Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

Das ist Aufgabe der Bank und nicht Aufgabe der Politik.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie haben doch selbst lange genug im Aufsichtsrat gesessen. Haben Sie nichts, aber auch gar nichts daraus gelernt?

(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU] - Dr. Christian von Boetti- cher [CDU]: Gar nichts! - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Das wissen Sie doch genau. Das ist keine Förderbank, und wir sind, wenn wir so weitermachen, doch in absehbarer Zeit wieder da, wo wir schon mal waren, dass sie Verluste machen, weil sie Risikogeschäfte eingehen, die sie nicht übersehen. Das können sie doch nicht machen.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Dr. Stegner, das, was Sie heute Morgen bei den Mitarbeitern von Affeld und der Glückstädter Wäscherei gemacht haben, vor den Kindertagesstätten zu stehen, bei den Sparkassen zu reden, das sind große Sprüche, zum Teil Rechtsbruch, wenn Sie sagen, das kann nicht ausgeschrieben werden, das hat doch keine Substanz. Zum Glück sind Sie Oppositionsführer. Ich wünsche Ihnen, dass Sie es mindestens noch zehn Jahre bleiben. Denn so lange will ich noch im Landtag bleiben.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Aber mehr auch nicht.

Meine Damen und Herren, kommen wir zu den Anträgen zurück. Im Gegensatz zur SPD wollen wir mit unseren Anträgen deutlich machen, dass wir die Maritime Politik ganzheitlich verstehen. Das heißt, wir müssen auch die Rahmenbedingungen für die Schifffahrt, die Hafenwirtschaft, den Küstenund Meerestourismus, die Fischereiwirtschaft sowie für die Meeresforschung und die Meerestechnik kontinuierlich verbessern, und das das ganze Jahr über.

Dies sollten wir gerade, weil es doch der „Europäische Tag der Meere“ ist, heute nicht vergessen. Hier vermisse ich ein deutliches Bekenntnis im Ursprungsantrag von Ihnen. Das mag auch ein Versehen sein. In jedem Fall ist es aus Sicht von CDU und FDP richtig, ein Augenmerk gerade auf den wichtigen Wissenschaftsbereich zu legen. Allein, dass eine gute Aussicht besteht, die FraunhoferEinrichtung für Maritime Biotechnologie in Lübeck zu einem Fraunhofer-Institut aufzuwerten, ist ein sehr gutes Signal für den Forschungsstandort Schleswig-Holstein. Aber auch die Stärkung des Exzellenzclusters an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel bleibt weiter im Fokus.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich bin auf der letzten Seite. - Ich bedanke mich, Herr Präsident. Ich bedanke mich bei Ihnen allen. Wir werden in der Sache abstimmen. Ich entschuldige mich, dass ich die Zeit überschritten habe.

(Hans-Jörn Arp)

(Beifall bei CDU und FDP - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: So gehört sich das!)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Kirstin Funke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass heute, am 20. Mai 2010, dem „Europäischen Tag der Meere“, eine Delegation aus Schleswig-Holstein an den offiziellen Feierlichkeiten und am Symposium in Gijón, Spanien, teilnimmt und maritime Kompetenz unseres Landes vor Ort präsentiert wird.

Ob es der Vertreter des Landes ist oder hochrangige des IfM Geomar, des Instituts für Weltwirtschaft, des Clusters Future Ocean, des Maritimen Museums Flensburg oder der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt - Sie alle zeigen auf der europäischen Bühne, dass Schleswig-Holstein auf dem Gebiet der integrierten Meerespolitik sich nicht nur in den letzten Jahren einen Namen erarbeitet hat, sondern diesen auch auf hohem Niveau weiter ausarbeitet.

(Beifall bei FDP und CDU)

Deswegen kommt es an dem heutigen Tag nicht so sehr darauf an, ob es in Schleswig-Holstein eine Art von Festveranstaltung zum „Tag der Meere“ gibt, sondern es ist von größter Bedeutung, dass sich Schleswig-Holstein auf europäischer Ebene präsentiert; wichtig für die Bereiche Wirtschaft, Forschung, Kultur und politischer Kontakte.

