Protokoll der Sitzung vom 18.11.2009

Wir haben aber gesagt, wir wollen als Fraktion in einer Haushaltshaltsstrukturkommission mitgucken, in einer gemeinsamen Verantwortung, die dichter hergestellt werden muss, als das in den ver

gangenen Jahrzehnten der Fall war. Darum eine gemeinsame Haushaltsstrukturkommission mit den finanzpolitischen Sprechern, den Fraktionsvorsitzenden, mit der Regierung, mit dem Finanzminister, weil wir genau diese Strukturweichenstellung brauchen und weil es dazu eines engen Miteinanders zwischen Regierung und den regierungstragenden Fraktionen bedarf.

Und wir haben deutlich gemacht, dass wir dann, wenn uns etwas in diesen den Koalitionsvertrag quasi überstehenden Sparbemühungen von außen stört, wenn wir das Gefühl haben, dass Dinge da sind, die uns in diesem Kurs behindern, auch offen das Wort führen. Das ist das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Es ist aber ein Unterschied, ob ich die Inhalte kritisiere, also ob ich mich jetzt dagegen wende, dass das Kindergeld erhöht wird, dass das Erbrecht geändert wird, dass die Gastronomie etwas mehr in der eigenen Tasche hat. Das ist nicht die Debatte, die wir führen, sondern wir sagen: Wenn jemand einen Wachstumspakt macht, wenn die Bundesregierung sagt, wir wollen etwas in diesem Bereich tun, dann gilt das alte Konzept: Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen!

(Beifall bei CDU und FDP)

Da sind wir anders. Vielleicht ist das etwas Neues, dass man auch bereit ist, sich im Interesse des Landes mit der eigenen Bundesregierung einmal anzulegen, dass man deutlich macht, wo man Grenzen sieht, dass man deutlich für die Interessen dieses Landes kämpft. Am Ende ist es so, dass man uns in der Tat am Erfolg wird messen müssen. Wir wollen uns auch daran messen lassen, weil wir eben für dieses Land eine besondere Verantwortung tragen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben das Thema Wachstum. Ich habe deutlich gemacht anhand der Rahmendaten, dass wir ohne Wachstum, ohne eine Abkopplung von dem normalen durchschnittlichen Wachstum heute schon kaum noch Chancen haben, diesen Haushalt wieder in den Griff zu bekommen. Das sieht man daran, dass wir eine ähnliche Entwicklung nehmen, wie das in den 70er-Jahren und 80er-Jahren Bayern und Baden-Württemberg getan haben, die sich von dem ursprünglichen Trend abgekoppelt haben, Bayern ursprünglich Nehmerland aus dem Länderfinanzausgleich und heute einer der großen Einzahler. Wir brauchen einen ähnlichen wirtschaftlichen Aufbruch. Der lässt sich nur organisieren, indem man einen engen Schulterschluss mit dem Mittelstand hat, indem man das ansiedlungsfreundlichste Land dieser Republik wird. Ich freue mich, Herr

(Dr. Christian von Boetticher)

Ministerpräsident, dass in dieser Regierungserklärung dazu einige ganz wichtige Punkte genannt worden sind.

Ich nenne einmal die Landesplanung. Jeder von uns, der Kommunalpolitik macht, und viele haben einen kommunalpolitischen Hintergrund, wird immer wieder erlebt haben, dass es durchaus ansiedlungswillige Unternehmen gegeben hat, dass es Kommunen gegeben hat, die gesagt haben, jawohl, das wäre etwas Wichtiges für uns, auch für das eigene Wachstum, dass es dann aber die Planung war, die gesagt hat: Das passt jetzt aber hier gerade nicht hin. Es passt nicht in unsere idealisierte Vorstellung von Achsenkonzepten. Es passt nicht in das, was wir ursprünglich mal in den großen Plänen, im Landesentwicklungs- oder im Regionalplan, vorgesehen haben. Das kann so nicht weitergehen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir brauchen hier Flexibilität, wir brauchen hier ein anderes Denken. Ich habe es ja selber gemerkt: Es ändert am Ende nicht viel, wenn man Gesetze und Verordnungen ändert, sondern es muss sich etwas in den Köpfen derjenigen tun, die das beschließen, die dort sitzen und darüber walten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Auch dafür werden wir sorgen. Landesplanung darf nicht länger Landesverhinderungsplanung sein. Wir brauchen dafür die Kommunen als Partner. Das geht nur in einem engen Schulterschluss.

