Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Meine Damen und Herren, ich eröffne die 20. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig. Erkrankt sind die Kollegin Silke Hinrichsen und die Kollegen Mark-Oliver Potzahr und Jens-Christian Magnussen. Wir wünschen allen drei Kolleginnen und Kollegen gute Besserung.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben. - Gestern ist im Alter von 78 Jahren der frühere Flüchtlingsbeauftragte des Schleswig-Holsteinischen Landtags, Helmut Frenz, verstorben. Der in Allenstein geborene Theologe, der ab 1965 von der evangelischen Kirche in Deutschland nach Chile entsandt wurde, um dort als Probst und später als Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche zu dienen, war überzeugter und überzeugender Streiter für die Menschenrechte.

Helmut Frenz, der seine soziale Verantwortung stets auch als Pflicht begriff, sich politisch zu engagieren, wurde durch seine Zeit in Chile geprägt. Er wurde dort Zeuge der Not und der sozialen Probleme eines in sich zutiefst gespaltenen Landes. Er erlebte dort den Militärputsch gegen Salvador Allende, die Unterdrückung von Freiheit und Demokratie. Der Christ Helmut Frenz schwieg nicht, sondern engagierte sich mutig für die Verfolgten. Auf seinen entschiedenen Einsatz für die Menschenrechte reagierte das Regime mit dem Verbot, nach einem Auslandsaufenthalt wieder nach Chile einzureisen.

Der kompromisslose Einsatz für die Menschenrechte zog sich wie ein Faden durch das weitere Wirken von Helmut Frenz, der von 1975 bis 1986 als erster Generalsekretär die deutsche Sektion von Amnesty International leitete. Nach weiteren Stationen als Gemeindepastor und als Studienleiter der Evangelischen Akademie in Bad Segeberg wurde Helmut Frenz zum Flüchtlingsbeauftragten der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche berufen. Von 1999 bis 2005 war er der Flüchtlingsbeauftragte, Asyl- und Zuwanderungsbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein beim Schleswig-Holsteinischen Landtag. Diese ehrenamtliche Aufgabe war wie gemacht für Helmut Frenz, der in seinem Wirken Maßstäbe gesetzt hat, die über den Tag hinaus Gültigkeit besitzen. Der streitbare, unbeugsame Theo

4796 Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 56. Sitzung - Mittwoch, 14. September 2011

loge begriff sich als Stimme und Anwalt für Flüchtlinge und ausländische Mitbürger.

Meine Damen und Herren, der Schleswig-Holsteinische Landtag gedenkt seines ehemaligen Flüchtlingsbeauftragten Helmut Frenz in Dankbarkeit und vollem Respekt. Unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen. - Ich bitte Sie, einen Augenblick der Stille zu nutzen und im Gedenken innezuhalten.

Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen haben sich im Ältestenrat darauf verständigt, die Nachwahl zweier Ersatzmitglieder des Medienrats der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein noch in dieser Tagung durchzuführen. Ich schlage Ihnen vor, die Nachwahl als Punkt 29 A in die Tagesordnung einzureihen und am Freitag ohne Aussprache vor der Sammeldrucksache aufzurufen. - Widerspruch sehe ich nicht, dann werden wir so verfahren.

Zur Beratung der Tagesordnungspunkte 6 und 7, Änderungen des Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe auf die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern, ist gemeinsame Beratung vereinbart worden und die erste und zweite Lesung in dieser Tagung durchzuführen. Bei der zweiten Lesung am Freitag soll eine Aussprache erfolgen. - Widerspruch sehe ich nicht, dann werden wir so verfahren.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 3, 4, 5, 15, 17, 27, 29, 30, 31, 33, 34, 36 und 37 ist eine Aussprache nicht geplant. Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 9, 10, 42 und 44. Der Tagesordnungspunkt 35 sowie der Antrag zu Punkt 12 wurden zurückgezogen.

