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Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Von uns aus hätte es dieser Aktuellen Stunde nicht bedurft.
Über die Inhalte, über die wir uns austauschen könnten, haben wir uns entweder hier oder in den Ausschüssen ausgetauscht. Das, was der ursprüngliche Antrag vorgesehen hat, weiß sowieso jeder: Sowohl in Berlin als auch in Schleswig-Holstein hat Schwarz-Gelb fertig,
und zwar in Berlin in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung, den Atomausstieg und das Betreuungsgeld. Nichts geht mehr zusammen. In Schleswig-Holstein schlägt sich Herr Kubicki in der ihm eigenen Bescheidenheit selbst als Finanzminister vor, und Herr de Jager schlägt eine Bildungsministerin gegen die FDP vor. Ich glaube, es ist im Land einmalig, dass ein Koalitionspartner jeweils dem anderen bescheinigt, das falsche Personal in den Schlüsselministerien dieser Regierung zu haben, nämlich in den Bereichen Bildung und Finanzen.
Hier braucht es keinen Grünen mehr, der sagt: Diese Regierung ist am Ende. Jeder weiß es. Herr Kubicki, Schwarz-Gelb wird auch keine Mehrheit bekommen. Wie immer die Wahl ausgeht, auch Schwarz-Gelb wird keine Mehrheit bekommen. Im Übrigen hat es diese nie gegeben.
Die Frage ist nur, ob es besser wird, wenn wir wiederholen, was sowieso jeder weiß. Ich meine nicht. Deshalb hoffe ich, dass diese Episode, die für Schleswig-Holstein sowieso zu lange gedauert hat, schnell zu Ende geht. Ich will sie hier nicht verlängern.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte steht quasi spiegelbildlich zur Finanzdebatte vom Mittwochnachmittag. Sie war umkämpft und heftig. Während und nach der Debatte hat sich mancher, ich mich auch, dazu hinreißen lassen, seinen Zorn in Worte zu fassen. Das ist selten hilfreich.
- Bei mir war es Zorn. - Ich will deswegen versuchen, zum sachlichen Kern der Auseinandersetzung zurückzukommen.
Meine Damen und Herren, weil beide Debatten zueinander gehören, lassen Sie mich nochmals feststellen, dass wir uns streng an die Schuldenbremse halten, uns aber die Spielräume für Debatten und Beschlüsse wie diese jetzt erhalten wollen, die innerhalb der Schuldenbremse stattfinden.
Wir tun das vor dem Hintergrund, dass wir ein doppeltes Defizit erkennen: das haushalterische und das der öffentlichen Güter, zu denen als erstes die Bildung gehört. Herr Minister Klug, dass Sie - ich zitiere; ich habe eben versucht mitzuschreiben - Familienförderung als Förderung der materiellen Ressourcen der Familie bezeichnen, macht mich sprachlos. Ich sage Ihnen das auch als Vater, auch sehr persönlich: Für mich sind Bildung und Kita und Schulen eine viel bessere Investition in meine Familie als weitere materielle Güter.
Dass Sie das nicht so annehmen wollen, macht mich traurig und macht Sie nicht zu meinem Bildungsminister, Herr Klug.
Die Kernfrage der politischen Herausforderung ist also kein Gegensatz. Die Kernfrage lautet nicht, charakterloses Schuldenmachen oder kurzsichtiges Kaputtsparen. Die Kernfrage lautet, wie beides, Abbau der Neuverschuldung und Investition in Bildung und öffentliche Güter, auszutarieren ist. Das ist eine große Herausforderung. Da gibt es keine einfachen Antworten. Der Wettstreit über die Ideen zur Haushaltsfinanzierung und die Alternativen für kluge Investitionen sind Salz und Pfeffer der politischen Auseinandersetzung jedenfalls gewesen.
Die Schuldenbremse war für mich immer Ausdruck dieser Logik. Sie beschreibt einen Pfad, der einzuhalten schwierig genug ist, aber den einzuhalten sich beide Seiten des Hauses verpflichtet haben und der dazu zwingt, die eigene Programmatik zu überprüfen. Die, die es gern wollen - ich gehöre gern mit dazu -, können nicht mehr so viel Geld ausgeben, und die, die gern weniger Steuern hätten, können das auch nicht mehr wollen. So waren die letzten zwei Jahre letztlich ein Lernprozess für uns alle hier im Parlament. Die Einhaltung der Schuldenbremse ist deshalb Geschäftsgrundlage jeder seriösen Politik und jeder Landesregierung der nächsten Jahre.
Wenn wir in den nächsten Jahren aufgrund der geringeren Kreditaufnahme und des geringeren Zinssatzes mehr Luft haben, dann heißt das nicht, dass wir diese Luft vollständig verbrauchen müssen. Das sage ich auch ausdrücklich noch einmal an die Adresse der SPD gerichtet, deren teure Wahlversprechen ja nicht seit vorgestern weg sind.
Wir Grünen haben bei der Programmaufstellung mit uns gerungen, haben miteinander - Rasmus gerungen, wo wir überall keine finanzwirksamen Versprechungen machen können. Letztlich ist als einziger größerer Block nur der Bildungsbereich übrig geblieben. Selbst da haben wir Zusagen nur bis 2015 gemacht, die demografische Rendite im System zu halten. Ich werde im Wahlkampf auch nichts anderes versprechen. Wenn wir schneller von der Neuverschuldung herunterkommen, dann umso besser.
Ein doppeltes Defizit, Haushalt und Bildung, auszugleichen, ist ein Balanceakt. Nun haben ein schnellerer und ein langsamerer Konsolidierungs
pfad jeweils bestimmte Konsequenzen, bestimmte Vor- und Nachteile. Aber beide sind grundsätzlich legitime Politikangebote, zwischen denen die Wählerinnen und Wähler die Wahl haben.
Eine Konsequenz der Debatte vom Mittwoch ist, dass Sie die Lehrerstellen nichts als feste Stelle dem Bildungssystem zur Verfügung stellen wollen, sondern nur als Vertretungsstellen. Sie streichen also feste Stellen und geben sie dann als Vertretung zurück. Uns erscheint das nicht richtig und nicht nachhaltig. Für Sie muss es so sein, weil Sie nicht wissen, wie Sie sonst die Debatte vom Mittwoch in die Tat umsetzen sollen.
Eine zweite Konsequenz ist, dass Sie nur die Hälfte von dem zurücknehmen wollen, was Sie insgesamt einkassieren. Sie haben ja schon zum Schuljahr 2011/2012, dem laufenden Schuljahr, 300 Stellen gestrichen, und zum Schuljahr 2012/2013 sollen noch einmal 300 dazukommen. Ihr 14-Millionen-€-Vertretungslehrerfonds umfasst ab 2013 aber nur eine der beiden Tranchen. Sie stellen also, wie es manchmal heißt, nicht mehr Lehrerinnen zur Verfügung, sondern Ihr Verband ist letztlich nur halb so groß wie die Wunde, die Sie reißen. Dass wir an anderen Stellen im Bildungssystem - wir haben es ja bei den Reden meiner Vorrednerinnen gehört - große Bedarfe haben, muss ich nicht noch einmal erwähnen.
Drittens sind die Äußerungen, was denn für ein gutes Bildungssystem notwendig wäre, auf Ihrer Seite durchaus changierend. Es gibt da diverse FDP-Äußerungen, aber auch Jost de Jager sprach vor zwei Monaten im „Abendblatt“ noch davon, „dass es Probleme bei der Unterrichtsversorgung gibt“. Aber natürlich gibt es auch, meistens von Frau Franzen, ellenlange Ausführungen darüber, wie toll das Bildungssystem ausgestattet ist.
Wir haben seit Beginn der Debatte gefordert, über einen Nachtragshaushalt 300 gestrichene Lehrerstellen vor allen Dingen für die Differenzierungsstunden und für die Fortbildung wieder einzusetzen. Das war übrigens auch die Forderung der FDP, Herr Minister Klug, Ihres Parteitages. Wenn Sie sagen, das sei alles Schuldenmacherei, und bezeichnen das jetzt so, dann will ich Sie daran erinnern, dass das exakt die Forderung Ihres Parteitages war.
Das zeigt - das sage ich in aller Gemütsruhe -, genau so, wie Sie es festgestellt haben, wie der Wahlkampf natürlich Argumente noch einmal verdreht. Das trifft Sie leider auch.
Wir haben diese Forderung früh erhoben und mit einem Nachtragshaushalt verknüpft, damit die jungen Lehrerinnen und Lehrer Schleswig-Holsteins eine Perspektive und die Schulen Planungssicherheit bekommen. Die Beschlüsse des Koalitionsausschusses von FDP und CDU sind hingegen völlig unverbindlich. Ein Koalitionsausschuss am Ende der Legislatur, der für die nächste Legislatur entscheidet, ist so relevant - Anke, ich meine das ganz neutral, ich brauche nur ein Bild -, als hätten sich SSW und Linke zusammengesetzt und irgendetwas versprochen. Das hat allein deklaratorischen Charakter. Sie könnten Ihr Wahlprogramm schreiben oder auch nicht, aber der Koalitionsausschuss ist doch eine Farce.
