Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

- So ist es nachzulesen in der Presseerklärung und in der anschließenden Berichterstattung in den

(Dr. Ralf Stegner)

„Kieler Nachrichten“. Wenn Sie da falsch zitiert sein sollten, Frau Kollegin Heinold, dann nehme ich das zurück, aber so ist es nachzulesen, in den „Kieler Nachrichten“. Ich habe das Zitat dabei, ich könnte es Ihnen noch einmal vortragen. Das ist sogar in Anführungsstriche gesetzt, Frau Kollegin.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

„Wiegard rechnet sich die Zahlen schön“.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Reich! Das ist ein Unterschied zu „schön“! – weitere Zurufe)

- In der Überschrift heißt es auch „schön“. Gut. Den Punkt mag ich Ihnen noch zugestehen, ob „reich“ oder „schön“, der Punkt geht an Sie. Mir reicht es, wenn ich bei den restlichen Punkten heute recht behalte.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, auf Seite 1 des Finanzplans wird die Entwicklung der Verschuldung des Landes seit dem Jahr 1990 aufgezeigt, und zwar nicht nur des offiziellen Landeshaushaltes, sondern inklusive aller Schattenhaushalte bei der Liegenschaftsgesellschaft, bei der Beteiligungsgesellschaft und bei der Krankenhausfinanzierung - alles Schattenhaushalte, die zur rot-grünen Regierungszeit geschaffen worden sind.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Dafür haben wir Sie gelobt!)

Das nenne ich ein Höchstmaß an Transparenz, wenn Ihre Schattenhaushalte hier transparent dargestellt werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Seite 6 des Finanzplans führt uns vor Augen, dass zu rot-grüner Regierungszeit die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein im Rahmen der Gewährträgerhaftung mit sagenhaften 168 Milliarden € für die HSH Nordbank gerade gestanden haben. Der schleswig-holsteinische Anteil daran entsprach mehr als dem Zehnfachen des kompletten Landeshaushaltes zu rot-grüner Regierungszeit. Auch das ist ein Höchstmaß an Transparenz. Ich kann diese Aufzählung jetzt beliebig weiter fortsetzen.

Auf Seite 12 ist gut zu sehen, wie zu rot-grüner Regierungszeit Investitionen gekürzt und stattdessen konsumtive Ausgaben erhöht wurden. Die Seiten 13 und 14 zeigen, wie es durch die Steuersenkungspolitik der rot-grünen Bundesregierung dazu

kam, dass trotz eines kontinuierlichen Wirtschaftswachstums die Steuereinnahmen in Schleswig-Holstein seit 1998 stetig gefallen sind und im Jahr 2004 über 300 Millionen € niedriger lagen als sechs Jahre zuvor.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

An dieser Transparenz war der Kollegin Heinold offenbar nicht gelegen. Wir zumindest können feststellen, dass dieser vorgelegte Finanzplan ein Höchstmaß an Transparenz schafft.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist alles von uns gelobt worden!)

Wer sich dann die Projektionen des Finanzplans für den Zeitraum ab 2020 anschaut, der wird auch dort eine äußerst besorgniserregende Entwicklung ablesen können. Darauf ist heute Morgen schon eingegangen worden. Die Zinsausgaben des Landes, ebenso wie Personalkosten inklusive Pensionszahlungen, schnellen empor. 600 Millionen € mehr an Zinslasten und fast 700 Millionen € mehr an Personalkosten. Angesichts dieser Dramatik kann wahrlich keine Rede davon sein, dass hier der Ernst der Lage verschwiegen und sich der Finanzminister diese Zahlen schön rechnen würde. Das kann man nun wahrlich nicht sagen. Der Vorwurf ist hier vollkommen haltlos.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Weiter!)

Erschwerend kommt hinzu - das ist heute Morgen deutlich gemacht worden -, dass die dargestellte Entwicklung einer politischen Beeinflussung weitgehend entzogen ist. Es sind unvermeidbare Belastungen aus der Vergangenheit, die hier hochzurechnen sind auf die Zukunft, an denen sich aber wenig ändern lässt, wenn die Zahl der Versorgungsempfänger allein in den nächsten zehn Jahren um 10.000 Personen zunimmt.

Meine Damen und Herren, an welcher Stelle rechnet sich der Finanzminister die Darstellung seiner Zahlen schön? Wenn man der Einschätzung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN folgt, dann tut er dies bei den kalkulierten Steuereinnahmen. Ich will gern versuchen, da ein wenig für Aufhellung zu sorgen. Der für das Jahr 2020 berechnete Wert von rund 9 Milliarden € ergibt sich, wenn man die Steuereinnahmen im Falle einer konjunkturellen Normallage zuzüglich Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisung und KFZ-Steuer-Kompensation mit einer jährlichen Rate von 2,5 % fortschreibt. Diese Wachstumsrate liegt unterhalb des

(Tobias Koch)

langfristigen Durchschnitts der Wachstumsrate in Höhe von 2,7 % -das ist der Seite 33 zu entnehmen. Sie wird selbst von den Grünen als realistisch angesehen. 2,5 %, sagt Frau Heinold, das ist in Ordnung, das ist realistisch.

Wenn Frau Heinold ihren Taschenrechner bemüht, kommt sie dennoch zu einem ganz anderen Ergebnis. Woran liegt das nun? Das liegt daran, dass Frau Heinold für ihre Berechnungen einzig und allein auf die Tabelle der Seite 43 abstellt und dort auch nur eine einzige Zeile nimmt, nämlich die erste Zeile der Steuereinnahmen. Aufgrund dieser isolierten Betrachtung kommt sie dann zu ihrer Schlussfolgerung. Auf diese eine einzige Zeile bauen Sie Ihre gesamte Argumentation auf, die Sie der Landesregierung vorhalten.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ist die Zeile denn falsch? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Nicht ausreichend!)