Darum bringt das, was wir in der letzten Wahlperiode leider ein Stück weit erlebt haben, was auch aus der Regierung heraus gepflegt worden ist, nämlich ein kräftiges Gegeneinander: Wir müssen sparen, aber sparen soll bitte der andere, bei dem kann man es sich vielleicht holen. Wir müssen vielmehr zu einer Partnerschaft kommen. Denn Aufschwung für dieses Land gibt es nur durch Partnerschaft mit unseren Kommunen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich nenne einmal anhand der Planung für Windenergie ein Beispiel dafür, dass wir zu mehr Eigenverantwortung kommen müssen. Wir sind uns alle einig, dass wir hier wachsen wollen, und zwar über die 1 %-Grenze hinaus. Wir haben Gebiete in diesem Land, die Westküste, da ist es einfach, weil es einen großen Zusammenhalt gibt; dort wartet man auf die Zeichen. Es gibt aber auch andere Gebiete, in denen das durchaus schwieriger ist. Ich nehme einmal die Bereiche an der Ostküste, wo ich

durchaus die Schwierigkeit der Situation kenne. Deshalb müssen wir natürlich auch diese regionalen Belange mehr in unsere Erwägungen mit einbeziehen.

(Beifall der Abgeordneten Werner Kalinka [CDU] und Herlich Marie Todsen-Reese [CDU])

Deshalb stehen wir zu der kommunalisierten Regionalplanung. Sie ist dafür ein ganz wichtiger Schritt.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Am Ende, lieber Kollege Matthiesen, darf auch eines nicht passieren. Ich sage Ihnen einmal ein konkretes Beispiel. Da, wo wir es in Ostholstein geschafft haben, Kommunen von der Sinnhaftigkeit des Windenergieausbaus zu überzeugen, da, wo vor Ort die Kommunen zustimmen, wo wir einen ansiedlungswilligen Betrieb haben, der auch Windkraftanlagen bauen möchte, geht dann am Ende der Denkmalschutz durchs Land und sagt, dort, wo in Sichtweite irgendein historisches Gut steht, darf keine Windkraftanlage gebaut werden. Das geht auch nicht. Auch dort müssen wir für Aufbruch sorgen.

(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordne- ten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lieber Herr Minister Schlie, Sie stehen für diesen Aufbruch, Sie stehen für einen guten Kontakt zu unseren Kommunen und kommunalen Landesverbänden. Sie stehen für den Schulterschluss mit den Kommunen und den Gemeinden, für diesen Aufbruch. Deshalb haben Sie die große Unterstützung der CDU-Landtagsfraktion.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Und es geht nur mit Verkehrsinfrastruktur. Seit 2.000 Jahren siedeln sich Menschen, Händler, heute moderne Betriebe dort an, wo man Verkehrswege hat. Ganz früher waren das die Wasserstraßen, heute ist das eine moderne Verkehrsinfrastruktur. Darum ist es wichtig, Straßen zu bauen, auszubauen. A 20, A 7, B 5 und Fehmarnbelt-Querung als großes Jahrhundertprojekt stehen für diesen Aufbruch, den wir die letzten zwei Jahrzehnte nicht gehabt haben. Niemand kann mir aus dieser Zeit große Infrastrukturprojekte nennen, die umgesetzt worden sind. Deshalb brauchen wir dort einen Aufbruch. Wir wollen ein führender Logistikstandort in

(Dr. Christian von Boetticher)

Deutschland werden, und das geht nur, wenn in diesem Bereich auch investiert wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich sage auch ganz selbstbewusst: Wir brauchen keine Denkverbote. Ich weiß ja, wie das in Berlin manchmal läuft. Da hat ein neuer Minister irgendeine Idee, er erzählt sie gegenüber irgendeiner Zeitung, und schon ist die Idee der Maut geboren. Was passiert dann? - Dann kommen aus allen Ecken und aus allen Löchern die Ober- und Hauptbedenkenträger dieser Nation und erzählen, warum das alles nicht geht. Ich habe etwas gegen Denkverbote. Wenn wir so anfangen, wenn wir so argumentieren, dann landen wir am Ende nirgendwo. Es ist doch vernünftig, wenn man sieht, dass andere Länder um uns herum das machen - dass wir als Urlauber, die wir die Länder durchfahren, mit unseren Geldern an deren Straßenbauprojekten beteiligt werden -, dass auch wir darüber nachdenken, dass das eine Möglichkeit sein könnte, und dann über das Wie länger diskutieren und nicht einfach das Ob gleich zerreden. Darum auch hier: Denkverbote müssen der Vergangenheit angehören.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP - Zu- rufe von der SPD)

Ich sage noch eine herzliche Bitte an eine wichtige Oppositionsfraktion: Ich weiß, dass es bei diesem Thema immer die Auseinandersetzung um den Individualverkehr gibt, gerade wegen der Umweltbelastungen, die damit einhergehen. Ich weiß auch, dass Öl in Automotoren zu verbrennen so ungefähr das Dämlichste ist, was man mit Öl machen kann. Aber dann lassen Sie uns doch darüber reden, wie man in Zukunft Individualverkehr umweltfreundlich gestalten kann. Ich finde es falsch, immer nur das Gegenteil darzustellen. Gut ist sozusagen nur der eine Verkehr, schlecht ist der Individualverkehr. Es wird am Ende keine Systematik geben, die nicht auch Individualverkehr beinhaltet.

