Protokoll der Sitzung vom 25.04.2012

Meine Damen und Herren, ich eröffne die 27. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Meine Damen und Herren, es liegt ein Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor.

Deutsche Photovoltaik-Branche erhalten

Dringlichkeitsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Drucksache 17/2521

Wird das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? - Das ist der Fall. Ich erteile zu einem Dreiminutenbeitrag zur Begründung der Dringlichkeit der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 11. Mai 2012 tagt der Bundesrat, und in diesem Bundesrat kann etwas bewegt werden. Die Länder können mit ihrer Stimme dazu beitragen, dass die Novelle des Energieeinspeisegesetzes abgelehnt wird, sodass der Vermittlungsausschuss angerufen wird. Wir halten dies für zwingend notwendig.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Antrag heute soll die Landesregierung auffordern, dementsprechend zu handeln.

Wir alle haben inzwischen die Energiewende als wichtig erkannt. Es ist völlig klar, dass diese Energiewende nur funktionieren kann, wenn es eine Verlässlichkeit im Aufbau der alternativen Energien gibt. Zu diesen alternativen Energien gehört auch die Solarbranche. Das, was jetzt in Berlin geplant wird, richtet sich gegen die Solarbranche, gegen die heimische Wirtschaft, gegen den Mittelstand und behindert die Energiewende. Deshalb bitte ich Sie dringlichst: Stimmen Sie der Dringlichkeit unseres Antrags zu! Eine engagierte Energiewende und ein aggressiver Angriff auf die Solarbranche sind wie Feuer und Wasser. Sie passen nicht zusammen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und SSW)

Das Wort erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Axel Bernstein für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sehen aus drei Gründen keine Dringlichkeit, heute über diesen Antrag zu diskutieren.

Erstens ist die Novelle des EEG in ihrem Kern richtig und notwendig, um eine bestehende Überförderung abzubauen. Zweitens ist die Verlängerung der Übergangsfristen ein wichtiger Beitrag gewesen, um unserem Mittelstand Planungssicherheit zu geben und im Übrigen ein Verhandlungserfolg für Schleswig-Holstein.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Und zum Dritten hätte ich, wenn man einen solchen Antrag einbringt, zumindest erwartet, dass Sie auch ein Ziel formulieren, was Sie im Bundesrat, im Vermittlungsausschuss, erreichen wollen. Geht es darum, die Novelle des EEG zu verhindern? Geht es darum, Übergangsfristen zu verlängern? Geht es darum, einen Punkt im Wahlkampf zu setzen? - Das wenigstens hätten Sie Ihrem Antrag beifügen können. Wir sehen keine Dringlichkeit.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen über den Dringlichkeitsantrag Drucksache 17/2521. Es gilt das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Wer die Dringlichkeit bejaht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit stelle ich fest, dass die Dringlichkeit die erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen nicht erreicht hat und damit abgelehnt ist. Der Antrag wird daher nicht beraten.

Meine Damen und Herren, Ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 2, 3, 4, 7, 9, 11, 13, 14, 24, 36, 41 bis 44, 47, 51, 53, 56 bis 62, 64, 65, 69, 74 bis 79 sowie 81 bis 84 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 12, 18, 72 und 85.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 5, 22, 26, 28, 30, 31, 38, 54, 55, Entwurf eines Gesetzes zur Lehrerbildung sowie weitere Anträge zur Bildungspolitik in Schleswig-Holstein. Gemeinsam beraten werden die Tagesordnungspunkte 29 und 52, Anträge zum Erhalt der Universität Lübeck und zu den Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses und zur Vereinbarkeit von Studium und Familie. Weiter gemeinsam beraten werden die Tagesordnungspunkte 19 und 23, Gesetzentwurf zur Aufhebung des Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels sowie Antrag zum Beitritt des Landes zum Glücksspielstaatsvertrag. Eine gemeinsame Beratung erfolgt zu den Tagesordnungspunkten 17, 37, 48, 49, Entwurf eines Mindestlohngesetzes sowie Anträge zur Lohn- und Beschäftigungspolitik sowie zur Arbeitsmarktförderung. Eine gemeinsame Beratung ist außerdem vorgesehen für die Tagesordnungspunkte 21, 40, 66, Anträge für eine menschenwürdige Unterbringung, zu Integrationsinitiativen der Landesregierung und zum Menschenrecht auf medizinische Versorgung. Eine gemeinsame Beratung erfolgt zu den Tagesordnungspunkten 34, 35, 63, Anträge zu Initiativen für das Ehrenamt in Schleswig-Holstein und zur bürgerfreundlichen Gestaltung von Gesetzestexten. Eine gemeinsame Beratung ist vorgesehen zu den Tagesordnungspunkten 10, 15, 67 und 68, Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung sowie Anträge zur Kooperation und Zusammenarbeit in Norddeutschland. Außerdem erfolgt eine gemeinsame Beratung der Tagesordnungspunkte 25 und 32, Anträge zum Atomausstieg und zu den Kosten der Energiewende.

Anträge zu einer Fragestunde liegen nicht vor. Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratungen in der 27. Tagung.

Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine verkürzte Mittagspause in der Zeit von 13 bis 14 Uhr vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler sowie deren Lehrkräfte vom Regionalen Berufsbildungszentrum - Eckener-Schule in Flensburg. - Seien Sie uns ganz herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde

Koalition schon vor der Wahl am Ende? Die mangelnde Bereitschaft zur Beratung der Themen „Tariftreuegesetz“ und „Kommunalabgabengesetz“ in der letzten Landtagssitzung dieser Legislaturperiode zeigt exemplarisch den schwindenden Einigungswillen der Koalitionsfraktionen

Antrag der Fraktion der SPD

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Allein die Länge des Antrags spricht gegen ihn!)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Dr. Ralf Stegner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man konnte heute der Tagespresse entnehmen, dass der Kollege Callsen die Befürchtung geäußert habe, es könne womöglich in dieser Landtagstagung um Wahlkampf gehen.

(Lachen bei CDU und FDP)

Das ist eine sehr merkwürdige Haltung, wenn in eineinhalb Wochen das Landesparlament neu gewählt wird und dieser Landtag als höchstes Organ der Willensbildung über Fragen von Bildung, Arbeit, Integration und andere wichtige Dinge diskutiert. Ich finde, darüber sollte man sich nicht beklagen, sondern das ist die Aufgabe, die wir haben.

Man würde eigentlich erwarten, dass die Regierungskoalition die tolle Gelegenheit nutzt, um die Bilanz dieser „Traumkoalition“ nach zweieinhalb Jahren zu ziehen.

Eine Koalition, die gesagt hat, sie sei in ganz vielen Dingen bundesweit Vorreiter, von der Haushaltsstrukturkommission bis zur Lotterie, müsste sich doch darüber freuen, ihre erfolgreiche Bilanz präsentieren zu können. Diese Koalition ist aber in anderer Hinsicht ein Unikat. Ich kann mich gar nicht entsinnen, dass es in der Bundesrepublik schon einmal eine Situation gegeben hat, in der eine Regierungskoalition, die so zustande gekommen ist, schon seit einem Jahr, also bereits ein Jahr vor der Wahl, in keiner einzigen Umfrage auch nur in die Nähe der Fortsetzung dieser Regierungspolitik gekommen ist. In der Demokratie hat man den Eindruck, dass das mit der Leistungsbilanz dieser Landesregierung zusammenhängen muss. Anders kann man sich das nicht erklären.

(Beifall bei der SPD - Zurufe der Abgeordne- ten Kubicki und Vogt - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Deswegen ist natürlich die Scharade, die von der Regierungskoalition hier aufgeführt wird, bemerkenswert. Es ist eine Sache, dass sie nicht einmal in der Lage ist, über ein Tariftreuegesetz oder über die Kurtaxe zu diskutieren, aber ich will Ihnen fünf Beispiele dafür nennen, an denen man sehen kann, was mit Ihnen los ist.

Herr Minister de Jager, Sie stellen eine Schattenministerin vor, woraus man erkennen kann, dass Sie sagen, bei der Bildung muss alles anders werden. Bei all dem Murks, den der Bildungsminister veranstaltet hat, von Lehrerstellen, von Y-Modell, von Differenzierungsstunden, frage ich mich, wer das eigentlich gemacht hat, um mit Herrn Brüderle zu reden. Sie - CDU und FDP in diesem Haus - haben das zusammen beschlossen, und wir werden das ändern.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Wer andere zum Schulfrieden einlädt - wie Sie das getan haben -, ihn aber gemeinsam zerstört mit den Maßnahmen, die Sie tun, der muss sich das vorhalten lassen und darf sich nicht darüber beklagen, dass darüber im Landtag diskutiert wird.

Zweites Beispiel. Sie, Herr Minister de Jager, stellen ein bemerkenswertes, wenn auch ein bisschen merkwürdiges Pflegepapier vor, weil es ein wichtiges Thema für die Menschen im Lande ist, wie wir alle wissen, aber der Sozialminister, der alle möglichen Initiativen hier abgelehnt hat und das Gegenteil vorgeschlagen hat, sitzt daneben. Ich frage mich, wer sich hier im Haus eigentlich wie zur Pflegepolitik verhalten hat. Sie haben das alles zusammen abgelehnt, und wir werden das ändern.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP] - Unruhe)

Das dritte Beispiel. Sie, Herr de Jager, stellen sich mit Herrn Professor Dominiak hin und reden über wichtige Zukunftskonzepte für die Universität Lübeck.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Stegner.

(Präsident Torsten Geerdts)

Ich verstehe die Nervosität der Kollegen, aber so weit müssen Sie das schon noch ertragen.

Ich frage mich, wer die Universität Lübeck gemeinsam abwickeln wollte. Sie wollten das zusammen machen. Sie haben das beschlossen, und wir werden das ändern.

(Beifall bei der SPD)

Das vierte Beispiel. Sie, Herr de Jager, attackieren in den letzten Tagen die dänische Minderheit, gemeinsam mit der Hilfe von Frau Herold. Wer hat eigentlich die dänischen Schüler herabgestuft und die Minderheitenpolitik parteipolitisiert? - Sie haben es gemeinsam beschlossen, und wir werden das ändern.