Protokoll der Sitzung vom 10.09.2010

„Das Bundesministerium für Gesundheit gibt bis zum 30. Juni 2011 eine wissenschaftliche Untersuchung über die Ursachen unterschiedlicher Basisfallwerte der Länder in Auftrag.“

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wissen wir doch!)

Dieser Satz ist unbestritten und bleibt stehen.

In einem Referentenentwurf wird jetzt vorgeschlagen, den folgenden Satz 2, den ich jetzt zitiere, zu streichen:

„Sofern die Untersuchung“

- die in Auftrag gegeben wird

„eine Vergleichbarkeit der Kostenstrukturen … in den Ländern ergibt, legt das Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2013 einen gesetzlichen Verfahrensvorschlag vor, mit dem die unterschiedlichen Basisfallwerte der Länder ab dem Jahr 2015 bis 2019 über den einheitlichen Basisfallwertkorridor nach Absatz 18 hinaus weiter an den einheitlichen Basisfallwert nach Absatz 9 angeglichen werden.“

Das heißt übersetzt, dass es möglicherweise zu keinem punktuellen Basisfallwert, der bundeseinheitlich ist, kommen wird.

(Bernd Heinemann [SPD]: Sehr richtig!)

Das heißt aber auch, dass es einen Bundesdurchschnitt geben wird. Es wird auf jeden Fall einen Bundesdurchschnitt geben. Ich habe dem Kollegen Rösler vorgeschlagen, Schleswig-Holstein nicht schlechter zu stellen als den Bundesdurchschnitt, eine Abweichung nach unten nicht zuzulassen,

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Petra Nicolaisen [CDU])

sondern, wenn überhaupt, was ich nicht richtig finde, um das auch deutlich zu sagen -

(Bernd Heinemann [SPD]: Sie sind für den Durchschnitt!)

- Ein bundeseinheitlicher Durchschnitt, Herr Kollege Heinemann, wäre auch ein Durchschnitt gewesen. Sie können jetzt gern streiten, welchen Durchschnitt Sie eigentlich meinen. Ich meine den Durchschnitt, bei dem Schleswig-Holstein nicht verliert.

Im Übrigen ist es falsch, dass das UK S-H allein 20 Millionen € verlöre, sondern die schleswig-holsteinischen Krankenhäuser würden 20 Millionen € weniger bekommen.

Ein Letztes, lieber Herr Kollege Tietze: Mit Lobbyismus für die Pharmaindustrie hat das herzlich wenig zu tun. Ich empfehle die begeisterte Presseerklärung der Kostenträger in Schleswig-Holstein, die den Kollegen Rösler auffordern, genau dies zu tun. Trotzdem bin ich der Auffassung, dass die Erlössituation der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser verbessert werden sollte. Gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten setzen wir uns dafür ein.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Tietze?

Selbstverständlich gern!

Herr Kollege Garg, stimmen Sie mir zu, dass der bisherige Basisfallwert eine Subventionierung der südlichen Bundesländer darstellte und dass eine Verlängerung dieses Prozesses Schleswig-Holstein weiter Schaden zufügt? Und was macht Sie dann so sicher, dass der gefundene Kompromiss des durchschnittlichen Basisfallwerts tatsächlich die Regelung bis 2015 mit dem einheitlichen Basisfallwert einhält? Wo ist für Sie klar, dass es nicht zulasten von Schleswig-Holstein weiterhin nach unten geht?

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Heinemann [SPD])

- Es geht wirklich um diesen Abstand.

Erstens: Selbstverständlich ist das eine Schlechterstellung Schleswig-Holsteins.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE] und Bernd Hei- nemann [SPD] - Bernd Heinemann [SPD]: Endlich mal gesagt!)

- Entschuldigen Sie einmal, wer ist denn mit dafür verantwortlich, dass es zu diesen völlig unterschiedlichen Werten kam? - Das war doch keine schwarz-gelbe Regierung!

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch scheißegal!)

(Dr. Heiner Garg)

Selbstverständlich ist das eine Schlechterstellung Schleswig-Holsteins. Das haben wir nie bestritten. Es gab eine interfraktionelle Initiative von Grünen, FDP und SSW, damit wir Schleswig-Holstein eben nicht mehr schlechterstellen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Herrgott, wie oft muss man das eigentlich noch betonen?

