Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die Sitzung. Ich teile Ihnen mit, dass von der CDUFraktion der Herr Abgeordnete Peter Lehnert erkrankt ist. Wir wünschen ihm gute Besserung.
Beurlaubt sind für heute Vormittag die Herren Abgeordneten Dr. Ralf Stegner, Ulrich Schippels und Herr Minister Jost de Jager, für heute Nachmittag Herr Minister Emil Schmalfuß, und ganztägig abwesend ist Frau Ministerin Dr. Juliane Rumpf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie gemeinsam mit mir Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule an den Auewiesen aus Bad Malente!
a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten und der Landesministerinnen und Landesminister (Landesminister- gesetz)
Gesetzentwurf der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und SPD Drucksache 17/402 (neu)
b) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Schleswig-Holsteinischen Landtags (Schleswig-Holsteini- sches Abgeordnetengesetz - SH AbgG)
Gesetzentwurf der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und SPD Drucksache 17/404 (neu)
c) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Beamtengesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landesbeamtengesetz - LBG)
Gesetzentwurf der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und SPD Drucksache 17/405 (neu)
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen vom SSW das Wort. Die Fraktionen haben sich auf diesen Beginn der Reihenfolge verständigt.
Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir in der Opposition haben uns bereits seit Jahren Gedanken darüber gemacht, wie wir den Parlamentsbetrieb transparenter gestalten können. Dem SSW war das Vorhaben ein zentrales Anliegen. Wir haben um das Informationsfreiheitsgesetz gestritten und dafür gekämpft, weil wir der tiefen Überzeugung sind, dass Vertrauen auf Transparenz basiert. Uns war gleichzeitig klar, dass wir nur Transparenz einfordern können, wenn wir selbst dazu bereit sind, unsere Abläufe und eben auch unsere Nebeneinkünfte offenzulegen.
Alle Oppositionsparteien halten den Beginn der Legislaturperiode für den geeigneten Zeitpunkt, um das Vorhaben der Transparenz in die Tat umzusetzen. Bezüge und Nebeneinkünfte von Politikern und Regierungsmitglieder müssen öffentlich werden. Fernab des Wahlkampfgetöses ist jetzt der geeignete Zeitpunkt, um über einen Pfeiler unserer Demokratie zu sprechen und uns gemeinsam für mehr Transparenz zu entscheiden. Ich sage deshalb, dem SSW geht es nicht um Einzelfälle, sondern um eine neue Form der Fairness, der sich Minister, Staatssekretäre und eben gerade auch wir als Abgeordnete verpflichten sollten.
Die vorgelegten Entwürfe folgen dem Beispiel der Gesetzgebung, die sich der Bundestag gegeben hat. Außerdem beziehen sie die Landesregierung mit ein.
Vorrangig ist natürlich das Vorhaben des sogenannten gläsernen Abgeordneten, weil das uns selbst betrifft.
Der SSW versteht die Bürgerinnen und Bürger im übertragenen Sinne als Arbeitgeber der Abgeordneten, deshalb sollten für uns entsprechend ähnliche Regeln gelten wie für andere Arbeitnehmer. Diese müssen nämlich auch gegenüber ihren Arbeitgebern Nebeneinkünfte anzeigen.
Das Bundesverfassungsgericht hat bei der Abweisung der Klage gegen die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten den Anspruch des Volkes auf Informationen bezüglich der Nebeneinkünfte höher bewertet als das Recht des Abgeordneten auf vertrauliche Behandlung seiner beruflichen Tätigkeiten. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Es sollte uns, den Abgeordneten, in Fleisch und Blut übergehen, Einblick in die Einkünfte zu gewähren. Nur so werden mögliche Interessenkonflikte, die durch Nebeneinkünfte entstehen können, offengelegt. - Offengelegt wohlgemerkt, nicht verboten.
Ausdrücklich soll das neue Gesetz Nebentätigkeiten, deren Einkünfte möglicherweise die Einkünfte aus Diäten übersteigen können, weder verhindern noch verteufeln. Es geht darum, dass die Bürgerinnen und Bürger genau wissen sollen, in welchen Gremien oder Unternehmen die Abgeordneten oder auch die Minister sonst noch tätig sind.
Ob diese Nebentätigkeiten zu einem Interessenkonflikt führen könnten, kann die Öffentlichkeit dann selbst beurteilen.
Aus Sicht des SSW haben die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins Anspruch darauf zu erfahren, ob Abgeordnete ihre Entscheidungen frei treffen.
Ich bin mir sicher, dass alle das auch so tun werden. Anzeigepflicht und Selbstverpflichtungen sind ein guter Schutz und dienen der Unabhängigkeit des Parlaments. Einkünfte und Pensionen von Abgeordneten und Ministern werden in der breiten Öffentlichkeit immer wieder kontrovers diskutiert und leisten einer um sich greifenden Politikerschelte Vorschub. „Selbstbedienungsladen“ ist dabei noch eines der harmloseren Schimpfworte.
