Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Auffällig sind aber auch die steigenden Ausgaben für Gutachter. Es wird sich nun zeigen, ob diese Ausgaben durch die Umsetzung der Empfehlungen den Mehrwert bringen, sodass es sich um eine Investition in die Zukunft handeln könnte.

Ausbleiben wird auch zukünftig nicht die Diskussion, inwieweit und in welche Richtung sich das UK S-H weiterentwickeln wird. Hier muss ganz klar gesagt werden: Es stimmt, die derzeitige Situa

tion ist nicht akzeptabel; der bauliche Masterplan muss dringend umgesetzt werden. Die Finanzierung dieser Maßnahmen gestaltet sich jedoch äußerst schwierig. Ein wichtiger Mosaikstein wird in diesem Zusammenhang zweifellos sein, dass das Defizit des UK S-H zurückgefahren werden muss.

Daher dürfen wir uns keine Denkverbote auferlegen lassen. Wir haben bestimmte Rahmenbedingungen - zu denen zählt natürlich auch die Vereinbarung, vor April 2015 keine Entscheidung von erheblicher Tragweite zu fällen, sprich: den Primärbereich der Krankenversorgung des UK S-H zu privatisieren.

Ferner haben wir aber auch die Pflicht - sowohl für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UK S-H als auch für den Forschungsstandort und das Land Schleswig-Holstein -, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten nach Lösungen zu suchen, die die berechtigten Interessen jeder betroffenen Seite bestmöglich in Einklang bringen. Das heißt auch: Wenn wir uns vor der Prüfung aller Variablen schon darauf festlegen, dass wir uns im Rahmen der rechtlichen Bedingungen noch weitere Grenzen setzen, können wir keine echten Fortschritte erzielen.

Dies nur kurz: Die von der Fraktion DIE LINKE kritisierte Auftragsvergabe bei der Wäscherei des UK S-H war rechtlich einwandfrei und im Rahmen der notwendigen Kostenersparnis richtig. Daher besteht von unserer Seite auch kein Grund, dieses Vergabeverfahren infrage zu stellen.

Ein Anfang ist gemacht. Die vom Ministerium vorgelegten Zahlen sind vielversprechend und zeigen für das UK S-H eine finanzielle Perspektive auf. Hinzuzufügen bleibt aber, dass dies nur ein erster Schritt sein kann. Wir werden uns sehr genau überlegen müssen, wie wir hier zu einer dauerhaften und tragfähigen Lösung kommen können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion des SSW hat Herr Abgeordneter Flemming Meyer das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist im Vorfeld schon mehrfach erwähnt worden, aber man kann es nicht oft genug betonen: Das UK S-H ist der einzige Träger der medizinischen Maximalversorgung in Schleswig-Holstein.

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Eine Privatisierung dieses Hauses birgt kaum kalkulierbare Risiken, und dahin gehende Überlegungen sind meines Erachtens nicht nur unverantwortlich, sondern grob fahrlässig.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und verein- zelt bei der SPD)

Dies gilt ganz besonders für die spärlichen Informationen aus der Haushaltsstrukturkommission zu diesem Thema. Dass Öffentlichkeit und Oppositionsparteien über Umfang und Ziele der geplanten Sparmaßnahmen so lange im Unklaren gelassen werden, ist nach Meinung des SSW bereits ein kaum tragbarer Zustand.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Doch die Tatsache, dass auch die Mitarbeiter des UK S-H in ihrem konkreten Fall durch gestreute Privatisierungsgerüchte verunsichert werden und um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, ist eine absolute Zumutung.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Denn sie sind es, die jahrelang Opfer an Arbeitszeit, Lohneinbußen und Arbeitsqualität erbracht haben. Die Auffassung der SPD, die derartige Gerüchte in ihrem Antrag als Ausdruck der Respektlosigkeit gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des UK S-H bezeichnet, können wir daher uneingeschränkt teilen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Der SSW lehnt eine Privatisierung des einzigen Uni-Klinikums und mit weit über 10.000 Mitarbeitern größten Arbeitgebers in Schleswig-Holstein unverändert ab. Nicht ohne Grund wurde von Experten in der Vergangenheit mehrfach festgestellt, dass das UK S-H im Begriff ist, sich kaputtzusparen - eine Entwicklung, die durch eine Privatisierung wohl kaum aufgehalten werden kann. Anstelle von Investoren mit kurzfristigen, maximalen Renditeerwartungen braucht das Klinikum für seine Zukunftsfähigkeit langfristige Rückendeckung und eine finanzielle Unterstützung durch das Land.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Denn diese Mittel werden nach wie vor benötigt, um die Infrastruktur zu verbessern und die Prozesse zu optimieren.

Vorstand wie Mitarbeiter sehen im baulichen Masterplan als Kern des Sanierungskonzepts den einzig gangbaren Weg, um das UK S-H zukunftsfähig zu gestalten und nicht zuletzt die umfassende medizinische Versorgung der Bevölkerung aus öffentlicher Hand zu sichern.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur so kann das Großklinikum konkurrenzfähiger werden, und nur auf diesem Weg können die bestehenden strukturellen Probleme gelöst werden. Zur Umsetzung und Absicherung des umfangreichen Masterplans lassen sich sowohl Bundesmittel zum Hochschulausbau als auch öffentlich-private Partnerschaftsmodelle heranziehen.

