Während die Schulden in den letzten 20 Jahren um das 2,6-Fache gestiegen sind, wuchs die Zinslast „nur“ um das 1,5-Fache. Hätte sich der Zinsmarkt in ähnlicher Form entwickelt, wie die Schulden aufgetürmt worden sind, dann hätten wir heute bereits
600 Millionen € mehr an Zinsen zu zahlen, also nicht 1 Milliarde €, sondern 1,6 Milliarden €. Nach unseren Prognoserechnungen steigen die Zinslasten in den kommenden zehn Jahren um gut 700 Millionen € an, aber nur, wenn der Konsolidierungskurs konsequent umgesetzt wird. Geschieht das nicht, werden die Ausgaben weiterhin in dem Maße wie bisher entwickelt, wird die Steigerung mindestens doppelt so hoch ausfallen. So werden künftige Generationen auch nach 2020 noch jedes Jahr mehr als 1,7 Milliarden € Zinsen für alte Schulden zu bezahlen haben, obwohl und wenn - das ist die Voraussetzung - ab dann keine neuen Schulden mehr hinzukommen.
Das ist aber noch nicht die ganze Wahrheit über die Vorbelastungen aus der Vergangenheit, die die Zukunft auch hier unerbittlich einholt. Denn ist die Zahl der Versorgungsempfänger in den letzten 20 Jahren um etwa 10.000 Versorgungsberechtigte gestiegen, wird sich diese Zahl jetzt bereits in den nächsten zehn Jahren um weitere 10.000 Versorgungsempfänger erhöhen. Aus heute 28.000 Empfängern für Versorgungsleistungen werden dann 38.000 Versorgungsberechtigte werden. Die finanziellen Leistungen, die für Versorgung und Beihilfe für diesen Personenkreis aufzubringen sind, werden von heute mit etwa 1 Milliarde € in zehn Jahren auf gut 1,5 Milliarden € ansteigen, weil hierfür in der aktiven Beschäftigungszeit der Beamten keine entsprechende Vorsorge getroffen wurde. Die Hypotheken der Vergangenheit lassen kräftig grüßen.
Derzeit wenden wir jeden dritten Steuereuro nur für die Bezahlung der Vergangenheit auf. Dieses Geld steht für Zukunftsaufgaben nicht mehr zur Verfügung. Schleswig-Holstein ist mit diesen Hypotheken schwer belastet und hat darüber hinaus noch einen gewaltigen Renovierungsstau. So beträgt das strukturelle Defizit im Haushalt etwa 1,25 Milliarden €, die Differenz also zwischen den konjunkturbereinigten regelmäßigen Einnahmen und den regelmäßigen Ausgaben. Über die Methode, wie dies für alle Länder und für den Bund einheitlich zu berechnen ist, wird zwar noch verhandelt, insofern besteht da noch eine Bandbreite der Möglichkeiten, aber in dieser genannten Region wird es sich bewegen.
Das bedeutet bis 2020 1,25 Milliarden € strukturelles Defizit abbauen, nahezu 700 Millionen € zusätzliche Zinsen bewältigen und weitere 500 Millionen € zusätzliche Versorgungsleistungen aufbringen. Das sind vergangenheitsbezogene Lasten von rund 2,4 Milliarden €.
Darüber hinaus werden die Tarifsteigerungen für die aktiv Beschäftigten trotz erheblicher Personalstellenreduzierungen mindestens 400 Millionen € betragen. Auch der Anteil, der den Kommunen von unseren - in der Zukunft hoffentlich wachsenden - Steuereinnahmen zusteht, wird etwa um die gleiche Summe, um 400 Millionen €, ansteigen. So summieren sich die nicht mehr vermeidbaren Vorbelastungen aus der Vergangenheit und die aus heutiger Sicht bereits berechenbaren künftigen Belastungen auf insgesamt etwa 3,2 Milliarden €, die im Jahr 2020 zusätzlich erwirtschaftet werden müssen.