Es ist an uns, Fakten gegen Vorurteile und Halbwahrheiten zu setzen. Werden die Nebeneinkünfte offengelegt, wird auch diesen Diffamierungen der
Boden entzogen. Gerade darum ist es schwer zu begreifen, warum sich einzelne Fraktionen so schwer damit tun. Das Anliegen, die Nebentätigkeiten transparent zu machen, sollte eigentlich leicht umzusetzen und ein überfraktionelles Anliegen sein.
Demokratie lebt vom Vertrauen der Menschen, und Vertrauen erfordert Transparenz. Vertrauen in Politiker ist aber heute ein sehr knappes Gut geworden. Deshalb müssen sich der Landtag und die Landesregierung mit diesen neuen Verhaltensregeln die Glaubwürdigkeit wieder zurückerobern.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Oppositionsfraktionen legen uns hier vier Anträge aus einer alten Schublade vor. Sie sind bis auf wenige redaktionelle Änderungen identisch mit den Anträgen der vergangenen Wahlperiode. Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, etwas differenzierter zu formulieren.
Die alten Anträge der Grünen aus der letzten Legislaturperiode, die jetzt als großer neuer Wurf verkauft werden sollen, sind bereits im Jahr 2007 im Innen- und Rechtsausschuss und im Finanzausschuss diskutiert worden. Damals wurden in sieben Sitzungen die heute vorgelegten Regelungen ausführlichst erörtert und diskutiert. Dies wurde am 29. Januar 2009 im Parlament fortgesetzt. Der Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses wurde schließlich gefolgt, und die Anträge wurden abgelehnt. Das alles ist erst genau ein Jahr her. Gerade deshalb verwundert es auch, wenn die Fraktion der Grünen vor einigen Tagen der Presse gegenüber erklärt, sie habe vier Gesetzentwürfe eingebracht, und jetzt sei, Herr Kollege Fürter, die Zeit für einen neuen Ansatz reif. Nichts von dem, was Sie hier vorlegen, ist neu.
Niemand hat etwas dagegen, wenn sich die Abgeordneten einer Fraktion als gläserne Abgeordnete geben möchten und jede Information über sich preisgeben wollen. Tun Sie dies gern, vielleicht ist dies auch vom Wähler erwünscht und erfährt seine Akzeptanz. Sie müssen aber auch akzeptieren, dass viele Kollegen dies eben nicht wollen, und das hat
nichts damit zu tun, dass sie etwas verbergen wollen. Nicht jedes - jetzt benutze ich das Argument, das Sie beim Datenschutz oder bei der Vorratsspeicherung immer benutzen - Detail aus dem Leben eines Menschen, auch nicht eines Politikers, geht jeden etwas an.
Dafür gibt es in unserer politischen Kultur gute Gründe. Jeder hier im Hause weiß, wie schnell es geschehen kann, dass eine gute Idee, ein gutes Argument nichts mehr wert ist, weil nur noch über Personelles und anderes diskutiert wird. Meine Damen und Herren, wer über politische Kultur diskutiert, der muss auch den Schutz dessen, der sich in diesem Ring bewegt, im Auge haben. Dies ist meine ganz feste Überzeugung.
Dies ist auch genau einer der Gründe dafür, warum wir es für ausreichend und klug halten, dass die jetzt gesetzten Regeln und Kontrollmechanismen bleiben. Gerade Abgeordnete und Kandidierende, die mitten im gesellschaftlichen Leben stehen, haben weniger Lust, sich mit jedem Detail ihres Lebens öffentlich konfrontieren lassen zu müssen. Dies ist einfach eine Tatsache.
Sie sprechen das Thema Minister und Staatssekretäre und deren Veröffentlichungspflichten an. Dieser Bereich ist bereits jetzt völlig klar geregelt. Ein Mitglied einer Regierung darf keinem anderen Beruf, keinem anderen Gewerbe nachgehen. Der Landtag muss in bestimmten Fällen zustimmen. Ich kann Ihnen viele der Anträge, über die wir beschließen, nennen. Wenn irgendjemand von der Landesregierung entsandt wird, befasst sich damit der Landtag und beschließt darüber. Wir haben nirgendwo ein Transparenzdefizit.
Die Landesregierung hat 2007 auf Anfrage der Abgeordneten Heinold in einer ausführlichen Drucksache alle Nebentätigkeiten auf den Cent und Euro genau angegeben. Wir haben überhaupt kein Regelungsdefizit. Meine Damen und Herren, Frau Heinold, verwechseln Sie Ihr Interesse, etwas zu einem Thema zu machen, nicht mit dem Sachverhalt. Das ist der Punkt, um den es hier geht.
Weiter wollen Sie, dass Minister und Staatssekretäre vor ihrem Amtsantritt spätere „bedeutsame Interessenverknüpfungen“ angeben sollen. Dies führt zu nichts als Streit und ist verfassungsrechtlich höchst