Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden natürlich den Antrag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN unterstützen. Herr Tietze, Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen. Ich bin nämlich auch Mitglied der Lübecker Bürgerschaft. Wenn ich Herrn Koch hier höre - Sie sind ja auch Mitglied der Bürgerschaft - oder die Mitglieder der Lübecker SPD, dann frage ich mich: Wo ist eigentlich Ihr Realitätsgefühl, wie es um den Lübecker Flughafen Blankensee aussieht? Sie wissen ganz genau, dass dieser Flughafen keine Perspektive hat.

Wie hier von der CDU schon gesagt wurde, war der Lübecker Flughafen schon mehrere Male in den vergangenen Jahren Thema hier im Landtag. Sie wissen um die desaströse finanzielle Situation des Flughafens und auch der Hansestadt Lübeck. Vor diesem Hintergrund wundert es mich, dass meine Lübecker Kolleginnen und Kollegen das Land hier auffordern, Geld in den Flughafen hineinzustecken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, Sie wissen zu wenig Bescheid. Die Idee, einen regionalen Dumpingflughafen zu betreiben, die es schon seit Jahren gibt, ist in Lübecks Wirtschaft gescheitert. Es gibt keine Option für den Lübecker Flughafen. Er bleibt weiterhin defizitär, und ich sage Ihnen, ein Investor ist nicht in Sicht. Es standen einmal acht Investoren vor der Tür, dann waren es noch fünf, dann waren es drei, dann waren es zwei, und jetzt ist es nur noch ein einziger, der gern den Flughafen übernehmen würde. Er will den Flughafen nur übernehmen, wenn mit den Investitionen in den Ausbau gestartet wird. Das sind 4 Millionen €, die FDP und SPD fordern, um den Flughafen attraktiv zu machen und für einen Investor zu schmücken, der ihn dann übernimmt. Infratil, die abgesprungen sind, ist ein Investor mit einer Abzockmentalität. 25 Millionen € bekommen die in einem Geschenkpaket geliefert, und zwar dafür, dass sie diesen Flughafen mit in den finanziellen Ruin getrieben haben.

(Zuruf von der FDP: So ein Quatsch!)

Die Hansestadt Lübeck ist nicht in der Lage - das haben bereits meine Kollegen von den Grünen ausgeführt -, dies aufzufangen. Wir werden hoffentlich mit den Grünen und der Lübecker SPD - die Lübecker SPD denkt meiner Ansicht nach ein bisschen anders; da fällt die Fraktion der SPD im Landtag der Lübecker SPD ein wenig in den Rücken -

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können nicht in ein Millionengrab investieren. Sicherlich soll der Flughafen für den Tourismus und die Wirtschaft attraktiv gemacht werden. Wo ist die Wirtschaft? Wo ist die IHK, die sagt, dass sie den Flughafen unterstützt? Keinen Cent hat sie bisher in den Flughafen gesteckt. Nicht 1 € ist von der Wirtschaft gekommen, um den Flughafen zu unterstützen, damit der Flughafen erhalten werden kann.

Es macht mich ein wenig nachdenklich, wenn jetzt gesagt wird, das Land wolle sich nicht an dem Betrieb beteiligen. Es geht um einen Investitionsausbau. 4 Millionen € kostet der erste Schritt des Ausbaus. Der zweite Ausbau ist fünfmal so teuer; es muss ja noch weiter ausgebaut werden. Wirtschaftsminister de Jager, sind Sie derjenige, der jetzt mit unserer Stadtspitze verhandelt hat, das Lübeck ein Konzept vorlegen soll? Wir haben kein Konzept in Lübeck. Wir haben keinen Investor. Die Hansestadt Lübeck könnte diese 4 Millionen € wesentlich bes

(Gerrit Koch)

ser für die Verbesserung der sozialen Infrastruktur gebrauchen.

(Beifall bei der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen nämlich für die Lübecker Bürgerinnen und Bürger ein Sozialticket. Insofern sollte besser in die soziale Struktur als in den Flughafen investiert werden. Der Flughafen stellt letztendlich ein Millionengrab dar. Wenn Sie sich für den Flughafen einsetzen wollen, dann mache ich Ihnen ein Angebot: Entlasten Sie doch die Hansestadt Lübeck, indem Sie als Land den Flughafen übernehmen. Dann können Sie auch die finanziellen Defizite und das Millionengrab übernehmen und sich damit auseinandersetzen. Die Hansestadt Lübeck würde sich freuen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Abgeordneter Harms vom SSW hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Niemand kann derzeit mit Sicherheit sagen, wie es weitergehen wird mit dem Flughafen Lübeck-Blankensee. Seine Zukunft ist ungewiss. Was wir wissen, ist, dass man dort tiefrote Zahlen schreibt und dass mit dem Ausstieg des Investors die Stadt Lübeck in der Verantwortung steht. Damit hat die Stadt Lübeck den Schwarzen Peter. Die gegenseitigen Schuldzuweisungen um den gesamten Verlauf helfen dabei auch nicht weiter. Aber das muss vor Ort geklärt werden. Das ist nicht Aufgabe des Landes.

