Und wir müssen dafür sorgen, dass alles das, was vereinbart worden ist, was die Vertreter unserer Regierung in Berlin vereinbart haben, im Laufe dieses Jahres auch Wirklichkeit wird.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die Redezeit um acht Minuten überschritten. Diese Zeit stünde auch allen Fraktionen zur Verfügung. Das kann man nutzen, das muss man aber nicht. Zunächst einmal hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Kollegin Monika Heinold das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schlie, eine wunderbare Politikerantwort, aber die Kurzfassung lautet: Kompensation gleich null! Nichts! Njet!
Das ist schon traurig. Sie haben hier nicht einmal mehr den Versuch gemacht zu erklären, dass es vielleicht eine Kompensation noch im nächsten Jahr geben wird. Diese Landesregierung hat dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz zugestimmt und hier im Landtag Kompensation versprochen. Jetzt stellen Sie sich hier hin - nackt -: Nichts.
(Christopher Vogt [FDP]: So weit wird Herr Schlie nicht gehen, sich hier nackt hinzustel- len! - Weitere Zurufe von CDU und FDP)
Die Kommunen bekommen keinerlei Entschädigung, Herr Innenminister. Stattdessen bekommen sie warme Worte, die lauten: Nun beginnt doch einmal mit der Haushaltskonsolidierung!
Ich mag Ihnen vorhin ein bisschen zu wenig auf die Einsparungen eingegangen sein. Ich will Ihnen sagen, woran das liegt. Ich kenne das Tagesgeschäft der Kommunen, ich bin viel unterwegs bei Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern. Wissen Sie, was die Tag für Tag machen? Sie beschäftigen sich Tag für Tag in bitterer Art und Weise mit den Haushalten ihrer Kommunen, und Tag für Tag erarbeiten sie mit dem Bleistift spitz und genau eine Einspa
rung nach der anderen. Das ist das Tagesgeschäft der Kommunen. Insofern habe ich mich hier nicht in der Not gesehen, die Kommunen noch einmal zum Sparen zu ermahnen. Auch in Kiel - Sie haben das auch erwähnt -, wo ich Teile der Debatte mitbekomme, weil meine Partei dort mit in der Verantwortung steht, ist das so. Es ist extrem schwierig, wenn Sie in die Bereiche der Daseinsvorsorge einschneiden müssen.
Wir haben einen Dreiklang, das ist auch in dem SPD-Konzept deutlich geworden, der heißt - im Land wie in den Kommunen -: Einsparungen, Strukturreform und Einnahmesteigerungen. Wir legen deshalb als Grüne zurzeit so viel Wert auf die beiden Punkte Strukturentscheidungen und Steuerentwicklungen, weil diese beiden Punkte in den letzten Jahren vernachlässigt worden sind.
Herr Habeck hat es noch einmal deutlich gesagt: Uns hilft hier das Schwarze-Peter-Spiel nicht weiter, uns hilft hier die Schuldzuweisung nicht weiter. Ob Eingriffe in den Kommunalen Finanzausgleich oder Steuerpolitik, da sind wir fast alle mit im Boot, wenn es darum geht zu bilanzieren, dass das zulasten der Kommunen gelaufen ist. Ich wünsche mir aber und mahne das auch an, dass auch die FDP die CDU hat das in Teilen schon getan, Herr von Boetticher - sich hier hinstellt und sagt, ja, diese Steuerentlastungen der letzten Jahre waren Mist für die Kommunen, weil sie ihnen das Geld aus der Kasse gezogen haben.
- Der letzten Jahre, ja. Das habe ich inzwischen dreimal gesagt. Da ist die Farbe Gelb mit dabei. Da können Sie erzählen, was Sie wollen.
Es ist doch ätzend, lesen Sie doch einmal die Reden Ihrer Landtagsabgeordneten zu Zeiten der Opposition nach: Was ging es den Kommunen da schlecht! Was war Rot-Grün da gemein! Und heute stellen Sie sich hier hin, und dazu kommt nicht ein Wort. Das ist ein Schwarze-Peter-Spiel und eine Art von
Oppositions- oder auch Regierungsverständnis, die ich unerträglich finde. Ich wünsche mir, dass wir hier eine Ehrlichkeit und Offenheit reinbringen und uns endlich dazu bekennen, dass auch die Steuergesetzgebung, insbesondere die Steuergesetzgebung, Grundlage für die kommunale Daseinsvorsorge ist.
Wir müssen das mit den Bürgerinnen und Bürgern auch wieder diskutieren. Die haben den Eindruck, sie zahlen Steuern, dann gibt es da irgendwo so einen Steuertopf, da verrieselt das alles, und sie haben gar nichts davon. Nein, so ist es ja nicht, sondern Steuern werden doch gezahlt, um Kindertagesstätten, Schulen, Schwimmbäder und Büchereien zu finanzieren. Diesen Zusammenhang müssen wir wieder darstellen.
Noch eins zum Schluss: Ich denke, der Mindestkonsens, auf den wir uns verständigen müssen, und ich hoffe - da gucke ich noch einmal zu meinen Freunden auf der rechten Seite -, auf den haben wir uns schon verständigt, muss heißen: Es muss Schluss mit Steuergeschenken sein, die zulasten der kommunalen Daseinsvorsorge gehen.
