Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle ganz herzlich. Darin schließe ich besonders herzlich mit Ihnen allen gemeinsam ein Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Kronshagen mit ihren Lehrkräften sowie den ehemaligen Landrat, Herrn Gorrissen, der für die ehemaligen Heimkinder als Ansprechpartner zur Verfügung steht. - Seien Sie uns alle ganz herzlich willkommen hier! Wir wünschen Ihnen einen interessanten Vormittag.
Zum Ablauf des heutigen Sitzungstages gebe ich Ihnen folgende Hinweise: Die Tagesordnungspunkte werden heute Vormittag in der Reihenfolge der Punkte 31 und 32 - diese Punkte in gemeinsamer Beratung -, 48, 18 und 24 aufgerufen. Die Mittagspause wird um eine Stunde verkürzt und findet zwischen 13 und 14 Uhr statt. Der ursprünglich für 15 Uhr gesetzte Tagesordnungspunkt 26, Programm Soziale Stadt erhalten, wird direkt nach der Mittagspause um 14 Uhr aufgerufen. Daran anschließend werden die Tagesordnungspunkte 27, 38, 44 und 45 behandelt. Es folgen die Tagesordnungspunkte ohne Aussprache, 17, 36, 39 und 41 sowie die Sammeldrucksache. Ich bitte die Ausschussvorsitzenden, sich für die Berichterstattung zu den Punkten 39 und 41 bereitzuhalten. So weit zu den Hinweisen für den Ablauf, damit sich jeder gut orientieren kann!
a) Für eine erleichterte Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen, Bildungs- und Berufsabschlüssen
Fachkräftestrategie für Schleswig-Holstein: Erwerbsbeteiligung mobilisieren - Potenziale ausschöpfen
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Damit eröffne ich die Aussprache. Ich erteile zunächst für die Fraktion DIE LINKE der Frau Abgeordneten Ellen Streitbörger das Wort.
Wir hatten noch nie an so prominenter Stelle der Tagesordnung das Rederecht. - Tausende gut ausgebildete Migrantinnen und Migranten leben in Schleswig-Holstein. Viele von ihnen haben jedoch gar keinen Zugang zum Arbeitsmarkt oder nur zu prekären Beschäftigungsverhältnissen, weil ihre Berufs- und Bildungsqualifikationen nicht anerkannt werden. Seit Jahren ist es der Linken ein wichtiges Anliegen, die Praxis der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen zu verbessern.
Doch jetzt hat die Wirtschaft Alarm geschlagen, dass in vielen Branchen Fachkräfte fehlen und dass die zu erwartende demografische Entwicklung diesen Mangel noch verschärfen wird. Und endlich wird auch die Bundesregierung aktiv. Am Mittwoch verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, der die Anerkennungspraxis im Ausland erworbener Berufsqualifikationen verbessern soll.
Der Zweck des Gesetzentwurfs soll die Sicherung des Fachkräftepotenzials sein. Genau das lässt die inhaltliche Ausrichtung erkennen.
So wird als zentrales Ziel in § 1 die „bessere Nutzung... für den deutschen Arbeitsmarkt“ formuliert. Hier wird wieder einmal deutlich: Die Wirtschaft dominiert die politischen Entscheidungen der schwarz-gelben Bundesregierung. Es zählt nicht der
Mensch, sondern seine Verwertbarkeit für die Wirtschaft. Der gleichstellungs- und integrationspolitische Aspekt wird einmal mehr völlig vernachlässigt. Es ist richtig und wichtig, Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Aber, meine Damen und Herren, erstens nicht deshalb, weil die Wirtschaft Alarm schlägt, sondern weil die Menschen ein Recht haben, entsprechend ihrer Qualifikation in Deutschland arbeiten zu dürfen,
und zweitens nicht nur für eine ausgewählte Gruppe, sondern gleichermaßen für alle. Die bewusste Ausgrenzung von Asylbewerberinnen und -bewerbern und von Geduldeten ist für DIE LINKE nicht akzeptabel. Auch diese Menschen leben zum Teil jahrelang in Deutschland.
DIE LINKE fordert eine Überarbeitung des Entwurfs. Mit unserem Antrag zeigen wir, welche Kriterien ein Gesetz enthalten muss, um eine tatsächliche Verbesserung herbeizuführen; denn der aktuelle Entwurf ist nichts weiter als ein Verwaltungsermessensgesetz.