Während wir also seit Beginn der Debatte sowohl im Bildungs- wie auch im Finanzbereich mit einer Stimme und entlang einer Argumentationslinie verfahren sind, hat sich wenigstens die FDP mehrfach verwandelt und sich letztlich der CDU-Politik unterworfen. Das ist schade.
- Nein, es ist eben nicht umgekehrt, Herr Kubicki. Es zeigt, liebe FDP - Vorschlag zur Güte -, dass man innerhalb der Schuldenbremse - sonst wäre ja Ihr Parteitagsbeschluss Schuldenmacherei gewesen - sehr wohl so oder so mit veränderten Rahmenbedingungen umgehen kann.
Wir sollten also damit aufhören, uns innerhalb des Rahmens Schuldenbremse gegenseitig Unredlichkeit oder Verantwortungslosigkeit vorzuwerfen. Denn auch die Regierung weicht ja ihrerseits vom harten Konsolidierungspfad hier und da ab und schafft mit zusätzlichen Ausgaben neue Schulden und Zinsen, in diesem Fall in den Straßenbau. Das kann man machen, man kann es anders machen, man muss nur aufhören, zu sagen, ihr seid die unmoralischen oder charakterlosen Schuldenmacher.
Die Debatte über die Schuldenbremse ist eine über das richtige Lot zwischen Ausgaben und Einsparen, eine Debatte über das richtige Austarieren. Da unterscheiden wir uns in der Tat.
Seit der Einbringung des Doppelhaushalts sind wir unserer Linie treu geblieben. Sie haben sich hingegen seit vorgestern entschieden, diese Linie, die eigentlich keine trennende Linie zwischen uns war, zu diskreditieren. Wir wollten uns nicht diskreditieren lassen, weil uns diese Linie viele innerparteiliche Mühe und gesellschaftliche Debatten gekostet
hat. Wir haben sie, lieber Ralf Stegner, gegen rote Wünsche und viele ungedeckte Versprechen verteidigt, und wir werden sie auch gegen schwarze Unterbietungen und Verbalradikalismen verteidigen.
In Wahrheit geht es in dieser Debatte, die mit dem Wahlkampf zusammenhängt, um eine Abwägung und um ein Austarieren, nicht um eine Vereinseitigung. Also geht es in diesem Wahlkampf auch darum. Deshalb ist der behutsamere Konsolidierungspfad letztlich der unsrige. Es ist der seriösere Weg.
- Ich will das begründen. Er ist haushalterisch vorsichtiger. Das heißt, er ist konservativer. Sollte sich die Ausgabenbegrenzung schwieriger und die Einnahmeentwicklung geringer zeigen, als heute angenommen wird, was angesichts der anhaltenden politischen Großwetterlage durchaus passieren kann, dann liegen wir mit unserem Entwurf richtig, und Sie liegen mit Ihrem Entwurf falsch. Der Regierungsentwurf ich letztlich nur ein ungesicherter Wechsel auf die Zukunft. Dass dieser Wechsel platzt, ist wahrscheinlicher, als dass der Wechsel platzt, den die Opposition ausgestellt hat.
Sollten sich die Einnahmen und die Ausgaben dennoch positiver als gedacht entwickeln, dann kann man immer noch politisch verhandeln. Ich bin sicher, das werden wir tun. Wir werden dann darüber verhandeln, ob diese Mittel für eine schnellere Schuldenreduktion oder für Zukunfts- also Bildungsinvestitionen genutzt werden. Vermutlich wird auch dies ein Austarieren sein und keine Frage von entweder oder. Wir meinen, mit dem Nachtragshaushalt für 300 Lehrerstellen haben wir das doppelte Defizit - Bildung und Haushalt - einigermaßen austariert.
Sie wissen, dass wir allein im Differenzierungsstundenbereich nicht einmal das schließen, was in diesem Bereich als Lücke entstanden ist. Also ist auch dies nur ein Kompromiss. Wir meinen, mit dem Nachtragshaushalt für die 300 Lehrerstellen haben wir dieses doppelte Defizit einigermaßen austariert. Unser Antrag bietet mit Blick auf 2012 die vertretbarste und politisch sinnhafteste Antwort, weil er - im Unterschied zu Ihnen - die Stellen systematisch in das System einstellt.
Ich weiß, dass Sie dem nicht zustimmen können. Sie haben es schon zweimal nicht gemacht. Es wäre ein Wunder, wenn Sie es heute täten. Sie können
aus logischen Gründen gar nicht mehr zustimmen, weil Sie sonst am Mittwoch falsch argumentiert hätten. Deshalb waren wir am Mittwoch so sauer, denn wir wollten am Freitag, also heute, der Bildung in Schleswig-Holstein helfen. Sie müssen nun ablehnen, weil Sie sich die Spielräume für politische Entscheidungen und auch für Flexibilität genommen haben.
Ich bedauere das. Ich nehme dies als Streit um die klügere Politik auf und werde mich in Zukunft bemühen, mit gebremsterem Schaum zu kommentieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Guten Morgen! Am 6. Juni 2011 antwortet Jost de Jager auf eine Kleine Anfrage meines Kollegen Rasmus Andresen, ob er die Auffassung der Landesrektorenkonferenz teile, dass der Hochschulsektor in Schleswig-Holstein eine Unterfinanzierung von 32 Millionen € aufweise, kurz und bündig mit Nein. Am 29. September antwortet das Ministerium auf eine weitere Kleine Anfrage desselben Abgeordneten, ob eine Taskforce oder Arbeitsgruppe der Landesregierung zur Bewältigung des Studierendenansturms eingerichtet werden sollte, mit Nein. „Sind Nachverhandlungen des Landes mit der Bundesregierung zu Studienanfängerplatzkontingenten in Schleswig-Holstein geplant? Wenn ja, wann rechnet die Landesregierung mit Ergebnissen?“, wollten wir wissen. Antwort in der de jagerschen Brevitas: nein.
Dann die Überraschung: Am 11. Februar 2012 steht in der Zeitung unter der Überschrift „Unis droht Überlastung“:
Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 71. Sitzung - Mittwoch, 22. Februar 2012 6083
“Für die überraschende Entwicklung machte de Jagers Sprecherin vor allen Dingen vier Gründe verantwortlich: die Aussetzung der Wehrpflicht, die doppelten Abiturjahrgänge …, den ohnehin steigenden Anteil an Abiturienten sowie die Öffnung von Hochschulen für beruflich Qualifizierte."
Meine Damen und Herren, wollen Sie uns für dumm verkaufen?
Das Bundeskabinett beschloss die Abschaffung der Wehrpflicht am 15. Dezember 2010. Dass es 2011, 2012 und 2013 zu doppelten Abiturjahrgängen kommt, geht auf Beschlüsse zurück, die 2004, 2005 und 2006 gefällt wurden. Danach gibt es noch einen doppelten Abiturjahrgang 2016, wenn SchleswigHolstein so weit ist. Das wollten Sie nicht wissen? Ich lache mich schief.
Die Quote der Studienanfänger steigt im Übrigen seit Beginn der Gründung der Bundesrepublik kontinuierlich, und das ist gut so. Das Hochschulgesetz ist 2007 und 2011 von dieser Regierung ein zweites Mal für den Einstieg von beruflich Qualifizierten geändert worden. Nichts an der Situation der Hochschulen ist überraschend.
Auch die Haltung des Ministeriums ist von einer bemerkenswerten Kontinuität: lavieren, sich treiben lassen, aussitzen und dann überrascht tun. Unter der Verantwortung von Minister de Jager sollten erst eine ganze Uni und ein Studiengang in Flensburg geschlossen werden. Dann ließ sich die Regierung bei der Zustimmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz über den Tisch ziehen. Dann sollten die Studienplätze, die das Land gemäß Hochschulpakt II aufbauen sollte, geldwert abgestoßen werden. Minister de Jager nannte das in der Fragestunde zur Schließung der Universität „Emissionshandelsverfahren“. Wenn ein Wissenschaftsminister Studienplätze als „Emissionen“ bezeichnet, dann darf man sich nicht wundern, wenn seinem Haus wirklich langfristige Entwicklungen überraschend anmuten.
Ja, zwischen 2007 und 2010 hat das Land 4.000 neue Studienplätze geschaffen und nach dem Gerumpel um den Hochschulpakt II bis 2015 noch
einmal eine Zusage für 1.263 neue Studienplätze gegeben.
Jetzt gibt es nach dem KMK-Bericht, der Auslöser des Zeitungsberichts war - wenn er denn der Auslöser war -, ab 2015 einen zusätzlichen Bedarf von 400, 800 und 900 Studierenden - davon abgesehen, dass die Situation für die Studierenden an den Hochschulen des Landes schon jetzt angespannt ist, um es milde auszudrücken.
