell in Schleswig-Holstein“. Diese Feststellung in dem Antrag der SPD-Fraktion unterstreiche ich ausdrücklich. Auch im letzten Jahr ist es den Bündnispartnern trotz der Wirtschaftskrise erneut gelungen, die Ausbildungssituation im Land stabil zu halten. Die Zahl der Ausbildungsverträge gegenüber dem Vorjahr ist um 3,3 % oder 730 Verträge insgesamt zurückgegangen. Das ist ein bedauerlicher Rückgang, allerdings im Vergleich der anderen Bundesländer nach wie vor erträglich deshalb, weil er nur im Saarland geringer war und im bundesweiten Bereich um 5 % höher war.
Wenn man diese Zahlen bewertet, muss man immer bedenken, dass das Jahr 2009 durch eine Wirtschaftskrise geprägt war. Die Tatsache, dass es gleichwohl gelungen ist, die Ausbildungssituation in Schleswig-Holstein faktisch stabil zu halten, ist ein großer Beitrag, den vor allen Dingen die ausbildenden Betriebe geleistet haben. Dafür sollten wir uns bedanken.
Das Ziel des Bündnisses ist es, jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Angebot zu unterbreiten. Dieses Ziel ist gemeinsam erreicht worden. Dass der Ausbildungsmarkt in Schleswig-Holstein seit der Gründung des Bündnis
ses im Jahr 1997 weit besser aussieht als der Bundesschnitt, führe ich maßgeblich auf die gute Zusammenarbeit und die geschlossene Außendarstellung zurück. Im Übrigen, in einem positiven Ausbildungsklima lässt sich eine hohe Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen erzielen.
In diesem Zusammenhang möchte ich allerdings klarstellen, dass die Landesregierung Bündnisziele nicht einfach vorgeben kann.
Bündnisziele werden unter den Bündnispartnern vereinbart, die jeweils ihre Zuständigkeit haben, wie zum Beispiel die Bundesagentur für Arbeit für die berufsvorbereitenden Maßnahmen zuständig ist. Ich habe mir eigentlich vorgenommen, in Plenardebatten auf unsinnige Beiträge der Linken nicht einzugehen. Aber der von vorhin war nun besonders unsinnig, weshalb ich es nun doch machen muss.
Das Land für die Zur-Verfügung-Stellung von Ausbildungsplätzen haftbar zu machen, ist schlechterdings abwegig.
Das beinhaltet eine Konzeption von Eigenverantwortung und unternehmerischer Verantwortung, die wir im Weltbild überhaupt nicht teilen.
Wir sollten alles dafür tun, dass die Unternehmen Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Wir sollten es durch flankierende Maßnahmen wie durch das Bündnis tatsächlich machen. Wir sollten froh sein, dass wir auf diesem marktwirtschaftlichen Weg diese Ergebnisse erreichen.
Die im Antrag dargestellten Ziele stimmen im Wesentlichen mit den Zielen der Landesregierung überein. Das gilt auch für den Bereich der Übergangssysteme. Auch wir möchten erreichen, dass die Zahl derjenigen steigt, die von der Schule direkt in eine Berufsausbildung übergehen. Ich möchte allerdings auf Folgendes hinweisen: Nicht jeder, der sich in einem Übergangssystem befindet, ist von vornherein unfreiwillig dort.