Protokoll der Sitzung vom 10.09.2010

Mehr Entwicklung war und ist immer möglich, wenn man interkommunal kooperiert. Auch das ist nun wirklich nicht neu. Die vielbeschworene Freigabe sämtlicher Regeln - ich denke, die Regierungsfraktionen sollten heute ganz kleine Brötchen backen.

So gab der neue Landesentwicklungsplan durchaus Anlass für Lob aus meiner Fraktion. Das ist auch kein Wunder, wenn selbst der Innenminister Schlie einräumt, im Wesentlichen auf den Entwurf seines SPD-Amtsvorgängers Hay zurückgegriffen zu haben.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie, Herr Minister, den LEP um satte 22 Seiten verkürzt haben, finde ich gelungen. Dazu muss man dann aber auch wissen, dass die Anlagen wiederum länger werden und man schlicht einen Verweis auf die Bevölkerungsentwicklung einbaut. Diese Bevölkerungsentwicklung soll dann nachgereicht werden. Das macht den Plan vielleicht wie

(Petra Nicolaisen)

der ein Stückchen unübersichtlicher - womit ich bei einem unserer Kritikpunkte bin.

Kritisch sehe ich zum Beispiel die mit schwammigen Auflagen im LEP formulierte Möglichkeit, dass in Stadt-Umland-Beziehungen Gemeinden auch ohne den zentralen Ort agieren können, um von diesem Rahmen abzuweichen. Das hätte man punktgenauer formulieren können.

Alles in allem können wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit dem Werk leben. Gut ist zum Beispiel, dass der Landesentwicklungsplan klar die Grenzen für die Ausweisung neuer Campingplätze an der Küste aufzeigt. CDU und FDP hatten hier genau das Gegenteil verlangt. Statt weiter um den Text des LEP zu streiten, sollten wir unsere Kräfte nun darauf konzentrieren, ihn zu nutzen, um unser Land in eine gute Zukunft zu bringen.

Das gilt insbesondere und ganz dringend für die Umsetzung und rasche Nutzung der Windenergieeignungsflächen. Die Teilfortschreibung der Regionalpläne muss ganz schnell vorankommen. Ob das dann noch die Abteilung Landesplanung im Innenministerium macht oder ob das die neuen kommunalen Planungsverbände machen, ist für mich nicht der entscheidende Punkt. Wenn allerdings die Regionalplanung in den kreisübergreifenden Planungsverbänden erledigt werden soll, brauchen wir dort sehr schnell Handlungsfähigkeit und - auch wichtig - eine demokratische Legitimation.

Die Landesregierung - das hatten wir in unserem Ursprungsantrag formuliert muss hier ganz schnell mit der kommunalen Ebene ein Modell entwickeln und umsetzen.

Für heute Nachmittag helfen uns weder die einen noch die anderen Anträge. Wir werden alle ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich festhalten, dass der Innenminister und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Landtagsbeschluss vom 17. März hervorragend in die Gesetzentwurfsversion eingearbeitet haben. Die Sozialdemokraten haben das inzwischen auch eingesehen.

Frau Kollegin Poersch, es ist allerdings interessant ich hatte das auch schon in mehreren regionalen Zeitungen gelesen -, dass die SPD dann irgendwann die Strategie gefahren hat: Wir loben einfach einmal den Innenminister für die tolle Einarbeitung der SPD-Vorschläge. Das haben Sie heute auch gemacht und dann Behauptungen aufgestellt, die nicht so ganz den Tatsachen entsprechen, was wir angeblich alles gewollt hätten und was jetzt ganz anders drinsteht. Das passt nicht so ganz. Aber gut, sei’s drum.

Ich finde es aber schön, dass Sie letztlich sagen, Sie können insgesamt damit mittlerweile leben. Ich hätte mich auch sehr gefreut, wenn der ehemalige Innenminister Dr. Ralf Stegner der Debatte gefolgt wäre, denn er hat mit diesem Thema ausreichend zu tun gehabt.

(Olaf Schulze [SPD]: Herr Hay ist doch da!)