2.000 Studierende mehr in gut drei Jahren sind erstens eine gute Nachricht, zweitens sicherlich keine geringe Herausforderung für ein kleines Land wie Schleswig-Holstein und drittens sicherlich auch kein Grund, Panik zu schieben, wie es das Ministerium jetzt zu tun scheint. Es ist ein lösbares Problem, wenn man aufhört, zu lavieren, sich treiben zu lassen, auszusitzen und dann überrascht zu tun.
Es war falsch und nochmals falsch, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz und seinen Steuerausfällen zuzustimmen.
Es war falsch, die Grunderwerbsteuer nicht schon früher zu erhöhen, wie es von uns im Zusammenhang mit neuen Studienplätzen gefordert wurde,
oder eine Änderung des Finanzierungsschlüssels für Forschungseinrichtungen nicht anzugehen. Nichts davon haben Sie unternommen.
Dass wir die Ankündigung, das Kooperationsverbot zu kippen, begrüßen, ist logisch; es war ja letztlich unser Antrag. Er wurde im Übrigen im Dezember 2010 mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen. Wenn ein Minister über ein Jahr braucht, um einen Antrag auf den Weg zu bringen, und sich dann dafür in der Zeitung feiern lässt, dann trapst die Nachtigall.
Herr Minister de Jager, Sie haben in den zweieinhalb Jahren als Wissenschaftsminister den Hochschulen Verdruss für eine volle Legislatur bereitet. Planungssicherheit, Perspektive, überhaupt Sicherheit konnten die Hochschulen nicht erwarten. Was Minister Klug den Schulen, sind Sie den Hochschulen.
Herr Kollege Günther, können Sie mir, wenn das alles so prognosesicher vorhergesagt wurde, erklären, warum die Pressesprecherin des CDU-Ministeriums dann von einer überraschenden Entwicklung gesprochen hat, als die Zahlen vorgelegt wurden? Das ist der eigentliche Grund der Aktuellen Stunde. Die Überraschung liegt doch auf Ihrer Seite. Wie können Sie sich hier hinstellen und sagen, das haben wir alles vorher gewusst, wenn das Ministerium genau das Gegenteil sagt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht, dass die Enquetekommission nichts gebracht hätte.
Aber damit Sie wissen, was Sie zur Kenntnis nehmen, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, was der Vorsitzende der Kommission als gemeinsames Ergebnis festgehalten hat.
Er hat gesagt, er strebe eine gemeinsame Landesplanung mit Hamburg an. Ich frage mich, wie das mit der Kommunalisierung der Landesplanung in Schleswig-Holstein zusammengeht.
Er hat gesagt, wir sollten gemeinsame Strukturen der Verwaltung aufbauen. Das beziehe ich auch auf die Ebene der kommunalen Organisation in Hamburg und Schleswig-Holstein.
Er hat gesagt, wir brauchen eine Priorisierung der Infrastrukturprojekte. Bitte, bitte endlich! Wir reden ja morgen über den Nord-Ostsee-Kanal. Aber wie großartig wäre es, wir, Hamburg und Schleswig-Holstein, wären in der Lage, zuerst die Autobahn in Angriff zu nehmen, dann dieses und jenes Projekt und davor vielleicht den Kanal. Das wäre doch großartig. Das hat die Kommission als gemeinsames Ergebnis festgestellt. Eine Priorisierung ist das Gegenteil der Ahrensburger Liste. Das ist für mich ein Quantensprung.
Viertens wurde gesagt: Wir brauchen bei einer Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs eine Regelung, die Fusionen nicht mit Sanktionen, mit Nachteilen belegt, und wir brauchen eine Regelung, die ohne Stimmenverlust für den Norden ist. Das ist eine zentrale Aufgabe für die nächste Landesregierung, diese Vorbereitung zu treffen. Wenn das Konsens aller Fraktionen hier im Hause ist, dann hat sich die Arbeit an dieser Stelle schon gelohnt. Danke dafür!
Gerne.
- Mir ist bekannt, dass Sie die Landesplanung kommunalisieren wollen und das dummerweise auch
noch in dieser Legislaturperiode durchdrücken wollen.
- Herr Schlie, das brauchen Sie mir nicht zu erklären.
Es geht Ihnen darum, dass das Land Planungsrechte an die dann zu bildenden Regionen gibt. Das ist das Gegenteil von dem, was die Enquetekommission gesagt hat. Wie soll das Land gegenüber Hamburg mit einer Stimme sprechen, wenn sie auf 15 verteilen, die dann zu fünf Stimmen gebündelt werden? Das ist doch das Problem.
Betreiben Sie doch keine Wortklauberei! Unfassbar!
Nein, lasse ich nicht zu.
Ich bin einmal gespannt, ob die CDU-Fraktion sich an das hält, was der Vorsitzende der Kommission eben gesagt hat. Das wäre einmal wirklich interessant, statt hier Kalauer zu reißen.
- Sie reißen Kalauer. - Es geht in dieser Debatte darum, dass die Enquetekommission zum ersten Mal nicht über die Form gesprochen hat, sondern an der Substanz der Zusammenarbeit gearbeitet hat. Das ist der Quantensprung. Das ist sehr wichtig. Das ist etwas, was davor noch nicht in dieser Güte diskutiert wurde. Das ist auch die eigentliche Aufgabe der Enquetekommission gewesen, und sie wurde erfüllt.
Sehr gerne.
- Moment! Sie müssen natürlich auch die praktische Arbeit sehen. Wenn wir eine Prioritätenliste zusammen mit Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein aufstellen würden, würden wir nie zu einer Zusammenarbeit kommen, weil jeder dort natürlich seine Interessen zuerst sieht.
- Herr Ministerpräsident, die Frage habe ich nicht verstanden. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass es so ist. Ich nehme nicht zur Kenntnis, dass es eine Stärke ist; für mich ist es eine Schwäche. Ich sage Ihnen voraus - das werden wir morgen bei der Debatte sehen, und das zieht sich ja im Grunde durch die ganze Legislaturperiode -, wenn man alles fördern will, überlässt man es bayerischen Verkehrsministern, zu entscheiden, was man fördern will und was nicht.
Ich stelle vor allem fest, dass in dem gemeinsamen Bericht, den ja wohl auch Ihre Fraktion getragen hat, den der Kommissionsvorsitzende, den Ihre Fraktion gestellt hat, vorgestellt hat, gesagt wurde: Wir brauchen eine Priorisierung der Infrastrukturprojekte. Das kriege ich logisch nur so zusammen, dass er die Ahrensburger Liste und das Verfahren darin selbst auch nicht als Stärke bezeichnet, sondern sich darüber hinausentwickelt und gesagt hat: Wenn wir den Norden komplett als Raum denken, dann müssen wir den nächsten Schritt gehen und die Verkehrsprojekte priorisieren. Sonst kriege ich
Ihre eigene Linie nicht zusammen. Meine ist konsequent.
Abschließend sage ich: Die Substanz ist entscheidend. Deswegen ein letzter Satz zu der Auseinandersetzung, ob wir einen Gemeinsamen Ausschuss oder eine Ältestenrattagung haben: Das kann man machen. Ich finde es Quatsch, das nicht zu tun. Warum sollte man diese Gespräche nicht suchen? Wir sollten aber nicht über die Form reden. Wir sollten über die Dinge, die in allen Fraktionen des Hauses Konsens sind, substanziell reden. Gemeinsamkeit im Haus haben wir bei der HUSUM Wind, auch wenn es Nickligkeiten zwischen den Fraktionen gibt, bei der Ablehnung von CCS in SchleswigHolstein und bei der Aufhebung des Kooperationsverbotes. Warum soll der Ältestenrat SchleswigHolsteins mit dem Ältestenrat Hamburgs nicht darüber und über die Form der Kooperation reden? Das ist doch das nächste, was passieren muss. Warum machen wir es also nicht? - Nur aus Nickligkeit heraus.
Ich teile nicht die Auffassung, dass sich der Ton ändern muss, damit man in der Substanz vorankommt. Man muss über die Substanz reden, oder mit anderen Worten: Wenn die Hamburger aufhören - ich meine Hamburg und nicht schwarz, rot, grün, blau oder gelb -, sich wie Pfeffersäcke zu benehmen, werde ich aufhören zu sagen, Sie benehmen sich wie Pfeffersäcke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann das nicht ohne eine gewisse persönliche Verbitterung vortragen, was ich jetzt sagen will. Ich glaube, wir haben eine denkbar schlechte Stunde erlebt und denkbar schlechte 72 Stunden. Wir hatten in diesem Haus einen Konsens, die Schuldenbremse einzuhalten. Meine Fraktion und ich persönlich hatten die Bereitschaft, das alles zu tun, jenseits der Rituale von Regierung und Opposition, letztlich jenseits der Lager zu argumentieren, unbequeme Sparbeschlüsse mitzutragen und uns gemeinsam darüber zu verständigen, wie wir den schwierigen Weg der Einhaltung der Schuldenbremse gehen wollen.
