Protokoll der Sitzung vom 07.10.2010

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Die Kuh, die man morgen noch melken möchte, sollte man heute nicht verdursten lassen. Die Spielbanken in Schleswig-Holstein müssen eine Chance bekommen. Sie sind gerade in Travemünde und Westerland ein wichtiger Tourismusfaktor. Die Spielbanken haben in den letzten Jahren nicht nur mit der Wirtschaftskrise, sondern auch erheblich mit dem Nichtraucherschutzgesetz zu kämpfen gehabt. Abgaben von 80 % bedrohen die Existenz der Spielbanken.

Um den Spielbanken eine wirtschaftliche Betriebsführung zu ermöglichen und sie gegenüber Spielhallen konkurrenzfähig zu halten, ist eine Senkung der Abgabenlast unbedingt nötig. Das neue Spielbankgesetz bringt zwar für Land und Spielbankgemeinden jährliche Mindereinnahmen, doch kann auf diese Weise ein Beitrag zum langfristigen Erhalt aller fünf Spielbankstandorte geleistet werden. Eine Spielbank, die dauerhaft rote Zahlen schreibt, kann dem Renommee der Spielbankgemeinde nicht zuträglich sein. Außerdem sichert diese Lösung den Spielbanken langfristige Planungssicherheit. Moderne Überwachungssysteme erlauben es zudem schon länger, den Personalaufwand des Landes zu reduzieren. Warum hier nicht schon früher auf Videotechnik zurückgegriffen wurde, ist mir unverständlich. Die 50 Arbeitsplätze werden nicht abgebaut, sondern die Personen werden umgeschult und kommen den Finanzämtern beziehungsweise direkt dem Finanzminister zugute.

(Zurufe von der SPD)

Ich möchte auch auf das Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofs eingehen. Mit dem bahnbrechenden Urteil haben die Richter in Luxemburg das staatliche Monopol bei Lotterien und Sportwetten gekippt. Der Gerichtshof ist prinzipiell der Auffassung, dass es den Mitgliedstaaten frei steht, in dem Bestreben, die Spiellust der Menschen und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, staatliche Monopole zu schaffen. Die Richter sagen aber, dass die deutsche Regelung die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenze. Unter diesen Umständen lässt sich das präventive Ziel des Monopols nicht mehr wirksam verfolgen, sodass das Monopol nicht gerechtigt werden kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Gerichtsurteil bringt eine unglaubliche Dynamik in die Verhandlungen über den Glücksspielstaatsvertrag, zu dem die Regierungsfraktionen in

(Andreas Beran)

Schleswig-Holstein bereits einen ersten Entwurf erarbeitet haben. Die von dieser Koalition beabsichtigten Änderungen im Glücksspielstaatsvertrag werden auch den Spielbanken Vorteile bringen. Nach dem Entwurf von FDP und CDU wäre es den Spielbanken künftig möglich, das Online-Casinospiel anzubieten und damit ihr Angebotsspektrum mithilfe der modernen Medien zu erhöhen. Im modernen Medienzeitalter sind diese Angebote unerlässlich und steigern die Konkurrenzfähigkeit auch unserer Spielbanken. Dem mittelfristigen Ziel der Koalition, die Spielbanken in Schleswig-Holstein zu privatisieren, kommen wir auch mit diesem Spielbankgesetz und einem liberalisierten Glücksspielstaatsvertrag näher.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das ist großartig!)

- Das ist sehr großartig, Herr Dr. Stegner. Für den Glücksspielstaatsvertrag, den wir im Dezember vorlegen werden, werden wir eine große Mehrheit auch in anderen Bundesländern finden. Das werden Sie sehen.

(Beifall bei der FDP - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Mit Sicherheit nicht!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Kollegin Monika Heinold das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei diesem Gesetzentwurf geht es nicht um die Privatisierung. Ich möchte das noch einmal sehr, sehr deutlich sagen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich habe mich etwas geärgert, dass die Landesregierung in der Begründung auf den Punkt Privatisierung eingegangen ist, weil es die Sache etwas erschwert, ein sinnvolles Gesetz positiv zu begleiten, wenn die Begründung nicht stimmt - sagen wir es einmal freundlich.

Deshalb schieben wir einmal die Privatisierung zur Seite und gucken uns das Gesetz an. Da stehen zwei sinnvolle Dinge drin. Das Erste ist, die Abgaben werden anders geregelt. Das ist für die öffentliche Hand bitter, aber in der Sache richtig. Denn es handelt sich schließlich um Spielbanken in der Hand eines Landes, einer landeseigenen Gesell

schaft. Wir müssen ein hohes Interesse daran haben, dass sie wirtschaftlich geführt werden.

Das Zweite ist, es geht um die verstärkte Videoüberwachung. Das ist mit dem Datenschützer bereits abgestimmt und in der Sache auch in Ordnung.