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin sofort dabei, wenn es um moderne Antriebstechnologien geht; ich bin sofort dabei, wenn es um moderne, vernünftige Verkehrsinfrastrukturprojekte geht. Aber wir müssen akzeptieren, dass auch in Zukunft Straßen gebaut werden für dann hoffentlich bald moderne und umweltfreundliche Kfz, die diese dann befahren sollen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich nenne das Tourismuskonzept dieses Landes, das wir in der Tat mit Weichenstellungen schon im letzten Jahr, in der letzten Wahlperiode begonnen

haben. Ich spreche da ganz bewusst von einem naturverträglichen Tourismus. Dieses Land lebt davon, dass es eine reichhaltige Kultur- und Naturlandschaft hat. Dieses Land lebt auch vom Tourismus und von der Zusammenführung dieser beiden Komponenten, von dem Miteinander von Ökonomie und Ökologie. Mit dem Weltnaturerbe Wattenmeer haben wir dort ein Kleinod, das wir jetzt auch stärker touristisch nutzen werden. Aber noch einmal: Es geht um eine umweltverträgliche Nutzung dieses Kleinods.

Für dieses Miteinander, für das Bewahren der Natur und eine enge Verkopplung auch mit einem touristisch attraktiven Standort, dafür steht in Zukunft unsere Frau Ministerin, Frau Rumpf. Wir freuen uns, dass Sie Ökologie und Ökonomie gerade in diesen sensiblen Bereichen, eine erfolgreiche Landwirtschaft mit einer erfolgreichen Umweltpolitik, verbinden wollen. Wir haben gelernt, dass es nur miteinander geht, nicht gegeneinander. Wir unterstützen Sie bei dieser Aufgabe von ganzem Herzen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich möchte auch etwas zu dem wichtigen dritten Thema, der Bildungspolitik, sagen. Ich habe bereits gesagt, dass ich 1988 in die CDU eingetreten bin. Und ich bin 1989 noch als Schüler auf meiner ersten Demonstration hier vor dem Landeshaus gewesen. Es ist nicht so, dass sozusagen die Linken ein Vorrecht zur Demonstration haben, auch wir haben damals demonstriert. Das war nur die erste von vielen Demonstrationen.

(Zurufe von der SPD)

Ich sage Ihnen auch, dass ich mit der Meinung, mit der ich damals angefangen habe, aus heutiger Sicht nicht immer richtig lag. Ich habe auch gelernt - allein in meiner Zeit im Europäischen Parlament, in der man viel rumkommt -, dass Gesamtschulsysteme, also Schulsysteme, in denen ein gemeinsames Lernen vorgesehen ist, durchaus erfolgreich sein können. Schweden, Finnland, viele skandinavische Länder, die immer von Ihnen zitiert werden, stehen dafür. Ich kenne aber auch die Unterschiede. Ich kenne die Unterschiede, die ein Land wie Schweden oder Finnland in der gesellschaftlichen Zusammensetzung im Vergleich zu Deutschland hat. Ich kenne vor allen Dingen auch den Unterschied in der Finanzierung. Der besteht darin, dass die Schweden fast doppelt so viel Geld für Bildung ausgeben wie wir hier in Deutschland. Darum haben Sie recht:

(Dr. Christian von Boetticher)

Ein solches System geht, aber es geht nur, wenn Sie auch erklären, wie Sie das finanzieren.

(Beifall der Abgeordneten Ranka Prante [DIE LINKE] - Zurufe von SPD und SSW)

Es geht nur, wenn Sie bereit sind, uns zu erklären, wie man doppelt so viel Geld wie heute für den Bildungsbereich aufwenden kann.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wissen Sie, wo Ihr Problem lag? - Sie haben immer die Theorie verkündet - ganz groß von diesem Pult aus -, haben gesagt, wie toll das alles wird, und am Ende haben Sie überhaupt keine Chance gehabt, auch nur ansatzweise für die Finanzierung zu sorgen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Henning Höpp- ner [SPD])

Wissen Sie, womit Sie dann getrickst haben? - Sie haben einfach das Niveau ein Stück gesenkt. Das merkte man als Schüler eines Gymnasiums relativ schnell. Da gab es nämlich die Mitschüler, die von der Nichtversetzung bedroht waren, die dann plötzlich auf die neu entstandene, benachbarte Gesamtschule gingen und schon ein halbes Jahr später statt der Fünf eine Zwei hatten. Man hatte nicht das Gefühl, dass das an den tollen, neuen Lehrmethoden lag oder an der hervorragenden Integration der Schüler, sondern Sie haben sich das relativ schnell mit der Absenkung des Niveaus erkauft.

(Beifall bei CDU und FDP)