Erstens. Dass sich der Finanzminister hier hinstellt und einen Beschluss zur Schuldenbremse als cha
rakterlos bezeichnet, mit einer gewissen moralischen Impertinenz darauf hinweist, dass das Einhalten dessen, was wir gemeinsam beschlossen haben, charakterlos sei, ist schon ein starkes Stück. Wie arm muss man sein, um so tief zu sinken!
Zweitens stelle ich fest, dass alles, was wir machen, Steuererhöhungen sind. Wenn Sie aber die Steuern erhöhen, dann ist das Sparpolitik.
Ich stelle drittens fest, dass wir Ausgabevorschläge nicht machen dürfen, weil das ja alles charakterlose Schuldenmacherei sei, Sie aber Ausgabevorschläge machen können, wie Sie wollen.
Was wir einmal als Streit in der Sache hatten, hat sich jetzt zu einem Streit im Grundsatz verschärft. Der Streit vom Grundsatz liegt - das muss man nach dieser Debatte klar festhalten - nicht darin begründet, dass die linke Seite des Hauses ihre Position verändert hätte, sondern darin, dass sich die Regierungsseite des Hauses entschieden hat, eine Politik wieder aufzureißen, die wir schon überwunden hatten, nämlich die Vereinseitigung von Sparpolitik als Politikersatz zu definieren. Sie haben in den letzten Stunden die Gräben und die Rituale, die wir schon hinter uns hatten, wieder aufgemacht.
- Nein, Herr Kubicki, das ist nicht unglaublich, das ist die Wahrheit. Das ist ein Rückfall in die Vergangenheit, und er kommt nicht von der linken Seite des Hauses.
Was Sie getan haben, ist in der Form wie in der Substanz das, was wir - das kann ich auch für mich persönlich sagen - zu überwinden gehofft hatten. Warum hat der Finanzminister, weil wir die Schuldenbremse im Konsens beschlossen haben, nicht weiter den Konsens gesucht und diese Debatte vorher mit den finanzpolitischen Sprechern, mit den Fraktionen geführt, damit wir uns darauf einigen können? Das kann doch wohl nicht so schwer sein!
Warum - das ist der Kern der Auseinandersetzung will die Regierung 1 Milliarde € oder mehr aus dem Landeshaushalt herausziehen, ohne dass die Schuldenbremse das definiert? Damit verlassen Sie - das ist der Kern der Auseinandersetzung - den Schulterschluss, den wir in der Politik hatten, und verabso
lutieren Ihre Sparpolitik als Politikersatz. Es geht darum, eine Gesellschaft zu gestalten und deswegen von den Schulden herunterzukommen. Hier geht es um die Verselbstständigung von reiner Sparpolitik. Dass es so weit kommt, ist schade für die politische Kultur im Haus, für den Wahlkampf und auch für die Hoffnung, die man hatte, als man 2009 in den Landtag eingezogen ist.
Herr Kollege Koch, wo Sie schon den Haushalt 2013 und 2014 in Eckwerten beschlossen haben, könnten Sie mir vielleicht spontan drei konkrete Maßnahmen nennen, wie die Landesregierung - sollte sie die Chance dazu haben - das strukturelle Defizit weiter verringern will? Jetzt mal so locker vom Tisch, drei Maßnahmen für die Zukunft.
Leider nein, ich habe nämlich gefragt, wo Sie weniger ausgeben wollen und nicht wo Sie mehr ausgeben wollen. Wo wollen Sie weniger ausgeben, drei Maßnahmen?
Es ist auch nicht schlimm.
Dann will ich klarstellen: War es ein Fehler des Innenministers zu sagen, die Demo müsse verboten werden?
Wenn es Ihre Auffassung ist, dass wir politische Gerichtsurteile fällen sollen, warum hat dann Die LINKE ihren ursprünglichen Antrag zurückgezogen?
Vielen Dank. - Herr Innenminister, ich teile den Appell des Ministerpräsidenten, dass wir zusammenstehen sollen. Ich teile auch Ihre Einschätzung, dass man mit öffentlichen Beurteilungen des verfassungsrechtlichen Verfahrens und der juristischen Prüfung zurückhaltend sein soll. Ich würde gern von Ihnen wissen, ob die von Ihnen in verschiedenen Interviews gemachten Andeutungen nicht genau das sind, nämlich öffentliche Äußerungen in einem laufenden Verfahren. Empfinden Sie diese Ihrer eigenen Logik folgend als wenig hilfreich?
Herr Minister, ich könnte vier Fragen stellen. Ich fasse sie in einer zusammen: Kommen Sie noch dazu, unsere Fragen zu beantworten?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Atmosphäre, die mitunter an Aschermittwoch erinnerte, möchte ich drei Anmerkungen machen, die - wie ich finde - den Kern dieser Debatte betreffen. Erstens. Herr Minister, es ist selbstverständlich Ihr gutes Recht, für den Koalitionsschuss erbetene Papiere zu schreiben. In der Antwort auf einen Berichtsantrag, in dem detaillierte Fragen gestellt wurden, aber nicht auf diese Fragen einzugehen und diesen Bericht nur einigen Fraktionen zur Verfügung zu stellen, nicht aber der Opposition, denn wir haben diese Berichte nicht, zeugt von einem Stil, der nicht akzeptabel ist.
Sie müssen das Parlament unterrichten und sich nicht selbst beschäftigen. Ich kann gleich weitermachen. Das ist die Arroganz, Themen nicht ernsthaft diskutieren zu wollen, sondern als Schaufensteranträge in die Welt zu posaunen, die in den letzten drei Tagen vor allem von der FDP bestimmt wurde.
Dodenhof, Bildungspolitik - nie ging es Ihnen um die Sache. Immer ging es Ihnen nur um die dpaMeldungen und um die billigen Zeitschriften.
- Jawohl! Schlagzeilen, nicht Zeitschriften. Herr Kubicki, wenn Sie sich im „Hamburger Abendblatt“ zitieren lassen, der Bildungsminister hätte Ih
re „Aktion Dodenhof“ sabotiert, dann müssen Sie sich damit auseinandersetzen, dass es Ihnen niemals um Dodenhof ging. Es ging Ihnen nur darum, Ihre mickrigen Prozente aufzupusten. So ist das.
Wenn Sie Ihrem Kollegen Klug vorwerfen, dass es sich bei diesen 453 Lehrerstellen um stümperhafte Inszenierungen handelt, und Aktionen sabotieren, dann zeigt dies genau die Ernsthaftigkeit, mit der Sie sich noch um die Probleme des Landes kümmern. Die ist nämlich Null. Es geht nur um Inszenierungen, und es geht nur darum, in die Zeitungen zu kommen. Ich frage mich, wie lange sich die CDU das gefallen lassen will. Ich sage Ihnen: Genau an dieser Stelle ist die Große Koalition zerbrochen. Ich habe mir die Wortmeldungen noch einmal herausgesucht, Herr Ministerpräsident. Sie ist zerbrochen, weil Sie der SPD vorgeworfen haben, den Haushalt immer wieder infrage zu stellen.
Wo wir beim Haushalt sind: Ich frage mich, wie es gehen soll, wenn Sie keinen Nachtragshaushalt machen wollen. Wie wollen Sie Lehrerstellen für das nächste Schuljahr bereitstellen, wenn Sie keinen Nachtragshaushalt verabschieden wollen?
Es gibt nur eine Alternative: Entweder es ist alles Popanz und Show - davon gehe ich aus -, oder Sie werden in drei oder vier Wochen wieder den gleichen Zinnober veranstalten, dann aber einen Nachtragshaushalt machen. Sie werden wieder diese Debatte führen, dann als Wahlkampfversprechen für eine Klientel, die Ihnen lange schon nicht mehr folgt. Mit anderen Worten: Bildungspolitik, die Ernsthaftigkeit der Debatte, das alles geht Ihnen am Moors vorbei.
Es geht Ihnen nur noch um Populismus und die Schlagzeilen.
Weil es so ist, weil Sie von der Unterrichtung der Fraktionen in diesem Haus bis zu dem Bericht, der geliefert wurde, bis zu den Schlagzeilen, mit denen Sie sich gegenseitig beleidigen, so agieren, müssen wir heute eine namentliche Abstimmung durchfüh
ren, um wieder etwas mehr Ernsthaftigkeit von Ihnen einzufordern.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Kubicki, wie bewerten Sie die Aussage des Ministerpräsidenten, die man in mehreren Zeitungen lesen konnte, es werde keinen Nachtragshaushalt geben, vor dem von Ihnen ausgeführten Hintergrund?
