Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Platz zu nehmen. Ich eröffne die Sitzung und wünsche Ihnen allen einen guten Morgen. Nach Mitteilung der Fraktionen sind erkrankt der Abgeordnete Klaus Klinckhamer sowie die Abgeordneten Birgit Herdejürgen, Dr. Marret Bohn, Ranka Prante und Silke Hinrichsen. Wir wünschen allen gute Besserung.
Auf der Tribüne begrüßen wir Besucherinnen und Besucher des Marion-Dönhoff-Gymnasiums aus Mölln. - Herzlich willkommen und viel Vergnügen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ob OECD, die Deutsche Bank oder Wirtschaftsforschungsinstitute; die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung, den Arbeitsmarkt und die Steuereinnahmen waren Anfang 2009 ausgesprochen düster. Es ist gut, wenn man sich bei einer sich langsam, aber stetig verbessernden Entwicklung noch einmal daran erinnert, wie die Situation vor drei Jahren gewesen ist und welche Entwicklungen etwas in die eine oder andere Richtung bewegt haben.
Die Bundesagentur für Arbeit hat damals 400.000 zusätzliche Arbeitslose im Jahr 2009 befürchtet. Kurz darauf stieg die Prognose auf über eine Million an zusätzlichen Arbeitslosen. Die Deutsche Bank und die OECD waren sich darin einig, dass wir Ende 2010 wieder fünf Millionen Arbeitslose haben würden. Wenn Sie sich erinnern: Die Steuerschätzer haben für Schleswig-Holstein Anfang des Jahres 2009 prognostiziert, in den nächsten fünf Jahren jährlich etwa 1 Milliarde € weniger an Steuereinnahmen zu haben. Wie wir heute wissen, haben die Institute einmal mehr ihre Prognosefähigkeit unter Beweis gestellt. Mit der tatsächlichen
Entwicklung hatte dies Gott sei Dank relativ wenig zu tun. Statt über fünf Millionen Arbeitslose haben wir die höchste Erwerbstätigkeit in Deutschland und die höchste Zahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Bundesrepublik, die wir je hatten.
In Schleswig-Holstein hatten wir Ende 2011 mit 98.700 Arbeitslosen den niedrigsten Stand seit 1992. Für diese vergleichsweise positive Entwicklung, das heißt im Vergleich zu anderen Staaten in Europa und der Welt, gibt es im Wesentlichen - natürlich neben anderen Gründen - drei Gründe: Erstens. Die Tarifpartner haben mit einer moderaten und verantwortungsvollen Lohnpolitik maßgeblich zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland beigetragen. Zweitens. Die Wirtschaft in unserem Land hat sich in der Krise sehr verantwortungsvoll gezeigt. Sie hat die Instrumente, die die Politik ihr angeboten hat, genutzt. Im Übrigen war die Struktur der deutschen Wirtschaft und insbesondere in Schleswig-Holstein ein besonderer Trumpf, denn unser starker Mittelstand zeigte sich sehr robust und war maßgeblich für die rasche Überwindung der Rezession des Jahres 2009 verantwortlich. Unternehmern und Arbeitnehmern gilt daher unserer besonderer Dank. Sie alle haben Deutschland mit ihrem Einsatz und mit ihrem Handeln auf Kurs gehalten, und das gilt auch für Schleswig-Holstein.
Der dritte wesentliche Grund für die vergleichsweise positive Entwicklung war das aktive Handeln der Politik. 2009 wurde ein für die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik beispielloses Konjunkturpaket geschnürt. Darin wurden bundesweit sinnvolle und äußerst wirksame Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 50 Milliarden € vereinbart. Es beinhaltete unter anderem eine Entlastung der privaten Haushalte, Kredit- und Bürgschaftsprogramme für die Wirtschaft, Qualifikationsoffensiven für die Arbeitnehmer und ein Zukunftsinvestitionsprogramm mit einem Umfang von 14 Milliarden € insgesamt. 10 Milliarden € entfielen dabei auf die Länder und die Kommunen.
