Ich sage Ihnen: Eltern brauchen Verlässlichkeit. Eltern dürfen nicht die Dummen sein, die vor der Wahl Geschenke bekommen, während die Politik nach der Wahl aufwacht und sagt: Huch, das habe ich gar nicht gewusst.
Haben Sie einmal Ihre Rede nachgelesen, die Sie damals gehalten haben? - Glauben Sie Ihren eigenen Argumenten nicht mehr? - Hat für Sie Bildung in Zeiten knappen Kassen keine Priorität mehr? Deshalb sagt die grüne Landtagsfraktion: Die vorschulische Bildung ist in Schleswig-Holstein schlecht ausgestattet. Sie braucht mehr und nicht weniger Geld.
Wir sind die Fraktion, die immer Finanzierungsvorschläge geleistet hat, weil wir nicht im Wolkenkuckucksheim leben. Sie haben diese Vorschläge abgelehnt. Sie wollten keine Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Man kann über Gerechtigkeit diskutieren. Wir sagen, für uns ist Gerechtigkeit auch Umverteilung. Wenn Sie das nicht wollen, dann ist es kein Wunder, dass Ihnen das Geld für die frühkindliche Bildung fehlt.
Frau Kollegin, können Sie sich dunkel daran erinnern, wann welche Regierung die Deckelung des Beitrags des Landes für die Kindertagesstätten beschlossen hat?
- Ich kann mich nicht nur dunkel daran erinnern, sondern ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass das die rot-grüne Regierung war. Wir sind damals davon ausgegangen, dass die Zahl der Kinder angesichts der demografischen Entwicklung sinkt.
- Ja, das können Sie nachlesen. Wir sind davon ausgegangen, dass die steigenden Kosten dadurch aufgehoben werden. Wir müssen heute feststellen, dass es nicht so gekommen ist.
Ich kann mich auch an andere Dinge nicht nur dunkel, sondern sehr hell erinnern. Ich erinnere mich an lange Koalitionsverhandlungen. Hier muss ich immer wieder in die Richtung meiner Kollegen von der SPD gucken. Ich kann mich auch daran erinnern, dass das Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ überhaupt nur verankert wurde, weil FDP, SSW und Grüne vehement dafür gestritten haben.
Ich kann mich an vieles erinnern, was wir zu verantworten haben, was Sie zu verantworten haben und was andere zu verantworten haben.
Für uns ist völlig klar, dass frühkindliche Bildung kein Luxus ist. Vielmehr ist sie die Grundlage für eine erfolgreiche Volkswirtschaft. Wenn wir uns den demografischen Wandel angucken, dann wissen wir, dass der demografische Wandel der Facharbeitermangel von morgen ist, wenn wir nicht in Bildung investieren. Ich freue mich, dass auch Bundespräsident Köhler inzwischen darauf hingewiesen und sehr klar gesagt hat, dass die im Rahmen des Bildungsgipfels vereinbarte, beschlossene Ausgabensteigerung erhalten bleiben muss.
Wenn wir uns den vorschulischen Bereich in Schleswig-Holstein angucken, dann sehen wir, dass er krass unterfinanziert ist, und zwar gerade im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Wir haben bundesweit die höchsten Beiträge. Das letzte Jahr, das wir freistellen, ist eine Art der Kompensation für die ansonsten sehr hohe Belastung der Eltern.
Wir haben eine Sozialstaffel, die vernünftig greift. Wir haben einen Fonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“, der es überhaupt erst ermöglicht, dass alle Kinder am warmen Essen teilnehmen können, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste. Wir haben zu wenig Krippen-, zu wenig Hort- und zu wenig Ganztagsplätze. Deshalb sagen wir: Lassen Sie die Kommunen nicht im Regen stehen! Lassen Sie die Eltern nicht im Regen stehen! Schnüren Sie Ihr Sparpaket so, dass es verantwortungsvoll ist und im Bereich der Bildung nicht kürzt!
Sie sind in der Zwischenzeit ja von Steuerentlastungen abgerückt, das begrüße ich. Meine Damen und Herren, denken Sie aber auch daran, dass auch Steuererhöhungen Sinn machen können, wenn sie die Verteilungs- und Bildungsgerechtigkeit sicherstellen. Das wäre dann tatsächlich zukunftsrelevant und würde unser Land zukunftsfest machen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte mir eigentlich geschworen, nicht weiter auf die Vergangenheitsbewältigung einzugehen. Wenn dies aber geschieht, dann denke ich, sollte man noch einen weiteren Schritt zurücktreten und sich die Frage vor Augen führen, wie der Bereich der Kindertagesstätten im Bereich der Bundes- und Landespolitik überhaupt aufgegriffen wurde. Ich meine, der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz kam erst um 1990. Der Bund bestellte und bezahlte nicht, das Land musste selbst zahlen. Bis dahin galt auf Bundesebene immer noch der alte Adenauer-Spruch: Das Kinderkriegen regelt sich von allein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, darum haben wir ein großes Problem, wenn es darum geht, bei der Kindergartenpolitik das aufzuarbeiten, was in den vielen vergangenen Jahren versäumt worden ist. Das hat nichts mit Rot-Grün oder mit der aktuellen Situation allein zu tun. Das hat mit der Politik in der Bundesrepublik insgesamt zu tun.
Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Debatte heute etwas mit Geld und mit Inhalten zu tun hat. Darum müssen wir dabei bleiben, dass frühkindliche Bildung nicht nur in Sonntagsreden eine Rolle spielt, sondern mit Leben erfüllt werden muss.
Für den SSW sage ich zum wiederholten Mal: Man greift schlicht und ergreifend zu kurz, wenn als Argument für Streichungen angeführt wird, dass wir uns vor dem Hintergrund der neuen Schuldengrenze im Bereich der Kitas vieles einfach nicht mehr leisten können. Gemeint ist in erster Linie natürlich das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr, das - auch ich kann es nicht lassen, das zu wiederholen - in erster Linie auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion hin vor einem Jahr landesweit eingeführt wurde.
Seitdem hat sich die finanzielle Situation des Landes nicht wirklich geändert. Das soll heißen: Was vor der Landtagswahl als gutes Argument öffentlich verkauft wurde, sollte auch nach der Landtagswahl gelten. Ansonsten verliert die Landespolitik zu Recht ihren Anspruch auf Glaubwürdigkeit.
Daran ändert auch die Aussage des Herrn Ministerpräsidenten nichts. Er hat heute Morgen vor den Demonstrierenden gesagt, dass der Landeszuschuss für die Kitas aufgestockt werden soll. Man will ja das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr streichen. 35 Millionen € sollen verteilt werden; 10 Millio
- Lieber Herr Ministerpräsident, das ist immer noch ein Spiel nach dem Motto „rechte Tasche, linke Tasche“. Das ist im Kita-Bereich immer noch eine Kürzung, und das ist nicht hinnehmbar.
(Beifall bei SSW und der LINKEN - Glocke des Präsidenten - Zuruf von Ministerpräsi- dent Peter Harry Carstensen)
Das Wort hat die Frau Kollegin Spoorendonk. Zwischenbemerkungen von der Regierungsbank sind nicht erlaubt.
Es spricht für die Planlosigkeit der schwarz-gelben Landesregierung, dass sie nicht einmal in der Lage ist, klare Prioritäten zugunsten der Kleinen in unserer Gesellschaft zu setzen. Wer ausgerechnet bei den Kindern spart, entlastet nicht zukünftige Generationen, sondern kürzt ihre Zukunftschancen.
Eine gute frühkindliche Bildung ist eben kein Luxus, sondern eine bildungs- und sozialpolitische Notwendigkeit. Ich denke, mittlerweile müsste es eine Binsenweisheit sein, dass einen das, wenn man bei den Kindern spart, volkswirtschaftlich betrachtet später einholen wird. Es ist eine Milchmädchenrechnung zu glauben, dass man dabei für die Gesellschaft im Ganzen etwas sparen könnte.
Das Aktionsbündnis der Kitas, der Wohlfahrtsverbände, der Gewerkschaften und der Kommunen weist darauf hin - zu Recht -, dass es andere „Baustellen“ im Kita-Bereich gibt. Aus Sicht des SSW
ist es klar, dass wir uns in erster Linie mit den Kita-Finanzen befassen müssen. Wir müssen uns aber auch damit beschäftigen, dass die Kindergärten immer mehr Aufgaben zu erfüllen haben. Hinzu kommt, dass wir in Schleswig-Holstein immer noch nicht auf dem Weg weitergekommen sind, Betreuungsplätze für unter Dreijährige zu schaffen. Eine gute Kindergartenpolitik sieht anders aus und muss auf jeden Fall verlässlich sein.
Noch etwas: Wenn von anderer Seite, nicht aus Schleswig-Holstein, gesagt wird, dass wir uns die Betreuung der unter Dreijährigen doch nicht so leisten können, wie sie vorgesehen ist, kann man dazu nur noch sagen: Das ist Ohnmachtspolitik, das hat nichts mit zukunftsweisender und strategisch ausgerichteter Kindergartenpolitik zu tun.
„Leben ist das, was geschieht, während du andere Dinge im Kopf hast“, sagte John Lennon einmal. Ich glaube, diese menschliche Erfahrung lässt sich auch ohne Weiteres auf die gesellschaftlichen Verhältnisse übertragen.
Darum noch einmal: Wer meint, für die nächsten zehn Jahre Politik durch Sparen ersetzen zu können, verkennt, dass dann eigentlich nur noch eine Ruine unserer Gesellschaft übrig bleibt.