- Nein, aber Ihre Berechnungen und Schlussfolgerungen sind falsch, Frau Kollegin Heinold.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Die Steigerung von 4,1 % werden Sie wohl nicht bestreiten!)

- Das ist falsch. Sie übersehen dabei nämlich gleich drei Dinge auf einmal, Frau Kollegin. Drei Dinge auf einmal, das gibt es offensichtlich nicht nur beim Überraschungsei, sondern offensichtlich auch bei Ihrer Haushaltsanalyse.

Erstens stellen Sie bei Ihrer Berechnung allein auf die reinen Steuereinnahmen ab, auf die erste Zeile.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das steht ja drin!)

Im Finanzplan steht, dass sich die Wachstumsrate von 2,5 % auf die Gesamtsumme der Steuereinnahmen inklusive Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen und Kfz-Steuerkompensation bezieht. Das heißt, Sie müssen zu der von Ihnen verwendeten ersten Zeile weitere 320 Millionen € Kfz-Kompensation aus der dritten Zeile Sonstige Erträge - hinzurechnen, und Sie müssen aus der vierten Zeile 220 Millionen € Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungsweisungen hinzurechnen, um die Gesamtsteuereinnahmen zu erfassen und auf dieser Basis die Steigerungsrate zu berechnen.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Weitere Zurufe)

Herr Abgeordneter Koch, einen Moment. - Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Koch.

Frau Heinold, das war der erste von drei Fehlern. Meine Rede ist noch nicht zu Ende. Wir stellen fest: nicht die Gesamtheit der Steuereinnahmen. Sie haben rein die Steuereinnahmen, die dem Land direkt zufließen, ohne Länderfinanzausgleich, ohne Bundesergänzungszuweisung und ohne Kfz-Kompensation berechnet.

Der zweite Fehler, den Sie bei Ihrer Berechnung machen, ist, dass Sie auf die erwarteten Steuereinnahmen des Jahres 2010 als Ausgangsbasis abstellen und diese mit den Steuereinnahmen des Jahres 2020 bei konjunktureller Normallage vergleichen und dann die prozentuale Entwicklung ausrechnen. Da begehen Sie aber einen systematischen Fehler. Wir haben nämlich im Jahr 2010 weiß Gott keine konjunkturelle Normallage. Die Schuldenbremse geht aber von einer konjunkturellen Normallage aus. Das heißt, Sie müssen die Berechnungsbasis, mit der Sie die Berechnung beginnen, um diesen ermittelten Konjunktureffekt von 500 Millionen € bereinigen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Sonst können Sie anschließend nicht mit Durchschnittsprozentsätzen weiterrechnen.

Wir haben also folgende Situation: Wir haben die 5,55 Milliarden €, die Sie genommen haben. Hinzu kommen 540 Millionen € Länderfinanzausgleich, Bundesergänzungszuweisungen und Kfz-Kompensation. Dann sind wir bei 6.090.000 €. Hinzu kommt der Konjunktureffekt in Höhe von 500 Millionen €. Dann sind wir genau bei den 6.590.000 €, die Sie in der Grafik auf Seite 31 als Ausgangsbasis finden. 6.590.000 €.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Dieser Ausgangswert - das ist die richtige Bemessungsgrundlage - wird mit einer jährlichen Wachstumsrate von 2,5 % bis zum Jahr 2020 fortgeschrieben. - Alles mit dem Taschenrechner nachzurechnen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

6,589 mal 1,02510 ergibt 8,5 Milliarden € im Jahr 2020. 8,5 Milliarden €.

(Tobias Koch)

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Können Sie das nachvollziehen, oder soll er das noch einmal erklären?)

Das war der zweite Fehler, die Nichtberücksichtigung des Konjunktureffektes.

Aufgrund dieser beiden Berechnungsfehler, die Sie in Ihrer Berechnung vornehmen, kommen Sie zu dem vollkommen abwegigen Ergebnis, dass Steuererhöhungen in Höhe von 1,2 Milliarden € nicht einkalkuliert wären.

Das Problem ist nicht, dass wir eine Haushaltslüge präsentieren.

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das haben doch Sie gesagt!)

Das Problem ist einfach: Sie haben immer wieder, monatelang, eine neue Zehn-Jahres-Finanzplanung gefordert. Jetzt, wo eine solche Planung erstmals vorliegt, kommen Sie mit der neuen Systematik noch nicht zurecht. Das ist nicht so dramatisch. Das kann man sich alles erklären lassen. Aufgrund der spontanen ersten eigenen Analyse hier einen derartigen Vorwurf zu erheben, fand ich heute Morgen schon sehr bedauerlich.

Denn es sind nicht 1,2 Milliarden € Steuererhöhungen. Wenn man auch hier genau nachliest und sich nicht nur die Tabelle anschaut, sondern auch den ergänzenden Text, finden Sie auf Seite 31 den Hinweis, dass die Regierung davon ausgeht, dass ab dem Jahr 2013 - letzter Absatz, Modell B - die vorgenommene Absenkung der Steuerbasis aus den Jahren 2008 und 2009 wieder aufgeholt wird. Wie aus der Tabelle auf Seite 27 hervorgeht, handelt es sich hierbei für Schleswig-Holstein um rund 400 Millionen €. Das sind die 400 Millionen €, die - wir waren bei 8,5 Milliarden € angelangt - noch zu den 8,9 Milliarden € fehlen, die im Jahr 2020 hier stehen.