Dem steht gegenüber, dass die konjunkturbereinigte Steuerentwicklung nach unserer Finanzplanung, einschließlich Länderfinanzausgleich, einschließlich Bundesergänzungszuweisungen, einschließlich Ausgleich für die weggefallene KfzSteuer in zehn Jahren, um etwa 2,3 Milliarden € gestiegen sein wird. Das heißt, aus den zusätzlich zu leistenden Ausgaben abzüglich der zusätzlich hereinkommenden Einnahmen entsteht eine Lücke von etwa 900 Millionen bis 1 Milliarde €, die durch Ausgabenkürzungen reduziert werden muss oder aber über das berechnete Volumen der Einnahmen hinaus gesteigert wird.
In den vergangenen Monaten haben wir in Deutschland und in anderen Teilen Europas über die Finanzlage Griechenlands und auch über manche andere Länder viel gehört. Manche haben sich darüber ziemlich ereifert. Wir sollten da zurückhaltend sein, denn die Summe der Kapitalmarktschulden des Landes und seiner Kommunen und die anteiligen Bundesschulden, die mit der schleswig-holsteinischen Wirtschaftskraft zu erwirtschaften sind, betrugen am Ende des letzten Jahres über 63 Milliarden € und damit 87 % unseres Bruttoinlandsprodukts. Darin sind die impliziten Verpflichtungen aus Versorgungszusagen, die ich eben aufgezeigt habe, noch nicht enthalten. Sie betragen kapitalisiert etwa 36 Milliarden €, also deutlich mehr als die Kapitalmarktschulden. Dann wären wir bereits insgesamt bei einem Volumen von 100 Milliarden € Verpflichtung und Verschuldung, und das wären dann 130 % unseres Bruttoinlandsprodukts. Nicht nur die Vergangenheit, auch Griechenland lässt herzlich grüßen.
Das ist die ungeschminkte Finanzlage des Landes Schleswig-Holstein heute und ihre voraussehbare Fortschreibung auf das Jahr 2020, wenn, aber nur wenn Parlament und Regierung sich in der Zwischenzeit nicht wegducken, sondern ihre Aufgaben erfüllen und mit ihren Entscheidungen dafür sorgen, dass in spätestens zehn Jahren mit dem Rück
Unser Ziel ist es, meine Damen und Herren, ab 2020 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt aufzustellen und zu vollziehen. Strukturelle Defizite abzubauen ist dabei nicht Selbstzweck, aber ohne das ist alles andere zwecklos. Um die Handlungsfähigkeit Schleswig-Holsteins wiederherzustellen, dürfen die regelmäßigen Ausgaben Schleswig-Holsteins dauerhaft nicht die regelmäßigen Einnahmen übersteigen, im Gegenteil. Entscheidend ist die Entwicklung der um konjunkturelle Effekte bereinigten strukturellen Einnahmen. Die Ergebnisse der Steuerschätzung verlieren so für die Aufstellung der Haushalte künftig ihre bisherige, über 40 Jahre währende zentrale Bedeutung. Aber die darin enthaltenen Konjunkturprognosen und deren Auswirkungen zeigen, ob wir unsere konjunkturell bedingte Kreditaufnahme nachjustieren müssen oder nicht.
Unser zweites finanzpolitisches Ziel ist, das strukturelle Defizit in zehn Jahren in gleichen Schritten abzubauen, also jährlich um geschätzt etwa 125 Millionen €. Für diesen Part haben wir die Ausgabengrenze festgelegt. Sie ergibt sich aus allen zur Verfügung stehenden strukturellen Einnahmen und dem maximal zulässigen strukturellen Defizit. Diese Ausgabengrenze ist in unserer Planung ein maximaler Wert. Er kann nach unten, nicht aber nach oben verändert werden. Das jahresdurchschnittliche Wachstum unserer allgemeinen strukturellen Deckungsmittel beträgt voraussichtlich etwa 3,4 % pro Jahr, unsere Ausgabengrenze wächst aber nur um 1,5 %. Die Differenz wird dringend benötigt, um das strukturelle Defizit zu reduzieren.
Unser drittes Ziel ist, meine Damen und Herren, die Konsolidierungshilfe des Bundes in Höhe von 80 Millionen € jährlich zu erhalten. Der Bund und alle Länder bezahlen diese Konsolidierungshilfe durch Umsatzsteuerabzug, so auch Schleswig-Holstein. Der Bericht an den Stabilitätsrat - den ersten werden wir für die kommende Sitzung im Oktober vorlegen - wird den Nachweis erbringen, dass unsere Konsolidierung gelingt.