Der Ihnen vorliegende Bericht beschreibt die entsprechenden Maßnahmen und ihre Wirkungen in Schleswig-Holstein. Auf uns entfielen von den 10 Milliarden € 323 Millionen € an Bundesmitteln. Zusammen mit den Mitteln des Landes, der Kommunen und anderer stand somit im öffentlichen Bereich ein Finanzierungsvolumen von fast 500 Mil
lionen € zur Verfügung. Hinzurechnen muss man noch die privaten Investitionen, die in diesem Zusammenhang getätigt wurden. Land und Kommunen haben ihren Kofinanzierungsanteil darüber hinaus über das erwartete Volumen von 433 Millionen € ausgedehnt. Das ist eine hervorragende Leistung, für die ich an dieser Stelle insbesondere den Kommunen meinen Dank aussprechen möchte.
Das Ziel der Zukunftsinvestitionen war es in erster Linie, Umsatzrückgänge im privaten Sektor und dabei insbesondere die Auftragslage im Handwerk und im Baugewerbe auszugleichen und mittelständische Unternehmen zu stabilisieren. Das ist gelungen. Der größte Teil der Aufträge ist an Firmen aus Schleswig-Holstein gegangen. Arbeitsplätze konnten so gesichert und mögliche krisenbedingte Unternehmensinsolvenzen verhindert werden. So stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2009 gegenüber dem Boomjahr vor der Krise 2008 um lediglich 89.
Aber nicht nur die kurzfristigen Überlegungen für die Stabilisierung der Konjunktur standen im Fokus dieses Programms. Die Zukunftsinvestitionen sollten vor allen Dingen ihre Wirkung nachhaltig entfalten. Auch das ist gelungen. Durch den Ausbau der Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur wurden die Chancen auf eine bessere Bildungsqualität für unsere Kinder dauerhaft gestärkt. Investitionen in Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben den Forschungsund Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein gestärkt und geholfen, den entstandenen Rückstand aufzuholen. Durch zahlreiche Maßnahmen zur energetischen Sanierung werden die Energiekosten von Land, Kommunen und privaten Trägern dauerhaft gesenkt.
Im Bereich der frühkindlichen Betreuungsinfrastruktur wurden 349 Vorhaben mit 51,2 Millionen € gefördert, und es wurden 450 Vorhaben zur Verbesserung der Schulinfrastruktur durch 192 Millionen € gefördert. Hinzu kommen 86 Millionen € für Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Insgesamt ist dies angesichts der finanziellen Enge in den Haushalten auch für diese Aufgaben ein bedeutender Betrag. Insgesamt wurden 337 Millionen € zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur eingesetzt, 161 Millionen € für die Versorgungsund Verkehrsinfrastruktur.
Von den insgesamt 1.300 Maßnahmen, die durch dieses Programm gefördert wurden, haben alle Kreise und kreisfreien Städte anteilig profitiert, wobei geringe strukturpolitische Effekte gewünscht waren und auch erzielt wurden. Wir haben mit den genannten Investitionen nicht nur die Konjunktur
stimuliert. Konjunkturpakete und Zukunftsinvestitionen haben einen maßgeblichen Beitrag zur Überwindung der größten Wirtschaftskrise geleistet, die die freie Welt je erlebt hat. Gleichzeitig ist die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft und damit unsere Zukunftsfähigkeit gestärkt worden. Politik hat in Zeiten der Krise ihre Handlungsfähigkeit unterstrichen und mit den richtigen Entscheidungen mögliche Fehlentwicklungen korrigiert. Deutschland ist gestärkt aus der Krise hervorgegangen, Schleswig-Holstein ebenfalls.
Im abgelaufenen Jahr haben wir auch deshalb rund 350 Millionen € Steuern mehr eingenommen als im Vorjahr. Diese Mehreinnahmen müssen wir jetzt nutzen, um die zusätzliche Verschuldung zurückzuführen, die zur Bewältigung der Krise geplant und eingesetzt wurde.
Das Zukunftsinvestitionsprogramm ist seinem Namen gerecht geworden. Es war die richtige Antwort der Politik auf die entscheidenden, aktuellen Zukunftsfragen. Kommunen und Träger von Einrichtungen haben die Maßnahmen angemessen - auch in angemessener Zeit - umgesetzt. Dieses Programm war ein Erfolg für Schleswig-Holstein und für Deutschland.