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 2 und 26 - Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels, Antrag für ein schleswig-holsteinisches Spielhallengesetz und eine Verschärfung der Spielverordnung sowie Resolution zur Erhaltung des Glücksspielstaatsvertrags -, dann - wie gesagt - die Punkte 6 und 7 - Änderung des Gesetzes über die Erhebung einer Abgabe auf die Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern -, ferner 18 und 39 - Antrag „Eine verantwortliche Finanzpolitik für ein starkes Europa“ sowie Bericht „Schleswig-Holstein in Europa:

Europapolitische Schwerpunkte der Landesregierung 2011“ -, 16 und 28 - Änträge zur Subsidiarität, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rats zur Energieeffizienz -, 14, 22 und 25 - Anträge zur Finanzierung des baulichen Masterplans UK S-H, zur Entscheidungsgrundlage über die Zukunft des UK S-H und zur Zukunft der Anlage für Partikeltherapie in Kiel.

Anträge zu einer Fragestunde oder zu einer Aktuellen Stunde liegen nicht vor. Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratungen in der 20. Tagung.

Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine einstündige Mittagspause von 13 bis 14 Uhr vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte des Bismarck-Gymnasiums, Elmshorn, und Angehörige des Marinefliegergeschwaders 5. - Seien Sie uns alle herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 2 und 26 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Dritte Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels (Glücksspielge- setz)

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1100

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1640

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1801

Anträge der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache n 17/1807 (neu), 17/1808 und 17/ 1809

Schleswig-Holsteinischer Landtag (17. WP) - 56. Sitzung - Mittwoch, 14. September 2011 4797

(Präsident Torsten Geerdts)

Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 17/1785

b) Resolution zur Erhaltung des Glücksspielstaatsvertrags

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1780

Über den Antrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD, „Neuregulierung des Glücksspiels: Für ein schleswig-holsteinisches Spielhallengesetz und eine Verschärfung der Spielverordnung“, Drucksache 17/1591 (neu), ist heute im Ausschuss nicht beraten und entschieden worden. Daher rufen wir ihn heute nicht auf. Das ist die Vereinbarung im Ausschuss gewesen.

Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat, einen Beschluss zum Antrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD, Drucksache 17/1591 (neu), haben wir bis zum Zeitpunkt einer weiteren Beratung im Innen- und Rechtsausschuss vertagt.

Zu a): Der Landtag hat nach einer zweiten Lesung durch Plenarbeschluss vom 29. Juni 2011 den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP zur Neuordnung des Glücksspiels, Drucksache 17/1100, und den dazu vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/1640, federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Finanzausschuss, den Wirtschaftsausschuss, den Sozialausschuss und den Europaausschuss zur weiteren Beratung zurücküberwiesen.

Alle Ausschüsse haben sich mit dem Gesetzentwurf noch einmal befasst, zuletzt in der gemeinsamen Sitzung heute früh, also am 14. September 2011. In der Sitzung zogen die Fraktionen von CDU und FDP vor dem Hintergrund neu vorgelegter Änderungsanträge im Zuge der Ausschussberatungen ihren Änderungsantrag Drucksache 17/1640 zurück.

In Übereinstimmung mit den beteiligten Ausschüssen hat der federführende Innen- und Rechtsausschuss dem Landtag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

NEN, DIE LINKE und SSW vorgeschlagen, den Gesetzentwurf in geänderter Fassung anzunehmen. Leider dauert es aber noch ein bisschen, bis Ihnen diese geänderte Fassung vorliegen kann. Das heißt, die Synopse kommt noch. Die Änderungen gegenüber dem Ursprungsgesetzentwurf werden Sie dann in der rechten Spalte der Gegenüberstellung, durch Fettdruck kenntlich gemacht, finden. Ich kann jetzt also leider nur einen mündlichen Bericht geben. Wir sind also im Moment in der Situation, dass wir zwar eine Beschlussempfehlung haben, diese aber noch nicht schriftlich vorliegt. Ich denke, da viele Kolleginnen und Kollegen in der heutigen gemeinsamen Ausschusssitzung dabei waren, kann man jetzt trotzdem in die Beratung einsteigen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die CDU-Landtagsfraktion erteile ich dem Kollegen Hans-Jörn Arp.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute führen wir die dritte Lesung des Glückspielgesetzes für Schleswig-Holstein durch. Ich sage Ihnen: Es war ein langer Weg, den wir gemeinsam gegangen sind. Ich möchte an dieser Stelle zunächst einmal allen Ausschussmitgliedern, den Mitarbeitern der Landtagsverwaltung und der Ministerien, aber auch der Fraktionen herzlich für die gute Zusammenarbeit auf diesem doch sehr schwierigen Weg danken, den wir gemeinsam gegangen sind. Vielleicht haben wir auch das eine oder andere ungeschickt gemacht. Das hätte man - im Nachhinein gesehen - vielleicht anders machen können. Aber ich denke, jetzt legen wir einen Gesetzentwurf vor, der in der Gegenwart angekommen ist.