DIE LINKE fordert nachvollziehbare Kriterien und eine bundeseinheitliche Anerkennungspraxis. Dem wird der Gesetzesentwurf nicht gerecht. Was wir brauchen, ist ein Rechtsanspruch auf die Anerkennung von Berufsabschlüssen und auf eventuell nötige Qualifizierungsmaßnahmen zum Ausgleich wesentlicher Unterschiede.
Dieser Rechtsanspruch muss ebenso für Hochschulabschlüsse gelten, und die Anerkennung muss kostenfrei erfolgen. Viele der Antragstellerinnen und Antragsteller empfangen Transferleistungen oder sind Geringverdienerinnen oder -verdiener.
Die Forderung nach Kostenfreiheit gilt auch für die Ausgleichsmaßnahmen. Leider ist das im Gesetzentwurf nicht geregelt. Genauso wenig wird im Entwurf deutlich, wie diese Maßnahmen überhaupt aussehen sollen und nach welchen Kriterien sie durchzuführen sind. Wir vertrauen auch nicht auf die wie immer erwarteten Synergieeffekte, die die Bereitstellung zusätzlicher Mittel überflüssig machen sollen. Das ist unrealistisch. Denn ohne einen Ausbau der vorhandenen Strukturen und ohne zusätzliches Personal wird die dreimonatige Frist für die Anerkennung kaum einzuhalten sein.
Auch auf Landesebene muss umgehend gehandelt werden. DIE LINKE fordert dezentrale Beratungsstellen. Den Anerkennung Suchenden muss der Zugang zu den zuständigen Beratungs- und Erstanlaufstellen erleichtert werden. Sie brauchen dringend eine Übersicht über die zuständigen Stellen, damit sie nicht angesichts der Unübersichtlichkeit der Zuständigkeiten scheitern, bevor sie erste Schritte getan haben.
Es gibt bereits Strukturen, wie zum Beispiel die Beratungsstellen von access, die hervorragende Arbeit leisten. Diese müssen wir weiter ausbauen.
Außerdem benötigen wir eine zentrale Servicestelle im Land, die Informationen bündelt und einheitliche Verfahren gewährleistet.
Wir brauchen endlich eine wirkliche Erleichterung in der Anerkennungspraxis für Berufsqualifikationen. Aus diesem Grund beantragen wir die Ausschussüberweisung unseres Antrags. Denn die Probleme müssen detailliert und tiefgründig diskutiert werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem Jahr 2005 ist die Zahl der Arbeitslosen, auch dank einer klugen Wirtschaftspolitik, kontinuierlich zurückgegangen, in den letzten Jahren um fast 2 Millionen.
Trotz zwischenzeitlicher Weltwirtschaftskrise reiht sich eine Erfolgsmeldung an die andere, und auch in Schleswig-Holstein ist die Arbeitslosigkeit
mittlerweile so niedrig, wie seit über 15 Jahren nicht mehr. Die Beschäftigung erreicht neue Höchststände.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine Entwicklung, für die wir alle dankbar sein sollten. Deswegen, Frau Kollegin Streitbörger, sage ich an dieser Stelle Folgendes. Diese Entwicklung macht deutlich: Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt, denn Arbeitsplätze sind wichtig für die Menschen.
Doch parallel dazu gibt es eine andere Entwicklung, die uns in der Tat größere Sorgen macht, nämlich der Fachkräftemangel. Er lässt sich nicht so leicht in Zahlen fassen wie die Arbeitslosigkeit, und man sieht ihn auch nicht, wenn man in ein Jobcenter geht. Und doch: Wenn man mit den Betrieben vor Ort redet, wird das Problem sehr konkret, und es verschärft sich.
Schon heute klagt jedes zweite Unternehmen über Probleme bei der Besetzung von offenen Stellen, und das nicht nur bei Akademikern. Im Jahr 2020 werden bei uns in Schleswig-Holstein bereits 70.000 Fachkräfte fehlen. Bis 2030 wird diese Zahl auf unfassbare 250.000 ansteigen. Diese Entwicklung bedroht das Wachstum von morgen, es bedroht unseren Wohlstand und unsere gesamte Gemeinschaft. Denn schließlich müssen zukünftig immer weniger Arbeitnehmer die Lasten unseres Sozialstaats tragen. Deshalb ist es notwendig, dass wir den Fachkräftemangel entschlossen und kontinuierlich bekämpfen. Genau das tun wir.