Sehr geehrte Kollegin Langner. Ich empfand es als positiv, dass Sie sich in Ihrem Antrag mit der integrierten Meerespolitik auseinandersetzen, allerdings - und das ist enttäuschend - nur mit einem Teilaspekt. Denn der „Europäische Tag der Meere“ ist 2008 nach dem Konsultationsprozess des Blaubuchs der integrierten Meerespolitiken eingeführt worden, um die Wichtigkeit und die entscheidende Rolle der Meere und Ozeane hervorzuheben. Von herausragender Bedeutung ist dabei, dass der innovative Ansatz der integrierten Politiken verschiedene Politikbereiche zusammenfasst, um dem besonderen Faktor „Meer“ gerecht zu werden. Denn nur ein integrativer Politikansatz kann die unterschiedlichen Nutzungs- und Schutzinteressen zusammenführen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diesem Ansatz der integrativen Meerespolitiken hat sich Schles

wig-Holstein in vielfältiger Hinsicht angenommen. Erwähnt werden soll hier das Projekt des Clean Baltic Shipping oder die Einführung der Landeshafenordnung zum 1. Januar 2010 mit der Reduzierung der Schwefelemissionen von 0,5 auf 0,1 % im Hafen und der Absenkung des Schwefelanteils im Kraftstoff ab dem 1. Juli 2010 auf See auf 1 %.

Im Bereich der Forschung sei hier die Einrichtung der Forschungsplattform FINO 3 im letzten Herbst zur Erforschung der Bedingungen von OffshoreWindparks zu nennen oder Forschungs- und Wirtschaftsprojekte im Bereich der Aquakultur, wie sie beispielsweise die Fraunhofer Einrichtung - sie wurde schon erwähnt - der Marinen Biotechnologie in Schleswig-Holstein vorbildlich durchführt, wie wir in den letzten Tagen erfahren durften.

Die Meereswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität Kiel mit dem Projekt „Ozeane der Zukunft“ und der entsprechenden Exzellenzinitiative gehört ebenfalls dazu.

Auch das Maritime Cluster Schleswig-Holstein soll hier nicht unerwähnt bleiben. Die Kernkompetenz des Maritimen Clusters liegt bei Kommunikationsund Technologietransfers, über Marketing und Internationalisierung bis hin zur Initiierung, Entwicklung und Begleitung von kollaborativen Projekten in der Maritimen Wirtschaft, das heißt zum Schiffbau, bei der Schiffbauzulieferindustrie sowie die Meerestechnik und die Meeresforschungstechnik.

Der Vorwurf der SPD-Fraktion, die Landesregierung würde den Bereich der Meerespolitiken nicht genügend würdigen und ihm nicht genügend Rechnung tragen, kann und darf nicht so stehen gelassen werden. Auch in Zeiten knapper finanzieller Mittel bleibt das Augenmerk auf dem Heimvorteil, den Schleswig-Holstein mit der Lage zwischen beiden Meeren und dem Ausbau der Spitzenposition im maritimen Bereich zu bieten hat.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteilte ich Herrn Kollegen Dr. Andreas Tietze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zukunft der maritimen Wirtschaft in Schleswig-Holstein ist schon oft im Landtag diskutiert worden. Der Landtag weiß

(Hans-Jörn Arp)

um die besondere industriepolitische Bedeutung des Schiffbaus für Schleswig-Holstein. Die aktuelle Situation ist bedrohlich. Der Wechsel vom Schiffbauboom zur aktuellen Krise ist diesmal so schnell abgelaufen wie noch niemals zuvor. Auch uns hat heute die Berichterstattung über die Vorgänge in der Lindenau-Werft aufgeschreckt. Ich finde, man muss 156 Menschen in Schleswig-Holstein - nicht weit von hier - zumindest erklären, warum diese Bank 3 Milliarden € Kapital und 10 Milliarden € Garantien von Hamburg und Schleswig-Holstein bekommt und dann hier so entschieden wird. Das ist für die Menschen, die dort arbeiten, nicht verständlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Die Wirtschaftskrise hat unmittelbar zu einem rapiden Rückgang bei den Schiffstransporten geführt und das weltweit. Es wird von über 500 Schiffen gesprochen, die aus dem Verkehr gezogen sind, weil es schlicht und ergreifend keine Ladung für sie gibt oder die Charterraten die Kosten nicht decken.

In den Boomzeiten haben die Reeder gut verdient. Diese Gelddruckmaschine ist blockiert oder läuft nicht mehr rund. Selbst die Hamburger HapagLloyd-Reederei steckt in Schwierigkeiten. Die deutschen Schiffswerften hatten noch bis September 2008 ihr Stammpersonal leicht aufgestockt. Das hat Hoffnung geweckt.

Die deutschen Werften sind heute sogenannte atmende Unternehmen, die sich durch einen hohen Grad interner und externer Flexibilität auszeichnen. Instrumente wie Arbeitszeitkonten und flexible Schichtgestaltung sind ebenso alltäglich wie der Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen. Inzwischen sind nach Auskunft der IG Metall 3.600 der 23.600 Arbeitsplätze in der Werftindustrie Norddeutschlands verloren gegangen.