Es sind grundlegende Entscheidungen und Voraussetzungen notwendig, wenn es um die Zukunft des Flughafens geht. Eine davon ist der Ausbau des Flughafens. Nicht unerheblich ist dabei auch die Frage, wer den Flughafen künftig betreiben soll. Davon hängt letztendlich alles ab. Eines dürfte klar sein: So lange der Flughafen nicht entsprechend ausgebaut wird, wird sich wohl kein neuer Investor für den Standort entscheiden. Und ohne entsprechenden Investor ist die Notwendigkeit des Ausbaus nicht gegeben. Ich gebe zu: Dies ist eine verzwickte Situation. Diesen gordischen Knoten zu durchschlagen, ist die Kunst. Aber es ist Aufgabe der Stadt Lübeck, dieses Problem zu lösen.

Als Land können und müssen wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Das wurde bereits mit dem Planfeststellungsbeschluss seinerzeit ge

tan. Sollte sich aus Sicht des Lübecker Flughafens noch alles zum Guten wenden, dann muss die Landesregierung kurzfristig Planungen und Schritte hin zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Lübeck und Hamburg forcieren. An dieser Forderung halten wir fest, denn nur so können wir langfristig den Flughafen Lübeck sichern.

(Beifall beim SSW)

Nun zu dem vorliegenden Antrag der Grünen. Die Landesregierung aufzufordern, keine Mittel aus dem Zukunftsprogramm Wirtschaft für den Ausbau und die Modernisierung des Flughafens Blankensee bereitzustellen, können wir so nicht mittragen. Dort wird kein Geld einfach so zum Fenster rausgeworfen. Es handelt sich um ein Infrastrukturprogramm, dem Förderkriterien zugrunde liegen. Soll heißen: Wer die Förderkriterien erfüllt, kann auch Mittel aus dem Programm bekommen. Im Vorfeld eine Negativliste aufzustellen nach dem Motto, der darf bekommen und der nicht, wäre Willkür. Deshalb gelten diese Kriterien entsprechend für alle. Im Übrigen darf es aber auch keinen Automatismus in der Förderung geben, wie es der SPD-Antrag vorsieht. Die Förderrichtlinie vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung ist das Entscheidende für uns als SSW. Gleichwohl kann ich mir nicht vorstellen, dass beim derzeitigen Stand der Dinge der Flughafen Lübeck Blankensee die Förderkriterien erfüllt, einfach aus dem Grund, weil die Zukunft des Flughafens derzeit ungewiss ist.

Nun zum zweiten Punkt des Grünen-Antrages. Für den SSW stelle ich fest: Eine Beteiligung des Landes am Flughafen Lübeck wird von uns nicht unterstützt. Es scheint ja so zu sein, dass niemand dies unterstützt. Es gibt keinen Grund, dass sich das Land an dem Flughafen finanziell beteiligt. Dies haben wir auch schon gesagt, als es um Kiel Holtenau ging. Die Landesregierung hat bereits eine finanzielle Beteiligung am Flughafen abgelehnt. Aus Sicht des SSW kann es nicht Aufgabe des Staates sein, einen Flughafen zu betreiben oder Anteile daran zu halten.

Eine Beteiligung lehnen wir also ab, und die Investitionsförderung für Flughäfen darf sich nur nach den Kriterien richten, die auch für alle anderen Flughäfen gelten. Wenn die Lübecker dies erfüllen, okay, wenn sie dies nicht erfüllen, dann eben nicht.

(Beifall beim SSW)

(Antje Jansen)

Ich bitte den Herrn Minister Jost de Jager um das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zukunft des Flughafens Lübeck beschäftigt die Landesregierung und den Landtag seit geraumer Zeit. Dazu hat es bereits mehrere Beratungen gegeben.

Für diese Sitzung beantragt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eigentlich zweierlei, auf der einen Seite keine Mittel aus dem Zukunftsprogramm Wirtschaft für den Ausbau und die Modernisierung des Flughafens auszugeben und auf der anderen Seite eine Landesbeteiligung an der Flughafen Lübeck GmbH kategorisch auszuschließen. Es liegt auch ein Antrag der SPD vor, auf den ich im Verlauf meiner Ausführungen eingehen möchte.

Zunächst zur Landesbeteiligung an der Flughafengesellschaft: Sie stand bereits am 7. Mai dieses Jahres zur Diskussion. Auch damals hat mein Vorgänger, Herr Biel, ausgeführt:

„Der Lübecker Flughafen braucht einen privaten Investor, einen Profi im Luftfahrtgeschäft. Das Land plant keine Beteiligung an der FLG.“

Die neuen Regierungsparteien CDU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag festgelegt - ich zitiere -:

„Wir setzen auf private Investitionen in regionale Flughäfen als Impulsgeber für die örtliche Wirtschaft. Eine direkte Flughafenbeteiligung schließen wir jedoch aus.“

Das gilt auch nach wie vor. Die Landesregierung wird sich weder mittelbar noch unmittelbar an der Lübecker Flughafengesellschaft beteiligen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Der Flughafen Lübeck-Blankensee ist ein Flughafen von regionaler Bedeutung. Dort ist vor allem die Stadt Lübeck am Zuge und gefragt, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Dazu gehört auch das möchte ich in Klammern hinzufügen -, dass wir es der Stadt Lübeck nicht dauerhaft ersparen können, eigene Mehrheiten für den Flughafen in den städtischen Gremien herbeizuführen.

