Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 A auf:

Besetzung und Wahl der Mitglieder des Landtags für den Wahlkreisausschuss

Wahlvorschlag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW Drucksache 17/60

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wer dem Wahlvorschlag Drucksache 17/60 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Unterirdische Lagerung von CO2 bundesweit verbieten

Antrag der Fraktion des SSW Drucksache 17/38

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/55

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Meyer für die SSW-Fraktion. Herr Meyer hält im Schleswig-Holsteinischen Landtag seine erste Rede.

(Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass im Kieler Koalitionsvertrag von CDU und FDP zu lesen ist, dass sie die Einlagerung von CO2 in Schleswig-Holstein ablehnen und man sich dafür einsetzen will, dass die Länder selbst darüber entscheiden sollen, die unterirdische Speicherung von CO2 auf ihrem Gebiet auszuschließen. Der Koalitionsvertrag von CDU und FDP in Berlin sieht aber eine solche Regelung nicht vor. Es bleibt also abzuwarten, was uns das CCS-Gesetz bringen wird - Stichwort Länderklausel. Es ist aber sicher: Das CCS-Gesetz kommt auf die Tagesordnung, und das Thema CO2-Endlager ist damit noch nicht vom Tisch.

Für Schleswig-Holstein mag das Thema hoffentlich begraben sein. Man hat sich bei uns mittlerweile parteiübergreifend gegen die unterirdische Lagerung von CO2 positioniert, auch wenn CDU, SPD, FDP und Grüne hier lange Zeit einen Spagat zwischen Landes- und Bundespolitik machen mussten.

Ich möchte aber deutlich sagen, dass das Thema so lange nicht aus der Welt ist, wie in Berlin immer noch an einem CCS-Gesetz festgehalten wird. Solange dies so ist, lassen wir die politischen Befürworter der CCS-Technologie nicht aus ihrer Verantwortung.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Für uns als SSW ist es wichtig, dass die unterirdische Lagerung von CO2 bundesweit verboten wird. Das ist das Ziel unseres Antrags.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Denn die CCS-Technologie ist nur ein Feigenblatt der Stromkonzerne, die den Bau neuer Kohlekraftwerke damit rechtfertigen wollen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Und für die politisch Verantwortlichen ist die CCSTechnologie ein Feigenblatt für schlechte Klimaschutzpolitik. Letztlich macht es aber deutlich, welche Macht die Lobbyisten der vier großen Stromkonzerne auf die Politik in Berlin haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Vor allem auf die SPD!)

Für uns als SSW ist klar, dass neue Kohlekraftwerke nur dann gebaut werden dürfen, wenn im Gegenzug alte Kraftwerke vom Netz genommen werden. Dort, wo gegebenenfalls neue Kraftwerke entstehen, muss es eine entsprechende Infrastruktur geben, damit die Abwärme voll genutzt wird. Ohne diese Grundvoraussetzungen werden wir die Errichtung neuer Kohlekraftwerke nicht akzeptieren.

Wenn klar ist, dass in den nächsten Jahren in Deutschland mehr als 25 neue Kohlekraftwerke gebaut werden sollen und alte Kraftwerke erhalten bleiben, macht das deutlich, dass Deutschland keinen nationalen Handlungsplan hat, geschweige denn ein Ausstiegsszenario aus der Kohle vorbereitet hat. Unterm Strich bedeutet dies eine Steigerung der jährlichen CO2-Emissionen um über 100 Millionen t. Das ist kein Beitrag zum Klimaschutz.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die CCS-Technologie nun als Heilsbringer für das Klima darzustellen, ist eine Farce. Kohlekraft ist veraltete Energiepolitik, und mit der CCS-Technologie halten wir über mehrere Jahrzehnte an dieser veralteten Energieform fest. Die ganze Augenwischerei um CO2-freie Kohlekraftwerke auf Basis einer nicht erprobten und nicht ausgereiften CCSTechnologie führt uns in der Klimapolitik kein Stück weiter.

(Präsident Torsten Geerdts)

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN sowie vereinzelt bei der SPD)

Im Hinblick auf die kommende große Klimakonferenz in Kopenhagen bleibt abzuwarten, was das Ergebnis der Konferenz sein wird. Dort finden die Verhandlungen über ein umfassendes Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012 statt. Es geht unter anderem um die weitere Reduzierung der Treibhausgase sowie um die Entwicklung von klimafreundlichen Techniken. Derzeit sind die Vorzeichen für Kopenhagen nicht die besten. Die Vorkonferenz in Barcelona brachte keine konkreten Fortschritte für die Verminderung von Treibhausgasen. Das ist sehr bedauerlich. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland seinen Teil dazu beiträgt, zukunftsfähige Energieformen zu fördern. Die Entwicklung der CCS-Technologie würde über Jahrzehnte Unsummen kosten und damit die Entwicklung der regenerativen Energieformen blockieren. Darum gehören die Forschungsgelder in nachhaltige Energieformen gesteckt, die wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN sowie vereinzelt bei der SPD)