Vielen Dank. Wie wollen Sie 300 oder 450 Lehrerstellen im Haushalt nachschießen, wenn es keinen Nachtragshaushalt gibt? Oder ist das schon die Vorbereitung für die nächste Regierung?
- Oh, das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt „die nächste Regierung“!
Herr Kollege Hildebrand, da Sie Fakten, Fakten, Fakten fordern, möchte ich Sie fragen, wie Sie es finden, dass die Presse, dpa und Teile des Hauses offensichtlich mehr wissen als das Parlament, während Sie hier einfordern, dass sich das Parlament auf Faktenbasis darüber austauscht, obwohl es die Fakten nicht zur Verfügung hat? Finden Sie das richtig?
Frau Kollegin Funke, ich bin ehrlicherweise etwas ratlos. Jetzt stehen drei
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nicht immer sind Kulturdebatten weiterführend. Ich finde, das war in dieser Runde anders. Ich will ausdrücklich loben, dass wir in dieser Debatte Soziokultur und Landestheater in einem Zusammenhang gebracht haben. Herr Minister, das erklärt auch meine Einlassung; ich komme darauf zurück. In dieser Debatte hat sich das erhärtet. Das liegt vor allem an den Reden der Kollegen Spoorendonk und Wengler, für die ich mich ausdrücklich bedanke.
Herr Wengler, ich hoffe Sie verstehen es als Kompliment. Das hätte ich von einem CDU-Abgeordneten so nicht erwartet, eine Gegenüberstellung der Leistungen von Soziokultur und Landestheater. Vielen Dank dafür! Was Sie nämlich gesagt haben, ist doch im Kern, dass die soziokulturellen Zentren und die freien Theater quasi Aufgaben staatlicher Institutionen wahrnehmen, die Integration von Milieus, die Abholung von Jugendlichen von der Straße, das Heranführen an Kultur. Das ist doch die Definition dessen, was wir von staatlichen Institutionen erwarten.
Wenn das so ist und wir das von staatlichen Institutionen erwarten, müssen wir doch auch über eine institutionelle Förderung reden. Sie erfüllen faktisch die Aufgabe, die wir als Staat von Kultureinrichtungen erwarten.
Wir haben uns über die Zahlen ausgetauscht - mögen sie sein, wie sie sind -, in jedem Fall haben die soziokulturellen Zentren viel zu wenig Geld.
Sie haben so wenig Geld, dass sie die Bundesfördermittel parallel zu den Gedenkstätten, die wir haben, die theoretisch im Raum stehen könnten, abgerufen zu werden, nicht abrufen können.
Darüber habe ich gesprochen, als ich in Lübeck gesagt habe, man müsse darüber nachdenken, ob man die starre Trennung zwischen Landestheater oder städtischen Theatern und soziokulturellen Zentren beibehalten soll. Man muss schon ziem
lich Scheuklappen vor Augen haben, daraus ableiten zu wollen, dass ich die Standorte der Landestheater infrage stelle. Was gemeint ist, ist, dass die Aufgaben, die die soziokulturellen Zentren wahrnehmen, so weitreichend sind, dass sie wie staatliche Institutionen arbeiten und dass andererseits das Landestheater und in den nächsten Jahren auch das Lübecker und das Kieler Theater unter einem so hohen finanziellen Druck stehen, dass man möglicherweise eine Win-win-Situation schaffen kann, wenn man die beiden Komplexe nicht parallel behandelt, wie es der Minister getan hat, sondern in einen Zusammenhang bringt, die eine Seite entlastet und die andere Seite vernünftig fördert. Das kann natürlich nur funktionieren, wenn man die kleinen Schächtelchen, in denen wir Kulturpolitik bisher denken, einmal zusammenknüllt, glättet und neu zusammenbaut. Das kann nur funktionieren, wenn beide Seiten das wollen. Ein Dirigismus - um die Debatte von heute Mittag über die Bildungspolitik zu zitieren - hilft natürlich nicht weiter.
Herr Müller, es hilft auch nicht weiter, wenn Sie sagen, nur mutig voran, Herr Klug, aber selbst auch keine Richtung vorgeben. Es kann nicht sein, dass wir in einer so komplizierten Lage, in der keiner eine Antwort auf die Frage der Finanzierung gegeben hat, jeden abstrafen, der sich mit irgendeiner Idee hervortraut. So ist dort keine Veränderung zu erwarten.
Herr Minister, nun kann ich Ihnen leider nicht ersparen, dass ich glaube, dass die Sicht der Landesregierung auf die Kultur doch geschmäcklerisch ist. Ich erinnere daran, dass die Eutiner Festspiele - es sei ihnen gegönnt -, nachdem sie ein Rettungskonzept erarbeitet haben, nach der Haushaltsdebatte mit 50 % der Förderung, die das Land für sie bereitgestellt hat, zusätzlich gefördert wurden, weil sie ein - zugegebenermaßen - cleveres, innovatives, neues Konzept aufgelegt haben. Nur clevere, innovative, neue Konzepte legen die soziokulturellen Zentren und Theater permanent auf.
Auch das Landestheater ist unter dem neuen Intendanten Herrn Grisebach mit starker Beteiligung und auf Kosten der Mitarbeiter permanent dabei, sich anzustrengen und neue Konzepte zu erarbeiten.
Es ist unsystematisch, das eine zu fördern und bei dem anderen zu sagen: Ihr müsst euch irgendwie zusammenraufen. Das kann es nicht sein. Insofern
ist die Förderung von Eutin so etwas wie ein Punkt, an dem sich Kulturpolitik in anderen Bereichen messen lassen muss. Wenn es gelingt - ich habe ein Beispiel genannt mit dem Westküstenrock-Zitat -, neue, innovative Wege parallel zu Eutin zu finden, muss es auch möglich sein, dafür Gelder bereitzustellen, die möglicherweise den Landesetat gar nicht belasten, sondern nur eine Umschichtung sind, die beiden Haushaltstiteln Rechnung trägt.
Herr Jezewski, das heißt nicht, dass ich der Meinung bin, das Landestheater oder die kommunalen Theater in Kiel und Lübeck sollten nicht über das FAG gefördert werden. Im Gegenteil, ich sage voraus, dass der Weg, den Sie beschrieben haben, nämlich dass das Land die Theater fördert, bedeutet, dass wir in Schleswig-Holstein ein Staatstheater machen, faktisch nur ein Theater. Wir werden nur ein Theater fördern können.
Ich finde es richtig, dass ein Land wie SchleswigHolstein kommunale Mittel einsetzt und die Kommunen in der Verantwortung für ihre Theater stehen. Ich glaube aber damit bin ich bei Schleswig -, dass die Verantwortung bei den jeweiligen Trägern liegt, selbst zu entscheiden, wie die Mittel verwendet werden. Das heißt im Klartext, dass eine Förderung aus FAG-Mitteln durch einen weiteren Vorwegabzug, wie es in Schleswig gewünscht wird - der Bürgermeister ist ja anwesend -, nicht in das System hineinpasst. Ich kann das nicht sehen. Warum sollten wir dafür den Vorwegabzug erhöhen, aber nicht für Bibliotheken, Schwimmbäder oder andere Baustellen, die die Kommunen noch und nöcher haben?
Systemrichtig wäre es - ich will noch einmal unterstreichen, was Kollegin Spoorendonk gesagt hat -, die Dynamisierung zu erhöhen. Wir haben damals angeboten, das mitzutragen; das gilt noch immer. Damit könnte das Landestheater als GmbH selbst tätig werden und dann einen Neubau schaffen, möglicherweise mit einer Bürgschaft des Landes. So weit kann man gehen. Dann hätte man im System gehandelt. Man hätte in Schleswig, was ich für sehr wünschenswert und unbedingt erforderlich halte, einen Neubau, und man würde im System des FAG die Mittel für die Theater systematisch erhöhen. Wenn man das dann noch kombiniert mit dem Ansatz, soziokulturelle Zentren und die soziokulturelle Arbeit zusammenzunehmen, dann hätte man zumindest Umrisse, wie sich die Theaterlandschaft in Zukunft stabil entfalten kann. Es gibt Tausende von Einwänden. Es gibt Tausende von Bedenkenträgern, die sagen: „Aber das kann doch nicht sein, das haben wir noch nie so gemacht.“ Aber es wäre
jedenfalls die Skizze eines Lösungswegs. Ich hoffe, wer einen anderen Weg gehen will, sagt dann auch irgendwann einmal, wie es gehen soll.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, ich bin verwundert über ihre Prioritätensetzung, dass Sie Ihre Rede damit beginnen, die Frage, wie wir die Bildung finanzieren, sei nicht das wichtigste Problem des Landes. Das schlägt dem Fass den Boden aus.
