Protokoll der Sitzung vom 08.07.2010

Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Peter Eichstädt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass zu Beginn meiner Rede auch der Ministerpräsident den Saal betritt und dieser Debatte folgt. Ich finde, das ist auch angemessen.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN sowie Beifall der Abgeordneten Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Lars Harms)

In der letzten Sitzung haben wir einen Gesetzentwurf von CDU und FDP diskutiert, der vorsah, dass das Parlament die Zulagen für Spitzenpositionen bei Abgeordneten um 10 % senkt. Dieser Antrag war allein deshalb schon erstaunlich, weil wir damit gerade das wieder einsparen, was Sie vor wenigen Monaten erst durch die Schaffung von zwei zusätzlichen Vizepräsidentinnen an Ausgaben verursacht haben.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Aber ich sage gleich hier am Anfang: Wir kritisieren diesen Vorschlag nicht in der Sache. Auch meine Fraktion wird sich in diesen schwierigen Zeiten dem nicht verschließen, einen Sparbeitrag zu leisten, schon aus Solidarität mit all den Menschen und Organisationen, denen Kürzungen der schmerzlichsten Art bevorstehen. Gleichzeitig aber haben wir gesagt, dass wir erwarten, dass, wenn schon auf Zupfiff der Regierung Veränderungen in der Abgeordnetenversorgung vorgenommen werden, dies dann auch zeitnah seine Entsprechung auf der Regierungsseite haben muss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Was ist das für ein Verfahren? - Da bastelt eine externe Kommission Sparvorschläge für das Parlament und lässt sie dann über die Regierung und die regierungstragenden Fraktionen ins Parlament tropfen. Wir haben schon in der Vergangenheit Änderungen am Abgeordnetengesetz vorgenommen. Der Kollege Harms hat das ausgeführt. Aber immer galt dabei: Das machen wir mit allen Fraktionen gemeinsam.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW - Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

- Nicht so schnell, Herr Kollege. Dass sich eine Regierung in diesen Prozess einmischt, hat es überhaupt noch nicht gegeben.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Herr von Boetticher, ich schlage dringend vor, hier wieder schnell zu dem bewährten Verfahren zurückzukehren. Ich glaube, das wäre in unser aller Interesse.

(Günther Hildebrand [FDP]: Wir haben den nie verlassen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist ein Fraktionsantrag! Ist Ihnen das mal aufgefallen? - Weitere Zurufe)

- Wenn Sie sich jetzt schon aufregen, dann haben Sie eine schwierige Zeit vor sich. Ich bin erst auf Seite vier!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Unru- he)

- Sehen Sie eine Chance, diese Herren da in irgendeiner Weise zu beruhigen? Das wäre sehr nett.

Ich bitte darum, dass der Abgeordnete seinen Vortrag fortführen kann.

Zum Zweiten haben wir bereits im Juni umfassend dargelegt, dass vergleichbare Einsparvorschläge, die die Regierung betreffen - schon wegen gleicher Augenhöhe -, zeitnah mit in dieses Paket gehören.

Sie sagten: Ja, das stimmt. - Aber später haben Sie uns gesagt: Das geht alles nicht so einfach, das müssen wir erst mit der Regierung besprechen. „Brav!“, kann ich da nur sagen. Das ist wirklich großes Kino: erst „Der Pate“, dann „Das Schweigen der Lämmer“!

(Heiterkeit und Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Heute liegen weitere Vorschläge vor - von meiner Fraktion, aber auch von den Grünen und SSW. Bei den regierungstragenden Fraktionen: weiter Fehlanzeige! Ich finde das dreist, und wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was wollt ihr machen?)

- Dazu komme ich jetzt, Herr Kubicki. Ich bitte Sie um etwas Geduld. Sie können nachher zu unseren Punkten einzeln und insgesamt etwas sagen.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Seite zwölf!)

Meine Fraktion hat einen Resolutionsantrag vorgelegt, der gut geeignet ist, auch die Regierung in angemessener Form an Sparmaßnahmen zu beteiligen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wie wäre es mit einem Gesetzentwurf?)