- Herr Kollege Schulze, ich finde es einfach merkwürdig, dass Herr Stegner Nachtsitzungen medienwirksam beantragt, wo wir viel zu tun haben, und dann möchte er daran gar nicht teilnehmen. Das finde ich schon ein bisschen merkwürdig, muss ich ganz ehrlich sagen,

(Beifall bei FDP und CDU)

auch wenn ich verstehe - ich bin ja schon etwas länger in der Partei -, dass man vor einem wichtigen Parteitag viel zu tun hat. Das kann ich alles nachvollziehen.

(Jürgen Weber [SPD]: Wo ist denn Ihr Frak- tionsvorsitzender?)

- Der hat keine Nachtsitzung gefordert, Herr Weber, und der war, glaube ich, heute auch mehr im Saal als Ihr Fraktionsvorsitzender.

Kommen wir zurück zum Thema. Es freut mich, dass Sie mit Emotionen dabei sind.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

- Herr Kollege Weber, ich würde einfach mit dem Thema weitermachen, wenn Sie einverstanden sind.

(Zurufe von der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren gerade von den Sozialdemokraten, die Debatte um den Landesentwicklungsplan war emotional. Teilweise wurden Argumente vorgebracht, die nicht so ganz den Tatsachen entsprechen. Da möchte ich wieder einen Sozialdemokraten erwähnen. Ich möchte Sie nicht ärgern, aber ich will es einfach ansprechen, weil Herr Saxe sich dazu sehr ausgiebig geäußert hat. Er

(Regina Poersch)

hat gesagt, IKEA könne nun aufs Dorf ziehen, was nun wirklich nicht den Tatsachen entspricht. Das finde ich einfach bemerkenswert, denn die Ansiedlung von Gewerbe und die Ansiedlung von Einzelhandel sind in der Landesplanung zwei völlig unterschiedliche Dinge.

- Frau Jansen, dazu komme ich noch.

Die Ansiedlung von Einzelhandel und die Ansiedlung von Gewerbe sind in der Landesplanung zwei völlig unterschiedliche Sachen. Herr Saxe sagt, IKEA könne jetzt aufs Dorf ziehen. Das stimmt nicht. Wir haben an den Quadratmetervorgaben nichts geändert. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.

(Antje Jansen [DIE LINKE]: Wo ist er jetzt?)

Ich finde es schon interessant, dass er auch gesagt hat, wir würden die Innenstädte ausbluten, obwohl wir an den Vorgaben im Einzelhandel gar nichts geändert haben. Es ist auch interessant, dass er sagt: Wenn IKEA aufs Dorf zieht, dann sterben die Innenstädte aus. Mir ist auch nicht bekannt, dass Dänischenhagen in der Lübecker Altstadt liegt. Trotzdem befürwortet er dieses Projekt, und das erstaunt uns schon. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich finde es etwas schwierig, wenn man ständig mit Sachen argumentiert, die nicht stimmen.

Ich möchte noch einmal betonen, weil mir das wirklich wichtig ist, dass Einzelhandel und Gewerbeansiedlung in der Landesplanung unterschiedliche Sachen sind. Das bitte ich nur einmal zur Kenntnis zu nehmen.

Ansonsten haben wir auch immer betont, Frau Kollegin Poersch, dass bereits in der alten Version des Entwurfs richtige und begrüßenswerte Dinge standen. Die Grundlage kam ja auch von einem SPDInnenminister. Das ist ja auch alles in Ordnung. Wir wollten nur den Entwurf des Landesentwicklungsplans in einigen Punkten flexibler und weniger restriktiv gestalten. Er sollte übersichtlicher werden. Es wurde schon angesprochen: Er umfasst jetzt über 20 Seiten weniger; das ist ja schon etwas.

Wir haben mit dem Landtagsbeschluss auch erreicht, dass Ansiedlungsmöglichkeiten insbesondere für mittelständische Betriebe ausgeweitet und verbessert wurden. Es gibt jetzt mehr Ansiedlungsmöglichkeiten auch außerhalb der großen Zentren und abseits der Entwicklungsachsen, was insbesondere für den Schleswiger Landesteil, Herr Habeck, durchaus interessant ist und wirklich eine Perspektive bietet. Wir wollen keine zu restriktive und starre Landesplanung, die dazu führt, dass wirklich unnötig Privatinvestitionen ausgebremst werden.

