Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Lassen Sie mich als Fazit festhalten:

Erstens. Wir haben weitgehende Regeln. Wir haben keinen Verstoß gegen diese Regeln. Auch das Thema, das von Herrn Fürter angesprochen worden ist, der Herr Kollege Stegner, hat mit diesem Thema überhaupt nichts zu tun. Transparenz war vollkommen da. Er wird in den Drucksachen sogar genannt.

Zweitens. Eigentlich ist es nur peinlich, wie eine alte Debatte von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als neu verkauft werden soll.

Drittens. Abgeordnete, die ihr Mandat als Dienst am Bürger verstehen, werden mit diesen Regeln auch nicht in Konflikt kommen.

Viertens. Schwarze Schafe oder ein schwarzes Schaf oder einmal ein rotes oder grünes, wie auch immer,

(Heiterkeit bei CDU und FDP)

kann es überall geben. Aber deswegen darf man nicht alle, um die es geht, unter einen Generalverdacht stellen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Öffentlichkeit soll wissen, was Politiker verdienen. Es gibt keine Berufssparte, die so offen über ihre Einkünfte Auskunft geben muss wie wir. Jeder weiß über uns alles. Aber zwischen dem, was wir als Politiker bekommen, und dem, was derjenige privat macht, dürfen durchaus Differenzierungen möglich sein. Transparenz ja, aber nicht alles aus einem Leben, was einen anderen interessiert, gehört in die politische Debatte.

(Beifall bei CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kolleginnen, da vorhin erst eine Vorhut der Gemeinschaftsschule an den Auewiesen hier war, begrüßen wir jetzt die gesamte Klasse der Gemeinschaftsschule an den Auewiesen, Bad Malente. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Begrüßen möchten wir ebenfalls Herrn Stephan Kleinschmidt, Stadtratsmitglied und Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Freizeit in der Sønderborg Kommune. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

(Werner Kalinka)

Wir setzen die Beratung fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eichstädt von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Kalinka, jetzt sind wir wach. - Wir kennen das alle. Wir gehen so unseres Weges, plötzlich steht vor uns ein alter Bekannter und sagt: „Hallo, lange nicht gesehen, du hast dich ja gar nicht verändert.“ Das ist nicht immer ein Kompliment, aber in diesem Fall, Herr Kalinka, ist das schon in Ordnung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn das hier vorliegende Gesetz hätten wir als Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen gern schon im Jahr 2008 im Landtag beschlossen,

(Werner Kalinka [CDU]: Habt ihr dafür oder dagegen gestimmt?)

und zwar, um damit für mehr Transparenz bei der Arbeit von Abgeordneten, Ministern und Staatssekretären zu sorgen.

Wir beantragen deshalb heute sehr gern gemeinsam - wie schon 2008 die Grünen allein -, das Abgeordnetengesetz zu ändern. Die bisher nur in den Verhaltensregeln enthaltene Regelung über die Angabe von Nebentätigkeiten soll in das Abgeordnetengesetz aufgenommen und nach dem Vorbild des Abgeordnetengesetzes des Bundestags geändert werden. - Herr Kubicki, ich gebe Ihnen recht. Es gibt bei Abgeordneten immer verschiedene Möglichkeiten, für Transparenz zu sorgen. Sie haben gestern einen anderen Weg gefunden. Wir sind für den, den wir hier vortragen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Damit wären alle Tätigkeiten und Einkünfte anzeigepflichtig und zu veröffentlichen. Die bisherigen Privilegien von Einkünften als Anwalt, Notar, Steuerberater, aus publizistischer und gutachterlicher Tätigkeit sowie aus Unternehmensbeteiligungen würden nicht mehr gelten. Verstöße würden mit einem Bußgeld geahndet.

Gleichzeitig sollen die Verhaltensregeln für Abgeordnete dahingehend ergänzt werden, dass nach dem Vorbild des Bundestags die einzelnen anzeigepflichtigen Tatbestände geregelt werden. Auch soll hier - das ist in Ordnung - eine Sonderregelung für Rechtsanwälte, Steuerberater und andere beratende Berufe eingefügt werden, die eine Anzeigepflicht vorsieht, wenn eine Grenze überschritten

wird. Den berufsspezifischen Verschiedenheitspflichten wird dabei selbstverständlich ausreichend Rechnung getragen.

Das Landesministergesetz soll eine eigenständige Regelung für Nebentätigkeiten der Ministerinnen und Minister enthalten. Zukünftig wird es dann keine Genehmigungs-, sondern eine Anzeigepflicht geben, wobei die Nebeneinkünfte veröffentlicht werden sollen. Das Landesbesoldungsgesetz soll dann so geregelt werden, dass diese Änderungen auch für Staatssekretäre gelten. Das ist also insgesamt ein Paket für mehr Transparenz.

Wie gesagt, dieses Gesetz ist uns schon einmal begegnet. Allerdings hat sich die Situation seitdem in einem Punkt doch etwas geändert; denn anders als 2008 wird meine Fraktion das Gesetz dieses Mal unterstützen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Schon damals hatten wir grundsätzlich die Bereitschaft zur Zustimmung. Allerdings steckten wir noch tief in der schwarz-roten Koalition.

