Protokoll der Sitzung vom 08.07.2010

Bei diesem Tempo kann man schon verstehen, wenn dem einen oder anderen aus der Opposition schwindlig wird.

(Lachen)

Nur so ist wohl auch das angebliche Sparkonzept der SPD zu erklären. Sich für die Übernahme der Regierung bereit zu erklären und dann eine völlige Realitätsverweigerung in Schriftform vorzulegen, ist schon abenteuerlich.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn die SPD für ihre Pressemeldung zur Mittelstandsoffensive sogar noch im Lexikon nachschlagen muss, hat sie den Kompass wohl vollends verloren.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Konstruktive Vorschläge? - Fehlanzeige sowohl zur Haushaltskonsolidierung wie auch zur Mittelstandsförderung.

Sie, die Opposition, bekämpfen einen neuen Landesentwicklungsplan, der gerade dem Mittelstand Erweiterungsmöglichkeiten bietet. Sie fordern eine völlige Einstellung der einzelbetrieblichen Förderung, ohne auf die strukturschwachen Regionen Rücksicht zu nehmen. Und Sie fordern Steuererhöhungen, die zu höheren Belastungen der Betriebe führen. Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre ein Abbremsprogramm für den Mittelstand in Schleswig-Holstein.

Gerade deswegen ist es wichtig und richtig, dass die CDU/FDP-Landesregierung mit dieser Offensive einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt hat, der deutlich macht, wo wir unsere Stärken haben und an welchen Stellen die Landesregierung notwendige Änderungen anschiebt. Minister de Jager hat die Schwerpunkte angesprochen. Sie alle sind zentral für die Weiterentwicklung der Standortbedingungen. Die einzelnen Punkte machen aus der Mittelstandsoffensive ein umfassendes Rundum-Paket von der Neujustierung der Förderprogramme über die Verbesserung der Rahmenbedingungen bis zur Schaffung eines speziellen Ansprechpartners für den Mittelstand. Ich danke dir, lieber Hans-Jörn Arp, für deine engagierte Arbeit als Mittelstandsbeauftragter an dieser Stelle sehr herzlich.

(Beifall bei CDU und FDP)

Diese Offensive, liebe Kolleginnen und Kollegen, entstand auch nicht im luftleeren Raum, sondern gemeinsam mit den Vertretern aus der Wirtschaft. Ich danke ihnen für ihre Vorschläge, die auch weiterhin willkommen sind.

Nach wie vor bleibt die Wirtschaftsförderung eine der wichtigsten Säulen, aber wir setzen neue Akzente. Denn - der Minister hat es gesagt - das finanzielle Füllhorn kann nicht mehr ausgeschüttet werden, weil es nicht mehr existiert. Stattdessen liegt der Fokus noch stärker auf zielgerichteten Maßnahmen, beispielsweise dem Programm „Kapital für Handel und Gewerbe“, welches an den Erfolg des Programms „Kapital für Handwerk“ anknüpfen wird. Das Wirtschaftsministerium hat seine Förderinstrumente haargenau den Erfordernissen des Mittelstandes angepasst.

Auch die Verbesserung der Innovationsfähigkeit und der Technologietransfer sind für die Zukunft unseres Landes von großer Bedeutung. Deswegen freue ich mich, dass auch in diesem Bereich unter

anderem die FuE-Förderung erweitert wird. Denn unseren jungen, dynamischen Unternehmen wird damit die Markteinführung innovativer Produkte und damit auch die Schaffung von Arbeitsplätzen erleichtert.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Damit wir ansiedlungsfreundlichstes Bundesland werden, müssen aber insbesondere auch die infrastrukturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Dazu steht der Ausbau der Breitbandversorgung weiterhin ganz oben auf der Agenda. Die Vergabe öffentlicher Aufträge wird noch mittelstandsfreundlicher organisiert. Beim Denkmalschutz werden wirtschaftliche Interessen berücksichtigt. Das Mittelstandsförderungsgesetz - auch das hat der Minister angekündigt - wird novelliert und den neuen Erfordernissen angepasst.