Das ist das, was die Menschen wollen. Sie wollen kein CO2-Endlager. Sie wollen eine nachhaltige Energiepolitik. In Wallsbüll - das ist im vergangenen halben Jahr ein Zentrum der Bürgerinitiative gegen die unterirdische Einlagerung von CO2 gewesen - haben wir vor der Wahl erlebt, wie sich Politiker sämtlicher Couleur, teilweise eingeladen, teilweise auch nicht, die Klinke in die Hand gaben. Nach der Wahl tauchen leider nicht mehr so viele dort auf. Wer den Leuten dort zugehört hat, der weiß, dass diese Menschen CO2 nicht nur nicht in Schleswig-Holstein haben wollen, sondern auch nicht anderswo. Die Menschen wissen nämlich, dass der Klimawandel nicht an der Grenze Schleswig-Holsteins aufhört. Deshalb bitten wir darum, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Michael von Abercron von der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ein altes Sprichwort sagt: „Ein guter Hahn kräht auch zweimal!“ Warum sage ich das? - Schon mehrere Male, genauer gesagt fünfmal, ist in diesem Hohen Haus über das Thema CCS-Technologie heftig diskutiert worden, und zwar in weniger als einem Jahr. Das ist eine ganze Menge. Sind denn die Gesetzesinitiativen, die wir jetzt starten, und die Beiträge, die wir heute leisten, tatsächlich mindestens zweimal so gut? - Ich bin mir sicher, dass wir das nicht ganz schaffen. Deswegen werden einige Wünsche an der Stelle unerfüllt bleiben.

Tatsächlich hat es keine neuen fachlichen und sachlichen Gründe gegeben. Insofern gibt es auch keine neuen Gründe für die Beschlussfassung. Das wichtigste Ergebnis der Diskussion in der Vergangenheit war nämlich, dass sich, wie eben schon angesprochen wurde, alle Fraktionen einig waren, diese CCS-Technologie in Schleswig-Holstein mittels RWE nicht zuzulassen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Im Wesentlichen haben wir es Ministerpräsident Peter Harry Carstensen zu verdanken, dass mithilfe der Bundestagsgruppe Schlimmeres verhindert werden konnte. Es hätte nämlich in der vergangenen Legislaturperiode ein CCS-Gesetz geben können, das uns trotz dieser Beschlüsse diese Technologie beschert hätte.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, folgerichtig hat die RWE vor wenigen Tagen erklärt, dass sie sich von dem Projekt zurückzieht.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Niemand in diesem Haus wird darüber sehr traurig sein. Das Projekt wurde von der betroffenen Bevölkerung überwiegend abgelehnt. Planungen, Vorbereitungen und Informationen zu dem Projekt waren ungenügend und die wirtschaftlichen Voraussetzungen mehr als fraglich. Wenn man mehr als 400 km Leitung legen muss, dann ist es klar, dass das Ganze keinen Sinn gemacht hätte.

Seit Verabschiedung der EU-Richtlinie über die geologische Speicherung von Kohlendioxid ist und bleibt die Bundesregierung in der Pflicht, sich mit der Umsetzung in nationales Recht zu befassen, nämlich die Abscheidung, den Transport und die Einlagerung zu regeln.

(Flemming Meyer)

Ein ganz zentraler Punkt dabei ist die Akzeptanz bei den betroffenen Bürgern; dies wurde gerade schon angesprochen. Meinem Vorredner kann ich aber nur entgegnen, dass im Koalitionsvertrag sehr wohl festgelegt worden ist, dass die Akzeptanz zu beachten ist. Wir als Schleswig-Holsteiner werden das auch einfordern, und ich bitte Sie dabei um Ihre Mithilfe.

(Beifall bei CDU und FDP)

Bei der CCS-Technologie geht es aber keinesfalls nur um die CO2-Einlagerung. Vielmehr geht es auch um technische Fragen, zum Beispiel um die möglich energiearme Abscheidung des CO2, sowie um die Wiedereinführung von Kohlendioxid in den Wirtschaftskreislauf. Das ist eine sehr spannende Frage und vielleicht sogar eine Möglichkeit, ganz auf die von Ihnen und uns so verachtete Speicherung verzichten zu können.

Die CDU-Fraktion und die CDU-Landesgruppe werden alles tun, um den Ländern über die Ausgestaltung einer Raumordnungsklausel die Kompetenz einzuräumen, die unterirdische CO2-Speicherung auszuschließen. Wenn der Antrag des SSW genau dies zum Ziel gehabt hätte, hätten wir ihm ohne Weiteres zustimmen können. Aber so, wie er jetzt gestellt wurde, wirkt er eher kontraproduktiv. Denn wollen wir den anderen Ländern etwa vorschreiben, wie sie ihre Klimaziele erreichen sollen? Wollen wir ihnen untersagen, kurzfristig noch Kohle zu fördern? - Eine solche Haltung entspricht nicht meiner Vorstellung von demokratischem Föderalismus, Subsidiarität und Solidarität. Außerdem ist sie auf Bundesebene zum Scheitern verurteilt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir müssen vielmehr Bundesgenossen finden und eine Koalition suchen, die eine Mehrheit im Bundesrat ermöglicht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich schaue jetzt einmal nach links. Eine Koalition mit einer ganz anderen Farbe als der in SchleswigHolstein wird möglicherweise das Angebot der EU, eine solche Anlage in Brandenburg zu bauen, nicht verschmähen. Wenn es dazu kommt, sind wir gut beraten, uns die Ergebnisse anzuschauen. Denn es geht darum, die Klimaschutzziele nicht nur bei uns, sondern weltweit umzusetzen.