„Für die Durchführung einer Wahl auf Grundlage eines geänderten Gesetzes bedarf es eines deutlich längeren Zeitraums, damit
der Landtag zunächst ein verfassungsmäßiges Wahlrecht schafft. Während dieses Zeitraums bleiben die Abgeordneten im Amt und der Landtag behält seine volle Handlungsund Arbeitsfähigkeit, denn bis zur Neuregelung und Durchführung der gebotenen Neuwahl verbleibt es bei dem festgestellten Wahlergebnis.“
- Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass Sie als Jurist in einem Rechtsstaat zwischen Legalität und Legitimität unterscheiden. Das kenne ich bisher nur von Willkürstaaten.
Vielleicht darf ich darauf hinweisen, dass Ihr Fraktionsvorsitzender erklärt hat - wenn er das gerne möchte, können wir das auch schriftlich dokumentieren -, dass kein Abgeordneter der Grünen die Legitimität des Landtags infrage stellt. Vielleicht, Herr Kollege Habeck, sorgen Sie einmal dafür, dass bei Ihnen mit einer Stimme gesprochen wird.
Wir haben unabhängig von der Schaffung eines neuen Wahlrechts noch eine ganze Reihe von Aufgaben vor uns, die erfüllt werden müssen. Die erste nach dem Richterspruch ist es, den Haushalt einzubringen und zu beschließen. Wir haben als Koalition und als Landtag die Verantwortung, jetzt und nicht erst 2012 die Maßnahmen einzuleiten, die das Land vor dem weiteren finanziellen Abrutschen bewahren. Zumindest die Koalition aus CDU und FDP wird diese Verantwortung auch wahrnehmen.
Anstatt aufgeregt Wahlterminfragen in der Öffentlichkeit zu erörtern, sollte auch die Opposition genau dort weitermachen, wo wir gemeinsam mit den Debatten zur Schuldenbremse und zum Sparpaket der Haushaltsstrukturkommission aufgehört haben, nämlich erstens im Ziel einig zu sein, das Land strukturell so aufzustellen, dass es finanziell wieder eine Perspektive hat, und zweitens über die Wege dorthin inhaltlich zu streiten. Die nächsten Monate werden dazu ausreichend Gelegenheit bieten. Ich bin gespannt auf die konkreten Vorschläge der Opposition, in der einen oder der anderen Richtung etwas zu verändern. Hier werden die nächsten Monate ein Highlight der parlamentarischen Beratung werden. So sollte, liebe Kolleginnen und Kollegen, Parlamentarismus auch funktionieren. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW wieder auf
diesen Pfad der Vernunft begeben. Das würde auch der Verantwortung einer parlamentarischen Opposition gerecht.
Die Herausforderungen, vor denen das Land, die Bürgerinnen und Bürger und letztlich dieses Parlament stehen, sind immens. Wer den Finanzplan der Landesregierung bis zum Jahre 2020 studiert hat, erkennt deutlich, dass Schleswig-Holstein ohne ein Umsteuern bald vor dem finanziellen Kollaps steht. Hierbei ist die Frage, wer an der jetzigen Situation Schuld ist, müßig, denn es ist völlig egal, wer regiert: Die Probleme werden nicht von allein durch einen Regierungswechsel verschwinden.
Jede politische Kraft in diesem Hause wird vor den gleichen Herausforderungen stehen, die von Verfassung wegen zu bewältigen sind. Das Land hat heute eine Gesamtverschuldung von 27 Milliarden €, die sich bis zum Jahr 2020 ohne ein energisches Gegensteuern fast verdoppeln würde.
Wir wenden derzeit 1 Milliarde € Zinsen nur für die Schulden der Vergangenheit auf, die sich ebenfalls bis zum Jahr 2020 - würde nicht energisch gegengesteuert - mehrmals verdoppeln würden. Das ist eine tickende Zeitbombe, die derzeit die Landesfinanzen zu sprengen droht und die entschärft werden muss.