Es darf bei der Kieler HDW keinen Ausstieg aus dem zivilen Schiffbau geben, ein einseitiges Setzen auf den Militärschiffbau engt die Flexibilität ein und kann auf Dauer die Arbeitsplätze nicht sichern. Der Einstieg der arabischen Schiffbaufirma Abu Dhabi MAR ist ausdrücklich zu begrüßen, ThyssenKrupp hat sich leider völlig aus dem Schiffbau verabschiedet.

Wir fragen uns, warum HDW eigentlich nicht als Systemanbieter in das Geschäft mit der OffshoreWindenergie einsteigt. Das fragen wir uns. 4.500 Anlagen in der Offshore-Energie an der deutschen Küste - eine Großwerft wie HDW wäre dafür doch prädestiniert. Sie kann alle Aspekte abdecken, vom

Transport über die Verankerung im Meeresboden bis zur Aufstellung der Windenergie-Giganten. Wir können nicht verstehen, dass sich HDW bei der ersten ausgeschriebenen hydraulischen Arbeitsplattform durch die RWE-Tochter Innogy nur mit angezogener Handbremse beworben hatte. Der Auftrag ging nach Korea - Auftragsvolumen: circa 100 Millionen € - und nicht an die Küste.

Im Gespräch ist jetzt ein Auftrag des Baukonzerns Hochtief Constructions für zwei Hubschiffe mit einem Finanzvolumen von 150 Millionen €. Diese Spezialschiffe sollen für den Aufbau von Großwindanlagen auf hoher See eingesetzt werden. Das ist intelligenter Stahl- und Schiffbau.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt beim SSW)

Hochtief will die Montageschiffe von 2012 an die Offshore-Unternehmen vermieten. Der Aufbau der Offshore-Windparks ist keine Arbeit für zwei oder drei Jahre, sondern dieses Geschäftsfeld ist wirklich für die Küste hoch wichtig. Das ist Zukunftswirtschaftspolitik in den nächsten 30 bis 40 Jahren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

HDW wäre für diese Produkte prädestiniert. Wenn wir den Nord-Ostsee-Kanal in Kiel noch hinzurechnen, dann liegt HDW an der Ostsee wie an der Nordsee und kann an beiden Meeren agieren.

Bis 2030 wird eine Kapazität von 140.000 MW an Offshore-Energie erwartet - ein gigantischer Markt und zukünftiger Wirtschaftsboom für unsere maritime Industrie. Das ist Zukunftspolitik.

Ich denke aber auch an die Lindenau-Werft, an die Doppelhüllentanker, an die Katalysatorentechnik für Abgasminderung, an Windantriebe wie das Skysail oder den Flettner-Rotor und an die Nutzung von Brennstoffzellen. Gestern war eine kleine Gruppe aus dem Parlament bei PlanetSolar und hat einen Solarkatamaran besichtigt. Da haben wir gesehen, dass die Zukunft auch auf dem Wasser in der Sonne liegt. Das ist Zukunftspolitik, das ist Innovation.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW sowie vereinzelt bei der CDU)

Ich möchte an dieser Stelle auch noch etwas zum SPD-Antrag sagen. Ich finde, man muss der SPD dankbar sein, dass sie diesen Antrag heute eingebracht hat und dass wir aufgrund dieses Antrags über das Thema maritime Politik reden. Dafür darf ich mich ausdrücklich bedanken.

(Dr. Andreas Tietze)

Ich möchte aber auch etwas zum Antrag von CDU und FDP sagen. Ich finde, Sie haben sich hingesetzt und inhaltlich gute Gedanken gemacht. Diesen Antrag finde ich auch gut. Die Frage ist, warum diese Gegensätze aufgemacht werden. Wir brauchen doch beides. Wir brauchen auf der einen Seite in Schleswig-Holstein fast jeden Tag als Tag des Meeres. Wenn wir uns hinsetzen und sagen, dass wir das an einem Tag besonders brauchen, dann ist es doch auch kein Problem, wenn wir sagen, dass wir eine bessere Verkehrspolitik und eine bessere Investition und Innovation für unsere Werften wollen. Vielleicht wäre es klug, diesen Antrag noch einmal in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen und uns hinzusetzen und mit der geballten Kraft des Parlaments für die Zukunft unserer Werften zu streiten und uns nicht im Klein-Klein zu verzetteln. Ich finde das eine intelligente Lösung. Vielleicht kommen wir am Ende des Tages noch zu dieser Einsicht.