- Ja, wir sind in der Aktuellen Stunde. Ich komme darauf noch. Ein Unternehmen muss nur mal ein bisschen jammern, dass es seine Wünsche nicht erfüllt bekommt, und Sie springen wie Rumpelstilzchen aus der Kiste, und wir fassen hier im Landtag einen Beschluss, der die Zukunft des Landes existenziell berührt. 13 Monate Duldsamkeit besitzen Sie da; das zeigt Ihre Prioritätenliste. Das ist völlig falsch!
Die Aktuelle Stunde ist notwendig, weil gemessen an dem Vorgehen der Landesregierung die GMSH heute Morgen schnell war, als sie diese Boxen in fünf Stunden Arbeit installiert hat. Was aber nicht
sein kann, das ist die Geste der Selbstgerechtigkeit, mit der der Wissenschafts- und Wirtschaftsminister vor die Presse tritt und sagt: „Ich kümmere mich jetzt um die Aufhebung des Kooperationsverbots.“ Das ist ein Landtagsbeschluss, der lange verzögert wurde, der ausgesessen wurde. Und ich garantiere Ihnen: Hätten wir keine Neuwahlen, dann hätte es diesen Zeitplan auch nicht gegeben. Wir hätten diese Debatte heute nicht, nichts hätten wir erreicht.
- Das kann nicht nur sein, Herr Carstensen, sondern es ist ganz genau so.
Ich weise noch einmal auf das hin, was wir damals vor 13 Monaten beschlossen haben. Das Zitat lautet mit Verlaub: „Bestehende verfassungsrechtliche Hindernisse bei einer finanziellen Förderung dieses Zieles durch den Bund“ sollten schnellstmöglich beseitigt werden. Und was macht das Ministerium? - Nichts. Es legt die Hände in den Schoß. Hätte, wenn und aber - alles nur Gelaber. Und dann kommt Herr de Jager und sagt: „Ich werde es machen. Ich rette Schleswig-Holstein durch die Aufhebung des Kooperationsverbots“. Wir wissen, dass wir mehr Geld für die Bildung brauchen. Deswegen kann ich es Ihnen nicht ersparen, Herr Kubicki und Herr Carstensen, noch einmal darauf hinzuweisen, dass Sie am Anfang dieser Legislaturperiode im Tausch gegen das Wachstumsbeschleunigungsgesetz gesagt haben, dem Land kämen jährlich 100 Millionen € für Bildungsinvestitionen zu. Das ist eine schriftliche Auskunft Ihrer Landesregierung, Herr Carstensen. Wenn es nicht stimmt wir haben es ja schriftlich, wir haben es schwarz auf weiß in der Kleinen Anfrage -, dann haben Sie das Parlament getäuscht.
Bei dem Kaffeetrinken mit Frau Merkel ist nichts herausgekommen; es war ein billiges Abspeisen.
Damit das nicht passiert, damit man sich nicht als Minister hier hinstellt und sich für 13 Monate Schlaflosigkeit auch noch feiern lässt, halten wir es für unbedingt erforderlich, dass wir das im Ältestenrat beantragte Verfahren in Gang bringen und man im Parlament nicht die Hand hebt für etwas, was man als Regierungsabgeordneter dann verschlampt. Wir finden es richtig, wenn es ein Weisungsrecht des Parlaments an die Regierung gibt, damit das nicht wieder passiert.
Wir würden uns freuen, wenn das noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden könnte, damit die kommende Opposition mehr Rechte hat als die hiesige Opposition. Insofern hoffe ich, dass Sie zustimmen.
Guten Morgen, Herr Minister! Ich möchte fragen, ob Sie die Aussage, die ich gestern schon zitiert habe, dass das Land Schleswig-Holstein früher als geplant mit dem Abbau der Verschuldung beginnen kann, als Widerrede verstehen - wie ich es tue - zur Äußerung des Abgeordneten Kubicki, der gestern sagte, früher als 2020 müssten wir die Schuldenbremse gar nicht einhalten.
Herr Schippels, ich möchte Sie fragen, ob ich Sie richtig verstanden haben, dass Sie den Truppenabbau bedauern, und ob es in der Logik nicht folgerichtig wäre, um Arbeitsplätze zu schaffen, die Bundeswehr ordentlich aufzurüsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, die neuralgischen Punkte sind auch von Ihnen noch einmal kritisch angesprochen worden: Transparenz, Effizienz, Demokratie. Wir kommen bei allen drei Punkten zu abweichenden Auffassungen. Das will ich kurz begründen.
In der Rhetorik kann zunächst niemand etwas dagegen haben, Probleme da zu lösen, wo sie entstehen, den Kommunen Handlungsspielräume zu geben, Vertrauen in die Mündigkeit kommunaler Selbstverwaltung zu legen - wer wollte da widersprechen, das klingt alles sehr gut. Allerdings löst das Gesetz in der Praxis diese Versprechen nicht ein.
Erstens sind die Probleme, die wir haben, schon jetzt größer als die Planungsräume. Zweitens wird der Handlungsspielraum der Kommunen durch das Gesetz immer komplizierter und konfliktbeladener. Frau Poersch hat das schon gesagt und angespro
chen. Die Bürgerbeteiligung und die Demokratie entfernen sich durch dieses Gesetz einmal mehr von den Verwaltungen oder in diesem Fall die Verwaltungseinheiten von der Demokratie.
Der Grundsatz des Gesetzes lautet - § 2, gleich nach dem Regelungsbereich -:
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum des Landes Schleswig-Holstein und seine Teilräume … zu ordnen und zu sichern.“
Man kann zumindest - vornehm ausgedrückt - sagen, dass dieser Grundsatz durch das Gesetz nicht gestärkt wird. Ich erinnere an die Debatte über die Enquetekommission und zum Zusammenspiel mit Hamburg. Eigentlich müssten wir doch über ein Zusammenwachsen der Bundesländer reden, also über einen Planungsraum, der größer als SchleswigHolstein ist, statt in noch kleineren Schächtelchen zu denken, die wir im Land unter uns haben.
Herr Innenminister, ich widerspreche Ihnen, dass die Koordinierung und der Ausbau der erneuerbaren Energien durch diese fünf Planungsräume oder auch die Kommunalisierung der Regionalplanung einfacher, einheitlicher und zielgenauer laufen wird. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Kollege Matthießen das so gemeint hat. Es kann sein, dass sich Räume einigen, es kann aber genauso gut sein, dass alles viel, viel länger dauert, alles noch komplizierter wird, und wir auch in den verschiedenen Planungsräumen nicht mit den gleichen Maßstäben messen, wenn wir Windeignungsflächen ausweisen. Aus dem Gesetz heraus kann man auf jeden Fall nicht ableiten, dass die Energiewende besser gelingen wird. Wir meinen, sie wird dadurch schlechter gelingen.
Sie schreiben dann in der Begründung zu dem Gesetz, dass mit ihm „der Aufgabenabbau auf Landesebene umgesetzt" werde. Es mag sein, dass das für den Aufgabenabbau auf Landesebene gilt. Aber durch die Konnexität wird der Abbau mehr als aufgefressen, wenn auch nicht verfünfzehnfacht so doch verfünffacht. In Heller und Pfennig kostet uns das Gesetz 750.000 €. Das sind knapp 1 Million € für eine Spielwiese der Rhetorik - so will ich es einmal nennen. Ich glaube, bei den knappen Kassen, die wir haben, und bei den Debatten, die wir uns über Kürzungen bei Blindengeld, Frauenhäusern, soziokultureller Förderung et cetera, also schon bei kleineren Beträgen, geliefert haben, sind das keine Peanuts.
Eine Regierung, die sich heute Morgen noch so sehr für Sparpolitik selbst gelobt hat und sich das ins Stammbuch schreibt, hätte darauf aufpassen sollen.
Nun zur Konfliktsituation. Die fünf Planungsräume spannen sehr unterschiedliche Partner zusammen. Ich weiß gar nicht, ob das allen hier klar ist. Der Innenminister hat das ausgeführt. Jeweils nur ein Partner soll dann die Planung erstens übernehmen und zweitens auch hoheitlich, also ordnungsrechtlich, durchsetzen. Das heißt dann konsequenterweise, dass Kiel für Rendsburg-Eckernförde oder Schleswig-Flensburg für Flensburg Planungsbehörde wird. Da können Sie schon einmal sicher sein, dass die Begeisterung darüber in RendsburgEckernförde oder auch in Kiel, wenn es umgekehrt der Fall ist, sehr, sehr groß sein wird.
In Wahrheit machen Sie sich mit dem Gesetz und Ihrer Rhetorik einen schlanken Fuß, liefern aber die Kommunen den Problemen aus.
- Das kann angehen, Herr Minister. Sie müssen nur einmal mit den kommunalen Vertretern reden, die freuen sich schon darauf. Lübeck wird begeistert sein, wenn Ostholstein für Lübeck die Regionalplanung übernimmt oder Ostholstein, wenn für sie Bernd Saxe das erledigt.