In der Zwischenzeit begrüße ich auf der Tribüne den Vorstand des Hebammenverbandes SchleswigHolstein. - Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte drei Bemerkungen loswerden. Der Minister sprach zu Recht an, dass es nicht immer hinhaut, wenn neue Leistungen vorgesehen sind, dass diese Leistungen auch bei den Menschen ankommen, für die sie gedacht sind. Er sprach das Beispiel Kiel an und sagte, dass dort auch vonseiten des Oberbürgermeisters darauf hingewiesen wurde, dass etwas an den Strukturen gemacht werden müsse, dass diese eventuell zu bürokratisch seien. Das ist eine Problemstellung, die uns in unterschiedlichen Zusammenhängen immer wieder beschäftigt.
Gleichwohl ist es zu einfach zu sagen, Leistungen kommen nicht bei den Menschen an aus den eben genannten Gründen. Denn die andere Seite dieser
Fragestellung ist doch, ob überhaupt mit dem Gießkannenprinzip weiter verfahren werden sollte. Denn wir haben dieses berühmte Gießkannenprinzip zum Beispiel auch - das wurde vorhin schon gesagt -, wenn es um die Unterstützung von Familien mit Kindern geht. Die Erhöhung des Kindergeldes ist überhaupt nicht sinnvoll, denn das Kindergeld wird bei der Sozialhilfe angerechnet. Das heißt, diejenigen, die diese Unterstützung, diese zusätzliche Unterstützung, brauchten, bekommen sie nicht. Und den Eltern, die dieses erhöhte Kindergeld bekommen, wird gesagt, die Schülerbeförderungskosten müsst ihr sowieso jetzt selbst tragen, und auch das dritte beitragsfreie Kindergartenjahr ist wieder einkassiert worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist wieder dieses berühmte Spiel von rechte Tasche, linke Tasche, mit dem wir es zu tun haben.
Was bleibt, ist, dass wir Verschiebebahnhof spielen. Wenn dann zur Bundesebene gesagt wird, na ja, dieses Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist nicht ganz so schlimm, denn es enthält auch diese eben genannten Elemente, ist das auch unredlich. Denn redlicherweise hätte man hinzufügen müssen, dass das genau das ist, was das Bundesverfassungsgericht der Politik aufgetragen hat, nämlich die Familien mit Kindern in dieser Gesellschaft besser zu unterstützen. Da schmückt man sich zumindest mit geliehenen Federn, ohne dass man da weiterkommt und ohne dass man nachfragt, wie das bei den Menschen ankommt, weil man mit der Gießkanne arbeitet.
Die Kollegin Damerow sagte zum Thema Kommunen: Wir wollen Gespräche auf gleicher Augenhöhe führen. Auch das hört sich erst einmal vernünftig an. Aber wie sieht das aus? Wie ist das in der Vergangenheit gewesen, zum Beispiel, als es um die Kompensation für diese Entnahme der 120 Millionen € aus dem Kommunalen Finanzausgleich ging? Da hat es Gespräche zumindest mit den kommunalen Landesverbänden gegeben, und es sind Kompensationslisten erarbeitet worden. Aber fragt man nach, erfährt man, es ist nichts geschehen. Das Land ist mit keinem geldwerten Beitrag da rangegangen.
Was will man entlasten? Aufgabenentlastungen guckt man sich diese Entlastungsliste an, sagt sie: Keine hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten mehr; keine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, das soll zurückgedreht werden; wir finden
auch, dass das Informationsfreiheitsgesetz zu bürokratisch ist. Diese Standards, die werden diskutiert, und das hat mit echter Kompensation nun wirklich überhaupt nichts zu tun.
Deshalb noch einmal: Wenn kompensiert werden soll, dann muss es nicht nur eine Diskussion auf Augenhöhe geben, sondern dann muss auch vonseiten der Gemeinden gesagt werden: Diese Ausgaben sind zu kompensieren. - Dabei sind wir natürlich beim Konnexitätsprinzip. Außerdem treten wir für ein Konnexitätsprinzip auf Bundesebene ein. Der SSW hat dieses Thema schon mehrfach angesprochen und hierzu einen Antrag gestellt.
Ich sage: Willkommen, liebe Landesregierung. Jetzt seid ihr mit im Boot. Wir erwarten von euch, dass ihr auf Bundesebene aktiv werdet.
- Ich habe die Diskussion noch im Ohr. Sie haben sinngemäß gesagt: Wir brauchen das Konnexitätsprinzip nicht. Das ist nicht machbar. - Jetzt sagt die Landesregierung selbst: Das wollen wir machen.
Noch etwas zu diesem Punkt: Wir brauchen endlich eine Übersicht darüber, wie die Landesregierung gedenkt, auf Bundesebene aktiv zu werden. Das werden wir nachfragen. Wir können uns nicht mit lapidaren Aussagen begnügen. Vielmehr müssen konkrete Schritte benannt werden. Außerdem müssen wir nachvollziehen können, wo sich die Landesregierung in diesem Prozess befindet.
Für die Landesregierung wäre es schön, vom Parlament unterstützt zu werden. Diese Unterstützung kann sie aber erst dann bekommen, wenn sie transparent vorgeht und das Verfahren offenlegt.
Noch eine letzte Bemerkung zu den Strukturen: Wir brauchen in Schleswig-Holstein neue kommunale Strukturen. Das haben Flemming Meyer und Lars Harms vorhin deutlich gemacht. Wir brauchen aber keine Romantisierung der Kleinstkommunen in Schleswig-Holstein. Diese Zeiten sind vorbei.
Wir brauchen auch keine großen Verwaltungseinheiten und sehr kleine Kommunen. Wenn wir diesen Weg weiterverfolgen, dann verlieren wir die letzten ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitiker in diesem Land.