(Beifall der Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU] und Tobias Koch [CDU])

Ein Grund für meine Fraktion zuzustimmen ist auch, dass wir ein hohes Interesse an der Wirtschaftlichkeit der Spielbanken haben, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukünftig vernünftig bezahlt werden. Ich sage das an dieser Stelle so.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist zwar nicht Bestandteil des Gesetzes, aber Sie alle wissen, dass es dort Probleme gibt. Sollte dieses Gesetz dazu beitragen, dass die Wirtschaftlichkeit der Spielbanken auch zu einer ordentlichen Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führt, wären wir einen erheblichen Schritt weiter. In diesem Sinne stimmen wir dem Gesetz zu.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt bei CDU und SPD und Beifall des Abgeordneten Gerrit Koch [FDP])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Spielbankgesetzes zeigt mir wie in einer Nussschale die Ziele der Politik dieser Koalition. Die Ziele sind eine weitere Schwächung der Einnahmebasis des Landes durch staatliche Garantien privater Gewinne. Das ist auch das gesamte Geheimnis der Staatsverschuldung: Einnahmeverluste durch Steuer- und Abgabensenkung bei gleichzeitiger Erfüllung der inflationären Ansprüche aus der Wirtschaft.

Wir lesen in der Begründung des Gesetzentwurfes, dass die Umsätze der Spielbanken zurückgehen. Gut so, kann man da doch sagen, wenn man das politische Ziel der Kontrolle des Glücksspiels verfolgt. Jetzt sagen Sie, die Spielbanken wären so nicht wirtschaftlich zu betreiben. Aber was sagt das eigentlich, wenn da doch ein Gewinn vorliegt? Dass der Gewinn nicht hoch genug ist? - Ich bitte Sie, Sie sind doch gerade mit Renditeansprüchen

(Katharina Loedige)

von über 15 % bei der HSH Nordbank ordentlich an die Wand gefahren. Daraus könnten wir doch gelernt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Um es noch einmal klar zu sagen, worum es geht: Öffentliche Unternehmen sind keine Privatunternehmen. Eine wirtschaftliche Betätigung des Landes ist grundsätzlich an einen öffentlichen Zweck gebunden. Genau das hat uns zum Beispiel auch der Europäische Gerichtshof ins Stammbuch geschrieben. Dieser öffentliche Zweck ist hier die Kontrolle des Glücksspiels. Dabei muss das öffentliche Unternehmen unmittelbar durch seine Leistungen und nicht nur mittelbar durch Gewinne und Erträge dem Wohl der Bürger dienen. Rein erwerbswirtschaftlich fiskalische Unternehmen sind dem Land untersagt. Man muss das deutlich sagen, es darf sie nicht geben. - Soweit die Haushaltsordnung.

Es ist also ein Unding, wenn man meint, die Landeskasse aus wirtschaftlichen Aktivitäten füllen zu können. Das geht nicht. Deshalb ist bereits ihr Problemaufriss, die Spielbanken sind so nicht wirtschaftlich zu betreiben, schlicht und ergreifend rechtswidrig und sachlich falsch. Spielbanken haben nicht das Ziel, wirtschaftlich betrieben zu werden. Darum kann es auch gar nicht gehen. Sie wollen die Struktur der Spielbanken nämlich so gestalten, dass das Land den künftigen privaten Betreibern satte und risikolose Gewinne garantieren kann. Das ist Marktwirtschaft pur.

Die zukünftigen privaten Gewinne werden aus den saldierten Verlusten des Landes und der Spielbankgemeinden gespeist. Sie sprechen in Ihrem Antrag von saldierten Verlusten von 3,3 Millionen €, von denen das Land 2,5 Millionen € verliert - in vermeintlich angespannter Haushaltslage -, und für die Spielbankkommunen fallen zusätzliche Mindereinnahmen in Höhe von 830.000 € an. Schöne Sparhaushälter, meine Damen und Herren, sind Sie!

Dieses Gesetz zeigt, wie wenig ernst Sie die Konsolidierung des Haushalts in Wirklichkeit nehmen, und dass es Ihnen um etwas ganz anderes geht, nämlich darum, Ihre Klientel weiter zu mästen.