Mit Genehmigung der Präsidentin zitiere ich sehr gern aus dem Protokoll vom 29. Januar 2009, als die vier Gesetze in zweiter Lesung im Parlament beraten wurden. Damals sagte der von uns allen geschätzte Kollege Klaus-Peter Puls:

,,So ist das in Koalitionen: Als SPD können wir leider auch vernünftigen Oppositionsvorschlägen nur zustimmen, wenn die CDU mitmacht … Aus koalitionsvertraglichen Gründen können auch wir deshalb den Vorschlägen nicht zustimmen … Wir bedauern das."

Von daher sind wir diesmal gern diesem Gesetzesentwurf beigetreten. Wir hoffen, dass am Ende dieses Parlament ein Gesetz verlässt, das den Bürgerinnen und Bürgern klar, deutlich und nachvollziehbar die Unabhängigkeit der Abgeordneten, der Minister und der Staatssekretäre bei der Ausübung ihres Mandats und ihres Amtes garantiert und damit für Transparenz sorgt.

Meine Damen und Herren! Wir halten es für vernünftig, nach dem Vorbild des Abgeordnetengesetzes des Bundestags auch in Schleswig-Holstein die Regelungen zur unabhängigen Ausübung des Mandates zu verbessern. Es geht um konkrete und eindeutige Regelungen über die Zulässigkeit der Annahme von Geld oder geldwerten Zuwendungen. Es geht um Regelungen über die Pflichten zu möglichst umfassenden Anzeigen und Veröffentlichungen von Tätigkeiten und Einkünften neben dem

(Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht)

Mandat, die auf eine außerparlamentarische Interessenverknüpfung hinweisen könnten. Und es geht um konkrete, praktikable Regelungen, die dem Landtagspräsidenten die Möglichkeit geben, Verstöße zu ahnden. Ebenfalls nach Berliner Vorbild wollen wir anzeigepflichtige Tatbestände im Einzelnen aufführen, dabei aber die meldepflichtigen Einkommensstufen so gestalten, dass möglicherweise konkurrierende Berufsgeheimnispflichten nicht gefährdet werden.

Meine Damen und Herren! Wir sind gespannt auf die Anhörung und auf die Positionierung der Regierungsfraktionen. Ich hoffe sehr, dass es etwas mehr sein wird, als wir von meinem Vorredner gehört haben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Langsam kann einem der Herr Oppositionsführer wirklich leidtun. Im Jahr 2007 brachten - nach der Diskussion über das Übergangsgeld von Herrn Dr. Stegner als ehemaliger Landesminister - die Grünen bereits ein Gesetzespaket auf den Weg. Nun sind es alle Oppositionsfraktionen inklusive der SPD, die nach der Debatte um einbehaltene Aufsichtsratsvergütungen von Herrn Dr. Stegner einen weiteren Anlauf nehmen, die Nebentätigkeiten von Abgeordneten und Ministern zwingend offenzulegen.

Bereits in den Jahren 2007 und 2009 haben wir intensiv über die Initiativen der Grünen diskutiert. Wie in den Jahren 2007 und 2009 werden die vorgelegten Initiativen wohl keine Aussicht auf Erfolg haben - es sei denn, es treten in der Debatte neue Gesichtspunkte hinzu, die wir bisher noch nicht erörtert haben.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einsicht!)

- Herr Kollege Habeck, Lesen bildet manchmal.

(Lebhafte Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Sie brauchen nicht neidisch zu sein, dass Sie keiner fragt.

(Heiterkeit bei FDP und CDU)

Sie hätten bei der Erarbeitung der Vorlagen vielleicht doch etwas gründlicher sein sollen, wenn Sie sie schon wiederholen. Bereits in der letzten Debatte habe ich darauf hingewiesen, dass Sie die Regelungen des Bundes nicht eins zu eins übernehmen können, sondern stattdessen wenigstens „Land Schleswig-Holstein“ schreiben müssen. Nun lese ich in dem Antrag auf Drucksache 17/403 (neu) folgende Formulierung:

„§ 2 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

(1) Mitglieder des Landtages, die gegen Entgelt gerichtlich oder außergerichtlich für die Bundesrepublik Deutschland auftreten, haben der Präsidentin oder dem Präsidenten … anzuzeigen.“ Sie hätten aus „Bundesrepublik Deutschland“ „Schleswig-Holstein“ machen müssen. (Heiterkeit und Beifall bei FDP und CDU - Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann als Parlament schon eine gewisse Professionalität bei der Erarbeitung von Vorlagen erwarten. Ihr Antrag zeigt mir, dass Sie darüber nicht einmal nachgedacht haben.

Wer auch immer als Abgeordneter oder Privatmensch den Drang verspürt, der Außenwelt mitzuteilen, welches Einkommen er erzielt, welches Auto er hat, welches Boot er fährt und welches Haus er besitzt, der soll dies gern tun. Er darf das schon heute.