Ich glaube, dass die FDP in diesem Fall sozusagen als Gegenpart zum Denkmalschutz wie in einem Kuhhandel wider besseres Wissen den Quatsch der CDU mitmacht. Wahrscheinlich wird es nicht mehr lange dauern, dass Sie - ähnlich wie bei den Beschlüssen zur Gemeindeordnung - auf Ihrem Parteitag wieder einen Beschluss fassen, der genau das konterkariert, was der Innenminister hier ausführt und was Sie hier im Landtag beklatschen.
Jetzt läuft mir die Zeit etwas davon. - Ich will deshalb nur noch kurz auf den letzten Punkt, nämlich die Transparenz und die Demokratie eingehen. Entweder der ganze Ansatz scheitert, weil sich die Kommunen nicht einigen, oder aber er funktioniert, aber dann auf Kosten von Transparenz und Mitbestimmung in den Parlamenten. Sie schaffen durch
die vertragliche Konstruktion etwas ähnliches, wie Sie es mit den Amtsausschüssen auf Gemeindeebene gemacht haben
- ja, eben gerade doch! -, Sie verlagern die Lösungen aus den Kreistagen heraus. Sie müssen dann natürlich noch abnicken, was dann da ist, aber die wahre Problemfindung findet nicht in den Kreistagen statt. Deshalb ist das ähnlich wie bei dem ursprünglichen Gedanken von Herrn Schlie zur Gemeindeordnung, der Streichung des § 5, der die Kommunen oder die Gemeinden zu Fusionen gezwungen hätte. Denn sie wären gar nicht in der Lage gewesen, diese Aufgaben zu erledigen. Wenn dieses Modell funktionieren sollte, beschreiten Sie mit diesem Modell den Weg in eine Kreisgebietsreform. Denn das ist die logische Konsequenz, die daraus folgt, dass Sie nämlich dann irgendwann auch noch die kommunalen Parlamente wählen müssen.
Das ist ein klassischer Klaus Schlie: vorne zu tönen „kommunale Selbstverwaltung und alle Macht den Kommunen!“, und ihnen hinten herum den Boden, auch den verfassungsrechtlichen Boden, unter den Füßen wegzuziehen. Das mag politisch geschickt sein, mir erscheint das zu sehr von hinten durch die Brust ins Auge zu sein, deswegen werden wir dem nicht zustimmen.
Selbstverständlich.
müssen das wirklich erarbeiten, sie müssen das gemeinsam für eine Region erarbeiten. Würden Sie auch so freundlich sein und zur Kenntnis nehmen, dass das, was Sie mir als Innenminister unterstellt haben, schon hart an der Grenze dessen ist, was Verleumdung ist? Denn ich bin der Einzige gewesen, der gerade auch in diesen Fragen überall vor Ort die Diskussionen geführt und im Übrigen breite Zustimmung bekommen hat - im Gegenteil zu den Reaktionen auf das, was Sie wollen.
- Ich wollte Ihnen nichts unterstellen, Herr Schlie. Ich weise darauf hin, dass eine Entwicklung, die wir verfassungsrechtlich überprüft haben, dazu führt, dass ein meinetwegen gut gemeintes Gesetz das Gegenteil der Intention bewirken kann. Das ist Verfassungswirklichkeit in Schleswig-Holstein, die durch komplizierte Listenregelungen auf der Gemeindeebene gelöst werden will.
Die verfassungsrechtliche Frage ist das eine. Ich sage voraus, dass wir mit diesem Gesetz auf der kommunalen Kreisebene in diesen Bereich vorstoßen werden. Geben Sie dem einmal fünf bis zehn Jahre Zeit, dann werden wir diese Diskussion führen, wahrscheinlich vor Gericht. Vielleicht aber besinnen wir uns eines Besseren und ziehen dem nach, indem die Kreise bei den Planungen tatsächlich wieder hoheitliche Rechte haben. Sie haben sie im Moment. Das ist aber nicht das Entscheidende. Vergessen Sie einmal kurz die verfassungsrechtliche Frage. Das ist nur eine Prognose.
Trotzdem ist die Frage entscheidend, mit welchem Gestus Politik betrieben werden soll. Wir alle leiden doch darunter oder nehmen es wenigstens wahr, dass die Legitimation von Politik infrage gestellt wird. Es wird nicht einfacher, indem man sagt, da gibt es Unterausschüsse, quasi Verhandlungskommissionen von Kreisen, die sich wahrscheinlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen und das schon einmal vorbereitet haben. Das wird irgendwie im Hauptausschuss und dann im Kreistag abgesegnet. Die Öffentlichkeit der Debatte wird doch immer weiter erschwert.
Sie entziehen mit diesem Gesetz über die Verträge und die Verwaltungsvorschriften doch die Entscheidungsebene immer weiter der direkten demokratischen Kontrolle. Das ist doch evident.
Wir müssen weg von der Frage, ob das verfassungskonform ist oder nicht. Das ist es natürlich, sonst würden Sie es ja auch nicht machen, das wäre ja sonst ein Skandal. Aber es ist politisch die falsche Richtung. Sie entfernen sich damit von den Mitspracherechten und den Bedürfnissen der Menschen. Aufgabe der Politik ist jedoch, politisch kluges Handeln und demokratische Partizipation zusammenzubringen. Das tun Sie nicht.
Ja, aber wir werden da nicht zusammenkommen.
Herr Schlie, der Unterschied ist, dass Sie jetzt in dem Konstrukt einen Zwang zur Einigung schaffen
zwischen völlig unterschiedlichen Partnern.
Wie soll der Zwang zur Einigung aussehen, wenn er im Zweifelsfall nicht abgestimmt werden kann oder wenn er von verschiedenen Partnern abgestimmt werden muss, die völlig unterschiedliche Interessen haben und parteipolitisch völlig unterschiedlich zusammengesetzt sind?
Das kann selbstverständlich gelingen bei irgendwelchen Plänen, die wir alle gemeinsam teilen, es kann aber auch nicht gelingen. Wenn es nicht gelingt, aber gelingen muss - Sie haben ja dazwischengerufen, sie müssen sich einigen -, haben Sie keine Möglichkeit mehr, das in dem Sinne, in dem ich das referiert habe, demokratisch und transparent zu klären.
Da treffen sich die Landräte und die Bürgermeister und machen die Dinge klar, und danach wird es in den Kreistagen durchgesetzt.
So kann es doch nur sein, anders wird das Gesetz scheitern.
Deswegen ist der qualitative Unterschied zur bestehenden Planung, die sicherlich auch nicht das demokratische Nonplusultra ist, dass Sie den Konflikt verschärfen. Dieser Konflikt wird sich nicht auflösen können über eine transparente Struktur, die letztlich in einem Gremium durch eine Wahl gelöst werden kann.
Das ist doch evident, Herr Schlie!
Wenn die Menschen in Nordfriesland nur den Nordfriesischen Kreistag wählen, aber Flensburg die bedienende, planende Stadt ist, haben die Menschen in Nordfriesland nur einen sehr indirekten Einfluss auf die Zusammensetzung des Planungsgremiums. Das ist doch offensichtlich. Das ist doch nicht mehr Demokratie, es ist erst einmal intransparenter und bedeutet eine weitere Entfernung der Entscheidung von den Menschen in der direkten Einflussnahme. Das ist spiegelbildlich zur Diskussion, die wir auf der Amts- und Gemeindeebene
führen. Deswegen können wir da auch Schluss machen. Sie halten ja auch die Amtsausschüsse für einen demokratischen Fortschritt. Diese Auffassung teile ich nicht.
Herr Kollege Callsen, würden Sie mir dann erklären, wenn sich in Ihrer Logik die Heimat der Menschen in diesen fünf Planungsräumen abspielt, warum Sie Ihnen dann nicht tatsächlich ein Parlament an dieser Stelle geben wollen? Wäre das nicht folgerichtig? Ich füge noch eine B-Frage hinzu: Können Sie mir erklären, wenn die Kommunalisierung so wichtig ist, warum Sie dann nicht in der Tat 15 Planungsräume schaffen statt fünf? Wäre das nicht folgerichtig?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte war entlarvend, und zwar für diese Seite des Hauses.
Frau Franzen hat sich zwar an allen Parteien und Oppositionen abgearbeitet, aber mit keinem Wort ist sie auf den eigentlichen Konflikt dieser Debatte eingegangen, nämlich auf den Konflikt zwischen FDP und CDU.
Meine Damen und Herren, Sprachlosigkeit ist das Letzte, was dieses Land vertragen kann.
Herr Callsen hat gesagt: Die 300 Lehrerstellen sind nicht hinterlegt. Herr Kubicki sagt: Alles kein Problem, wir haben so viel Luft im Haushalt, da können wir noch einmal durchfinanzieren. Wo ist die Antwort dieser Regierung? Keine Antwort. Sie weichen nur aus, schimpfen auf die Re … Opposition - auf die Regierung, soweit sind wir noch nicht -, schütteln den Kopf, analysieren aber nicht Ihre Probleme. Was wir Ihnen nicht durchgehen lassen können, und vor allem Ihnen, Herr Kubicki, nicht durchgehen lassen wollen, ist die aufgeplusterte Rhetorik auf Parteitagen, aber hier im Landtag dann zu kneifen, wenn es zur Abstimmung kommt. Das kann nicht sein.