Der Minister hat seine Redezeit um 3 Minuten 30 Sekunden überschritten, die den Fraktionen nun jeweils zusätzlich zur Verfügung stehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns erinnern: Ein Rückgang von 5 % wies das deutsche Bruttoinlandsprodukt für 2009 aus. Das war weit mehr als das, was in den vergangenen Jahrzehnten der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland als Wirtschaftseinbruch bezeichnet wurde. In einem beispiellosen Kraftakt haben Bund, Länder und Gemeinden dafür gesorgt, die Auswirkungen dieses beispiellosen Konjunktureinbruchs abzufedern, ja mehr noch: Im Investitionsprogramm der Jahre 2009 bis 2011 wurden die richtigen Schwerpunkte gesetzt, um Deutschland und Schleswig-Holstein fit zu machen für die Zukunft.
Bund und Land haben in diesen Jahren gemeinsam rund 375 Millionen € für Investitionsprojekte zusätzlich bereitgestellt, und unsere Kommunen haben weitere 125 Millionen € dazu beigetragen. Durch 800 Projekte konnten wir einen Beitrag zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur leisten, Maßnahmen in Kindertagesstätten, Schulen und Weiterbildungseinrichtungen haben die Grundlage dafür gelegt, Kinder und Jugendliche noch besser auf Ausbildung oder Studium vorzubereiten und die Bedingungen für lebenslanges Lernen zu optimieren. So generiert das Investitionsprogramm auch in 20 oder 30 Jahren noch nachhaltiges Wachstum.
Wir haben des Weiteren in den Ausbau des Wegenetzes investiert. Wir haben die Krankenhäuser modernisiert, wir haben Investitionen in die Hochschul- und Forschungsinfrastruktur gesteigert und damit Maßnahmen bezahlt, die sich die Verantwortlichen insgesamt keineswegs mühsam zusammensuchen mussten. Dies kann man auch daran erkennen, dass bereitgestellte Beträge zügig abgerufen wurden, weil Handlungsbedarf vor Ort bestand.
So ist es gelungen, einen Investitionsstau aufzulösen, der zum Teil seit Jahrzehnten bestand. Auch so zahlt sich dieses Investitionsprogramm aus. Wir haben unser Anlagevermögen vermehrt. So ist das Land heute nicht ärmer sondern reicher. Während andere noch nach Konjunkturprogrammen gerufen haben, haben wir ein Investitionsprogramm aufgelegt. Dies ist nicht nur sprachlich ein Unterschied: Wer von Konsum redet, gibt Geld aus, und damit ist es weg. Wer aber Investitionen steigert, schafft Werte für nachfolgende Generationen. Auch unter diesem Gesichtspunkt muss man das Programm betrachten.
Ich möchte zwei weitere Aspekte noch besonders hervorheben. Erstens. Wir haben den Schwerpunkt des Förderprogramms auf die Kommunen gelegt. So sind wir dem Subsidiaritätsprinzip gerecht geworden, unser Gemeinwesen baut sich von unten nach oben auf, und das zu Recht, denn die Verantwortlichen vor Ort wissen selbst am besten, wo konkreter Bedarf besteht. So haben wir auch die kommunale Mitverantwortung gestärkt. Das Investitionsprogramm wurde zu einem Programm zur Förderung der demokratischen Mitbestimmung vor Ort. Über diesen Aspekt wird selten gesprochen, aber mir ist er doch besonders wichtig.
Zweitens. Wir haben das Investitionsprogramm auch zur regionalen Wirtschaftsförderung genutzt. Der Minister hat es angedeutet. Die Strukturschwäche einer Region darf kein Schicksal sein. Das ist unsere Überzeugung. Wenn man die aufge
wandten Fördergelder auf den Durchschnittsbürger umrechnet, so profitiert jeder Schleswig-Holsteiner mit einem Betrag von 84,67 €. Den Bürgern an der Westküste sind im Vergleich dazu 94,64 € zugutegekommen. Auch andere Regionen, die noch einen Nachhol- und Aufholbedarf haben, sind besonders unterstützt worden. So sieht gelebte Solidarität auch innerhalb des Landes Schleswig-Holstein aus.