Das war uns wichtig, und das haben wir auch umgesetzt. Das können wir uns letztlich nicht mehr leisten, nicht nur mit Blick auf den Arbeitsmarkt, sondern auch mit Blick auf die Steuereinnahmen. Sie wollen ja immer Steuermehreinnahmen; wir wollen das auch. Deshalb haben wir da mehr Möglichkeiten geschaffen.

Wir haben mehr Entwicklungsmöglichkeiten für den Tourismus geschaffen, der zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen zählt. Wir haben den Ausbau der erneuerbaren Energien mit der prozentualen Ausweitung der Eignungsflächen für Windenergie deutlich beschleunigt. Da sind wir uns ja einig. Das freut mich, auch wenn ich mich manchmal wundere, dass die Grünen sehr skeptisch im Bereich der Windenergie argumentieren. Herr Kollege Tietze, das Wort „Verspargelung“ kommt ja auch von Ihnen. Das haben wir in dieser Debatte auch schon gehabt. Ich will darauf gar nicht weiter eingehen, auch nicht auf die Vorstellungen von Herrn Matthiessen zu Offshore. Dazu habe ich heute schon genug gesagt.

Es gibt auch Kontroversen, die in den Anträgen zum Ausdruck kommen, beispielsweise mit Blick auf den demografischen Wandel. Natürlich ist es eine Frage, wie man damit umgeht. Gibt man auch dem ländlichen Raum, in dem viele ältere Menschen leben und auch im Alter bleiben wollen, Chancen, oder würgt man diese Chancen ab? Wir sind der Meinung, man muss auch dem ländlichen Raum eine Perspektive geben,

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Oliver Kumbartzky [FDP])

damit auch gerade angesichts des demografischen Wandels ältere Menschen in dem gebotenen Umfeld bleiben können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Robert Habeck das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Christopher Vogt, wenn der Antrag Drucksache 17/400, also Ihr damaliger LEP-Antrag, umgesetzt worden wäre, dann müssten wir tatsächlich ein ganz neues Anhörungsverfahren durchführen. Das müssen wir Gott sei Dank nicht. Insofern stim

(Christopher Vogt)

me ich der Kollegin Poersch zu. Er ist nicht umgesetzt worden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das rettet jetzt diese Debatte. Sonst müssten wir ganz neu und von vorn anfangen.

Natürlich hat er eingegriffen in den vorgelegten Entwurf des damals SPD-geführten Innenministeriums, aber die zentralen Raumordnungskriterien sind nicht verändert worden. Das gilt für das Achsenkonzept, das gilt für das zentralörtliche System. All das ist in dem alten Antrag Drucksache 17/400 noch viel kritischer beschrieben worden. Gut, dass es beibehalten wurde; schlecht, dass insgesamt schon der damalige Entwurf und der jetzige Entwurf immer noch keinen weiträumigen Entwicklungsplan für Schleswig-Holstein aufgelegt haben. Fragen, wie ein in der Bevölkerungszahl schrumpfendes Land den Neubau von Ansiedlungen organisieren kann und was das für Auswirkungen auf die Dörfer und Städte hat, sind darin nicht beschrieben worden. Aber diese Debatte hatten wir, und ich will nicht immer wieder darauf herumreiten. Der Entwicklungsplan liegt jetzt so vor. Die Frage ist, was wir damit machen.

(Zuruf von Minister Klaus Schlie)

- Das Land entwickeln, das ist die Frage, Herr Schlie. Wir haben uns darüber schon einmal ausgetauscht. Offen sind die Kriterien, die er - wie ich finde - als Verschlechterung, mindestens aber als Verunklarung eingeführt hat, nämlich Freiwilligkeit und Kooperation. Was heißt das denn? Was heißt das vor allem konkret? Und wie verhindert man, dass der neue Entwurf das vorbereitet, was das Verfassungsgericht in Schleswig in seinem ersten Urteil gerade infrage gestellt hat, nämlich Intransparenz und mangelnde demokratische Legitimation.