Unsere Vorschläge, die wir Ihnen vorlegen, sind ausgewogen, sie generieren Einsparungen in nennenswerter Höhe, sie sind schnell umzusetzen, sie

(Peter Eichstädt)

sind logisch und nachvollziehbar. Sie lauten erstens: Wir schlagen vor, die Bezüge von Landesministerinnen und Landesministern sowie des Ministerpräsidenten, die zurzeit 109,3 % der jeweiligen B-Besoldungsgruppe betragen, um 4,3 %-Punkte abzusenken. Zweitens. Landesministerinnen und Landesminister sowie der Ministerpräsident beziehungsweise die Ministerpräsidentin sollen Einkünfte aus amtsbezogenen Nebentätigkeiten in Zukunft in voller Höhe abziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Die Grundgehälter der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sowie deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter, aber auch des Präsidenten des Landesrechnungshofs und seiner Stellvertreterin sollen um jeweils 5 % abgesenkt werden.

Viertens. Die Verwaltungskosten der Landesregierung, die Verwaltungskosten der Staatskanzlei, der Landesvertretung beim Bund sowie der Ministerien sind um 10 % abzusenken.

Fünftens. Ein weiteres leicht zu realisierendes Einsparpotenzial sehen wir darin, dass die gerade erst mit dieser Wahlperiode eingeführten Beauftragten der Landesregierung für Mittelstandsförderung und für Integration abgeschafft werden.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und der LIN- KEN)

Auch wenn wir im Besonderen bei dem Kollegen Arp ein hohes Leistungspotenzial erkennen, sind wir überzeugt davon -

(Unruhe)

- Das muss nur abgerufen werden. Das ist das Problem.

(Heiterkeit)

Herr Kollege Arp, Sie wissen, dass Sie sich einer gewissen Wertschätzung in meiner Fraktion zumindest in bestimmten Bereichen erfreuen. Deshalb sage ich das auch.

Umso schwerer fällt es uns, dass wir in diesen schweren Zeiten sagen müssen, dass auch die Landesregierung in der Lage sein muss, mit dem vorhandenen Personalapparat diese Aufgabe wahrzunehmen, wie es übrigens auch in den vergangenen Jahrzehnten möglich war. Wenn der Wirtschaftsminister das nicht kann, haben wir immer noch Herrn Arp als Ministerreserve.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Sechstens. Wir schlagen vor, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit jedem Landesministerium nur einen Staatssekretär beziehungsweise eine Staatssekretärin zuzuordnen. Dies würde zum jetzigen Zeitpunkt den Verzicht auf die zweite Staatssekretärsstelle im Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr bedeuten. Auch hier gilt: Was über viele Jahre ausreichend war, sollte in finanziell schwierigen Zeiten ebenfalls reichen. Das Einsparpotenzial durch diese Maßnahme kann erhöht werden, wenn man gleichzeitig die Führungsstruktur der Landesvertretung in Berlin weiter verschlankt.

Siebtens. Ein weiterer Vorschlag gilt dem Landtag. Wir schlagen vor, die Zahl der Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten wieder auf das Maß zu reduzieren, das auch in der Vergangenheit ausreichend war.

(Vereinzelter Beifall bei der LINKEN)

Da sich unser Präsident offensichtlich großer Vitalität erfreut, sind wir mindestens für diese Wahlperiode sicher, dass diese Maßnahme vertretbar ist.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und der LIN- KEN)

Achtens. Weiter schlagen wir vor, den Anteil der Entschädigungen für Abgeordnete, die neben ihrem Mandat Einkommen aus einem Amtsverhältnis erhalten - gemeint sind damit Ministerinnen, Minister und der Ministerpräsident, die weiterhin Landtagsabgeordnete sind -, von 15 % auf 10 % zu reduzieren.

Die Idee, die Entschädigung für diese Abgeordneten ganz wegfallen zu lassen, hat sicherlich einen gewissen Charme. Das ist verfassungsrechtlich jedoch problematisch, weil diese Abgeordneten einen Anspruch auf eine Aufwandsentschädigung haben. Nachdem, was wir dazu in den Urteilen gelesen haben, glauben wir, dass ein verbleibender Anteil von 10 % angemessen ist. Darunter kann man unserer Meinung nach nicht gehen.

Meine Damen und Herren, dass diese Maßnahmen ebenso zeit- und wirkungsnah beschlossen werden, wie die heute vorliegenden Sparbeiträge der Funktionsträger unseres Parlamentes, halten wir für selbstverständlich.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)