(Beifall der Abgeordneten Cornelia Conrad [FDP] und Christopher Vogt [FDP])

Zum Zweiten: Auch ein bundeseinheitlicher Basisfallwert wäre am Ende - nach der Konvergenzphase - immer irgendein Durchschnittswert gewesen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Mir ist ein Bundesdurchschnitt, von dem nach oben um 2,5 % abgewichen werden kann, nach unten aber keine Abweichung zulässig ist, immer noch lieber, als die Spreizung um 3,75 %, die jetzt möglicherweise nach oben und nach unten eintreten könnte.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Herr Abgeordneter Tietze, für die Wortwahl erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Für die Landesregierung hat der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herr Jost de Jager, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss ehrlicherweise sagen: Es gab wenige Debatten, bei denen ich so sehr erwartet habe, ans Rednerpult gehen zu können, um ein paar Dinge klarzustellen, weil es wenige Debatten gegeben hat, wo so viel Unsinn verbreitet worden ist wie im Moment.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Abgeordneter Tietze, leider Gottes ist es so, dass Sie an diesem Zustand einen überproportional großen Anteil haben.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Peter Eichstädt [SPD]: Sollen wir rausgehen, damit ihr das klären könnt?)

- Es ist noch nicht auszuschließen, dass das kommt, aber ich glaube, er sammelt sich noch für den Parteitag morgen.

Deshalb möchte ich gern auf die Daten, auf die Abfolge und auf die Ausgangssituation, die wir haben, Bezug nehmen. Ich glaube, wir haben einen gemeinsamen roten Faden in der Debatte: Wir sind alle der Auffassung, dass der bauliche Masterplan für das UK S-H umgesetzt werden muss. Er ist die zwingende Voraussetzung dafür, dass es bessere Bedingungen für die Patienten und bessere Bedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vor allem eine sichere und dauerhafte Grundlage für die wirtschaftliche Sanierung des Hauses gibt. Jeder weiß, dass eine nachhaltige dauerhafte Sanierung - auch wirtschaftliche Sanierung - des UK S-H ohne die Umsetzung des baulichen Masterplans nicht möglich sein wird. Diese Erkenntnis ist nicht neu.

Bereits die Vorgängerregierung hat am 23. Juli des vergangenen Jahres in einem Grundsatzbeschluss die Notwendigkeit dieses baulichen Masterplanes anerkannt. Diese Koalition hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung eindeutig zum baulichen Masterplan bekannt, und sie hat es übrigens auch in der Veröffentlichung und Beschlussfassung der Haushaltsstrukturkommission getan.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Noch ist alles rich- tig!)

Der entscheidende Punkt bei der Frage des baulichen Masterplans ist: Haben wir noch die öffentlichen Mittel, um ihn in der ursprünglich gedachten Form umzusetzen oder nicht?

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wir haben diese öffentlichen Mittel nicht. Nun kann man lange darüber nachdenken, ob wir sie haben und wie wir sie haben und welche Sondervermögen wir einsetzen, et cetera. Ich sage Ihnen: Diese Mittel werden nicht zur Verfügung stehen. Wenn man darauf setzt, dass man den baulichen Masterplan nur mit öffentlichen Mitteln umsetzen kann, stellt man ihn am Ende infrage.

Deshalb geht es darum, sich zu überlegen, ob man durch andere Formen der Finanzierung diesen baulichen Masterplan umsetzen kann. Dazu hat die Haushaltsstrukturkommission sehr wohl etwas festgestellt, nämlich dass eine relevante Beteiligung des Landes angesichts der Haushaltslage nicht realisierbar ist. Weiter heißt es bei der Haushaltsstrukturkommission:

(Dr. Heiner Garg)

„Im Interesse des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit des UK S-H und zur Sicherung der Arbeitsplätze soll der bauliche Masterplan durch private Investoren umgesetzt werden. Dabei sollen Rationalisierungserfolge der Belegschaft erhalten und der von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragene Reformkurs fortgesetzt werden.“

Das ist die Aufgabenstellung, vor der wir als Regierung jetzt stehen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Ja.