CDU und FDP im Schleswig-Holsteinischen Landtag erkennen zum ersten Mal das Internet als einen Markt an - einen Markt in der Gegenwart und in der Zukunft -, den man nicht nur aus fiskalischen Gründen aufnehmen muss, sondern den man auch kontrollieren muss. Dies ist zurzeit nicht der Fall. Mit dem Markt können wir natürlich auch zusätzliche Arbeitsplätze nach Schleswig-Holstein holen, wenn wir geschickt damit umgehen. Das heißt, das hat eine Wertschöpfung für uns. Aber es ist auch

(Präsident Torsten Geerdts)

eine große Aufgabe, diesen Markt jetzt endlich zu kontrollieren.

Lassen Sie uns heute über fünf Punkte diskutieren: Warum machen wir das hier und heute in Schleswig-Holstein? Welche Chancen bietet das für Schleswig-Holstein? Welche Risiken sind damit verbunden? Welche Auswirkungen hat das für uns alle? Welche Perspektiven haben wir aber auch?

Wir haben zurzeit einen unregulierten, einen illegalen Markt - eine Grauzone -, um den sich keiner kümmert. Täglich wird dieser Markt millionenfach angeklickt, millionenfach wird er aufgerufen, aber wir als Staat gucken einfach weg und tun so, als gäbe es ihn nicht.

Zu den einzelnen Spielbereichen - insbesondere zu Lotto - möchte ich sagen: Bei Lotto ist unser Risikofaktor gleich null. Wir haben im Haushalt die Einnahmen, die wir heute aus dem Lotto generieren, behalten. Die werden sich auch in keiner Weise verschlechtern, sondern sie werden sich eher verbessern, weil wir den Markt für diejenigen öffnen, die im Internet mit Medien umgehen und die heute ausgeschlossen sind.

Wir bleiben im Block! Da lassen wir uns auch von niemandem beirren. Auch die Resolution, die wir heute verabschieden werden, sagt ganz eindeutig, dass wir an unserem Platz im Block festhalten. Ein Geschäftsführer kann nicht selbst etwas anderes bestimmen. Wenn, wäre das Aufgabe der Ministerpräsidenten. Es gibt dafür aber keine Grundlage. Der Vertrag, der da ist, weist dies aus. Wir sagen allerdings: Das Veranstaltungsmonopol muss weiterhin im Block bleiben, weil sonst die Manipulationsgefahr zu groß ist. Nicht die Frage der Spielsucht ist die für uns entscheidende, sondern die Tatsache, dass die Manipulation dann größer würde, wenn man auch das privatisieren würde.

Nutznießer dieses Gesetzes sind die Unternehmen, die in Schleswig-Holstein und in Deutschland sind. Nutznießer sind aber auch die Mitarbeiter im Lottoblock, weil die sich keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen müssen. Nutznießer sind auch die Lottoannahmestellen, weil wir an der Struktur der Lottoannahmestellen nichts verändern werden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Bei uns ist das Risiko null, die anderen haben Chancen. Wir fordern sie auch auf, diese zu nutzen.

Bei Sportwetten gib es einen milliardenschweren Markt, der heute illegal ist. Den wollen wir legalisieren. Hier ist unser finanzielles Risiko gleich