Mit diesen Maßnahmen werden wir Schleswig-Holstein auf einen Wachstumskurs bringen, der den Mittelstand stärkt und Arbeitsplätze für die Menschen schafft.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ein Thema wird dabei im Zentrum stehen. Das ist der angesichts der Bevölkerungsentwicklung drohende Fachkräftemangel in den Betrieben. Ich freue mich, dass sich die Landesregierung bei dieser Querschnittsaufgabe, die ja mehrere Ministerien umfasst, mit Nachdruck und mit neuen Ideen, unter anderem dem Projekt „Handwerk ist mehr“, engagiert, um möglichst viele Schulabgänger für ein erfolgreiches Berufsleben zu qualifizieren und Fachkräfte für die Betreiebe zu gewinnen. Das ist nicht nur eine Herkulesaufgabe, es ist auch eine zentrale Aufgabe für unseren Wirtschaftsstandort.

Meine Damen und Herren, die Mittelstandsoffensive ist gelebte soziale Marktwirtschaft. Wir schaffen mittelstandsfreundliche Voraussetzungen, und ich rufe alle Unternehmen in Schleswig-Holstein auf, diese neuen Freiräume zu nutzen, Beratungs- und Förderangebote anzunehmen, Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen und gemeinsam unseren Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein voranzubringen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion der SPD hat Frau Abgeordnete Regina Poersch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie kommentiert man “Nichts“? Der Frage, ob sich Nichts denken lässt oder nicht, und wenn ja, wie, ist in der Philosophiegeschichte auf sehr verschiedene Weise nachgegangen worden. Dabei wird häufig zwischen einem relativen Nichts unterschieden, das als Mangel oder Verneinung verstanden werden kann, und einem absoluten Nichts, welches, da es sich nicht aus der Verneinung eines Seienden ergibt, bezugslos und differenzlos und damit potenziell undenkbar ist.

(Vereinzelt Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, ich habe Ihren Bericht gehört. Vielen Dank dafür. Ich habe Ihre bunte Broschüre gelesen. Ich habe an der Informationsveranstaltung am Dienstag teilgenommen. Seitdem grüble ich, mit welchen konkreten Taten und welchen wirklich neuen Ideen die Landesregierung dem Mittelstand und dem Handwerk zur Seite stehen will.

Die Bestandsaufnahme ist richtig: Handwerk und Mittelstand sind die tragenden Säulen der Wirtschaft in Schleswig-Holstein. - Ohne die kleinteilige Struktur kleiner und mittlerer Unternehmen, von Familienbetrieben und verantwortungsvollen Betriebsinhabern hätte die Finanz- und Wirtschaftskrise in der Tat weitaus gravierendere Auswirkungen auf unser Land gehabt. Menschen hätten mit allen negativen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte zuhauf ihren Arbeitsplatz verloren.

Die Beschreibung ist ebenfalls richtig: SchleswigHolstein organisiert seit Jahren Hilfen und Förderlotsen für die Wirtschaft. Ich erinnere nur an den früheren Wirtschaftsminister Professor Dr. Bernd Rohwer. Das ist gut und muss erhalten und ausgebaut werden.

Auch Ihre Analyse stimmt: Schleswig-Holstein wird absehbar einen enormen Fachkräftemangel haben, auf den wir schon heute eine Antwort haben müssen. - Dazu zählen eine gute Schulbildung und gerechte Bildungschancen für alle, die Förderung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Ausbildung und Beruf und das Angebot und die Förderung von Weiterbildung. Bildungsurlaub war nicht die schlechteste Idee. SchleswigHolstein muss als attraktiver Lebensort, als offenes und tolerantes Land mit eigener Identität und Kultur erhalten bleiben.