(Beifall bei CDU und FDP sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Haltung der Landesregierung ist dabei klar - so habe ich es auch am Montag mit den Vertretern der Stadt und der Wirtschaft besprochen -: Eine Übernahme von Anteilen durch das Land ist ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen ist allerdings ein Investitionszuschuss, wenn ein überzeugendes Konzept zur Weiterentwicklung vorliegt. Dieses Konzept muss vor allem die Frage klären, ob der Flughafen Blankensee auf Dauer wirtschaftlich tragfähig betrieben werden kann. Es geht doch in dieser Diskussion nicht um die Frage, ob das Land bereit ist, sich an den Investitionen in Blankensee zu beteiligen. Das hat das Land bereits in der Vergangenheit getan. Allein in den vergangenen zehn Jahren sind 5,4 Millionen € an Investitionszuschüssen an den Flughafen in Lübeck gegangen. Es geht vielmehr um die Frage, ob Blankensee in die schwarzen Zahlen kommen kann. Die Stadt Lübeck wird in Kürze ein Konzept vorlegen, das wir prüfen werden, und das ist die Voraussetzung dafür, dass wir auch Investitionskostenzuschüsse prüfen werden.

Herr de Jager, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Tietze zu?

Ja.

Sie wissen, dass die Rentabilität von Flughäfen von den Start- und Landegebühren abhängig ist; diese sind auch ein zentrales Wirtschaftlichkeitskriterium. Sind Sie der Meinung, dass man durch eine Ausweitung der Starts und Landungen zu einer Wirtschaftlichkeit gelangen kann? Das würde nämlich bedeuten, dass man den Flughafen zu einem Großflughafen umbauen müsste. Es würde mich einmal interessieren, ob das in Ihrem Konzept abgeprüft wird.

- Dass ich diesbezüglich Fragen habe, können Sie daran erkennen, dass ich den Vertretern der Stadt Lübeck und der Wirtschaft aus Lübeck am vergangenen Montag gesagt habe, dass erst einmal ein Konzept vorgelegt werden muss, bevor wir weitergehende Fragen beantworten können. Das ist ein entscheidender Punkt. Außerdem ist die Rollenverteilung im Hinblick darauf, wer dieses Konzept

vorlegt und wer es prüft, klar. Die Stadt Lübeck muss es vorlegen, und wir werden es prüfen. Wir werden prüfen, ob der in dem Konzept dargelegte Business Case für eine wirtschaftliche Tragfähigkeit ausreichend ist.

Das ist übrigens auch der Unterschied zu dem Antrag der SPD, der sich sehr an die Form des gemeinsamen Vorschlags von Stadt, IHK und Ministerium anlehnt. In einem Punkt unterscheidet sich der Antrag aber, und zwar nicht nur in redaktioneller und semantischer Art und Weise. In dem Antrag der SPD geht es nur um die regionalwirtschaftliche Bedeutung. Uns geht es um die Wirtschaftlichkeit. Das ist ein riesiger Unterschied. Denn auch wenn der Flughafen defizitär arbeitet, kann er eine regionalwirtschaftliche Bedeutung haben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Investitionszuschüsse des Landes ist es aber unabdingbare Voraussetzung, dass wir wissen, dass dieser Flughafen irgendwann einmal auf Dauer wirtschaftlich tragfähig betrieben werden kann.

(Beifall bei CDU und FDP)

Diese Voraussetzung - diesbezüglich wird die Prüfung des Konzeptes wahrscheinlich nicht ganz so einvernehmlich sein wie weite Teile dieser Diskussion - wird gar nicht so leicht zu erfüllen sein. Aber wir brauchen politische Einigkeit in dieser Frage, und zwar aus zweierlei Gründen: Zum einen müssen wir dafür sorgen, dass dieser Flughafen für die Stadt Lübeck kein Dauersubventionsbetrieb wird. Zum anderen müssen wir dafür sorgen, dass die Investitionskostenzuschüsse des Landes kein Stranded Investment werden. Deshalb glaube ich, dass die Prüfung dieses Konzeptes Zeit in Anspruch nehmen und die Ergebnisse in einzelnen Punkten vielleicht strittig sein werden.

Ich wundere mich im Übrigen, dass die Arbeit an dem Konzept erst jetzt losgeht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wenn es Mitte Dezember tatsächlich schon vorliegt, ist das auch etwas.

Ich möchte noch einen weiteren Punkt klarstellen: Die novellierte Richtlinie ist keine Spezialnorm, die extra und ausschließlich für Lübeck-Blankensee geschaffen wurde. Wer das behauptet oder vermutet, der liegt falsch. Die Richtlinie gilt für alle Regionalflughäfen in Schleswig-Holstein in gleicher Weise, und das bezieht natürlich auch Lübeck