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der FDP)

Wenn es dann oben doch zu eng wird, dann holt man es einfach unten. Das ist ja auch eine einfache Methode. Aber die Menschen merken das, und die Menschen wehren sich.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dann ist da noch die Rede von - ich zitiere einmal „einem deutlich geringeren Aufwand für die Spielbankrevision der Finanzämter“ bei einem „geringfügigen Mehraufwand für die Finanzämter“. Was kann das denn sein? - Der Aufwand der Selbstkontrolle öffentlicher Unternehmen soll deutlich höher sein als die Fremdkontrolle zukünftiger privater Unternehmen. Eigentlich kann das so nicht der Fall sein, dass die Aufsicht nicht so genau hinsehen soll. Das ist der Punkt. Maximierung privater Gewinne durch Absenkung der Standards. Hier geht es um Spielbankaufsicht, an anderer Stelle geht es um die Gewerbeaufsicht, um Rechtssicherheit oder um den Verbraucherschutz. Da, wo einmal der soziale Rechtsstaat stand, errichten Sie die Anarchie für Vermögende.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Lars Harms [SSW] - Lachen bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist Ihre Politik. Die Resultate dieser Politik sind: Rückführung der Einnahmen durch Senkung der Steuern und Abgaben bei gleichzeitiger Erhöhung der Ausgaben durch die staatliche Garantie von risikolosen Unternehmensgewinnen. Das nämlich ist das Problem der Staatsverschuldung - was Sie nie begreifen werden, fürchte ich -, denn das Loch ist nämlich nicht da, wo der Reifen platt ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Für den SSW hat der Kollege Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns hier im Landtag aus gutem Grund in regelmäßigen Abständen mit dem Spielbankgesetz und den notwendigen und auch weniger notwendigen Änderungen. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf schlägt die Regierung nun vor, Spielbank- und Zusatzabgabe zu verringern und darüber hinaus eine neue Gewinnabgabe einzuführen. Zur Begründung wird der bundesweite Umsatzrückgang bei den Spielbanken genannt und natürlich auch der Länderfinanzausgleich.

Selbstverständlich hat das Land durch die Übernahme der Spielbanken SH GmbH auch eine Verantwortung übernommen, die Betriebe neu aufzustellen. Auch der SSW sieht die ungünstige wirt

(Heinz-Werner Jezewski)

schaftliche Situation einiger unserer fünf Spielbanken. In begründeten Fällen müssen wir daher auch die nötige Hilfestellung leisten. Dies kann dann zum Beispiel im Rahmen der einzelbetrieblichen Förderung geschehen, um eine Modernisierung oder Neuausrichtung einer Spielstätte zu ermöglichen. Ob dem Land Schleswig-Holstein als Eigentümer aber mit der Änderung der Finanzierung tatsächlich geholfen ist, bezweifeln wir stark. Denn eines muss einem dabei klar sein: Die Einführung einer gewinnbezogenen Abgabe bedeutet eine gravierende Änderung des gesamten Systems mit weitreichenden Folgen.

Es braucht keine besonders lebhafte Phantasie, um sich einige der Konsequenzen vor Augen zu führen: So weiß zum Beispiel jeder, der auch nur die einfachsten Grundlagen der Betriebswirtschaft kennt, dass es Wege und Mittel gibt, um Gewinne geringer erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich sind. Wenn wir hierfür Anreize geben, wird selbstverständlich auch genau das passieren, und die Gesamtabgaben werden natürlich sinken.

In diesem Zusammenhang müssen natürlich auch die kaum kalkulierbaren Auswirkungen auf die fünf betroffenen Kommunen angesprochen werden. Durch die vorliegende Gesetzesänderung wird diesen Spielbankgemeinden ganz einfach eine Mindereinnahme aufgezwungen, für die nur eine unzureichende Kompensation erfolgen soll. So heißt es lediglich - ich zitiere -:

„Unter der Voraussetzung, dass die Spielbankgemeinden auch zu 25 % an der Gewinnabgabe partizipieren, werden die Spielbankgemeinden durch die Veränderungen mit circa 830.000 € belastet.“

Diese Regelung bedeutet in jedem Fall einen empfindlichen Eingriff in die Kommunalfinanzen. Wir halten es daher für dringend geboten, sich sorgfältig und gemeinsam mit den Betroffenen mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Es ist allgemein bekannt, dass ein Großteil der Einnahmen aus dem Glücksspielbereich zweckgebunden ist und laut Staatsvertrag der Erfüllung wichtiger Aufgaben im Bereich des Spielerschutzes und der Suchtprävention dient. Auch soziale Einrichtungen und wichtige Projekte in der Jugendarbeit werden gefördert. Nach Auffassung des SSW sind die beträchtlichen Einnahmen aus dem Glücksspielgeschäft auch zukünftig vor allem für die Bekämpfung und Prävention von Spielsucht einzusetzen.

Ein vom Europäischem Gerichtshof gefälltes Urteil unterstreicht diese Notwendigkeit. Das im Glücksspielstaatsvertrag festgeschriebene Monopol für Lotterien und andere Glücksspiele wurde gerade wegen eines mangelhaften Spielerschutzes gekippt. Konsequenterweise muss dieses zentrale Ziel also auch hier in Schleswig-Holstein nicht nur weiter im Mittelpunkt stehen, sondern auch ehrgeiziger verfolgt werden. Gewinnorientierung bei der Gebührenerhebung passt aber nun gar nicht zu diesem neuen Urteil. Das hat nichts mit Begrenzung der Spielsucht zu tun.