Die Ausgaben für die Versorgung ehemaliger Landesbediensteter sind aus den regelmäßigen Steuereinnahmen des Landes zu finanzieren, weil eine Versorgungsrücklage, die 1999 gebildet wurde, nicht aufgefüllt worden ist. Auch dies ist ein Posten, der künftig deutlich anwachsen wird. Die Ausgaben hierfür werden von 1,05 Milliarden € in diesem Jahr auf 1,55 Milliarden € im Jahr 2020 steigen. Die Anzahl der Versorgungsempfänger wird von derzeit 28.000 auf 38.000 ansteigen.
Die sonstigen Haushaltsrisiken aus Gewährträgerhaftung und Bürgschaften zugunsten der HSH Nordbank will ich nur anmerken, ohne sie besonders zu beleuchten.
Insgesamt lassen die vom Finanzminister vorgelegten Zahlen keinen Zweifel. Wir müssen handeln, und wir müssen jetzt handeln.
In der Vergangenheit wurden finanz- und wirtschaftspolitisch viel zu viele Fehler begangen. Auch dies will ich nur anmerken: Es gab einmal eine Partei, Herr Habeck, die gegen wirtschaftliches Wachstum war, die ein Nullwachstum propagiert hat. Wir wissen heute, dass wir ohne wirtschaftliches Wachstum die Einnahmenprobleme der öffent
Ohne Sie überfordern zu wollen, will ich doch festhalten, dass die Zahl der Arbeitslosen im Jahre 2005, dem letzten Regierungsjahr von Rot-Grün, mit 161.000 Menschen so hoch war wie noch nie in den letzten 20 Jahren. Ende August 2010 waren 105.000 Menschen ohne Beschäftigung - immer noch wesentlich zu viel, aber immerhin eine Quote von 7,4 % und damit der niedrigste August-Wert seit 1993.
Und noch ein Vergleich: In den Jahren 2004 und 2005, also den letzten Jahren von Rot-Grün, waren die Investitionsausgaben im Haushalt mit 668 beziehungsweise 675 Millionen € auf dem niedrigsten Niveau der vergangenen 20 Jahre. Sie lagen um fast ein Viertel unter dem Wert von 1990, und ich erinnere gern noch einmal an die Aussage des ehemaligen Wirtschaftsministers des Landes SchleswigHolstein, Peer Steinbrück - lange Zeit Chef von Torsten Albig, dem Ministerpräsidentenkandidaten der SPD in spe -, wonach weniger Investitionen einen Wachstumsverlust in der Zukunft und damit geringere Steuereinnahmen für den Staat bedeuten.
- Das Schöne an Ihnen ist, dass Sie nicht warten können. Aber nicht alles, was Sie drängt, ist auch dringlich.
Wir schaffen es trotz der erheblichen Konsolidierungsbemühungen, zu denen ein Teil der Opposition ja erklärt, wir sparten das Land kaputt - nachdem Frau Heinold uns jetzt aufgefordert hat, noch mehr zu sparen -, und trotz der Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, in unserem Haushalt 860 Millionen beziehungsweise 800 Millionen € für Investitionsmaßnahmen bereitzustellen. Wir sparen also nicht an den falschen Stellen, sondern investieren - so Peer Steinbrück - in die Zukunft.
Die Menschen verlangen zu Recht von Politik Führung und Orientierung. Wir zeigen die Leitlinien auf, anhand derer wir es schaffen können, künftig Haushalte ohne neue Verschuldung aufzustellen und danach ab 2021 sogar mit dem Schuldenabbau zu beginnen.
gegeben -, die strukturelle Neuverschuldung bis zum Jahr 2020 auf null zu reduzieren. Diese strukturelle Neuverschuldung beträgt nach den Berechnungen der Landesregierung derzeit 1,25 Milliarden €. Wir sind also gehalten, jedes Jahr 125 Millionen € dieses Defizits abzubauen. Daran führt kein Weg vorbei.
Einfach weiterzumachen wie bisher, wäre keine Alternative und würde direkt in die Staatspleite führen, die die kleinen Leute treffen würde, nicht die Wohlhabenden, die ihr Vermögen rechtzeitig in Sicherheit bringen können.