Und viertens wollen wir den Kommunen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs Planungssicherheit geben. So wollen wir den kommunalen Finanzausgleich verstetigen, ihn also im Zuge der eigenen Steuerplanung von konjunkturellen Schwankungen möglichst freimachen sowie bei den Landeseinnahmen auch. Voraussetzung ist natürlich
Meine Damen und Herren, die genannten vier finanzpolitischen Ziele können nur erreicht werden, wenn die derzeitigen regelmäßigen Ausgaben begrenzt, teilweise reduziert und die regelmäßigen Einnahmen auf einem höheren Niveau als heute verstetigt werden. Ohne diese Kombination aus Ausgabendisziplin und Einnahmestabilität wird ein ausgeglichener Haushalt nicht zu erreichen sein.
Da insbesondere die Vorbelastungen aus der Vergangenheit, neben dem strukturellen Defizit vor allem die unvermeidbaren Ausgaben für Zinsen und Versorgung, einen immer größer werdenden Teil beanspruchen, bleibt für die übrigen Ausgaben für Personal und Verwaltung, Zuweisungen und Investitionen kein wachsender Ausgaberahmen insgesamt mehr übrig. Das dafür zur Verfügung stehende Gesamtbudget wird also über den gesamten Konsolidierungszweitraum mit jeweils rund 7 Milliarden € konstant auf einem Niveau gehalten werden müssen. Das ist eine gewaltige Herausforderung.
Dabei steigen die darin enthaltenen Ausgaben für Personal und Verwaltung von derzeit knapp 3,8 Milliarden € allein bereits um 700 Millionen € aus etwa 4,5 Milliarden € im Jahr 2020. Darin ist schon enthalten, dass wir die Zahl der Stellen um 5.300 reduzieren und eine Vielzahl personalwirtschaftlicher Maßnahmen vornehmen, die ebenfalls die Ausgaben begrenzen werden. So erhöhen wir das Pensionseintrittsalter für Regierungsmitglieder um sieben Jahre, die Lebensarbeitszeit für Polizeibeamte um zwei Jahre, und Beamte müssen künftig eine höhere Eigenleistung bei der Beihilfe erbringen, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Dies alles, meine Damen und Herren, begrenzt nur den Anstieg der Ausgaben im Personalbereich, verhindern kann es ihn nicht. Allein in den nächsten beiden Haushaltsjahren steigen Personal- und Verwaltungskosten von 3,77 Milliarden € um 165 Millionen €. Im selben Zeitraum bauen wir aber bereits über 800 Stellen ab. Wenn in einem festen Ausgaberahmen ein Teil der Ausgaben steigt, dann reduziert sich, weil die Summe sich nicht erhöht, zwangsläufig der verbleibende Teil. Hier kommen ganz simpel die vier Grundrechenarten zum Tragen, die in den vergangenen 20 Jahren zeitweise sträflich ignoriert worden sind.
Man hat, weil die Ausgaben für Personal und Verwaltung steigen, das verbleibende Budget für Zuweisungen, Zuschüsse und Investitionen von heute 3,4 Milliarden € um über 700 Millionen € auf etwa 2,7 Milliarden € im Jahr 2020 gesenkt. Davon entfallen allein auf die nächsten beiden Haushaltsjahre über 300 Millionen €, rund 40 %.
Neben der Kürzung von Ausgaben im Zuge des Auslaufens der Konjunkturprogramme haben wir uns bei den vorgenommenen Ausgabenkürzungen wesentlich an drei Kriterien orientiert: dem Ausgabenniveau der vergleichbaren Flächenländer, der Reduzierung einkommensunabhängiger Förderung und der Beseitigung möglicher Doppelstrukturen. Begrenzung und Kürzung von Ausgaben stößt dabei natürlich regelmäßig nicht auf die ausgeprägte Zustimmung der jeweils Betroffenen. Ich habe zum Teil durchaus Verständnis, wenn die Betroffenen die Frage stellen, ob denn diese Kürzung im Gesamtkontext ausgewogen ist. Meine Damen und Herren, die von uns vorgenommen Kürzungen und Ausgabenbegrenzungen betreffen alle öffentlichen Ausgabenbereiche.
