Protokoll der Sitzung vom 10.09.2010

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage vor, den Antrag Drucksache 17/729 federführend dem Europaausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Bundesweit einheitlicher Nichtraucherschutz

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/743

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin Dr. Marret Bohn von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg sterben in Deutschland jedes Jahr 3.300 Menschen an

(Minister Jost de Jager)

den Folgen des Passivrauchens. Das bedeutet, dass in Schleswig-Holstein jedes Jahr etwa 115 Menschen, die nie selbst geraucht haben, durch die Folgen des Passivrauchens sterben. Damit muss Schluss sein. Wir Grünen fordern ein konsequentes Rauchverbot in allen öffentlichen Räumen. Das schleswig-holsteinische Nichtraucherschutzgesetz reicht nicht aus.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der LINKEN und Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Es hat zu viele Ausnahmen und Lücken. Es geht in die richtige Richtung, aber es bleibt leider auf halber Strecke stehen.

Die FDP hat angekündigt, dass sie noch mehr Ausnahmeregelungen schaffen will - ein Kniefall vor der Tabaklobby. Das ist unverantwortlich.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ui!)

Alle Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf den Schutz ihrer Gesundheit im öffentlichen Raum.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der LINKEN und Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Hierzu gehören auch Gaststätten und Kneipen. Das ist die Kernaussage des Urteils vom Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Nichtraucherschutz von Juli 2008. Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung muss verbessert werden.

(Unruhe - Zuruf des Abgeordneten Hans- Jörn Arp [CDU] - Glocke des Präsidenten)

Das hat die EU-Kommission im November 2009 von der Politik gefordert - auch vom Kollegen Arp.

Unser Antrag zielt daher auf einen bundeseinheitlichen Nichtraucherschutz ab. Er stellt dabei die Rechte und Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Mittelpunkt. Wer in einem Restaurant essen oder in einer Kneipe etwas trinken gehen möchte, hat die freie Wahl. Wer tagein, tagaus dort arbeitet, hat keine freie Wahl.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN - Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)

Er oder sie ist dem Qualm und den Gesundheitsrisiken durch das Passivrauchen ausgeliefert. Hier hat der Arbeitsschutz eine Lücke, und zwar eine lebensgefährliche.

(Zuruf: Ja!)

Dabei arbeiten gerade im Hotel- und Gaststättengewerbe viele Frauen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Schokolade ist auch gefährlich!)

Bei Frauen liegt die Lungenkrebsrate in Schleswig-Holstein deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

Ich zitiere aus Band 8 des Krebsregisters - „Krebs in Schleswig-Holstein“ -:

„Die Lungenkrebsinzidenz liegt für beide Geschlechter über den deutschen Vergleichswerten, wobei die Rate der Männer um 14 %, die der Frauen allerdings um 37 % über dem Bundesdurchschnitt gelegen ist.“

Was für die Inzidenz, also die Anzahl der Krankheitsfälle, gilt, gilt auch für die Mortalität, also die Sterblichkeit. Auch die Sterblichkeit liegt in Schleswig-Holstein deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Das ist ein klarer Handlungsauftrag für die Politik. Wer das nicht versteht, der verkennt den Ernst der Lage.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der LINKEN und Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau! Aber ich rauche nicht!)

Die Lücke im Gesundheitsschutz für Nichtraucherinnen und Nichtraucher wollen wir Grüne daher schließen. Wir wollen zudem, dass die Landesregierung dieses Ziel auf Bundesebene aktiv voranbringt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der LINKEN und Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist mir an dieser Stelle noch ganz wichtig, damit es nicht zu Missverständnissen kommt: Wir Grünen sind keine Spaß- oder Spielverderber - ich schon gar nicht.

(Zuruf der CDU: Nein, überhaupt nicht!)

Wir leben in einem freien Land.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Ach nein! So weit sind Sie auch schon?)

Wir leben in einem freien Land, und alle diejenigen, die rauchen möchten,

(Vereinzelter Beifall)

können auch weiterhin so viel rauchen, wie sie wollen - nur nicht da, wo andere arbeiten.

(Dr. Marret Bohn)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Der Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat für uns höchste Priorität. Die Prävention von Erkrankungen sollte auch in unserem Gesundheitsministerium in Schleswig-Holstein höchste Priorität haben. Wir fordern die Landesregierung daher auf, sich auf Bundesebene für einen einheitlichen, konsequenten Nichtraucherschutz einzusetzen. Ein Bundesgesundheitsminister, der sich um die Prävention in Bezug auf die Folgen des Passivrauchens nicht kümmert, ist schlimm genug. Unser Gesundheitsminister in Schleswig-Holstein hat hoffentlich, unabhängig von seiner Parteizugehörigkeit, genug Rückgrat, um sich für den Nichtraucherschutz einzusetzen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN - Zuruf des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Angesichts der etwa 115 Todesfälle pro Jahr, Herr Kollege Vogt, wäre alles andere fahrlässig.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gesundheitsbewusstsein hat in der Bevölkerung in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

(Christopher Vogt [FDP]: Das finden wir auch!)

Das ist sehr erfreulich. - Dann tun Sie doch etwas, Herr Kollege Vogt. - Die Mehrheit der Bevölkerung will einen konsequenten Nichtraucherschutz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Wenn zukünftig im Arbeitsschutzgesetz die bestehenden Ausnahmen für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr entfallen würden, wären auch Kneipen und Restaurants endlich konsequent rauchfrei. Das ist unser Ziel. Ich fordere Sie daher auf: Unterstützen Sie unseren Antrag!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei der LINKEN und Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Mark-Oliver Potzahr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Nichtraucher und liebe Raucher! Die CDU in diesem Landtag ist für einen konsequenten Nichtraucherschutz. Der Schutz der Gesundheit von Nichtrauchern und deren Freiheit im öffentlichen Raum ist für uns ein hohes Gut.