Soweit die Analyse. Aber was folgt daraus? Zutreffend ist auch Ihre Feststellung, dass Handwerksbetriebe Zugang zu Krediten brauchen, und zwar auch

(Johannes Callsen)

dann, wenn Ratingvorgaben etwas anderes sagen. Leider haben Sie den Sparkassen durch Ihre unverantwortliche Änderung des Sparkassengesetzes das Wasser abgegraben.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Immerhin sehen Sie das Zusammenwirken von Förderinstituten wie MBG, Investitionsbank und Bürgschaftsbank als wichtig an. Das ist auch nach Auffassung meiner Fraktion wichtig und soll so bleiben.

Über diese Bestandsaufnahme, Beschreibung und Analyse kommt Ihre sogenannte Offensive für Wachstum und Beschäftigung allerdings nicht hinaus. Ich vermisse konkrete Ansätze, konkrete Hilfen und konkrete Maßnahmen.

Ich habe noch eine Bitte: Tun Sie bitte nicht so, als hätten Sie den Mittelstand und das Handwerk entdeckt. Was Sie beschreiben und in einer Broschüre zusammengefasst als Ihre Offensive verkaufen, ist längst gemeinsam mit Wirtschaft und Gewerkschaften unter Vorgängerregierungen erarbeitet worden.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Wie kommentiert man „Nichts“? Ich fürchte, wir haben es mit einem absoluten Nichts zu tun. Diese sogenannte Offensive ergibt sich nicht nur nicht aus der Verneinung des Seienden. Sie ist weit von dem entfernt, was eine Offensive ausmacht, nämlich einem planvollen und auf Angriff gerichteten Vorgehen.

Wir von der SPD-Fraktion setzen hingegen auf verlässliche Finanzierungsbedingungen mit öffentlichrechtlichen Sparkassen, unterstützt durch die Förderinstitute des Landes.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Wir setzen auf eine Stärkung des Fachkräftepools durch eine aktive Begleitung beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Wir setzen auf Lebensarbeitszeitkonzepte, Weiterbildung und eine beitragsfreie hochqualifizierte Ausbildung.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich setzen wir auf eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir setzen auf faire Wettbewerbsbedingungen durch eine Stärkung der Tarifparteien, durch transparente Vergabe- und Tariftreueregelungen sowie durch die konsequente Bekämpfung von Schwarzarbeit.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Das alles sind unsere Eckpunkte. Das leistet Ihre sogenannte Offensive leider nicht. Von dieser distanzieren wir uns.

(Beifall bei SPD, der LINKEN und SSW)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Kollegin Poersch begann, hatte ich schon Sorge, dass sie das Paket von Herrn Stegner meinte. Wie wir gehört haben, haben sich einige Mitglieder ihrer Fraktion dazu enthalten oder dagegen gestimmt. Ich hatte Angst, hier würde nun der fraktionsinterne Konflikt dazu ausgetragen.

(Martin Habersaat [SPD]: Sie sind zum Glück immer einstimmig! Entschlossen Seit’ an Seit’! - Weitere Zurufe)

- Genau. Warten wir es einmal ab, Herr Kollege!

Die vorgestellte Mittelstandsoffensive der Landesregierung trägt nicht zufällig das Handwerk im offiziellen Namen.

Wir haben diese Offensive im Koalitionsvertrag vereinbart. Sie soll nicht nur dazu dienen, kurzfristiges Wirtschaftswachstum zu fördern. Die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit unseres Landes soll dadurch mittel- bis langfristig verbessert werden. Die fünf Schwerpunkte sind aus unserer Sicht absolut richtig gewählt worden. Die 66 aufgeführten Maßnahmen, die als viele kleinere und größere Teilprojekte Bestandteil der Offensive sind, stehen gerade in Zeiten der Haushaltskonsolidierung für eine verlässliche und zielgenaue Wirtschaftspolitik.