Sie können sich nicht als Oppositionsführer in der Regierung aufführen, und Sie können vor allem nicht sagen: Wir können viel schneller den Konsolidierungskurs erreichen; das wollen wir aber gar nicht. Damit widersprechen Sie dem Finanzminister diametral, der in gefühlten hundert Pressemitteilun
gen mitgeteilt hat: Jetzt muss Schleswig-Holstein sogar noch schneller den Konsolidierungspfad erreichen.
Was ist eigentlich die Linie dieser Regierung? Wofür steht diese Regierung noch? Für mehr Stellen, für schnelleres Sparen, für weniger Sparen? Was ist eigentlich hier los? Dass die FDP bei so viel warmer Luft Betonschuhe und Bleiwesten braucht, das ist keine neue Nachricht.
Aber das Problem ist: Was will diese Regierung? Das können wir heute aus dieser Debatte nicht erfahren. Um das zu demonstrieren, lohnt es sich, über diesen Antrag namentlich abzustimmen.
Frau Franzen, dann kann ich jetzt meine Zwischenfrage stellen, die ich vorhin schon stellen wollte. Stimmen Sie mir zu, dass all das, was Sie an Vorwürfen vor allem an die Grünen gerichtet haben, genauso an die FDP zu richten ist von Ihrer Seite aus, weil Sie - der Argumentation des Kollegen Kubicki folgend - attestieren müssen, dass wir nur den Parteitagsantrag der FDP in das Parlament eingebracht haben?
Frau Franzen, darf ich Sie fragen, wie Sie die Analyse der FDP bewerten, dass die niedrigen Zinssätze als Kompensation für die 300 Lehrerstellen gelten?
Guten Morgen, Herr Präsident! - Meine Damen und Herren! Die Legislatur war noch nicht besonders alt, da hatte ich eine Podiumsdiskussion mit Herrn Kubicki über Denkmalschutz. Die Legislatur wird nicht mehr besonders alt, da haben wir die gleiche Diskussion noch einmal. In der Zwischenzeit hat sich wenig geändert. Herr Kubicki hat damals weniger über Denkmalschutz gesprochen als über seine Haltung zum Denkmalschutz. Heute behandeln
wir diese Haltung in Form eines Gesetzentwurfs zum Denkmalschutz in zweiter Lesung im Plenum.
Tatsächlich handelt es sich um einen FDP-Gesetzentwurf, dem die CDU zustimmt. Wenn man Herrn Wengler genau zugehört hat, konnte man die Bruchlinien der Koalition an dieser Stelle genau sehen.
Wenn es nicht so tragisch wäre, dann könnte man in diesem Fall sagen: Aus der Koalition des Aufbruchs ist eine Koalition des Abbruchs geworden. Im Bereich des Denkmalschutzes ist dies aber wirklich traurig.
Herr Wengler, Sie waren nach der Anhörung völlig bedient von der massiven Kritik, die vorgetragen wurde, und trotzdem macht die Union heute mit. Meine Herren von der CDU, ich glaube, Sie haben sich völlig verkalkuliert, was dieses Gesetz angeht. Sie haben offenbar gedacht, der Denkmalschutz sei ein Nischenthema, und haben es deshalb der Nischenpartei FDP zum Fraß vorgeworfen. Sie haben völlig unterschätzt, welch bitterböse Briefe es vor allem aus Ihrem Milieu gab, nämlich vom Heimatbund, von Menschen, denen der Erhalt ihrer Häuser etwas bedeutet und die mit dem Umgebungsschutz einen Rechtsanspruch verbunden haben wollen, sich gegen Leuchtreklame und Spielbanken neben ihren denkmalgeschützten Häusern zu wehren.
Sie haben unterschätzt, wie sehr der Denkmalschutz zusammen mit dem Naturschutz das Heimatverständnis der Menschen in Schleswig-Holstein artikuliert. Sie werden mit diesem Gesetz einmal mehr die Menschen verprellen, die unter konservativ etwas anderes verstehen als Deregulierung, Steuersenkung oder Glücksspiele. Sie werden einmal mehr die Menschen verprellen, denen Tradition, Geschichte und Kultur in Schleswig-Holstein etwas gilt.
Meine Damen und Herren, man kann Ihnen nicht vorwerfen, Sie würden Ihre Pläne nicht ändern. Es wäre falsch, wenn man Ihnen in diesem Zusammenhang Engstirnigkeit vorwerfen würde. Wir haben schon gehört, dass die 1950-Regelung zu einer
65-Jahre-Frist wird. Das führt ohne Frage dazu, dass alle Gebäude, die in diese Frist hineingeraten, vorher abgerissen oder umgebaut werden. Dies wäre also faktisch eine Verschlechterung des Denkmalschutzes.
Schließlich bedeutet die Übertragung der Genehmigungspflicht auf die untere Denkmalschutzbehörde, dass es faktisch keinen landesweiten Standard im Denkmalschutz in Schleswig-Holstein mehr geben wird. Das heißt, ein Kulturdenkmal, das im Kreis X denkmalgeschützt wird, würde im Kreis Y nicht denkmalgeschützt werden können. Das ist der Kern des Problems, Herr Kubicki. Das möchte ich Ihnen sagen, bevor Sie Ihre Frage stellen. Sie haben nicht verstanden, was Denkmalschutz eigentlich bedeutet. Es ist ein Ordnungsrecht, und Ordnungsrecht bedeutet, das Interesse der Allgemeinheit im Zweifelsfall gegenüber persönlichen Interessen durchsetzen zu können. Das ist der Sinn von Denkmalschutz.
Deswegen habe ich Luft geholt.
- Wenn Sie das so gern hören wollen: In diesem Fall haben Sie sich durchgesetzt, aber mit einem grottenschlechten Gesetz.
Herr Kubicki, es ist schon bemerkenswert, wie einfach man Ihnen eine Freude machen kann. Das ist unfassbar.
Ich komme zurück zu meinen Ausführungen. Wenn es ein Ordnungsrecht gibt, dann heißt das auch, dass das Recht zwischen den Ansprüchen der verschiedenen Beteiligten abgewogen werden muss. So läuft es im Übrigen auch. Die überwiegenden Zahl der Fälle im Denkmalschutz sind problemlos. Die Eigentümer stimmen sich mit den Denkmalschutzbehörden ab und bekommen im Übrigen für Ihre Investitionen in den Denkmalschutz eine Bescheinigung, mit der sie ihre Steuern mindern können.
Nun folgt etwas, was Sie offensichtlich noch gar nicht auf dem Schirm haben. Diese Bescheinigung stellt das Landesamt für Denkmalschutz aus. Wenn dieses Amt aber gar nicht mehr an den Entscheidungen über den Denkmalschutz beteiligt wird, aber eine Bescheinigung ausstellen muss, kann das doch gar nicht funktionieren. Wie kann das Landesamt für Denkmalschutz wissen, ob es diese Bescheinigung zu Recht oder zu Unrecht ausstellt? Also auch hier: mehr Schatten als Licht, mehr Unklarheit als Klarheit.
Der Verwaltung ist es entlang der definierten Interessen von Eigentümern, von Denkmalschutz und von Wirtschaft in den vergangenen Monaten gelungen, zu Kompromissen zu kommen, die bei puristischer Denkmalschutzsicht gar nicht möglich gewesen wären.
Windräder wurden errichtet, die Outdoorakademie auf dem Aschberg wurde errichtet, obwohl dort ein denkmalgeschütztes Bismarck-Denkmal steht. Mit Moderationen kann es gelingen, entlang von klar definierten Interessenlagen zu einem Ausgleich zu kommen. Eine Interessenlage ist der Denkmalschutz. Er muss sich in einer Interessenabwägung der Konkurrenz mit anderen stellen, auch den Konflikten. Er muss auch gelegentlich zurückstehen. Das liegt in der Natur der Sache. Aber er muss in diesem Wettbewerb eine faire Chance haben. Diese faire Chance wollen Sie ihm nehmen.
Sie glauben, mit den ewigen Nachbesserungen - ich erinnere nur an den ersten, noch gar nicht offiziellen Entwurf, der aus der Ecke von CDU und FDP kam; ein Entwurf, der unfassbar schlecht war - hätten Sie nun ein gutes Gesetz geschaffen und übersehen den eigentlichen Grund, warum wir einfach nicht mitstimmen können. Sie handeln wie der Mann, dem von Wodka-Tonic, Rum-Tonic und
Gin-Tonic übel wurde, und der nach langem Grübeln zu der Erkenntnis kam: Es muss am Tonic liegen.