Fast jedes Bundesland verfügt über ein Großklinikum mit Maximalversorgung in öffentlicher Trägerschaft. Erfahrungen mit einer Situation, in der die vollumfängliche Versorgung ausschließlich von Privaten erbracht wird, existieren kaum. Hierfür gibt es gute Gründe: Eine nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten organisierte Großklinik gewährleistet kaum eine bereichsübergreifende hohe Qualität der Versorgung. Das Profitinteresse des Investors darf nicht darüber entscheiden, ob, wann und wo ein Patient behandelt werden kann.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und verein- zelt bei der SPD)

Hier ist der SSW unverändert einer Meinung mit den Personalräten des UK S-H.

In jedem Fall ist klar, dass ein privater Investor einen Gewinn für sein eingebrachtes Kapital erwarten dürfte. Zumindest für die Beschäftigten ist somit eines gewiss: Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Lohnentwicklung lässt sich in diesem Fall nicht erwarten.

In diesem Zusammenhang muss selbstverständlich auch dringend vor dem Verkauf des Lübecker UK S-H-Standorts an einen Klinikkonzern gewarnt werden. Denn die Universität Lübeck gerät mit der Gefährdung des dortigen Uni-Klinikums genauso in existenzielle Not.

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

Mit der Übernahme durch einen privaten Käufer läge letztlich auch die Entscheidung über die Zukunft des Lübecker Medizinstudiums - und damit der gesamten Universität in der heutigen Form - in

(Flemming Meyer)

seiner Hand. Der SSW sieht auch hierin ein viel zu hohes und unkalkulierbares Risiko. Die vollumfängliche Versorgung und eine zukunftsfähige Lehre und Forschung kann nur durch den Verbleib in öffentlicher Hand sichergestellt werden.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Rolle der Universität Lübeck bei der zukünftigen Versorgung des Landes mit Medizinern soll auf keinen Fall unterschätzt werden. Gerade in Zeiten, in denen Experten verstärkt vor dem drohenden Ärztemangel warnen und einen Ausbau der Ausbildungskapazitäten fordern, darf die ChristianAlbrechts-Universität in Kiel nicht zur einzigen Medizinischen Fakultät werden, die diese Aufgabe wahrnimmt.

Die Universität Lübeck muss daher in öffentlicher Hand bleiben und zumindest über ein Mindestmaß an Planungssicherheit verfügen. Dies gilt umso mehr, da die Medizinerausbildung in Lübeck im bundesweiten Ranking immer hervorragend abschneidet und somit ein Aushängeschild des sogenannten Gesundheitsstandorts Schleswig-Holstein ist. Die Landesregierung - und insbesondere der Wissenschaftsminister - muss sich der Verantwortung gegenüber den Menschen und der Wirtschaft bewusst werden und sich auch endlich auch klar zu ihr bekennen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Vor dem Hintergrund der wenigen Informationen, die uns aus der Haushaltsstrukturkommission zum Thema UK S-H erreichen, fällt es schwer, die Vergabepraxis im Fall des Wäschereiauftrags nicht auch in diesem Zusammenhang zu sehen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Zwar ist das UK S-H durch europäische Vergaberichtlinien dazu gezwungen, den wirtschaftlichsten Anbieter zu beauftragen. Dass billige Produkte aber nicht immer auch die wirtschaftlichsten sind, ist hinlänglich bekannt.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Die Versorgungssicherheit sollte bei solchen Großaufträgen an erster Stelle stehen, da eine unzuverlässige Versorgung mit Textilien den ganzen Klinikbetrieb lahmlegen kann. Hierzu gehört für uns auch eine angemessene Entlohnung der Men

schen, die diese Versorgungssicherheit gewährleisten müssen.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und des Ab- geordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ob Einsparungen durch die Vergabe an die Firma Sitex auch eine tatsächliche Kostensenkung für das Land bedeuten, wage ich zu bezweifeln. Die Höhe der Folgekosten für die Integration der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Berendsen in den Arbeitsmarkt lässt sich auf jeden Fall kaum noch kalkulieren. Dass die Mitarbeiter der Firma Sitex laut Aussage eines Gewerkschafters von ihrem Lohn „nicht leben und nicht sterben können“, ist jedenfalls untragbar.

(Beifall bei SSW, der LINKEN und des Ab- geordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Natürlich dürfen hier auch die nachweislich gemachten Fehler des Managements bei Planung und Controlling nicht unerwähnt bleiben. Wie wir alle wissen, hat es Presseberichten zufolge im vergangenen Jahr unerwartete und hohe Steigerungen im Bereich der Personal-, Material- und vor allem der Beraterkosten gegeben. Der von den Kollegen der Grünen erhobene Vorwurf, dass das verantwortliche Management „offenbar schwerwiegende handwerkliche Fehler“ gemacht hat, ist demnach alles andere als aus der Luft gegriffen.

Aus Sicht des SSW ist es sehr bedauerlich, dass die Konsequenz aus den erhöhten Kosten von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des UK S-H getragen werden sollen. Im Rahmen der sogenannten Vakanzenbewirtschaftung werden frei gewordene Stellen nicht zwingend und umgehend nachbesetzt. Dies führt oft zu erheblichen Mehrbelastungen des Personals und ist vor allem im medizinischen und pflegerischen Bereich nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)