Nur wenn wir die finanzielle Durststrecke der nächsten Jahre durchwandern - und es ist vielleicht an dieser Stelle noch einmal wichtig, darauf hinzuweisen, Herr Kollege Habeck, dass die FDP erst seit einem Jahr mitregiert und nicht in den vergangenen 39 Jahren unserer Landesgeschichte -,
werden wir es schaffen, neue Spielräume für zusätzliche Ausgaben in den Bereichen Bildung, soziale Sicherheit und Investitionen für künftige politische Generationen zu erschließen.
Das von dieser Regierung aufgelegte Sparprogramm tut weh, und es ist keine besondere Freude, Menschen, Vereinen und Verbänden zu erklären, dass die ihnen bisher gewährten Zuschüsse des Staates zurückgeführt werden müssen.
Hierfür gibt es ein allgemeines Grundverständnis egal wo ich hinkomme, sagen mir Leute: Jawohl, es muss gespart werden! -, aber es ist immer wieder schwierig, dieses allgemeine Grundverständnis im Einzelfall bezogen auf das eigene Schicksal, den eigenen Verband oder den eigenen Verein zu akzeptieren. Auch heute demonstrieren wieder Menschen vor diesem Landeshaus, die sich ungerecht behandelt fühlen, die glauben, ihre Arbeit genösse nicht die notwendige Wertschätzung, die sogar das Motto kreiert haben: „Wir zahlen nicht für eure Krise!“ Ich kann all diese Menschen verstehen, nur tragen diese Demonstrationen nichts zur Lösung des Problems bei, dass dieses Gemeinwesen SchleswigHolstein seit Jahren und Jahrzehnten über seine Verhältnisse gelebt hat und nun ein Punkt erreicht ist, an dem die vielfältigen Wünsche und Begehrlichkeiten in ihrer Gesamtheit nicht mehr zu finanzieren sind. „Wir zahlen nicht für eure Krise“, heißt es also.
Aber es ist keine Krise des Parlaments oder der Koalition. Es ist eine Krise des ganzen Landes. Den Demonstrierenden - wie allen betroffenen Menschen - muss erklärt werden, dass das Geld nicht von der Bank kommt, sondern erwirtschaftet werden muss, dass neben die Konsolidierungsbemühungen zum Haushalt eine Wachstumsstrategie gestellt werden muss, da Schleswig-Holstein künftig nicht mehr auf die Hilfe anderer Länder, des Bundes oder der Europäischen Union hoffen kann, sondern sich in erster Linie selbst helfen muss. Dies geht nur über eine Verstärkung der Steuerbasis durch ein höheres wirtschaftliches Wachstum als in der Vergangenheit.
Herr Kollege Dr. Stegner, ich finde es sehr bemerkenswert, dass jemand, der in der Föderalismuskommission gesessen hat, abstimmungsberechtigt war und sich damals dort nicht durchgesetzt hat, heute erklärt, was diese Regierung leisten muss was er in seiner Funktion in der Föderalismuskommission versäumt hat. Das ist schon ein starkes Stück, Herr Dr. Stegner.
Unabhängig davon, dass wir eine höhere Kampfkraft haben als Sie, was wir in Berlin schon bewiesen haben, zeigt es aber, wie schwach Sie in der Vergangenheit bei der Durchsetzung der Position waren, die Sie nun von anderen einfordern.
Wir schaffen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, die es ermöglichen sollen, den derzeitigen Aufschwung weiter zu beschleunigen.
Selbstverständlich erlaube ich eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Stegner. Wer weiß, wie lange wir ihn noch haben.
Lieber Herr Kollege Kubicki, ist Ihnen bekannt, dass sowohl der Kollege Kayenburg als auch ich selbst als Gäste an der Föderalismuskommission für den Landtag beziehungsweise die SPD-Fraktion teilgenommen haben und mitnichten stimmberechtigt gewesen sind? Stimmbe