So schaffen wir die unabhängig vom Einkommen gewährte Beitragsbefreiung von Kindern in Kindertagesstätten wieder ab. Stattdessen bauen wir die Infrastruktur aus und helfen den Kommunen, ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge in der Kinderbetreuung besser erfüllen zu können. Wir senken das ebenfalls einkommensunabhängig gewährte Landesblindengeld für Erwachsene auf den Satz, der für blinde Kinder gilt, nämlich 200 € im Monat. Das Blindengeld für Kinder wird nicht gekürzt. Einkommensschwache blinde Menschen erhalten angemessene Blindenhilfe. Wir streichen die Landeszuschüsse zu den Schülerbeförderungskosten. Wir senken die Ausgaben im Rahmen der Sozialverträge und begrenzen das Wachstum der Ausgaben im Sozialhaushalt. Wir senken insbesondere die Ausgaben für die einzelbetriebliche Förderung im Zuge der Wirtschaftsförderung und konzentrieren uns auch hier auf den Ausbau der Infrastruktur. Wir kürzen den Zuschuss zum Schleswig-Holstein Musik Festival, ohne die Aufgabe an sich damit zu gefährden.
Meine Damen und Herren, wenn wir die Ausgaben im Rahmen der verfügbaren Mittel neu ordnen, geht es vor allem darum, das, so weit möglich, gerecht zu gestalten, dabei die für unsere Gesellschaft notwendigen ehrenamtlichen Strukturen zu erhalten und die soziale Ausgewogenheit zu wahren.
Ich sage auch sehr deutlich: Für die Haushaltskonsolidierung, die wir uns vorgenommen haben und die wir leisten müssen, reichen Ausgabenkürzungen und wirtschaftliches Wachstum allein nicht aus. Wir brauchen neben einem stetigen und verlässlichen Einnahmewachstum auch strukturelle Einnahmeverbesserungen.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was heißt denn das? Steuererhöhun- gen? - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] – Weitere Zurufe)
- Frau Kollegin Heinold, wenn ich mich recht entsinne, gehören Sie diesem Landtag jetzt 15 Jahre an. Die besten Jahre für Schleswig-Holstein davon waren die letzten fünf Jahre.
In der Zeit hatten Sie keine Mehrheit, den Blödsinn zu beschließen und umzusetzen, den Sie uns in den letzten Wochen vorgelegt haben.
(Beifall bei CDU und FDP – Zurufe der Ab- geordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Unsere Finanzplanung sieht deshalb zusätzlich zu der langfristigen Steuereinnahmeverbesserung um jährlich 2,5 % - Frau Heinold, hören Sie einmal genau zu - für die Jahre 2013 bis 2016 zusätzliche strukturelle Einnahmeverbesserungen von jeweils 100 Millionen € vor, um die strukturelle Delle wieder auszugleichen, die wir mit den Steueränderungsgesetzen der letzten 18 Monate ab 2010 in der Größenordnung von rechnerisch etwa 400 Millionen € zu verkraften hatten.
Da Sie selbst keine Vorschläge haben, die zum Ziel führen, ist es gut, wenn Sie die Stichworte geben, auf die man dann sofort antworten kann.
Diese Einnahmeverbesserungen müssen vorrangig durch die Beseitigung von Ausnahmen und Vergünstigungen – insbesondere bei der Einkommen- und Umsatzsteuer, zum Teil auch bei der Körperschaftsteuer – erzielt werden und müssen gleich
zeitig das Ziel verfolgen, die Bürokratiekosten für Unternehmen, für Steuerbürger, aber auch für unsere Steuerverwaltung deutlich zu senken.
(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war nicht mein Stichwort! – Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wie heißt dann das Zauberwort? Steuererhöhungen?)
Darüber hinaus werden wir die Grunderwerbsteuer ab 2013 von heute 3,5 % auf 5 % anheben. Das ist eine klare Ansage.
Eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer zu einem früheren Zeitpunkt halten wir nicht für sinnvoll. Sie müssen das etwas aufmerksamer verfolgen, in Ihrer Zeit hat es ja nicht so viel wirtschaftliches Wachstum in Schleswig-Holstein gegeben, aber deshalb arbeiten wir daran, dass das besser wird.
- Sie müssen sich einmal mit den Zahlen befassen, Herr Kollege Stegner, nicht mit Ihrem Wolkenkuckucksheim!