Durch das Investitionsprogramm haben Bund, Land und Kommunen einen Beitrag dazu geleistet, dass die Wirtschaftskrise schnell überwunden werden konnte. Inzwischen haben wir wieder erfreuliche Wachstumszahlen, die auch den Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein deutlich beflügelt haben. Für die Durchführung dieses Programms musste die öffentliche Hand zusätzliche Kredite aufnehmen. Der Minister hat es gesagt: Diese gilt es nun konsequent zurückzuführen, und zwar auf allen Ebenen.
Abschließend sei gesagt: Es war eine auf den Mittelstand gerichtete Wirtschaftspolitik dieser CDUgeführten Landesregierung, die mit guten Rahmenbedingungen ihren Beitrag zur Überwindung der Krise geleistet hat. Kurzum: Die Überwindung der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in Schleswig-Holstein ist eine große Gemeinschaftsleistung der Menschen, der Betriebe und der Politik, die insgesamt große Anerkennung verdient.
(Hans-Jörn Arp [CDU]: Ist Herr Stegner nicht da? - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Ist Herr Stegner heiser?)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zunächst einmal vielen Dank an die Landesregierung für den vorgelegten Bericht. Es ist - wie viele in diesen Tagen - ein bestellter Bericht, mit dem die Landesregierung wieder einmal ihre Tätigkeit öffentlichkeitswirksam präsentieren will. Aber dennoch: Das Zukunftsinvestitionsgesetz hat einiges in Deutschland bewegt und gerade in Schleswig-Holstein. Das geben wir gern und neidlos zu.
Sehr viel Geld ist nach Schleswig-Holstein geflossen. Die Zahlen hat der Finanzminister genannt. Um so wichtiger ist es, sich genau anzusehen, ob dieses Geld auch die Wirkung erzielt hat, die beabsichtigt war. Ist das Geld vor Ort geblieben, um die
regionale Wirtschaft zu stützen? Wurden die Investitionen nachhaltig getätigt? Konnten die Mittel so eingesetzt werden, dass die mit ihnen geförderten Maßnahmen zu mehr Gerechtigkeit, zu guter Arbeit, zu besseren Bildungschancen, zu regionaler wirtschaftlicher Entwicklung beigetragen haben?
2008 und 2009 waren sich die Regierungsparteien in Berlin - SPD und CDU - einig, dass Deutschland, ebenso wie andere Volkswirtschaften, von einer wirtschaftlichen Rezession bedroht war. Sie waren sich auch einig, dass gezielte Investition der richtige Weg sind, um die Krisenzeit zu überbrücken und anschließend gestärkt durchzustarten.
Als die SPD in der Großen Koalition 2009 in Berlin das Konjunkturpaket beschlossen hat, hatte sie die Beschäftigung im Fokus. Kurzarbeit und Qualifizierungen statt Entlassen und die Stärkung der Vermittlung waren Maßnahmen, die Sozialdemokraten in das Paket einbrachten.
Gleichzeitig wollten wir die Voraussetzungen für den konjunkturellen Aufschwung verbessern. Vermeiden wollte die SPD insbesondere, dass Firmen in der Krise Facharbeiterinnen und Facharbeiter entlassen müssen, die sie direkt im Anschluss in den Aufschwung hinein dringend brauchen würden, um sich sofort international wieder stark präsentieren zu können. Das Ergebnis erleben wir jetzt. Wir sehen, dass die deutsche Wirtschaft so gut wie keine andere Nation aus dieser Weltwirtschaftskrise herausgekommen ist. Das hat auch mit diesem Konjunkturprogramm zu tun und damit, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verzichtet haben und dass die Wirtschaft mitgemacht hat. Wer in letzter Zeit einmal beim Handwerk gewesen ist, erfährt, dass das Handwerk dieses Wirtschaftsprogramm lobt. Ich glaube, es ist ein Zeichen von guter Wirtschaftspolitik.